Protokoll der Sitzung vom 16.05.2001

Die Aussage war eindeutig. Wir erwarten, dass sich der Ministerpräsident - und wir wünschen ihm heute im Zusammenhang mit seinem Geburtstag viel Schaffenskraft für die künftigen Aufgaben - an die Spitze der Verwaltungsreform im Land Brandenburg stellt. Dafür ist, so meine ich, die Personalbedarfsplanung schon eine gute Grundlage. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort erhält die DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Claus, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Brandenburg ist ein glückliches Land ohne Probleme; denn in Zeiten der Rotstiftpolitik erfährt eine Abteilung des Landes eine Aufstockung ihres Personals. Der Verfassungsschutz soll um 22,3 Stellen auf dann 118 Personen steigen. So sieht es jedenfalls das Konzept der Landesregierung bis zum Jahr 2005 vor.

Zum Vergleich: Das Personal zur Arbeitsmarktförderung - ein in Brandenburg relativ unwichtiger Bereich - wird von mickrigen 33,3 auf 30,3 Stellen gekürzt. Was die Arbeitsmarktförderung veranstaltet, ist klar, und wie erfolgreich man dabei ist, auch. Aber was macht der Verfassungsschutz? Schützt er wirklich die Bürger vor der Verfassung, wie manche vermuten? Doch die Aufstockung der Personalstellen scheint berechtigt zu sein; denn das neue Aussteigerprogramm für gewaltbereite und gefährliche Rechtsextreme möchte politisch korrekt umgesetzt werden.

Zusammen mit solchen Abteilungen - genannt sei hier nur „Tolerantes Brandenburg” - und der Ressortkoordinierung bis hin zur Landeszentrale für Politische Bildung ergibt sich mit rund 1 400 Personen ein schlagkräftiger Abteilungsverbund, der Brandenburg auf seinem Weg in die Zukunft begleiten kann. Was zählen da eigentlich noch solche kleinen oder popeligen Abteilungen wie z. B. Jugend, Sport, Existenzgründung und Unternehmensbegleitung, Kultur, berufliche Bildung, Bildungsund Schulpolitik, Hochschulpolitik, Schulaufsicht und außeruniversitäre Forschung, die zusammen nur ein reichliches Drittel der Stellen des Verfassungsschutzes ausmachen?

Seltsam ist auch die Zahl von 114 Personen der so genannten Landesplanung Berlin-Brandenburg, die auf 100 Stellen gekürzt werden soll. Ich frage: Wieso eigentlich? Haben sich inzwischen 14 Personen, die damals mit berufen wurden, in die Rente begeben? Oder waren die 114 Stellen von Anfang an zu üppig geplant? Normalerweise benötigt man doch - gerade umgekehrt - mehr Personen, wenn die Sache mit der Fusion ernst wird und tausend Dinge angepasst und umgesetzt werden müssen.

Wieder zum Vergleich: Nach der Kürzung im Bereich Stadtentwicklung, Städtebaurecht und Bauaufsicht sowie Städtebauförderung bleiben auch nur noch 114 Stellen übrig. Auch dieser Bereich ist der Landesregierung offenbar nicht so wichtig. Was sind auch schon verödende Plattenbausiedlungen oder ganze zusammenfallende Straßenzüge in den Innenstädten des Landes Brandenburg, wenn es doch im Gegensatz dazu im Zuge der Länderfusion darum geht, wie die einzelnen Abteilungen personell besetzt werden sollen?!

In den Bereichen Bildungs- und Schulpolitik, Hochschulpolitik, Schulaufsicht, außeruniversitäre Forschung, Kultur, Arbeitsmarktförderung, Existenzgründung und Unternehmensbegleitung, Industrie, Mittelstand, Handwerk, Justizvollzug sowie Polizei, öffentliche Sicherheit und Ordnung sollen laut Regierungsentwurf bis zum 31.12.2005 insgesamt 520,8 Stellen abgebaut werden.

Wir als DVU-Fraktion schlagen folgende Personalbedarfsplanung vor: Wir fordern, dass sämtliche Stellenstreichungen in den zuvor genannten Bereichen unterbleiben. Als Ausgleich werden diese Stellen in den Bereichen politische Steuerung,

Ressortkoordinierung und Verfassungsschutz zusätzlich gestrichen. Selbst danach würden noch 883,9 Stellen übrig bleiben, was von uns als mehr als ausreichend betrachtet wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhalten die Koalitionsfraktionen, für die der Abgeordnete von Arnim spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man als Letzter spricht, wird man sich bewusst, dass man einiges von seiner Rede zur Seite legen kann.

Frau Tack, ich bin nicht so pessimistisch, wie Ihre Haltung gerade zum Ausdruck kam. Das mag daran liegen, dass ich noch nicht so lange in diesem Hause bin. Ich möchte mir allerdings diese Haltung nicht unbedingt zu Eigen machen. Ich bleibe weiterhin hoffnungsvoll.

Der Herr Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung deutlich gemacht, dass die Administration unseres Landes dem Bürger zu dienen hat. Aus dem Haushaltsstrukturgesetz möchte ich zitieren:

„Dabei sind alle Aufgabenbereiche der Ressorts daraufhin zu prüfen, ob die weitere Wahrnehmung der Aufgaben notwendig ist... und ob sie zweckmäßiger und wirtschaftlicher erledigt werden kann.”

Jetzt liegt uns mit der Arbeit, die wir von der Staatskanzlei bekommen haben, etwas vor, aber ich meine, das ist zunächst erst ein Teil. Ich bedanke mich an dieser Stelle dafür, dass ich die Möglichkeit habe, hier meine Meinung vorzutragen; denn ich hatte in der letzten Zeit den Eindruck, dass es vorkam, dass man seitens der Regierung bestimmte Äußerungen, die ich zu diesem Thema gemacht habe, als relativ kritisch und etwas unpassend empfand. Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal ein Dankeschön sagen, und zwar Dank an den AVO, Dank an die Staatskanzlei, an Sie, Herr Staatssekretär, und an den Mitarbeiterstab.

Es war sicherlich keine leichte und bestimmt auch keine besonders lustige Aufgabe, aber ich hoffe, es war zumindest eine befriedigende Zuarbeit. Damit sich aber die vielleicht aufkommende Begeisterung in Grenzen hält, möchte ich von vornherein ganz deutlich sagen: Es war wirklich nur ein erster Schritt, wenn auch zugegebenermaßen ein wichtiger.

Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie bitte, mir fällt keine bessere Formulierung ein. Die Losung, unter der das Land Brandenburg in den nächsten Jahren geführt werden muss, lautet: Dieses Land muss funktionieren. Das wiederum bedeutet für mich - es wäre schön, meine Damen und Herren, wenn sich möglichst viele von Ihnen mit mir auf den gleichen Weg begeben würden -, dass es Ziel sein muss, Arbeitsplätze zu schaffen und Bildung, Wissenschaft und Forschung voranzubringen, und zwar so, dass Bürgerinnen und Bürger unseres Landes die angesprochenen Arbeitsplätze auch besetzen können. Dazu

gehört in jedem Falle auch, dass die Mitmenschen in unserem Lande ein Recht auf Ordnung und Sicherheit und auch ein Recht auf schnellstmöglich einholbare Rechtssicherheit auf allen Ebenen des Rechts haben. - Im Hinblick hierauf bin ich natürlich etwas vorsichtig; denn das Verteilen von Rechten sollte man sicherlich nicht großzügig handhaben. - Ich denke, in dieser Rang- und Reihenfolge ist dies schlüssig und bündig.

Nach einer Umfrage der Zeitung „Die Woche” trauen 52 % der Deutschen den Regierenden die Veränderung einer Verwaltung eigentlich nicht zu. Ich denke, das ist nicht gut. Aber wir in Brandenburg können gar nicht anders. Wir müssen handeln, und ich denke, wir müssen richtig handeln. Weitere Versuche werden wir nicht mehr allzu häufig haben.

An dieser Stelle sei übrigens angemerkt, dass wir uns das Wort „sparen” eigentlich auch sparen können. „Sparen” bedeutet laut Duden, dass man von Dingen, die man hat, etwas zurückbehält. Wir haben meines Erachtens nichts, was wir zurückbehalten können. In dieser Hinsicht müssen wir meiner Meinung nach sehr bescheiden sein, wenn wir in der Zukunft überhaupt noch handlungsfähig sein wollen. So lange wir keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, werden die Zinsverpflichtungen noch ansteigen und wir werden trotz der schmerzlichen Kürzungen jedes Jahr allein durch die anfallenden Zinsen neue Schuldenberge anhäufen.

Das Ziel lautet also: weniger Staat.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrages!

Ich komme zum Schluss. - An dieser Stelle möchte ich noch folgende Vokabeln ins Feld führen: Deregulierung, Abbau von Standards, Subsidiarität und Eigenverantwortung, also Rückzug des Staates, Stärkung der bürgerlichen Handlungskompetenz, Stärkung von Gruppen und Unternehmen. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke auch. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Damit ist die Unterrichtung durch die Landesregierung - Drucksache 3/2612, einschließlich Korrekturblatt - zur Kenntnis genommen.

Ich rufe Tagsordnungspunkt 7 auf:

Übernahme der Rahmenvereinbarung mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes zum Prozess der Verwaltungsoptimierung für Waldarbeiter

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/2754

Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion hat die Abgeordnete Frau Wehlan das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Rechne ich die im Laufe von drei Jahren bei der Forstreform verwendeten personellen und finanziellen Mittel zusammen und setze sie ins Verhältnis zum Resultat, dann beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Abgesehen davon scheint es der Landesregierung hinsichtlich der Kosten am notwendigen Überblick zu fehlen. An der Ergänzung der im Rahmen der Kleinen Anfrage bezüglich der Kosten der Forstreform eingeräumten Beträge arbeitet die Behörde gegenwärtig immer noch, da sich nach Akteneinsicht Zweifel an der Vollständigkeit der Angaben ergeben haben.

Nachdem vier Abschlussberichte keine ausreichenden Ergebnisse erbrachten, legte der Minister schließlich kraft seines Amtes Strukturzahlen fest, eine Entscheidung, die gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als politischer Wille der Landesregierung bezeichnet wird und mit deren Auswirkungen sich unter anderem unser Antrag beschäftigt.

Bemerkenswert ist, dass die Forstreform eigentlich bereits lange vor der so genannten Verwaltungsoptimierung begonnen wurde. Umso mehr verwundert es, wenn sich herausstellt, dass die Unkenntnis der tatsächlichen Anzahl der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst unter anderem auf die fehlende Berücksichtigung der Beschäftigungsgruppe der Waldarbeiter zurückzuführen ist. Die Panne wandelt sich für die Landesregierung zum Glücksfall. Für das angestrebte Ziel der Reduzierung der Verwaltung um 800 Stellen stehen nunmehr die Waldarbeiter mit zur Verfügung.

Noch ein Problem scheint sich auf Kosten der Waldarbeiter lösen zu lassen. Die Verwaltungsoptimierung droht unter anderem daran zu scheitern, dass sich wegen der weitgehenden Kündigungsschutzvereinbarung die angestrebten Reduzierungen praktisch nicht über den natürlichen Altersabgang realisieren lassen. Wirksame und attraktive Abfindungsregelungen sind vorerst nicht in Sicht. Dafür ist jedoch eine schleichende Vergreisung der Behörden zu befürchten.

Bestand 1998 für die Forstverwaltung die Aufgabe, den Personal- und Organisationsbedarf für den Zeitpunkt des Abschlusses der Waldprivatisierung durch die Treuhand und für den damit verbundenen Flächenabgang festzustellen, ließ man die damals exakt ermittelten Werte später in der Schublade verschwinden. Stattdessen wurde nach dem Besuch einer Gruppe privater forstlicher Unternehmer mit eigenen wirtschaftlichen Ambitionen im Finanzministerium die Idee einer Quasi-Privatisierung der Landesforstverwaltung geboren.

Meine Damen und Herren, nicht dass Sie denken, die PDS habe ein Problem mit privatwirtschaftlichen Unternehmensformen. Nein, wir sehen durchaus die Notwendigkeit, in bestimmten Situationen Marktwirtschaft einzufordern, nämlich dann, wenn eine unsägliche Verquickung zwischen öffentlichen und privaten Interessen zur inakzeptablen Belastung für die Volkswirtschaft wird. Aber Wettbewerb und Privatisierung sollen dort stattfinden, wo sie hingehören.

Für den Bereich der Landesforstverwaltung haben diese Bemü

hungen in eine Sackgasse geführt. Wer heute behauptet, daran sei die mangelnde Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder gar des Aktionsbündnisses Brandenburger Wald schuld, der irrt. An der Forstreform sind diejenigen gescheitert, die für deren Durchführung verantwortlich waren. Der entsprechende Abschlussbericht - es war der dritte - wurde von allen partizipierenden Gruppen ungeachtet gegensätzlicher Interessen abgelehnt. Das ist schon ein beachtliches Kunststück. Man nehme an, heute würde im Zuge einer Gefängnisreform die Auflösung der Haftanstalten beschlossen, dann wären ja zumindest die Insassen dafür.

Worin bestehen die Ursachen für den unbefriedigenden Verlauf der Forstreform und für den Umgang mit den Waldarbeiterinnen und Waldarbeitern? Ich behaupte: Über lange Zeiträume hinweg und teilweise bis heute war man sich über die Zielstellung nicht im Klaren. Eine eindeutig definierte Aufgabenstellung war lange nicht formuliert, sodass der Reformprozess, je nach Auffassung des jeweiligen Verantwortlichen in den zahlreichen Projektgruppen, ein Eigenleben entwickelte.

So wurden wir jüngst im Agrarausschuss informiert, dass es entgegen der Beschlussfassung des Landtages vom April vorigen Jahres vor 2002 kein Konzept für den Kleinprivatwald geben wird. Wie soll also die vom Landtag geforderte Synchronisierung des Konzeptes für den Kleinprivatwald mit der Forstreform erfolgen? Anders ausgedrückt: Während der Beschluss gefasst wurde, über 500 Waldarbeiterstellen abzubauen, hat man es zehn Jahre nach der Wende immer noch nicht geschafft, Lösungsansätze für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung von über 300 000 Hektar nicht landeseigenen Waldes zu entwickeln, die sowohl den strukturellen Problemen des Privatwaldes als auch der Wiedererschließung dieses Arbeitsfeldes und damit den Chancen für Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter Rechnung tragen.

Anstatt die Ihnen bekannten negativen Entwicklungen im ländlichen Raum mit all den wirtschaftlichen und natürlich auch sozialen Konsequenzen zu forcieren, zeigen wir die Deckungsquellen auf, mit denen diese Beschäftigtengruppe als bedeutsamer Faktor der dörflichen Gemeinschaft zu erhalten ist. Dabei spielt es für die PDS übrigens keine Rolle, in welchem Betrieb ein Waldarbeiter oder manche junge Nachwuchskraft mit forstlicher Ausbildung zukünftig Arbeit finden. Aber Kündigungen sind mit uns so lange nicht zu machen, bis die politischen Rahmenbedingungen für mögliche andere Tätigkeitsfelder nicht konsequent entwickelt werden, um somit eine weitere Ausdünnung des ohnehin strukturell schwachen Raumes im Land nicht zuzulassen.

Es ist somit nur recht und billig, wenn diejenigen, die für die forstpolitischen Weichenstellungen zuständig sind, nicht besser gestellt werden als die Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter selbst. Die Waldarbeiter sind es, die den Wertschöpfungsprozess beginnen, egal ob bei der Pflanzung, der Pflege oder der Ernte, egal ob manuell oder vielleicht zukünftig mithilfe moderner Erntetechnik. Im Wald beginnt eine Wertschöpfungskette, bei der sich erst viel später Ministerpräsidenten in großen Holz verarbeitenden Betrieben sehen lassen.

Verehrte Abgeordnete, geben Sie unserem Antrag Ihre Stimme. Die Arbeit für Waldarbeiter ist vorhanden; sie zu erschließen macht es notwendig, dass die Landesregierung endlich ihre

Hausaufgaben erledigt. Ich bin mir sicher, der verbesserte Kündigungsschutz für die Beschäftigten wird dabei hilfreich sein, indem er den Arbeitgeber, also die Landesregierung, zwingt, annehmbare Arbeitsangebote zu unterbreiten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Herr Dr. Wiebke, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu Frau Wehlan habe ich nicht die Zeit, einen umfangreichen Exkurs in die gesamte Forstreform zu unternehmen.

(Zuruf von der PDS)