Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Brandenburgs Kultur ist vielfältig und geschichtsträchtig. Sie soll der Antrieb für die Menschen in unserem Lande, aber auch Motivation für die politisch Verantwortlichen sein. Aus diesem Grunde spielt die Kultur auch eine besondere Rolle in der Politik.

Es ist kein Geheimnis: Letztendlich lebt das Kulturland Brandenburg von Billiglösungen. Kultur kann hier, wenn überhaupt, nur mit sehr wenig Geld gemacht werden, es sei denn, es wird gerade ein Fontane- oder Preußenjahr gefeiert. Aber für viele kulturelle Grundversorger, besonders in den ländlichen Gebieten Brandenburgs, zahlen sich selbst solche Superereignisse nicht aus. Diese Bereiche haben im Gegenteil von Haushaltsdebatte zu Haushaltsdebatte neue Kürzungen zu erwarten.

Dieser Tage schickte Ihnen das Kulturministerium die aktuell gekürzten Zuwendungsbescheide für das Jahr 2001 zu. Meine Damen und Herren, solche Geburtsfehler wie beim Theaterverband dürfen sich nicht wiederholen. Die Wirkung dieser Fehler ließ auch nicht lange auf sich warten. Die Zusammenarbeit zwischen Theatern und Orchestern droht bereits zu scheitern. Stein des Anstoßes ist die Inkonsequenz der Potsdamer Stadtväter. Während in Brandenburg an der Havel und in Frankfurt (Oder) die Theater gegen den Protest der Bevölkerung geschlossen wurden, löste die Landeshauptstadt zwar ihr Orchester auf, ließ aber gleichzeitig zu, dass ein neues Orchester gegründet wurde. Der Vertrag war also doch nicht so wasserdicht wie bisher angenommen.

Eine intakte kulturelle Landschaft belebt die Wirtschaft und gibt ihr kräftige Impulse. Denn wo die Kunst blüht, sprießen auch Investitionen. Aus diesem Grunde stimmen wir als Fraktion der Deutschen Volksunion dem vorliegenden Antrag von SPD und CDU zu. Auch der Antrag der PDS-Fraktion erhält unsere Zustimmung. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Firneburg. - Ich gebe der Landesregierung das Wort. Frau Ministerin Wanka, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hammer, in einem muss ich Sie enttäuschen: Der Antrag ist nicht durch eine Kungelei entstanden und das Ministerium hat nichts vorgeschrieben. Das Ministerium, genauer gesagt ich, war im ersten Moment verärgert, als der Antrag vorlag, weil ich seit Dezember schon an der Sache dran war. Ich habe mich dann beruhigt, nachdem mir Frau Konzack und Herr Niekisch nachweisen konnten, dass der Antrag schon seit letztem Sommer in Arbeit war.

Zum Thema: Die Kulturausgaben im Land Brandenburg lagen in den vergangenen Jahren nicht an der Spitze der Ausgaben in den neuen Bundesländern und die Kulturausgaben der brandenburgischen Kommunen sind in den letzten Jahren eher gesunken

als gestiegen. Das mag viele Gründe haben, aber das muss nicht zwingend falsch sein. So entspricht zum Beispiel die Summe der Kulturausgaben von Kommunen und Land pro Einwohner Brandenburgs dem Durchschnitt der westlichen Flächenländer. Es könnte ja auch der Ausweis einer wachsenden Effizienz sein.

Aber hier sind wir schon im Bereich der Spekulationen. Es ist für mich ein Schwachpunkt der Kulturpolitik der vergangenen Jahre, dass zu viel aufgrund von unprüfbaren Annahmen passierte und dass zu wenig auf reale Entwicklungen und nachweisbare Tatbestände reagiert wurde.

Ein gutes Beispiel für diesen Stil liefert leider der aktuelle Antrag der PDS, mit dem man eine Pseudolösung anbietet. Es ist natürlich nachweislich so und es wissen alle hier im Raum, dass viele kulturelle Einrichtungen nur mit Mühe die wichtigsten Aufgaben, die sie haben, erfüllen können. Sie stützen sich dann auf die Mittel der Arbeitsförderung. Das geht einige Zeit sehr gut, aber eben nur einige Zeit. Mehr ist mithilfe der Arbeitsförderung nicht machbar.

Warum man nun unbedingt mit den Instrumenten der Arbeitsförderung die Grenzen der Arbeitsförderung überwinden muss, ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Auch bei der Formulierung, dass Personalförderung im Bereich der freien Kulturförderung auf Projektförderung umzustellen sei, geht etwas durcheinander. Die Kulturförderung im freien Bereich ist immer Projektförderung und durch das Zusammenfassen der Personalförderung in einem Personalförderungsprogramm haben wir noch kein Geld gewonnen und können nicht eine Arbeitsstunde mehr bezahlen.

Was im Antrag der SPD und der CDU eingefordert wurde, dieser systematische Ansatz, ist - und ich denke, da sind wir auch mit der PDS einer Meinung - unbedingt notwendig, um sachlich über Prioritäten und Weiterentwicklung befinden zu können. Das bisherige Fehlen einer solchen Entscheidungsgrundlage kann man eigentlich niemandem vorwerfen, denn in den letzten zehn Jahren hat sich im Kulturbereich sehr viel entwickelt. Es hat viele Veränderungen gegeben. Die Bedarfe der Nutzer haben sich nach der Wende verändert. Es sind Vereine und Träger entstanden und die Finanzierung war durch Mischfinanzierung geprägt, sodass eine sehr komplizierte Struktur entstanden ist.

Aber jetzt ist, um entscheiden zu können, eine regionale Bestandsaufnahme unbedingt wichtig und ebenso der Versuch, herauszubekommen, welches die regionalen Prioritäten und zum Teil die Prioritäten in den Landkreisen sind. Diese Bestandsaufnahme ist in meinem Haus im Wesentlichen abgeschlossen. Wir haben einen Kulturatlas, der nach Sparten ein sehr umfassendes Bild dessen gibt, was im Lande vorhanden ist. Wir haben die regionalen Planungen, soweit sie von den Kreisen schon gemacht wurden, und wir haben Analysen dieser Daten. Jetzt ist es an der Zeit, Perspektiven und erstrebenswerte Entwicklungen aufzuzeigen und Prioritäten zu setzen.

Die Liste der Erwartungen an Kultur wurde heute mehrfach genannt. Ich möchte keine Beispiele hinzufügen.

Es ist mir sehr angenehm, dass in diesem Antrag explizit die Beteiligung des Landtagsausschusses verankert wird. Denn wenn wir wollen, dass die Betroffenen nur im Mindesten die

Entscheidungen oder Überlegungen mittragen, dann gibt es nur eine Chance: dass man viel mit ihnen darüber redet, bevor die Entscheidungen getroffen sind, aber nachdem man Angebote gemacht hat. Da kann auch der Landtagsausschuss, denke ich, eine wichtige Position einnehmen.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Bitte sehr, Herr Abgeordneter Dr. Trunschke.

Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung möchte ich gerne zwei Zwischenfragen stellen.

Bitte.

Die erste Frage: Frau Ministerin, Sie haben das Angebot der PDS im Bereich der Soziokultur kritisiert. Welche Angebote sind denn in Ihrem Hause angedacht, um die Personalprobleme jetzt abzufangen?

Zweite Frage: Sie haben es selbst erwähnt und ich nehme es auch ernst, dass Sie nicht ganz am Anfang einer Kulturentwicklungsplanung - oder wie auch immer man es nennen will - stehen. Ich habe mir auch die mittelfristige Finanzplanung sehr genau angesehen. Dort ist zu entnehmen, dass die Kulturmittel des Landes von 2000 auf 2004 um 10 % gekürzt werden sollen. Das ist eine erhebliche Größenordnung. Gibt es in Ihrem Haus schon Konzepte, wie man damit umgehen will?

Herr Trunschke, über Ihre erste Frage haben wir doch in der letzten Ausschusssitzung ausführlich beraten. Das heißt, Sie haben alle Informationen über die Zahlen und darüber, in welchem Maße wir in diesem Jahr fördern: eine halbe Million, 197 Stellen. Was die gegenwärtige Situation betrifft, kann ich eigentlich nicht viel hinzufügen. Was die strategische Ausrichtung der mittelfristigen Finanzplanung angeht, setze ich in gewisser Weise auf die Prioritätensetzung der Regierung und auch auf diese Konzeption, weil man an ihr exemplarisch machen kann, was wünschbar und was machbar ist und in welchen Bereichen man eventuell umsteuern will.

Aber nun weiter zu dem, was ich sagen wollte. Im Kulturbereich gibt es also vielfältige Interessen und auf jeden Fall eine begrenzte Finanzdecke. Ganz gleich, ob mit Erhöhung oder mit Absenkung, die Finanzen sind auf jeden Fall begrenzt. Die Entscheidungen über Prioritäten werden also in jedem Szenario auch die Kehrseite haben, dass nicht alles, was gewünscht wird,

leistbar ist. An diesem Punkt ist deutlich zu sagen, dass nicht nur die Landesregierung für die Entwicklung verantwortlich ist, sondern auch die Kommunen, die Kulturarbeiter und natürlich auch die Nutzer. Für die Landesregierung ist, wenn es um Finanzen geht, die Frage wichtig: Was ist Landesinteresse? Natürlich sind dies die Leuchttürme, aber dies ist nur eines. Genauso wichtig ist es, dass die kulturelle Aktivität in der Fläche gestärkt wird, und zwar nicht nach dem Gießkannenprinzip, wie es bisher zum Teil der Fall war. Mein Anspruch wäre es zum Beispiel, hiermit seitens des Landes Qualitätssicherung z. B. bei Musikfesten etc. zu betreiben. Aber das geht jetzt schon ins Detail dessen, worüber wir reden müssen, wenn es vorhanden ist.

Seit Dezember letzten Jahres haben wir in meinem Haus über diese Problematik intensive Debatten geführt und sind jetzt so weit gekommen, dass wir etwa Ende Mai in die Kommunikation mit denen, die es betrifft, eintreten wollen. Auf Seiten derjenigen, mit denen man reden muss, besteht große Gesprächsbereitschaft. Dann müssen wir zu einer Prioritätensetzung kommen, und zwar auf Basis nachvollziehbarer sachlicher Erwägungen.

In diesen Rahmen gehört auch die Soziokultur. Ich bin strikt dagegen, dass man die einzelnen Sparten oder Bereiche gegeneinander ausspielt. Ich wehre mich also dagegen, einen Bereich, welchen auch immer, zu fokussieren und dort Fakten zu schaffen. Vielmehr möchte ich jetzt die Zeit haben, dies alles im Gesamtpaket anzuschauen.

Als Letztes möchte ich sagen, dass es nicht darum geht, enge Raster zu setzen. „Landeskulturentwicklungskonzeption” klingt schon schrecklich und weckt bestimmte Assoziationen. Vielmehr geht es gerade darum, durch strukturelle Neuordnung Handlungsspielräume, die auch in finanzieller Hinsicht jetzt nicht vorhanden sind, zurückzugewinnen. Denn wenn man z. B. ein anderes Landesinteresse darin sieht, neue, innovative Projekte zu befördern, wäre dies nur so möglich. Auch auf Klarheit kommt es an. Klarheit kann auch so aussehen, dass man endlich einmal feststellt und überlegt, nach welchen Aspekten Projektförderung künftig durchgeführt werden soll. Im investiven Bereich gibt es mittlerweile durch die Mischfinanzierung - EU etc. - Regeln. Da weiß man, worauf man sich einzurichten hat. Wenn Sie andererseits einen Antrag in meinem Hause abgeben, haben Sie zwar mit einem Mitarbeiter gesprochen, haben aber keine klare Orientierung, was zu erwarten ist. Das gehört aber zum Beispiel mit dazu. Also kein Raster, aber Orientierung und damit auch eine gewisse Sicherheit, nicht unbedingt im Sinne von hohen Finanzsummen, aber im Sinne von Erwartungshaltung.

Kultur konzeptioneller angehen ist sehr schwierig. Ich würde mich freuen, wenn hierfür eine große Unterstützung hier im Hause vorhanden wäre. - Danke.

(Beifall bei CDU, SPD und PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Wanka. - Wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt und kommen zur Abstimmung.

Zunächst rufe ich die Drucksache 3/2528 auf. Das ist der Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU. Wer diesem Antrag seine

Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen worden.

Zweitens rufe ich den Antrag der Fraktion der PDS auf. Er liegt Ihnen in Drucksache 3/2573 vor. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, teile ich Ihnen mit, dass ein Antrag eines Mitgliedes der Landesregierung vorliegt. In diesem Zusammenhang verweise ich auf § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, wonach die Mitglieder der Landesregierung jederzeit Rederecht haben und ihnen im Falle der Wortmeldung das Rederecht auch außerhalb der Tagesordnung zu erteilen ist, und erteile Herrn Minister Schönbohm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich auch in meiner Funktion als stellvertretender Ministerpräsident zu Wort gemeldet, weil durch Ihre Entschuldigung, Herr Domres, nichts aus der Welt geschafft wird. Vielmehr hat sich gezeigt, dass Sie sich in Ihrer Argumentation zum Thema Tourismus auf ein unsägliches Papier bezogen haben, das Ihrem Fraktionsvorsitzenden am 24. November zugestellt wurde.

Um die Unsäglichkeit deutlich zu machen, Herr Präsident, möchte ich einige wenige Zitate bringen und dann einige Schlussfolgerungen ziehen.

In diesem Papier heißt es:

„Nach internen Zählungen von Menschenrechtsorganisationen gab es allein von Januar 2000 bis September 2000 über 83 000 Übergriffe auf ausländische oder fremdartig aussehende Menschen, Asylbewerber und Touristen.”

Es geht nur um Brandenburg, nicht um Deutschland.

„Die Arbeitslosigkeit liegt bei circa 18 %. Das hat seinen Grund darin, dass kaum noch irgendein auswärtiges Wirtschaftsunternehmen in Brandenburg investiert und auch sonst versucht wird, ein umfassendes Wirtschaftsembargo, wie es sonst nur gegenüber totalitären Staaten üblich ist, durchzusetzen.”

Das steht in dem Papier. Dann kommen die Ausführungen zu der Versicherung und dann heißt es weiter:

„Sich auf offener Straße ohne Begleitung von Einheimischen zu bewegen gilt als lebensgefährlich, riskanter sogar als der nächtliche Besuch von Harlem für einen Weißen. Auf den Schutz der Öffentlichkeit zu vertrauen kann hier verhängnisvoll sein.

Sicher erinnern Sie sich noch”

- so heißt es in dem Papier weiter

„an die weltweit gesendeten und gedruckten Bilder aus der Kleinstadt Hoyerswerda, als das Abfackeln eines Asylbewerberheimes von der Bevölkerung frenetisch bejubelt und unterstützt wurde. Dieses Ereignis war einer von zigtausend Einzelfällen, zeigt also den ganz normalen Alltag in einer x-beliebigen Brandenburger Gemeinde.”

Es heißt dann weiter:

„Ebenso naiv wäre es, in solchen Fällen auf die Polizei zu vertrauen, wobei Feigheit noch das ehrenwerteste Motiv wäre. Selbst der Brandenburger Regierung geht die Kumpanei der Polizei mit Nazischlägern zuweilen zu weit, weil es dem Ansehen der Region schade. Das ist umso bemerkenswerter, da diese Regierung von Beobachtern als keinesfalls übermäßig anti-rechtsradikal eingestuft wird und beispielsweise der Innenminister vorschlägt, mit Rechtsradikalen Fußball zu spielen.