zuführen ist. Dass die Zeit nach der Wiedervereinigung vielen Seiten ein Wirtschaftswunder gebracht hätte, kann man nicht sagen, aber die Rate der Konvergenz ist wesentlich höher, als von Fachleuten vermutet worden ist. Aus diesem Grunde sind die Entwicklungsperspektiven Ostdeutschlands besser als die aktuelle Lage, die immer noch unbefriedigend ist.”
Wir sollten also bei aller negativen Betrachtungsweise erstens das im Auge behalten, was geleistet worden ist, und zweitens sehen, dass wir gute Chancen für die Gestaltung der Zukunft haben. Wir werden es nicht schaffen, wenn wir einen Widerspruch zwischen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, zwischen Wirtschaftsförderung und Arbeitsmarktförderung konstruieren. Dies sind zwei Seiten einer Medaille. Nur wenn wir sie als gemeinsames Instrument betrachten, werden wir eine Chance haben. Einen Gegensatz zwischen Wirtschaftsförderung - das ist Wirtschaft - und Arbeitsmarktpolitik - das ist Staat - zu konstruieren ist sowieso unsinnig. Beides sind staatlich initiierte Projekte und beide sollen dazu verhelfen, dass Unternehmen erfolgreich sind. Sie können nur erfolgreich sein, wenn sie qualifizierte und gute Mitarbeiter haben. Auch das sind wieder zwei Seiten einer Medaille.
Er hat Recht. Qualifizierung ist ein Schlüssel für Arbeitsmarktchancen - das ist in dem Gutachten ausführlich beschrieben, ich möchte hier nichts dazu ausführen, empfehle allerdings, es nachzulesen -, aber sie muss in Abstimmung mit dem Kunden und mit dem regionalen Netzwerk erfolgen, in dem diese Qualifizierung stattfindet. Insofern ist es wichtig, auf die Region abzuheben.
Das gesamte Gutachten bezieht sich in seinen Auswertungen ausdrücklich auf die Entwicklungen in den Regionen. Auch dazu einen interessanten Satz:
„Als besonders hilfreich hat sich bei den erfolgreichen Regionen die Existenz einer regionalen Leitfigur erwiesen, die Aktivitäten bündelt und das Wirtschaftsklima in der Region insgesamt prägt. Es kommt wesentlich auf das kooperative Klima zwischen verschiedenen Institutionen und Unternehmen und auf die Entwicklung von Beziehungsnetzen an.”
Mit einer regionalen Leitfigur ist nicht unbedingt der große Überflieger gemeint, sondern ist eine Institution, eine Organisation, ein Netzwerk gemeint, welches diese Vernetzung leisten kann.
Klar ist jedoch - das war der Hintergrund der Großen Anfrage und ist auch in dem Gutachten deutlich geworden -, dass die verschiedenen Instrumente der regionalen Förderung in den neuen Ländern ganz wesentlich die wirtschaftliche Entwicklung geprägt haben:
Wir können gern diskutieren, ob Wirtschaftsförderungsinstrumente in ihrer Ausrichtung fein genug sind, ob wir noch etwas verbessern können, ob wir sie besser vernetzen können. Aber wir sägen den Ast ab, auf dem wir sitzen, wenn wir darüber zu diskutieren beginnen, ob wir in Zukunft Förderprogramme brauchen oder nicht. Wir werden solche Förderprogramme noch lange Zeit brauchen.
Es ist auch Konsens, dass diese Förderprogramme im Wesentlichen so ausgerichtet sein müssen, dass sie den ersten Arbeitsmarkt stärken und stabilisieren. Aber gleichzeitig gehört es zum Realitätsbewusstsein bezüglich der Situation in Brandenburg zu wissen, dass neben den Qualifizierungsmaßnahmen Arbeitsbeschaffungs- und Anpassungsmaßnahmen das Bild in den nächsten Jahren noch - ich sage nicht: prägen - begleiten werden. Auch dies gehört zur Realität in diesem Lande. Alles, was dazu dient, Qualifizierung im Sinne von langfristig stabilen Arbeitsplätzen zu fördern, ist richtig und ist ein guter Ansatz. Kollege Ziel und ich arbeiten nicht nur deshalb gemeinsam daran, weil wir in derselben Regierung sitzen, sondern auch deshalb, weil dies die gemeinsame Grundlage der Zusammenarbeit unserer Mitarbeiter in den jeweiligen Bereichen ist.
Wir können die Profile für Qualifizierung inzwischen kundenscharf entwickeln, indem wir Fördermittel aus dem Arbeitsmarktbereich und Mittel aus der Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur aufeinander abstimmen. Das muss es sein. Das muss uns in unserer Region von anderen Regionen unterscheiden, dass wir die Programme kundenorientiert und marktorientiert einsetzen können.
Herr Christoffers, Sie haben einen wichtigen Hinweis zum Thema des Wettbewerbs der Regionen gegeben. Natürlich gibt es da auch eine Konkurrenz in der Form, dass die Regionen versuchen, sich bei den Fördermitteln zu überbieten, auch wenn offiziell natürlich jeder die gleichen Sätze hat. Klar ist jedenfalls, dass die reichen Länder auch noch Geld haben, um Landesmittel für eine Ansiedlung hinzulegen, wenn wir keines mehr haben. Klar ist auch, dass die Unternehmen ihre Philosophie ändern. Ich kann Ihnen das am Beispiel von BMW deutlich machen.
BMW ist nicht durch Europa gezogen und hat sich Standorte angeschaut, sondern BMW hat gesagt, man möchte gern ein neues Auto bauen und die europäischen Standorte mögen Angebote dafür vorlegen, wo man das am besten machen könne. Da haben sich 270 Standorte in Europa beworben.
Wirtschaftsförderung ist also Standortpolitik und Standortpolitik heißt, Profile zu entwickeln, die anders sind als die von anderen; sonst hat man in diesem Wettbewerb keine Chance. Umgekehrt gilt aber auch: Da das so ist, haben wir als Region eine Chance, können uns deswegen mit einem guten Profil entsprechend qualifizieren, und zwar qualifizieren nicht nur im Sinne der Qualifizierung der Mitarbeiter, sondern auch in der Art und Weise, wie wir schnell und unbürokratisch Entscheidungen herbeiführen und damit den Unternehmen das Ansiedeln ermöglichen.
Auch ich wünschte mir, dass die GA-Richtlinien und Richtlinien der Europäischen Union besser koordiniert wären. Wer wünschte sich das nicht. Gerade bei dem letzten Operationellen Programm haben wir aber gesehen, wie das mit der Europäischen Kommission ist: Erst wenn auch noch der Letzte geliefert hat, wird das genehmigt. Dies war 18 Monate später als bei denjenigen, die ihre Anträge sofort geliefert haben. Mit solchen Verwerfungen werden wir auch in Zukunft rechnen müssen.
Was in den Bereich der Legendenbildung gehört, ist aber die Vermutung, dass wir für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen zu wenig getan hätten. Die Zahlen in den Antworten auf die Fragen in der Großen Anfrage machen nämlich deutlich, dass wir fast alles in die kleinen und mittelständischen Unternehmen investiert haben. Es ist nicht wahr, dass die Großunternehmen in diesem Lande die großen Gelder geschluckt haben; richtig ist vielmehr, dass mehr als zwei Drittel aller Investitionen aus den Förderprogrammen in kleine und mittelständische Unternehmen geflossen sind. Das wird auch in Zukunft so sein, und zwar nicht nur deswegen, weil wir gar nicht so viele große Ansiedlungen hierher bekommen, sondern auch deswegen, weil wir eine zweite Investitionswelle in den bestehenden Unternehmen initiieren müssen, damit diese den Anschluss an die Wettbewerbsfähigkeit bekommen. Den Bestand zu pflegen wird also in der Zukunft eine ganz wesentliche Aufgabe von Wirtschaftsförderung und von Förderprogrammen sein.
Der Vergleich mit den anderen Bundesländern ist immer so eine Sache. Jeder wählt sich gerade das Bundesland aus, das er braucht, um zeigen zu können, wo er besser ist bzw. dass die anderen schlechter sind. Diese Methode ist nicht sehr hilfreich. Es ist aber gut, wenn einem ab und zu einmal jemand sagt, dass das, was man getan hat, gar nicht so schlecht ist, dass es durchaus Chancen gibt, den Aufholprozess im Rahmen des europäischen Wettbewerbs zu gestalten.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang zum Schluss noch einmal aus dem erwähnten Gutachten zitieren, weil das hilfreich ist und uns in den Intentionen gerade im Bereich der Wirtschaftspolitik in hohem Maße bestärkt. Die letzte Passage dieses Gutachtens lautet:
„Insbesondere in den benachteiligten Regionen des Ostens treten massive Probleme auf. Die hier lebenden Menschen sind doppelt benachteiligt, weil die ostdeutsche Ökonomie generell ein niedrigeres Aktivitätsniveau bietet und die angesprochenen Räume selbst innerhalb dieses Gebiets noch einmal ungünstig betroffen sind.”
Man darf aber nicht nur den ersten Teil dieser letzten Passage lesen, sondern muss sich auch den zweiten Teil vor Augen führen. Da heißt es:
- das sind die Perspektiven, die in dem Gutachten genannt werden; ich habe vorhin einige angesprochen -
„für eine Besserung der Lage werden sich nur realisieren lassen, wenn die Wirtschaftspolitik in ihrer Umsetzung der Förderprogramme weiter unterstützt wird und insbesondere die überregionale Orientierung der Ökonomie gefördert wird.”
Sie sehen: Wir sind gar nicht auf einem so schlechten Kurs. Wenn wir da weitermachen und bei aller kritischen Betrachtung den Unternehmern in diesem Lande - es gibt hier mehr als 100 000 - gleichzeitig immer wieder einmal sagen, dass sie gute Arbeit leisten und dass wir ihnen helfen, diese gute Arbeit fortzusetzen, dann werden wir in Zukunft nicht immer nur an der Klagemauer stehen, sondern werden eines Tages über diese Mauer hinwegschauen können. - Vielen Dank.
Ich danke dem Wirtschaftsminister, beende gleichzeitig die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und stelle fest, dass Sie die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 27, die Ihnen in der Drucksache 3/3443 vorliegt, zur Kenntnis genommen haben.
Nach dieser Feststellung kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der PDS, der Ihnen in der Drucksache 3/3558 vorliegt. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Bartsch, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der letzten Aktuellen Stunde habe ich angekündigt, dass seitens der Koalitionsfraktionen ein Antrag eingebracht wird, in dem Maßnahmen vorgesehen sind, um die Rahmenbedingungen für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen wesentlich zu verbessern.
In zahlreichen Gesprächen mit Unternehmen und ihren Vertretungen haben wir die Probleme erfragt, die unsere Unternehmen drücken. Wir haben danach gefragt, welches die Probleme der Unternehmen vor Ort sind, die ihr wirtschaftliches Agieren erschweren und sie daran hindern, zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen.
Natürlich wurde uns ständig deutlich gemacht, dass sich die hohe Steuer- und Abgabenlast auf die wirtschaftliche Entwicklung negativ auswirkt. Es wurde uns auch deutlich gemacht, dass die Neuregelung der 630-DM-Jobs, die Einführung der so genannten Ökosteuer, die Verschärfung des Kündigungsschut
zes und die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes alles andere als die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze bewirkten. Insoweit ist sicherlich ein bundespolitisches Umdenken notwendig.
Mit den Forderungen in dem vorliegenden Antrag wollen wir die Rahmenbedingungen verbessern. Besonders freut mich in diesem Zusammenhang, dass sich die SPD der jahrelangen Forderung der CDU nach Einführung einer Nachunternehmerklausel angeschlossen hat. Wie oft müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass durch Subunternehmerketten Arbeitsplätze und Existenzen vernichtet werden, dass bei öffentlichen Aufträgen die Gewinnspanne der Generalunternehmer einstreicht, wobei das gesamte Risiko bei unseren mittelständischen Unternehmen liegt.
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge wollen wir darauf achten, dass die mittelständischen Unternehmen eine faire Chance erhalten. Im Mittelstandsförderungsgesetz ist bereits verankert, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge in kleinen Losen erfolgen soll, damit sich unsere Mittelständler in stärkerem Umfang um Aufträge der öffentlichen Hand bemühen können.
Mit der Einführung der Nachunternehmerklausel stellen wir zudem sicher, dass sich in Zukunft nur der Unternehmer um einen öffentlichen Auftrag bemühen wird, der auch ein Interesse an der Ausführung des Auftrags hat und öffentliche Investitionen nicht dazu nutzt, Preise und Löhne bei unseren mittelständischen Unternehmen weiter zu drücken.
Eine weitere Forderung in unserem Antrag lautet, dass die für die Vergabe öffentlicher Aufträge Verantwortlichen besser geschult werden. Sicherlich ist es zutreffend, dass der billigste Anbieter auch der günstigste sein kann. Es ist aber nicht die Regel, dass das so ist. Wenn wir für die Vergabe öffentlicher Aufträge faire Bedingungen einfordern, dann müssen wir die in den Kommunen und im Lande dafür Verantwortlichen auch dazu befähigen, beurteilen zu können, ob das billigste Angebot auch das günstigste ist.
In unseren zahlreichen Gesprächen mit Vertretern der Verbände und der Kammern wurde uns immer wieder deutlich gemacht, dass die Regelungen der VOB völlig ausreichend sind, um eine faire Vergabe rechtlich sicherzustellen. Allerdings liegt es oftmals an den handelnden Personen vor Ort, dass auch bei öffentlichen Aufträgen ein unfairer Preis- und Lohnwettbewerb nicht verhindert wird.
Einen weiteren erheblichen Verbesserungsbedarf bei den staatlichen Rahmenbedingungen sehen wir im Bereich der Bekämpfung der Schwarzarbeit und der Zahlungsmoral. Die Union hat die rot-grüne Bundesregierung gewarnt, dass ihr Gesetz, das im Bereich der Zahlungsmoral erhebliche Verbesserungen herbeiführen sollte, nicht greifen wird. Hier wurden Erfahrungen der Verbände und der Kammern ignoriert und es wurde ein Gesetz verabschiedet, dem die Unternehmensvertreter lediglich zubilligen, dass es nicht schadet. Seit der Verabschiedung dieses Gesetzes sind fast zwei Jahre vergangen, zwei Jahre, in denen unzählige Unternehmensexistenzen vernichtet wurden, weil der Staat nicht in der Lage war, entsprechende Rahmenbedingungen zu setzen.
Auf Druck der Länder Thüringen und Sachsen ist es gelungen, dass die Bundesjustizministerin die Bund-Länder-Konferenz zur Verbesserung der Zahlungsmoral wieder einberufen hat. Diese Konferenz wird am 5. Dezember zum ersten Mal zusammentreten.
Die Koalitionsfraktionen haben in ihrem Antrag konkrete Forderungen formuliert, die die Landesregierung auf dieser Konferenz vertreten soll. Wir als Parlamentarier wollen unsere Landesregierung aktiv dabei unterstützen, dass es endlich zu Regelungen kommt, die die Zahlungsmoral nachhaltig verbessern.