Protokoll der Sitzung vom 19.09.2001

Angesichts der hohen Schulden des Landes und einiger Fehlinvestitionen in der Vergangenheit - erinnert sei in diesem Zusammenhang an das Engagement der LEG - haben wir die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die vorhandenen Investitionsmittel möglichst effizient eingesetzt werden, und auch dafür, dass vermehrt Finanzierungsinstrumente genutzt werden, die wirtschaftlicher sind.

(Beifall bei der CDU)

Der Einsatz öffentlicher Investitionsmittel für die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) oder für den Ausbau von Schönefeld wird von meiner Fraktion ausdrücklich unterstützt. Sie versprechen eine sehr hohe Effizienz hinsichtlich der Struktur- und Arbeitsmarkteffekte.

Wenn Sie, Herr Prof. Bisky, das Engagement der Landesregierung für den Flughafen Schönefeld klein reden wollen: Dass dort Arbeitsplätze in Größenordnungen geschaffen werden, von denen wir in anderen Bereichen nur träumen können, müsste auch Ihrer Fraktion bekannt sein.

(Beifall bei CDU und SPD - Vietze [PDS]: 5 000 Arbeits- plätze gehen unter anderem in Tegel und Tempelhof verlo- ren!)

Die Ausgaben, die wir tätigen, werden nur die gewünschten Wirkungen erzielen, wenn es uns gelingt, die Effizienz der Politikinstrumente zu erhöhen. Es muss aber nüchtern konstatiert werden, dass die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik in den neuen Ländern die Brückenfunktion zum ersten Arbeitsmarkt nicht so erfüllen, wie es für die Arbeitslosen im Land Brandenburg wünschenswert wäre. Das hat natürlich in erster Linie mit dem Mangel an Arbeitsplätzen zu tun. Weitere Ursachen liegen darin, dass Qualifizierungen und Umschulungen nicht immer bedarfsgerecht erfolgen und dass drittens - Anreize fehlen, eine Tätigkeit am ersten Arbeitsmarkt aufzunehmen, wenn diese mit Einkommenseinbußen verbunden ist.

Das Lohnabstandsgesetz, das garantieren soll, dass jemand, der arbeitet, mehr Geld bekommt als jemand, der nicht arbeitet, wird in vielen Fällen nicht eingehalten. Deshalb muss man über neue Modelle wie das des Kombilohns ernsthaft diskutieren. Auch die Zusammenführung von Sozial- und Arbeitlosenhilfe scheint sinnvoll. Dazu muss die Bundesregierung allerdings erst die notwendige gesetzliche Grundlage schaffen.

(Unruhe bei der PDS)

Der Bekämpfung der Schwarzarbeit muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Schwarzarbeit führt nicht nur zur Verzerrung des Wettbewerbs und damit zur Vernichtung von regulären Arbeitsplätzen, sondern gefährdet unser Sozialsystem in der Gesamtheit und führt zu höheren Belastungen derjenigen, die sich dieses nicht bedienen. Es würde den Rahmen dieser Debatte sprengen, auf Ursachen und auf Möglichkeiten der Bekämpfung einzugehen. Über eines müssen wir uns im Klaren sein: Wenn es Mode wird, keine Steuern zu zahlen, kann der Staat seine Aufgaben nicht mehr erfüllen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Zudem müssen wir darüber reden, wie Wirtschaftspolitik und Arbeitsmarktpolitik zusammengebracht werden können, damit Arbeitsmarktpolitik bedarfsgerechter eingesetzt werden kann. Leistung muss sich lohnen. Diese Formel muss für alle Beteiligten aufgehen. Wo überzogener staatlicher Verwaltungsaufwand unternehmerische Leistung hemmt, wird nur unzureichend Arbeit entstehen.

Wir müssen auch dafür Sorge tragen und dafür werben, dass das Land Brandenburg regional, national und international mit un

ternehmerfreundlichem Klima assoziiert wird. Ansiedlungswillige Unternehmen müssen spüren, dass sie in Brandenburg willkommen sind. Werden die falschen Signale gesetzt, wie im Landkreis Uckermark geschehen, hat das fatale Auswirkungen weit über die Grenzen Brandenburgs hinaus.

(Beifall bei CDU und SPD - Bischoff [SPD]: Ein CDU- Landrat!)

- Sie sehen, wir sind auch zu Selbstkritik in der Lage.

Die schädlichen Wirkungen in der Öffentlichkeit bleiben meist auch dann bestehen, wenn die Entscheidung nachträglich korrigiert wurde.

Wenn der ORB 10 bis 15 Kritikern einer BMW-Ansiedlung eine ganze Sendung widmet, muss man sich nicht wundern, wenn die Entscheidung für eine Stadt fällt, in der die Bürger auf vielfältige Weise sozusagen den roten Teppich ausgerollt haben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir wissen alle, dass die Entwicklung Brandenburgs stark von bundespolitischen Entscheidungen mitbestimmt wird. Die finanzielle Unterstützung durch den Bund ist die eine Seite, die andere Seite sind die Rahmenbedingungen, die der Bund vorgibt. Die Einführung der Ökosteuer und das 630-DM-Gesetz haben die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern negativ beeinflusst.

(Schippel [SPD]: Das ist eine Behauptung!)

Dass der Bundesverkehrswegeplan nicht wie vorgesehen in dieser Wahlperiode des Bundestages fortgeschrieben wurde, verzögert den notwendigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bundesländern. Einerseits stellt der Bund Millionen für den Stadtumbau bereit, welche mit Landesmitteln gegenfinanziert werden müssen. Andererseits verkauft die bundeseigene TLG in Lauchhammer ihre Wohnungen zum Schleuderpreis und konterkariert damit die Bemühungen, dem Problem des Wohnungsleerstandes entgegenzutreten.

Ein anderer Punkt ist das Bundesvergabegesetz. Die Regelung, dass die Tariflöhne des Ortes der Leistung zu zahlen sind, wird den gesamten Markt im alten Bundesgebiet für unsere Bauunternehmen unerreichbar machen. Was das für die wirtschaftliche Entwicklung in Brandenburg bedeutet, kann sich jeder vorstellen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Von besonderer Bedeutung für die Zukunft unseres Landes sind die Hochschulen. Gerade im Land Brandenburg, das über keine nennenswerten Rohstoffe und Bodenschätze verfügt, gehören Wissenschaft und Forschung zum wertvollsten Kapital. Sie sind wichtige Wachstumsmotoren der wirtschaftlichen Entwicklung.

Die brandenburgischen Universitäten und Hochschulen feiern in diesem Jahr ihren zehnten Geburtstag. Inzwischen studieren in Brandenburg über 33 000 Studenten. Die Hochschulen sind zu einem wichtigen Standortfaktor geworden. Die enge Kooperation der Hochschulen und außeruniversitären Forschungsein

richtungen mit der Wirtschaft birgt ein erhebliches Entwicklungspotenzial für Brandenburg.

Schon deshalb ist es zu begrüßen, dass die Hochschulausgaben von Kürzungen ausgenommen wurden. So wird es möglich, 3 500 neue Studienplätze im Land Brandenburg zu finanzieren.

Eine erfolgreiche Hochschulpolitik setzt aber eine solide Basis voraus. Diese muss in der Schule gelegt werden. Mit der Novellierung des Schulgesetzes wurden die Voraussetzungen für ein leistungsfähiges Schulwesen geschaffen. Ohne gut ausgebildete, engagierte Lehrer kann aber das beste Schulgesetz keine Wirkung entfalten. Hier sind noch erhebliche Anstrengungen notwendig, um die durch die früheren Teilzeitmodelle sowie durch den Geburtenrückgang hervorgerufenen Verwerfungen und Benachteiligungen in der Lehrerbesoldung wenigstens teilweise zu korrigieren. Auch der Abbau von Lehrerstellen bei rückläufigen Schülerzahlen muss so erfolgen, dass die Umsetzung der Bildungsoffensive nicht gefährdet wird.

Eine funktionsfähige Polizei und Justiz ist insbesondere im Hinblick auf die geographische Lage Brandenburgs von besonderer Bedeutung, nicht zuletzt auch für die Existenzsicherung von Unternehmen, aber auch für die Sicherheit der Bürger.

Neben den eingangs erwähnten weltpolitischen Fragen beschäftigen die Bürger auch solche Probleme wie die immer dreisteren Diebstähle auf Baustellen, die Umweltkriminalität sowie die schlechte Zahlungsmoral. Umso notwendiger ist es, Wege zu finden, die zur Verfügung stehenden Mittel effizienter zu nutzen, beispielsweise durch Leasing-Modelle bei Polizeiwagen. Investitionen in die Sachausstattung der Polizei - Polizeihubschrauber, Schutzwesten und eine gute Funkausrüstung - sind lebensnotwendig und schon deshalb in ausreichendem Maße vorzunehmen. Auch die Polizeistrukturreform wird zu effizienterem Polizeihandeln führen, da durch die Reduzierung der Verwaltungsstrukturen mehr Grün auf die Straße kommt.

Auch im Bereich des Verfassungsschutzes wurde viel erreicht. Die Abteilung wurde neu strukturiert und die Personalstärke erhöht. Durch die Umstrukturierung wurden die Geschäftsprozesse deutlich optimiert. Die Abteilung ist jetzt klar gegliedert, leistungsfähig, motiviert und verfügt über nachrichtendienstlich qualifiziertes Führungspersonal.

Auch im Justizhaushalt ist eine Verbesserung des Personalbudgets vorgesehen. In den nächsten beiden Jahren werden in diesem Bereich 110 zusätzliche Stellen geschaffen, um sowohl dem Ziel, dass die Strafe der Tat auf dem Fuß folgen muss, als auch einer Verkürzung der Vollstreckungszeiten durch die Einstellung von 14 Gerichtsvollziehern Rechnung zu tragen.

(Beifall bei der CDU)

Davon profitieren nicht zuletzt auch unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen.

Meine Damen und Herren! Brandenburg verfügt mit den ausgewiesenen Großschutzgebieten über einen hohen Standard im Naturschutz. Die CDU setzt sich für die Erhaltung und Pflege der brandenburgischen Naturlandschaften ein. Aber wir treten einer überdimensionierten Naturschutzverwaltung entschieden entgegen, vor allem einer Naturschutzverwaltung, die als Ver

hinderer von Investitionen und damit gegen die Schaffung von Arbeitsplätzen in Brandenburg auftritt.

(Beifall bei der CDU sowie des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Naturschutz muss auch weiterhin bezahlbar bleiben. Deshalb sind wir der Auffassung, dass der Landwirt noch immer der beste und kostengünstigste Naturschützer ist,

(Beifall bei der CDU)

weil er mit der Natur, von der Natur und in der Natur lebt. Die CDU favorisiert ganz eindeutig den Vertragsnaturschutz anstelle von weiteren großflächigen Schutzgebietsausweisungen. Bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie und der weiteren Sicherung der ausgewiesenen FFH-Gebiete ist es deshalb notwendig, Mittel zu wählen, die ausreichen, um den Schutzzweck zu erfüllen.

(Beifall bei der CDU)

Die Koalitionsfraktionen haben sich bereits in der Koalitionsvereinbarung auf die Novellierung einiger Gesetze verständigt. Erinnert sei nur an das Landeswaldgesetz, das Landeswassergesetz, die Brandenburgische Bauordnung und das Denkmalschutzgesetz. Ziel dieser Gesetzesänderungen muss es sein, durch die Senkung von Normen und Standards bestehende Investitionshemmnisse abzubauen und Verwaltungsverfahren zu beschleunigen.

In diesem Zusammenhang ist auch die noch ausstehende Verwaltungsoptimierung zu sehen, die mit der Reduzierung staatlicher Aufgaben einhergehen muss. Nur so werden wir das Ziel, den Anteil der Personalausgaben im Landeshaushalt zu senken, erreichen, ohne Qualitätseinbußen im staatlichen Handeln hinnehmen zu müssen.

Die Mittel für die Sportförderung und den Landesjugendplan sollen mit relativ geringen Abweichungen verstetigt werden. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund einer kontinuierlichen Jugendarbeit wichtig.

Meine Damen und Herren! Es ist immer problematisch, wenn Leistungen, die über einen längeren Zeitraum gewährt wurden, zurückgefahren werden müssen. Das betrifft das Landespflegegeld ebenso wie das Programm „55 Aufwärts” und die Zuschüsse für Kindertagesstätten.

Ich könnte an dieser Stelle weitere Problemfelder aufzeigen eines haben sie alle gemeinsam: Die Kürzungen sind für die Betroffenen schmerzhaft, und sie bleiben in vielen Bereichen nicht ohne Folgen. Da tröstet es auch wenig, wenn man erklärt, dass Brandenburg viele Jahre über seine Verhältnisse gelebt hat.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle einige Bemerkungen zu Ihrem Redebeitrag, Herr Prof. Bisky. Die Haushaltskonsolidierung ist nicht gescheitert, sondern sie wird gestreckt. Die Gründe wurden hier sowohl von mir als auch von meinen Vorrednern ausführlich erläutert. Hauptanliegen für uns ist nicht nur die Konsolidierung, sondern die Zukunftsfähigkeit des Landes, und da muss man Prioritäten setzen.

(Beifall bei der CDU - Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Ja, eben! - Vietze [PDS]: Tun Sie es doch!)

Was die Abwanderung betrifft, so hatte die PDS in Mecklenburg-Vorpommern ja die Möglichkeit, Konzepte gegen Abwanderung durchzusetzen. Wenn die Abwanderung in Brandenburg ein Desaster ist, dann steht Mecklenburg-Vorpommern angesichts der dortigen Abwanderung vor dem Ruin.

Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt, dass am Ende unserer Beratungen ein Haushalt verabschiedet wird, der die entscheidenden politischen Zielsetzungen widerspiegelt. Natürlich müssen sich diese Ziele am Machbaren und nicht am Wünschenswerten orientieren. Sparsamkeit mit vorhandenen Mitteln, Orientierung auf zu entwickelnde Potenziale und Konsolidierung des Landeshaushalts sind die wichtigsten vor uns stehenden Aufgaben.

Wir haben keine leichten Beratungen vor uns, zumal voraussichtlich noch zusätzliche Ausgaben anstehen - auch diese wurden hier schon genannt -, die im Entwurf noch nicht etatisiert werden konnten. Als Beispiele nenne ich die Situation der LEG sowie Ausgaben für zusätzliche Ansiedlungsvorhaben. Für die aufgezeigten Ziele lohnt es sich jedoch, sich einzusetzen. Lassen Sie mich die Hoffnung ausdrücken, dass es uns gelingen möge, die richtigen Entscheidungen für die Menschen in unserem Land zu treffen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.