Jetzt komme ich zu Ihrem Antrag: Wir sind uns auch einig, dass wir darauf dringen müssen, dass ein formgerechtes Verfahren vonseiten der Bundeswehr und der Bundesregierung einschließlich formgerechter Anhörungen durchgeführt wird. Das müssen wir nicht beschließen; es ist selbstverständlich, dass formgerechte Planungsverfahren durchgeführt werden müssen.
Genauso sind wir uns einig, dass wir natürlich auch bei der Bundesregierung und bei der Bundeswehr darauf dringen müssen, dass dort Urteile von Gerichten respektiert werden. Aber auch das ist selbstverständlich. Das müssen wir hier nicht beschließen.
Wir können allerdings nicht - und das ist etwas, was mich an Ihrem Antrag verwirrt hat - sagen: Wir fordern dazu auf, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Brandenburg akzeptiert wird, dass aber das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.12.2000 ignoriert wird. Das geht auch nicht.
Jetzt komme ich zu dem, was wir hier eigentlich machen müssen. Ich denke, dass wir als Landtag Brandenburg genauso, wie wir von der Bundeswehr und der Bundesregierung verlangen, dass Planungsverfahren formgerecht durchgeführt und Gerichtsurteile respektiert werden, das Ergebnis von formgerechten Planungsverfahren und von Gerichtsverfahren, das heißt die endgültigen Urteile respektieren müssen. Das werden wir, glaube ich, gemeinsam tun. Dafür brauchen wir aber Ihren Antrag nicht. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Herrn Abgeordneten Müller. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Schuldt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun haben wir also mit unserem Reiseführer PDS Strausberg verlassen und sind in der Kyritz-Ruppiner Heide angelangt. Hier soll alles ganz anders aussehen! Die vorliegende Kombination beider PDS-Anträge ist erstaunlich. Es stellt sich schon die Frage, welches Karnevalspferd die PDS-Fraktion geritten hat.
Ich kann hier nur Motivforschung betreiben. Mancher in der PDS-Fraktion mag denken: Richtig so - Strausberg ist Stadt und Kyritz-Ruppiner Heide ist eben Heide. - Diese Erkenntnis wäre geradezu revolutionär.
Aber die Bundeswehr ist die Bundeswehr, eine Kaserne ist eine Kaserne und ein Truppenübungsplatz ist eben ein Truppen
übungsplatz. Vielleicht ist die PDS-Fraktion von der Idee beseelt: Die Kaserne macht Arbeitsplätze und der Truppenübungsplatz macht Krach und Dreck; das ist der Unterschied.
Schade, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion: Zu kurz gedacht, falsch, null Punkte, sechs, setzen! - Ach, Entschuldigung, Zensuren in der Grundschule stellen Sie ja auch infrage; daran habe ich eben nicht gedacht.
Aber dafür sage ich Ihnen die Lösung: Es geht um die Bundeswehr. Sie hat einen Auftrag zu erfüllen. Die Erfüllung dieses Auftrages liegt im Interesse unserer gesamten Nation.
Deswegen ist allein der Bund dafür zuständig, die Rahmenbedingungen für die Erfüllung des Auftrages zu setzen. Die Auftragserfüllung erschöpft sich nun aber nicht darin, sozusagen Soldaten in die Kaserne wie Kinderspielzeug in die Vitrine zu stellen. Vielmehr geht sie mit der Ausübung spezifischer Tätigkeiten durch die Truppe einher. Das muss geübt werden. Schließlich versteht es sich doch wohl von selbst, dass dieses Üben auch in den Grenzen unseres eigenen Landes und nicht sonstwo stattfindet.
In diesem Sinne benötigt die Bundeswehr zur Auftragserfüllung insbesondere dreierlei: Planungssicherheit, Verlässlichkeit sowie die Bereitstellung entsprechender räumlicher Möglichkeiten im Inland, also auch Übungsgelände. In unserem Fall des Truppenübungsplatzes Kyritz-Ruppiner Heide sieht die Bundeswehr offensichtlich nach wie vor die Notwendigkeit der militärischen Nutzung als „Bombodrom”. Diese Notwendigkeit indessen bedeutet, dass die Übungen woanders stattfinden müssen, wenn sie dort nicht stattfinden können. Die Konsequenz: Dann müssen Menschen an anderen Orten den Lasten dieses Übens im Interesse der Allgemeinheit unseres ganzen Landes ausgesetzt werden. Das Problem verschiebt sich also nur. Auch aus diesem Grund ist hier allein der Bund sozusagen als Regulator einer gerechten Lastenverteilung gefragt.
Wir als Landesgesetzgeber mit natürlich Brandenburg-spezifischer Brille sollten uns tunlichst aus solchen Grundsatzentscheidungen heraushalten, zumindest so lange, wie unser Land Brandenburg gegenüber anderen Bundesländern nicht übermäßig belastet wird. Letzteres indessen wird aber, so weit ersichtlich, von niemandem ernsthaft behauptet, ganz abgesehen davon, dass das Ausmaß des Übens gegenüber den glorreichen Zeiten brüderlicher Liebe von SED/PDS und KPdSU ja auch in unserem Land nicht nur marginal zurückgegangen ist.
Haben Sie nun mit diesem Befund Probleme? Mag sein. Aber dennoch: Was wären denn Ihre Alternativen? Auch das hängt letztlich davon ab, worauf Sie im Ergebnis hinaus wollen. Insoweit kann ich wieder nur Motivforschung betreiben.
Erste Möglichkeit: Bundeswehr abschaffen. Das kann nur wollen, wer ausschließlich in seinem Kämmerlein unter der Bettdecke lebt und die weltpolitische Sicherheitslage einfach ignoriert.
Zweite Möglichkeit: Das Üben, also alles, was Radau und Dreck macht, ab ins befreundete Ausland. Hier fragt man sich dann, welchem Weltbild solche Vorstellungen entspringen könnten. Mit den Ansätzen unserer Fraktion für ein respektvolles Miteinander in der Völkergemeinschaft sind solche Vorstellungen nicht zu vereinbaren, denn man kippt seinen Dreck nicht vor die Tür seines Nachbarn.
Dritte Möglichkeit: Weg mit dem Bombodrom in der KyritzRuppiner Heide, weil es dort eine Bürgerinitiative gibt, auf deren Wählerstimmen man ganz scharf ist. Das wäre dann davon konnten Sie sich auf Ihrem Parteitag erst kürzlich selbst überzeugen - sozusagen „Tack’scher Sozialismus” nach dem bekannten Sponti-Motto: „Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muss ich fort”. Konkret: Gestern gegen den Transrapid, gestern und heute gegen den Flughafen und heute, eben weil es auch da Bürgerinitiativen oder zumindest Wählerstimmen gibt, gegen den Truppenübungsplatz, gegen Castor-Transporte, aber für die Kaserne in Strausberg.
Meine Damen und Herren von der PDS, wenn Sie so weitermachen, dann werden wir bald wieder wie Jäger und Sammler leben. Gott sei Dank stimmt die Mehrheit unseres Volkes dem nicht zu. Ihren Antrag lehnen wir selbstverständlich ab. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Sehr verehrte Abgeordnete! Im Gegensatz zu manchen Abgeordneten brauche ich meine bisherige Meinung nicht zu verbiegen. Erstaunt bin ich eigentlich über die Metamorphose der PDS hinsichtlich der Wehrbereitschaft eines Volkes. Mir ist noch sehr gut die Funktion der Nationalen Volksarmee als „Schild und Schwert des Friedens” in Erinnerung. Warum Sie jetzt die Bundeswehr zur wehrlosen Friedenstaube degradieren wollen, sollten Sie uns hier schon näher erklären.
Herr Domres, wer die Bundeswehr mit Interventionen in Zusammenhang bringt, steht nicht auf dem Boden des Grundgesetzes.
Nein. - Das Thema ist bereits mehrere Male in diesem Hause Gegenstand von Anträgen und Aussprachen gewesen. Jedes Mal wurde ein Pro und Kontra in der Sache deutlich. Das ist normal, weil die persönlichen Meinungen unterschiedlich sind und sich im demokratischen Streitgespräch eine Mehrheitsmeinung bildet. Es ist immer schwierig und oft undankbar, eindeutig Position zu beziehen und diese auch durchzuhalten, wenn es darum geht, Belastungen einzelner oder von einzelnen Bevölkerungsteilen mit dem Vorrang von Landes- oder gar Bundesinteressen zu rechtfertigen. Ich will damit keinesfalls die von der betroffenen Bevölkerung vorgetragenen Argumente entwerten. Sie sind berechtigt und ich kann auch die mitschwingenden Emotionen verstehen. Aber wir müssen im Land Brandenburg auch unseren Beitrag im Rahmen der Verteidigung leisten, denn auf der anderen Seite profitieren wir doch alle - auch Sie von der PDS - von der neuen Bundesstaatlichkeit.
Die Klärung der weiteren Nutzung des Truppenübungsplatzes ist auf dem Rechtsweg. Da wir als Abgeordnete den Rechtsweg und die Rechtsprechung zu akzeptieren haben, sollten wir alle Emotionen bei der Entscheidungsfindung zurückstellen. Entscheidungen nach persönlicher Befindlichkeit sind in diesem Falle fehl am Platze.
Im Revisionsverfahren wurde deutlich - wahrscheinlich haben Sie hier Wissensdefizite -, dass die Nichtbeteiligung der Gemeinden im Planungsverfahren nachzuholen ist. Dieses ist durch die Regierung des Landes Brandenburg auf den Weg zu bringen. Das Verfahren wird sicherlich mehrere Monate in Anspruch nehmen. Das und nur das hat das Land in der gegenwärtigen Situation zu organisieren.
So klar, wie es im Antrag der PDS dargestellt ist, ist die Nutzung des Truppenübungsplatzes durch die Bundeswehr nicht.
Die Nutzungsuntersagung ist nicht endgültig. Rein rechtlich ist nach jetzigem Erkenntnisstand die vom Bund geplante Nutzung durchaus nicht ausgeschlossen.
Die Anhörung der betroffenen Gemeinden erübrigt sich, wenn der Bund Eigentümer der Grundstücke ist; genau das trifft auf weite Teile des Gebietes zu. Sie ist laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vorgeschrieben, wenn Flächen für eine militärische Nutzung erstmals der Planungshoheit der Gemeinde entzogen werden. Dies wiederum trifft nicht zu. Die Eigentumszuordnung auf der Grundlage des Einigungsvertrages und anderer Gesetze ist eindeutig. Eine militärische Nutzung ist auch nicht durch Entwidmung ausgeschlossen oder eingeschränkt
worden. Die Bundeswehr will selbst keine schlichte Fortnutzung, obwohl sie es könnte. Sie hat eine Entscheidung getroffen, die planerische Elemente enthält und die Gemeinden im Verfahren beteiligt. Den Gemeinden muss in diesem Verfahren ein entsprechender zeitlicher Rahmen zugebilligt werden. Ihre Stellungnahmen sind zur Kenntnis zu nehmen und bei den Entscheidungen in Erwägung zu ziehen.
Völlig unbeachtet lassen Sie in Ihrem Antrag die Tatsache jetzt hören Sie genau zu -, dass die Eigentumsübertragung von einzelnen Flächen, vorrangig Wege und Straßen, an die Gemeinden durch die Oberfinanzdirektion Cottbus rechtswidrig war und mit Aufhebungsbescheid vom 29. Januar 2001 zurückgenommen wurde. Es wurde festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland Eigentümerin dieser Flächen geworden ist. Daraus ergibt sich natürlich wiederum eine neue Rechtssituation. Wir sind also gut beraten, die Klärung der Sache und des Rechtsstreites den Beteiligten zu überlassen.