Einen Hinweis noch an die Beantworter der Großen Anfrage. Richtigerweise wurde bei der Beantwortung der Frage 7 festgestellt:
„Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass das Verhältnis von Angebot an Berufsausbildungsstellen und Nachfrage von Bewerbern und Bewerberinnen am schlechtesten in den ländlichen Regionen ist.”
Ja, das hat die Landesregierung richtig erkannt und sie benennt auch gleich eine Ursache. Sie schreibt wörtlich:
„Ursächlich hierfür dürfte die geringe Zahl der Ausbildungsbetriebe bzw. ausbildungsgeeigneten Betriebe in den peripheren Regionen des Landes sein.”
Meine Damen und Herren der Landesregierung, das dürften nicht nur die Ursachen sein, sondern das sind die Ursachen. Doch solange Sie Schwierigkeiten haben, die Ursachen zu erkennen - damit meine ich auch die tiefer liegenden Ursachen, zum Beispiel Ihre total verfehlte Wirtschaftspolitik -, wird sich in diesem Lande nichts ändern.
Noch ein paar Worte zum Entschließungsantrag der PDS. Sie möchten einen Bericht über die Ursachen und sozialen Auswirkungen der hohen Jugendarbeitslosigkeit haben. Meine Damen und Herren von der PDS, dafür brauche ich keinen Bericht. Ich brauche nur durch die Straßen Brandenburgs zu gehen, dann erkenne ich die Ursachen und sehe auch die Auswirkungen.
Des Weiteren möchten Sie, dass die Landesregierung Vorschläge für Sofortmaßnahmen für den Abbau der hohen Jugendarbeitslosigkeit macht. Meine Damen und Herren von der PDS, seit etlichen Jahren hat die jeweils amtierende Landesregierung als vorrangige Maßnahme immer die Schaffung von Arbeitsplätzen genannt. Und was hat sich bisher getan? Glauben Sie wirklich, dass Sie mit Ihrem Antrag hier irgendetwas bewirken? Schön wäre es ja. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner, und gebe das Wort an die Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Senftleben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage „Jugend im ländlichen Raum” hat viele Problemlagen erläutert, aber auch erreichte Ziele aufgezeigt. Es bleibt nur die Frage, welches Ziel die PDS mit ihrer Anfrage verfolgt.
Da uns die Antwort der Landesregierung seit einigen Wochen vorliegt, die PDS aber sehr kurzfristig noch einen Entschließungsantrag eingebracht hat, ist die bedauerliche Absicht erkennbar. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die Arbeitslosenzahl in Mecklenburg-Vorpommern um 10 % gesunken sei. Ich habe eine aktuelle Liste aus Mecklenburg-Vorpommern erhalten, aus der Folgendes hervorgeht: Arbeitslose unter 25 Jahren im Jahre 1999 19 370, im Jahre 2000 22 736. Das ist ein Zuwachs von sage und schreibe 3 366 arbeitslosen Jugendlichen.
Meine Damen und Herren! Wir müssen uns damit auseinander setzen, dass sich laut Prognosen die Zahl der jungen Menschen in Brandenburg im Alter von 16 bis 25 Jahren von heute 327 000 auf 127 000 im Jahre 2015 verringern wird. Es entscheiden viele Faktoren darüber, ob junge Menschen in ihrer Heimat bleiben. Dabei geht es um Lebensqualität, insbesondere um Freizeitangebote. Es geht vor allem aber um die Berufs- und die Ausbildungschancen.
Die Situation in Brandenburg ist ebenso wie in den anderen neuen Ländern davon geprägt, dass es nicht genügend Aus
bildungsmöglichkeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt gibt. Die Anzahl der Ausbildungsplätze ist erkennbar stabil geblieben. Die Landesregierung hat allein im letzten Jahr - das habe ich an dieser Stelle wiederholt gesagt - circa 62 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um die Lücke in diesem Bereich zu schließen. Dieses Ziel, meine Damen und Herren, werden wir auch in den nächsten Jahren weiterhin verfolgen.
Damit geben wir ein wichtiges Signal an die Jugend in unserem Land, damit wollen wir auch Perspektiven aufzeigen. Wir geben den jungen Leuten eine Ausbildungsplatzgarantie. Das ist der Unterschied zu Mecklenburg-Vorpommern, wo es keine Ausbildungsplatzgarantie gibt. Sich hier anders zu positionieren entspricht der bekannten Dreistigkeit Ihrer Fraktion.
Wir müssen feststellen, dass sich ungefähr ab dem Jahr 2004 aufgrund von sinkenden Schülerzahlen auch in Brandenburg die Situation ändern wird, dass es dann schrittweise einen Mangel an Bewerbern für Ausbildungsplätze geben wird. Das müssen wir schon heute in unseren politischen Akzenten berücksichtigen.
Die Abwanderung insbesondere der jungen Menschen ist ein Thema, das uns alle beschäftigt und uns vor neue Herausforderungen stellt. Wir müssen erleben, dass die Ausbildungs- und Arbeitsmarktlage für junge Menschen vor allem im ländlichen Raum unbefriedigend ist. Andererseits sind die Arbeitsämter bestrebt, einen überregionalen Ausgleich auf dem Arbeitsmarkt herzustellen. Wir können uns gern über die Auswirkungen verständigen, aber wir dürfen dadurch nicht die Mobilität der jungen Menschen ständig belasten. Es ist sinnvoller, ein junger Mensch arbeitet in einer modernen Fabrik zum Beispiel in Hessen als mit einer rostigen ABM-Schaufel im märkischen Sand. Das sage ich auch deutlich im Blick auf den Entschließungsantrag der PDS-Fraktion.
Damit Sie, meine Damen und Herren von der PDS, wieder etwas zum Nachdenken haben, schaue ich noch einmal nach Mecklenburg-Vorpommern. In der „Denkwerkstatt 2020", initiiert von Minister Holter, hat zum Beispiel Prof. Dettling gesagt:
„Keine Sozialhilfe für arbeitsfähige Jugendliche! Es ist besser für qualifizierte arbeitslose Jugendliche, anderswo zu arbeiten, als im eigenen Land arbeitslos zu sein.”
Genau diese Auswirkungen Ihrer Politik, meine Damen und Herren von der PDS, müssen wir heute erleben und mit unseren Positionen dagegen anzugehen versuchen.
Um die Brüchigkeit in den Argumentationszielen der PDS weiter zu verdeutlichen, gebe ich noch ein Zitat von Herrn Holter zum Besten:
kungen nicht ständig als Blutsauger für die neuen Länder, sondern als Anreiz für die jungen Menschen, die Beschäftigungsangebote anzunehmen!
Ich habe noch eine relativ druckfrische Liste aus dem nördlichen Bundesland erhalten, auf die ich eingehen möchte.
- Ich habe mich auf aktuelle Zahlen bezogen, die Sie von mir gern erhalten können und in Ihrer Arbeit verwenden dürfen. Ich nenne die Arbeitslosenquoten vom November letzten Jahres: in Brandenburg 17,9 %, in Mecklenburg-Vorpommern 18,7 %, darunter beschäftigt in ABM: in Brandenburg auf je 100 Arbeitslose 6, in Mecklenburg-Vorpommern 10. Daraus können wir die Feststellung ableiten, dass die Wirtschaftskraft in Brandenburg mit Sicherheit höher ist als die in dem Land, in dem Sie leider Gottes mitregieren dürfen.
Für die kommenden Jahre gilt es, durch positive Entscheidungen zu veränderten Rahmenbedingungen zu kommen, um die ohne Wenn und Aber anzuerkennende komplizierte Ausgangssituation zu verändern.
Erstens: Der Entwicklungsplan für den ländlichen Raum in Brandenburg für die Förderperiode bis 2006, der bereits eine stärkere Ausrichtung der Förderung auf die Hauptprobleme Abwanderung und Beschäftigungsmangel vorsieht, ist konsequent umzusetzen und auf seine Auswirkungen hin zu überprüfen.
Zweitens: Wir haben im Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre vorgesehen, insgesamt 7 Millionen Euro mehr für die Kinder- und Jugendpolitik bereitzustellen, und werden diesen Ansatz auch umsetzen.
Drittens: Die Familienpolitik in unserem Land braucht neue Akzente; denn das Hauptproblem, aufgrund dessen die Schülerzahlen sinken, ist der Geburtenrückgang und nicht, wie so oft von anderen beschrieben, die Abwanderung.
Viertens: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Förderung der freiwilligen Dienste eingebracht. Dabei geht es um eine Erweiterung der Einsatzfelder im Rahmen des freiwilligen sozialen Jahres und um eine Flexibilisierung. Dadurch können wir im Land Brandenburg neue Möglichkeiten für die Jugendarbeit gerade auch im ländlichen Raum erschließen. Wir müssen diesen Weg in Brandenburg konsequent weitergehen und das Gesetz, nachdem es der Bundestag hoffentlich noch in diesem Jahr - verabschiedet hat, zügig umsetzen.
Fünftens: Investitionen in unser Bildungs- und Hochschulwesen sind wichtige Zukunftsinvestitionen. Wir müssen die Absolventen unserer Fachhochschulen und Universitäten in verstärktem Maße in die Lage versetzen, als Existenzgründer wirtschaftliche Entwicklung zu gestalten und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Trendwende in der Hochschulfinanzierung im Land Brandenburg ist dabei ein wichtiger Akzent.
stetigt werden. Die Landesregierung verweist in ihrer Antwort darauf, dass keine klare Übersicht über alle Amtsjugendpfleger im Land Brandenburg besteht. Ich möchte die Landesregierung daher auffordern, eine klare und deutliche Analyse vorzulegen und anschließend mit den Landkreisen und Kommunen über eine verstärkte Anwendung in diesem Bereich zu verhandeln. Dadurch kann und muss Jugendarbeit im ländlichen Raum gestärkt werden. Diesen Ansatz unserer Politik werden wir umsetzen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abgeordneten Senftleben und gebe der Landesregierung das Wort. Herr Minister Reiche, bitte sehr.
„Wenn es wirklich nichts ist, würde ich für ein, zwei Jahre schon mal irgendwohin, rüber gehen oder so, richtig mal Kohle verdienen oder so und zurückkommen; denn für immer weg, das geht nicht. Ich denke, Du bist hier aufgewachsen und so... Die, die das gemacht haben, aus dem Ort, sind alle wieder da, ja, die rüber gegangen sind, also wo die Wende war, die sind alle wieder zurückgekommen.”
(Forschungsbericht zum 2. Kinder- und Jugendbericht „Lebenslagen und -perspektiven junger Menschen in länd- lichen Regionen des Landes Brandenburg”. DJI u. IFK)
In diesem Spannungsfeld bewegt sich das Denken sehr vieler Jugendlicher und Heranwachsender auf dem Land: Einerseits wollen sie einen Job bekommen und 100 % verdienen - und nehmen dafür auch einen Umzug in die alten Bundesländer in Kauf -, andererseits empfinden sie eine starke Verbundenheit mit und Verwurzelung in der Region. Wie wir aus der Untersuchung des Deutschen Jugendinstituts und des Instituts für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung zu Lebenslagen und Perspektiven junger Menschen in ländlichen Regionen des Landes Brandenburg gesichert wissen, beschäftigen sich viele Jugendliche ernsthaft mit der Möglichkeit der Abwanderung, während sie zugleich immer wieder deutlich machen, wie stark sie in ihrem Dorf, in ihrem sozialen Umfeld und dem Landkreis verankert sind und sich dort beheimatet fühlen.
Der Landesregierung ist bewusst, dass der ländliche Raum ohne die Jugend keine Zukunft hat. Es ist eine zentrale Aufgabe unserer Kinder- und Jugendpolitik, aber auch anderer Politikbereiche, Zukunftsperspektiven für die Kinder und Jugendlichen zu entwickeln und attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen sich Kinder und Jugendliche wohl fühlen und frei entfalten können.