Protokoll der Sitzung vom 11.07.2001

(Beifall bei CDU und PDS)

Nicht jede Formulierung, die Sie haben, ist auf alle Bereiche gleichmäßig anwendbar. Irgendwann sind sie abgelutscht, irgendwann muss auch in diesem Bereich etwas Innovation sein. Ich muss doch nichts „zugeben”, wenn ich feststelle, wie etwas ist. Das ist doch kein Zugeben; wir befinden uns nicht auf der Anklagebank, wo wir etwas zuzugeben hätten. Wir konstatieren die Realität. Es ist Aufgabe der Regierung, zunächst einmal die Wirklichkeit zu beschreiben und darauf aufbauend dann Vorschläge für die Zukunft zu unterbreiten. Nicht schönreden, sondern zunächst beschreiben, was Sache ist, und dann Zukunftsperspektiven darauf aufbauen.

Ich halte die von uns gezogene Bilanz - man kann sie ernüchternd nennen - für realistisch. Sie ist eine Beschreibung der Wirklichkeit. Mit der Beschreibung der Wirklichkeit kann man, wenn man Politiker ist und für die Zukunft zu sorgen hat, nie zufrieden sein, sonst könnte man ja aufhören.

Es stehen noch umfangreiche Aufgaben vor uns. Ich konstatiere gern, Herr Thiel, dass die sieben Leitbilder, die Sie beschrieben haben, Leitbilder sind, die wir alle akzeptieren können. Das ist eine Basis, auf der wir aufbauen können. Aber ich muss auch sagen, sie sind Allgemeingut, sind keine Erfindung einer bestimmten Gruppe, weil es Aufgaben sind, die wir in allen Regionen, in allen Bereichen zu beschreiben und zu erfüllen haben.

Eine letzte Anmerkung in diesem Zusammenhang: Die Gemeinsamkeit der Europaregion Lausitz kann doch nicht daran scheitern, dass wir es zwar schaffen, eine europäische Region zu bilden und diese zu erweitern, aber mit Sachsen keine gemeinsame Initiative hinkriegen.

(Zuruf von der CDU: Eben!)

Das kann doch wohl nicht wahr sein. Die Gespräche, die wir bisher geführt haben, das, was wir an gemeinsamen Initiativen ergriffen haben, das, was sich auch im Wirtschaftsausschuss niedergeschlagen hat, bietet für jeden Einzelpunkt, den wir dabei haben, eine solide Grundlage. Es ist eine Herausforderung, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die Sie für schwierig halten. Das ist doch eine prima Sache. Daran sollten wir uns nicht stören, davon sollten wir uns nicht aufhalten lassen. Wenn wir das Sprachproblem lösen, bewältigen wir alle anderen Schwierigkeiten auch. Ich denke, das werden wir schaffen. In diesem Zusammenhang haben wir inzwischen so viele Gemeinsamkeiten beschrieben, dass wir uns keine Sorgen zu machen brauchen.

Alles, was ich Ihnen sonst noch sagen könnte und was mir meine Mitarbeiter dazu aufgeschrieben haben, steht in diesem Papier. Ich habe nur eine Bitte, meine Damen und Herren: Nachdem wir uns so viel Arbeit gemacht haben, nehmen Sie sich 20 Minuten Zeit, um die 100 Seiten zu lesen! Es lohnt sich für die Arbeit aller Fraktionen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU, SPD und vereinzelt bei der PDS)

Das Wort geht noch einmal an die SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Vogelsänger, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Konzepte sind wichtig, aber eben auch konkrete Projekte. Vom Ausbaugrad der Infrastruktur hängen die Entwicklungschancen von Regionen entscheidend ab. Insofern werde ich mich auf diesen Bereich konzentrieren. Ich denke, wir haben durchaus positive Signale für die Lausitz empfangen. Bezüglich dessen erfolgten gerade im Jahre 2000 wichtige Weichenstellungen.

Mit der Zustimmung zur Steuerreform konnte das Sonderprogramm „Südostbrandenburg”, konnte der Bau der Oder-LausitzTrasse bis zum Jahre 2004 vereinbart werden. Dies ist besonders dem Einsatz von Verkehrsminister Hartmut Meyer zu verdanken, der die Gunst der Stunde nutzte. Immerhin stehen uns damit 412 Millionen DM zusätzlich zur Verfügung. Ursprünglich wäre die Fertigstellung erst zwischen 2010 und 2015 möglich gewesen.

Die neue Trasse von Ostbrandenburg über Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt, Guben und Cottbus nach Senftenberg wird mit Sicherheit eine wichtige Wirtschaftsachse. Das steht im Vordergrund. Damals hatte die „BZ” getitelt: „Brandenburg bekommt Deutschlands schönste Straße”. Darum geht es nicht; es geht um Infrastrukturentwicklung in der Lausitz.

Der Titel „Schönste Straße” trifft auf keinen Fall auf die Autobahn A 13 zwischen Kreuz Schönefeld und Dreieck Spreewald zu. Die Holperstrecke ist die wichtigste Straßenverbindung von der Lausitz in Richtung Berliner Raum. Zum Glück ist auch hier Besserung in Sicht. Seit 2000 wird die Autobahn einschließlich der Brücken saniert. Bis 2004 soll der grundhafte Ausbau von Schönefeld bis südlich Duben abgeschlossen sein. Ebenfalls in Sanierung befindet sich die Cottbuser Autobahn. Ich denke, das sind wichtige, positive Signale für die Lausitz.

Nun zur Schiene: Bedauerlicherweise hat die Bahn Interregioleistungen nach Cottbus abbestellt. Damit hätten wir nun einen Zwei-Stunden-Takt zwischen Berlin und Cottbus. Das ist natürlich inakzeptabel. So hat sich das Land Brandenburg als Besteller für den schienengebundenen Personennahverkehr entschlossen, einen stündlichen Regionalexpress zu bestellen. Das ist eine richtige Entscheidung, aber trotzdem muss die Strecke ausgebaut werden; sie ist derzeit zum Teil eingleisig und enthält zudem Langsamfahrstellen.

In der Antwort der Landesregierung wird auf die Bemühungen des Landes bezüglich der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes hingewiesen. Hier gilt es weiter gemeinsam Druck zu machen, um auch der Lausitz eine faire Chance zu geben.

Auch mit parlamentarischer Unterstützung sind wir bei der Gestaltung des ÖPNV in der Lausitz vorangekommen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn es uns gemeinsam gelänge, den ZÖLS in den VBB zu integrieren. Ich denke, dies wäre von großem Vorteil für die Lausitz.

Meine Damen und Herren, beim Ausbau der Infrastruktur in der Lausitz werden wir in den nächsten Jahren ein gutes Stück vorankommen. Dies ist ein wichtiges Signal für eine Region im Strukturwandel. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass das LausitzKonzept und die wichtigen Infrastrukturvorhaben umgesetzt werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke. - Wir sind damit am Ende unserer Rednerliste und ich schließe die Aussprache, womit die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 20 - Drucksache 3/2920 - zur Kenntnis genommen worden ist.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9 und rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Beschlüsse zu Petitionen

Übersicht 5 des Petitionsausschusses

Drucksache 3/2964

Da vereinbart wurde, auf eine Debatte zu verzichten, ist die Übersicht des Petitionsausschusses zur Kenntnis genommen worden.

Das lässt mich den Tagesordnungspunkt 10 schließen, um den Tagesordnungspunkt 11 aufzurufen:

Schwerpunkte zur Durchsetzung einer nachhaltigen, sozialverträglichen und ökologischen Abwasserentsorgung in Brandenburg

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 3/2965

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Dellmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir die Situation zum Abwasser im Land Brandenburg betrachten, dann können wir sagen, dass wir in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung und eine deutliche Beruhigung der Situation erleben konnten. Das heißt nicht, dass es nicht noch viele Zweckverbände gibt, wo Bürger, wo aber auch Kommunalvertreter sagen: Hier sind Verbesserungen notwendig.

Die Verbesserung der Situation ist dem konsequenten Handeln der Landesregierung, aber auch des Landtages zu verdanken. Diese haben vor drei/vier Jahren erkannt, dass es so, wie es Anfang der 90er Jahre lief, nicht weiter laufen konnte. Ich erinnere an die Anleitung der Verbände, aber auch an das Schuldenmanagement für in Not geratene Zweckverbände. Die schlimmsten Situationen sind beseitigt worden. Es geht jetzt darum zu schauen, wie wir diese Prozesse weiter begleiten können.

Für uns als SPD- und CDU-Fraktion war die anstehende Überarbeitung und Novellierung der Fördermittelrichtlinie für Kläranlagen der richtige Zeitpunkt, um zu schauen: Wo sollte die Feinsteuerung weiter einsetzen? Es ist zu überlegen, wie das Land steuern sollte: Über Gesetze? Sollten wir in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen? Oder benutzen wir primär finanzielle Steuerungsinstrumente?

Es gab viele Veranstaltungen, so zum Beispiel die Anhörung über die Abwasserproblematik im Frühjahr dieses Jahres. Wir sind von vielen Teilnehmern aufgefordert worden: Bitte, greift ein Stück weit in die kommunale Selbstverwaltung ein! Es kam gerade von Bürgerinitiativen die Aufforderung, nicht nur die Aufgabenträger entscheiden zu lassen, sondern staatliche oder neue Regularien für die Entscheidungen, die vor Ort zu treffen sind, einzuführen.

Wir als SPD- und CDU-Fraktion sind der Auffassung, dass dieses nicht geändert werden sollte, dass die kommunale Selbstverwaltung bei Aufgabenträgern und auch bei Zweckverbänden erhalten bleiben sollte und erhalten bleiben muss. Niemand würde beispielsweise auf die Idee kommen, wenn eine Gemeindevertretung oder Stadtverordnetenversammlung über Ausbaubeiträge für Straßen entscheidet, nach dem Land Brandenburg zu rufen und zu fordern, dass unabhängige Gremien eingreifen. Aber wir brauchen finanzielle Steuerungsinstrumentarien, die genutzt werden müssen, um für neue innovative Lösungen Anreize zu schaffen. Es geht uns insbesondere darum, für ländliche Räume adäquate Lösungen zu schaffen.

Ich will nicht verhehlen, dass dieser Antrag, die Diskussion und die Erarbeitung der Details bezüglich der Förderrichtlinie gegen einen erheblichen Widerstand bei einigen Ministerialen gestoßen ist. Ich will ausdrücklich den Minister und den Staatssekretär hiervon ausschließen, aber wenn zum Beispiel eine Fachabteilung in einem Ministerium zehn Jahre lang immer „Kanal” gepredigt hat, so ist es nicht ganz einfach, diese dann davon zu überzeugen, dass andere Strategien auch richtig sein können.

Für uns müssen gute Lösungen für Bürger und Aufgabenträger

im Mittelpunkt stehen. Ich sage ganz deutlich, dass wir Politik für die Bürger und nicht für die Aufgabenträger machen. Es muss ein Gleichgewicht vorhanden sein. Wir haben es also mit einer neuen Qualität zu tun, wenn die Fördermittelrichtlinie greift.

Uns geht es um folgende wesentliche Punkte: Zum einen brauchen wir endlich auch in der finanziellen Förderung die Gleichberechtigung zwischen dezentralen und zentralen Lösungen. Diese gibt es bisher nicht.

Wir fordern von den Aufgabenträgern, von den Zweckverbänden, dass sie im Rahmen ihrer Abwasserbeseitigungskonzepte detailliert nachweisen, welches für einen Ortsteil, für einen Ort, für eine Region die beste Lösung ist. Wir werden zukünftig in Orten unter 2 000 Einwohnern nur noch zentrale - sprich: Kanallösungen - fördern, wenn im Detail nachgewiesen ist, dass dort die zentrale Lösung die bessere ist. Ansonsten wird es keine Förderung mehr geben.

Diese Variantenvergleiche wurden aus unserer Sicht bisher ungenügend abgefordert. Hier gilt es wirklich Neuland zu betreten. Gleichzeitig werden wir die 200-Einwohner-Grenze aufheben. Bisher konnten ja Grundstückskläranlagen nur in Ortsteilen unter 200 Einwohnern gefördert werden.

Wichtig ist auch, dass die Ungerechtigkeiten im berlinnahen Raum mit dieser berühmten 20%-Regelung aufhören.

Wir sind von Zweckverbänden gefragt worden - es gab viele Anrufe, nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Kollegen -, ob wir eine völlige Umkehrung durchführen wollen. Viele Zweckverbände hatten Sorge, dass wir die eingeschlagenen Wege der Sanierung aufgeben. Ich sage von hier aus ganz eindeutig: Nein. Denn bei Förderung dezentraler Lösungen müssen gleichzeitig die Zweckverbände im Auge behalten werden. Es kommt auf den Ausgleich an. Wir wollen eine Stärkung und die Beibehaltung der kommunalen Verantwortung der Aufgabenträger.

Ich will auf zwei Aspekte eingehen, die die PDS in ihren Entschließungsantrag aufgenommen hat. Es geht zum einen um die Novellierung der Bauordnung für Kleinkläranlagen, aber auch darum, eventuell im Zusammenhang mit dem Wassergesetz etwas zu tun. Bezüglich dieser Punkte darf ich anbieten, dass wir den Herbst und Winter für die Diskussion nutzen. Denn wir werden in den nächsten Monaten die Novellierung der Brandenburgischen Bauordnung bekommen und auch die Novellierung des Brandenburgischen Wassergesetzes, aber im Moment ist es noch nicht an der Zeit, schon vom Parlament aus zu sagen, dass wir beispielsweise die Baugenehmigungsfreiheit für Kleinkläranlagen haben wollen.

Eine Sache wird mit uns allerdings nicht zu machen sein. Das ist die von Ihnen geforderte Aufhebung des Anschluss- und Benutzungszwanges zum Zwecke der Kanalisation. Da hätte ich auch die herzliche Bitte an die PDS - mir ist das schon so ein bisschen signalisiert worden -, dazu einmal eine Modellrechnung vorzunehmen, um zu sehen, was das bedeutet. Ich glaube schon, dass wir im Bereich der Kanalisation auch zukünftig den Solidargedanken nutzen müssen. Ich mache das einmal an einem klassischen Beispiel fest:

Jemand in einem Einfamilienhaus in einem Siedlungsgebiet

wird eher die Möglichkeit haben, eine Kleinkläranlage zu bauen, als vielleicht der Mieter, der in einem 6-Familien-Haus oder in einem 8-Familien-Haus in vorortstrukturierten Bereichen wohnt. Mit solch einer Lösung treffen Sie aus meiner Sicht wirklich nur die sozial Schwachen, wenn Sie im Land Brandenburg die Aufhebung des Anschluss- und Benutzungszwangs fordern.

Ich will daran erinnern: Das können die Gemeinden heutzutage sowieso schon. Die Aufgabenträger können in ihrer kommunalen Zuständigkeit sagen: Bestimmte Ortsteile werden davon ausgeschlossen. Ich habe die PDS immer so verstanden, dass Ihnen eigentlich diese kommunale Selbstverwaltung sehr hoch hängt. Frau Enkelmann nickt jetzt auch zu diesem Thema.

Die Novellierung der Fördermittelrichtlinie unterstützt Bürger und Aufgabenträger bei der Schaffung ökologisch und finanziell sinnvoller Lösungen. Ich darf Sie bitten, meine Damen und Herren, dem Antrag zuzustimmen. Die Koalitionsfraktionen werden die Anträge der PDS und der DVU ablehnen, bieten allerdings an, dass zu Details im Herbst gerne das Gespräch stattfindet. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dobberstein.