Protokoll der Sitzung vom 21.11.2001

(Beifall bei der PDS)

Das ist eine Aufgabe, deren Wahrnehmung ich in der gegenwärtigen Haushaltsberatung bisher vermisst habe, und zwar in dem Sinne, dass man sich einem derartigen Anforderungsprofil mit dem gebotenen Ernst stellt und dann möglicherweise zu anderen Entscheidungen kommt, was den Einsatz von finanziellen Fonds betrifft.

Wir haben ein drittes Problem. Wir alle tun so, als ob 2006 noch sehr weit weg ist. Aber die EU-Osterweiterung wird kommen und es ist gut, dass die EU-Osterweiterung kommt, weil sie eine Chance für alle bedeutet, weil sie eine Chance für Europa und auch für Brandenburg bedeutet. Das heißt aber auch, dass wir nicht so tun können, als würden wir nicht vor grundlegenden Veränderungen stehen.

Im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung und der gegenwärtigen Situation wird Basel II für uns eine Herausforderung werden. Jeder von uns hat sicherlich über Basel II gelesen, über die Verschärfung von Konditionen bei der Vergabe von Krediten durch private Banken. Wenn es uns nicht gelingt, unseren eigenen Anspruch, die ILB als öffentliche Strukturbank - das Gesetz haben wir gemeinsam beraten und beschlossen, es wurde von allen Fraktionen mitgetragen - so zu interpretieren und so aufzunehmen, dass die ILB wirklich eine Strukturbankfunktion wahrnimmt und damit einen öffentlichen Beitrag leistet, dass die möglichen Schwierigkeiten, die sich aus Basel II ergeben, überwunden werden und damit eine aktive Mittelstandspolitik betrieben werden kann, werden wir unserer öffentlichen Rahmensetzung nicht gerecht.

Diese Debatte ist intensiv zu führen und erledigt sich nicht mit der Antragstellung hier im Parlament. Deswegen haben wir auf so etwas verzichtet. Ich möchte nur anregen, dass wir uns im Zusammenhang mit Basel II und im Zusammenhang mit der Neukonzipierung einer Mittelstandspolitik hier im Land Brandenburg dieser Frage in den Ausschüssen sehr bewusst stellen und möglicherweise sehr schnell zu Ergebnissen kommen, die eine veränderte Rahmensetzung ermöglichen.

Ich will durchaus erwähnen, was es an positiven Aspekten geben wird. Ich finde die Antwort auf die Anfrage, was das EUAustauschprogramm gebracht hat, sehr beeindruckend. Das ist etwas, womit wir die Jugend in Brandenburg begeistern können,

wo Kulturen zusammengeführt werden können, wo auch ein kulturelles Gesamtverständnis weit über Brandenburg hinaus entwickelt werden kann.

Es sollte gemeinsames Anliegen sein, genau diese Programme und ähnlich erfolgreiche Programme sicherzustellen, weil sie über den beschäftigungspolitischen Aspekt hinaus eine politische und kulturelle Bedeutung nicht nur für das Land Brandenburg haben. Die sollte wahrgenommen werden. Dazu sollte auch die notwendige Unterstützung gewährleistet sein.

Ich möchte auch nicht versäumen, auf einige Besonderheiten in der Antwort hinzuweisen, Besonderheiten, die sich zum Beispiel aus der Darstellung ergeben, wieviel intensiver angeblich der berlinferne Raum als der berlinnahe gefördert wird. Leider lassen sich diese Aussagen aus der Großen Anfrage anhand des Zahlenmaterials, das die Große Anfrage selbst beinhaltet, nicht so richtig nachvollziehen.

Wenn wir zu einem regionalen Wertschöpfungsansatz kommen, lassen Sie uns auf die Projekte und Ideen, die in Brandenburg vorhanden sind, die eine Zusammenführung von Unternehmen, von Verwaltung und Beschäftigungsgesellschaften beinhalten, zurückgreifen und lassen Sie uns diese anfinanzieren. Dann haben wir tatsächlich die Möglichkeit, eine Förderstruktur zu entwickeln, die diesen Kriterien gerecht werden und Lebensperspektiven in berlinfernen Räumen entwickeln kann.

Wir stehen vor dem Problem - das geht aus meiner Sicht auch aus der Antwort hervor -, dass die öffentliche Hand zunehmend in eine Situation kommt, dass ein gesunder Wettbewerb zwischen Standorten oder Regionen in eine sehr ungesunde Konkurrenz umschlägt. Diese ungesunde Konkurrenz führt auch dazu, dass die öffentlichen Hände untereinander - zum Beispiel bei der Investorenakquise - versuchen, sich gegenseitig den Rang abzulaufen. Das führt unter anderem zu einem ineffizienten Einsatz von öffentlichen Mitteln.

Ich möchte eine Idee wiederholen, die ich vor einigen Wochen bereits eingebracht hatte: Ein Standortsicherungsvertrag zwischen den Bundesländern, der sicherstellt, dass man nach gemeinsamen Kriterien Höchstgrenzen für harte und weiche Standortfaktoren entwickelt, um Ansiedlungen und andere Sachverhalte zu realisieren, ist kein planwirtschaftliches Instrument, sondern ein Instrument, das uns dazu befähigen könnte, diese ungesunde Konkurrenz sozusagen wieder auf gesunde Füße zu stellen und in einem Wettbewerb, der zwischen den Regionen notwendig ist, erfolgreich zu agieren.

(Beifall bei der PDS)

Herr Präsident, ich sehe, die rote Lampe leuchtet. - Ich möchte Ihnen abschließend noch eine Bitte unserer Fraktion darlegen. Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht, der sich an die Antwort auf die Frage 35 eng anlehnt. Da hiermit eine Idee aus der Antwort auf die Große Anfrage selbst aufgenommen worden ist, möchte ich Sie bitten, diesen Entschließungsantrag zu prüfen und ihm zuzustimmen, damit wir einen Ausgangspunkt haben für weitere Diskussionen, die wir sicherlich nicht nur im Rahmen der Haushaltsdebatte führen werden. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Christoffers. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Müller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Christoffers, ich habe fest damit gerechnet, dass die Kollegin Schröder zu diesem Thema redet. Dann hätte ich deutlich machen können, wie unterschiedlich doch Standpunkte sein können. Das wird mir jetzt ein wenig schwerer fallen,

(Zurufe bei der PDS)

weil, wie bekannt, der Kollege Christoffers, was Wirtschaftspolitik angeht, durchaus auf dem Boden der Tatsachen steht. Insofern bleibt nicht so sehr viel übrig, was man davon richtig stellen müsste, obwohl es - das will ich an dieser Stelle auch deutlich sagen - in Segmenten noch unterschiedliche Auffassungen gibt. Aber in vielem stimmen wir in unserer Auffassung überein. Das will ich an dieser Stelle einmal so deutlich sagen.

Vor allen Dingen geht es um die Probleme in unserem Land Brandenburg, was die Unternehmensstruktur angeht. Es ist heute bereits mehrfach gesagt worden, dass wir sehr viele kleine Unternehmen und zu wenig große Unternehmen haben. Wir haben in den Unternehmen zu wenig Eigenkapital. Wir haben Probleme mit dem Marktzugang. Wir haben überhaupt zu wenig Unternehmen. Wir haben zu wenig Unternehmer. Es gibt zu wenig Risikobereitschaft, Unternehmer zu werden.

All das führt dazu, dass wir in einer Situation sind, die man als nicht sonderlich hervorragend charakterisieren kann.

Wie kommt man da heraus? Was kann man dabei verändern? Vielleicht sind auch die Fragen zu stellen: Was hat man falsch gemacht? Was muss man in der Zukunft anders machen? - Die Antworten darauf sind sicherlich nicht so ganz einfach, weil ich nicht erkennen kann, dass man es hätte so anders machen können, sodass wir heute ein Land mit einer hohen Industrialisierung in allen Regionen mit vielen großen am Markt präsenten erfolgreichen Unternehmen wären und, was die Steuereinnahmen angeht, kein Problem mehr hätten. Dies wäre vermutlich nicht zu erreichen gewesen. Trotzdem gilt es natürlich, auch mit den in Zukunft zur Verfügung stehenden geringeren Mitteln zu überlegen: Wie kann man sie noch effizienter einsetzen?

An dieser Stelle vielleicht vorab noch etwas anderes. Kollege Christoffers hat zum Ausdruck gebracht, dass an der Verteilung der GA-Mittel nicht zu erkennen ist, dass die strukturschwachen Außenregionen stärker gefördert worden sind. Auch mir ist das beim Durchlesen der Antwort auf die Große Anfrage aufgefallen. Ich habe den Wirtschaftsminister daraufhin angesprochen. Er hat mir zugesichert, dass dies ein Buchstabendreher ist. Das T und das F, welche wir auf der Seite 11 der Antwort finden, ist verdreht worden. Das heißt, die Majorität der Mittel ist in die Außenregion gegangen. Insofern entspricht es dem, was wir eigentlich immer zur Kenntnis genommen und auch immer gemeinsam unterstützt haben.

Wenn man sich das Verhältnis zwischen den beiden Zielrichtungen anschaut - auf der einen Seite die Arbeitsförderung und auf

der anderen Seite die Wirtschaftsförderung -, dann ist aus meiner Sicht allerdings nicht nur festzustellen, dass der Bereich der Arbeitsmarktförderung auch im Haushalt 2002/2003 einen schmerzlichen Verlust an Mitteln zu beklagen hat, sondern auch, dass das Gleiche auf die Wirtschaftsförderung zutrifft.

Marktzugang ist ein Beispiel. Hier müsste man mit Landesprogrammen viel mehr machen, als wir heute machen können. Wenn man sich die letzten Jahre anschaut, dann sieht man, dass wir die Landesprogramme Stück für Stück mangels Geld weggeschnitten haben mit dem Ergebnis, dass wir im Wesentlichen nur noch die europäischen und die Bundesprogramme einsetzen können, die uns natürlich in den Handlungsmöglichkeiten schwer einschränken. Insofern gibt es auch hier Defizite. In den Problembereichen unserer Wirtschaft haben wir nicht mehr die finanziellen Möglichkeiten, um ausreichend zu unterstützen.

Trotzdem ist eine Menge erreicht worden. Von 1990 bis 2001 wurden durch die GA insgesamt 240 000 Arbeitsplätze entweder neu aufgebaut oder gesichert. Wenn man die anderen Programme - EFRE und weitere Wirtschaftsförderprogramme dazunimmt, kommt man auf 330 000 Arbeitsplätze, sodass man unter dem Strich sagen kann: 25 % der Gesamtarbeitsplätze, die wir haben, sind durch eine solche Förderung stabilisiert oder aufgebaut worden. Wir haben nämlich ungefähr 1,4 Millionen Arbeitsplätze, wie der Antwort zu entnehmen ist. Das ist ein sehr hoher Prozentsatz und bedeutet eine große Wirksamkeit.

Was man natürlich nicht erreichen kann, ist, dass man den Effekt auf den einzelnen Beschäftigten so deutlich herausstreicht, wie das bei der Arbeitsförderung passiert, weil dort die Person im Mittelpunkt steht, während es bei der Wirtschaftsförderung das Unternehmen ist. Es ist in vielen Fällen kaum messbar, wenn sich zum Beispiel in einer Region ein Betrieb angesiedelt hat, was an Nebeneffekten, an Arbeitsplätzen erreicht worden ist.

Die Diskussion über die Beschäftigungswirksamkeit ist sicherlich ganz spannend. Es geht um die Frage: Wie beschäftigungswirksam muss eine Förderung organisiert werden?

Man darf etwas nicht vergessen - hier sind wir gegenüber der PDS manchmal doch etwas unterschiedlicher Auffassung, allerdings gegenüber Herrn Christoffers nicht mehr ganz so unterschiedlich -: Fakt ist: Wenn wir die Beschäftigungswirksamkeit als einzigen Parameter einführten, würde es keine moderne, mit viel Technik auszurüstenden Betriebe mehr in der Förderung geben. Wir würden unter dem Strich nur noch die Leute mit der Schippe haben. Ich überspitze das jetzt ganz bewusst. Insofern muss man einen vernünftigen Mix haben. Es könnte zum Beispiel nicht vernünftig sein zu sagen, dass im Prinzip mit vielleicht 10 000 DM Förderung mindestens ein Arbeitsplatz errichtet werden muss. Da würde man zu keinem Ergebnis kommen.

Herr Abgeordneter Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Abgeordneter Christoffers.

Herr Kollege, können Sie mir eine Äußerung irgendeines Vertreters der PDS im Land Brandenburg nennen, der meinte, mit Durchschnittssätzen von eingesetzten Fördermitteln pro Arbeitsplatz als einzigem Kriterium die Wirksamkeit der Förderung hier in Ansatz bringen zu wollen?

Nein, es gab aber schon so manche Diskussion in diesem Hause, in der es darum ging, ob man die Beschäftigungswirksamkeit nicht wesentlich drastischer in den Mittelpunkt stellen müsste, und zwar mit genau den Aussagen - wir haben das hier ja schon oft diskutiert, es ist ja nicht so, dass es heute erstmalig diskutiert wird -, dass man damit die Zukunftsfähigkeit, was die Kristallisationskerne angeht, infrage stellen würde. Insofern ist ein gesundes Mittelmaß - hier sind wir beide uns sofort einig - der richtige Weg.

Ich bin sehr für die Ausgewogenheit. Aber es wird heute auf dem SPD-Bundesparteitag beschlossen...

Nun muss man eines zur Kenntnis nehmen:

Herr Abgeordneter Müller, da es keine Frage war, fahren Sie in Ihrem Vortrag bitte fort.

Man kann es vielleicht trotzdem sagen. Es ist immer noch so, dass sich die Interessen eines Landes von denen der Bundesrepublik insgesamt durchaus unterscheiden können, soweit die Blickwinkel anders sind und man dadurch zu anderen Antworten auf dieselbe Frage kommt.

Was die Verzahnung von Arbeitsmarktförderung und Wirtschaftsförderung angeht, ist, glaube ich, eine ganze Menge passiert. Es heißt nicht mehr Arbeitsplatzstrategie, aber die Inhalte gibt es nach wie vor. Es gibt auch gute Beispiele dafür, was zum Beispiel die Existenzgründungsförderung angeht: auf der einen Seite MASGF mit der Existenzgründungsförderung aus der Arbeitslosigkeit heraus, auf der anderen aber Coaching über das Wirtschaftsministerium. Braunkohlesanierung ist ein gutes Beispiel, wie die Verzahnung funktioniert, aber auch im Bereich der Arbeits-, Struktur- und Wirtschaftsförderung wurde eine Menge erreicht, wenn es um die Ansiedlung von Unternehmen ging. Gerade was Qualifizierungsmaßnahmen, auch durch das Arbeitsamt organisiert, anging, wurde in vielen Fällen eine Region für eine Ansiedlung von Unternehmen überhaupt fit gemacht.

Insofern gibt es, glaube ich, schon eine ganz deutliche Erfolgsstory, dass eben die Zusammenarbeit, die Verzahnung, die

Kopplung der verschiedenen Töpfe in der Vergangenheit wesentlich besser funktionierte, als es vielleicht noch vor sechs Jahren der Fall gewesen ist. Ich glaube, wir sind da schon ein Stück weiter. Ich glaube nicht, dass man dort revolutionär irgendetwas verbessern kann. Man wird weiter daran arbeiten müssen. Ich glaube aber, das, was erreicht worden ist, ist außerordentlich vernünftig. Das wird auch deutlich in der Antwort der Landesregierung auf Ihre Große Anfrage. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Müller. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU, an die Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Thema dieser Großen Anfrage ist die Beschäftigungswirksamkeit von Wirtschafts- und Arbeitsförderung - fürwahr ein sehr interessantes Thema. Schließlich möchte man doch wissen, ob die Bemühungen auch von Erfolg gekrönt waren. Viel Geld ist in den letzten Jahren in die Wirtschafts- und Arbeitsmarktförderung geflossen. Doch welche Ergebnisse können vorgewiesen werden?

Wenn man sich die Antwort auf diese Große Anfrage ansieht, dann ist man leicht geneigt zu sagen, dass bezüglich der Beschäftigungswirksamkeit das Ergebnis bei weitem nicht zufrieden stellend ist.

Die Landesregierung hat dieses auch erkennen müssen und schreibt dazu unter anderem:

„Für eine dauerhafte Trendwende am Arbeitsmarkt bedarf es indes vor allem einer deutlichen Verbesserung der konjunkturellen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt.”

Fürwahr, da hat die Landesregierung Recht; denn die wirtschaftliche Lage sieht in Deutschland sehr schlecht aus. Mit einem von Wirtschaftsforschern prognostizierten Wirtschaftswachstum von unter 2 % wird Deutschland im kommenden Jahr das Schlusslicht innerhalb der Europäischen Union sein. Auch das Land Brandenburg mit seiner verfehlten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik hat einen aktiven Beitrag dazu geleistet, dass Deutschland dieses Schlusslicht bilden wird.

Wie sieht es hier im Land Brandenburg aus? Im Gegensatz zu anderen Bundesländern ist die konjunkturelle Entwicklung hier seit Jahren rückläufig. Bemühungen seitens der Landesregierung, dies zu ändern, gibt es und gab es auch in der Vergangenheit zur Genüge. Mit speziell entwickelten Programmen sollte die desolate Wirtschaftslage hier im Land verbessert werden.