Meine Damen und Herren, die Spielräume der öffentlichen Hand haben sich nicht vergrößert. Das ist das Schlüsselprojekt für die Region. Wir müssen zu diesem Projekt gemeinsam stehen. Ein Zerreden führt zu nichts, außer dazu, dass wir uns lächerlich machen.
(Beifall bei der CDU - Frau Tack [PDS]: Dann handeln Sie doch endlich, Herr Ehler! Das ist doch eine Ohn- machtserklärung!)
Vor den turnerischen Leistungen von Herrn Gysi habe ich an dieser Stelle schon meine Verbeugung gemacht. Dass er aber jetzt in stiller Allianz mit den Zehlendorfer Nostalgikern das Projekt hintertreibt, ist eine Art des Zusammenwachsens von Ost und West in Berlin, die einem Brandenburger vor Überraschung die Tränen in die Augen treibt.
Meine Damen und Herren, eine solche Diskussion, die so offensichtlich mit bestimmten Intentionen geführt wird, negiert nicht nur vollständig den schwierigen Stand der Verhandlungen, sondern auch den Zeitfaktor. Die BBF ist 1991 gegründet worden. Wären wir in der damaligen Zeitplanung, hätten wir sie eingehalten, würden wir heute in der Region nicht über den Flughafen reden, sondern wir hätten einen und wir hätten die arbeitsmarktpolitischen Effekte.
Es ist wertvolle Zeit verstrichen. Die ungenutzte Zeit hat Arbeitsplätze gekostet und drängt uns in eine schwierige Wettbewerbssituation gegenüber unseren sächsischen Nachbarn, zu Projekten in Warschau und zu Plänen in Skandinavien. Dort hat man die Chance eines solchen Projektes erkannt. Wer die Diskussion jetzt neu aufmachen will - mit neuen Verhandlungen und Planfeststellungsverfahren, neuen Standorten, neuen Varianten -,
Von dieser Seite hört man in letzter Zeit im Gegensatz zu den frühen 90er Jahren wenig. Allerdings wird gelegentlich darüber spekuliert, dass der Bund als Gesellschafter aus der BBF aussteigen möchte - ein gesellschaftsrechtlich interessantes Kunststück. Ein grundsätzliches Infragestellen des Projektes wäre eine Absage an den Aufbau Ost, nichts anderes. Das sollte ein Kanzler jeder Couleur in Berlin wissen.
Der Bund ist in der Pflicht - weit über rechtliche und moralische Erwägungen hinaus. Scheitert das Projekt Flughafen im Schaufenster der Bundesrepublik, in der Bundeshauptstadt Berlin, ist der Imageschaden nicht nur für die Region, sondern auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland wesentlich größer, als er es zum Beispiel beim Ausstieg aus dem Transrapid-Projekt war.
Meine Damen und Herren, die Gäste einer “Mittelmacht Deutschland” - so nennen wir uns ja jetzt gern -, nach zweimaligem Umsteigen auf dem Provinzflughafen Tegel angelangt, könnten sich in der überfüllten Anflughalle
Gedanken machen über Anspruch und Wirklichkeit dieses Gastgebers im Kanzleramt, wenn dann auch dessen Amtssitz, in der Wirklichkeit in pompöser Größe, bis zu einem gewissen Grade entschädigt.
Meine Damen und Herren, so überzeugt wir von der Bedeutung des Flughafenprojekts sind, so fordern wir auch entsprechend energisch einen professionellen Umgang mit der Materie.
es ist volkswirtschaftlich vielleicht sogar sinnvoll. Doch diesen Preis müssen wir kennen. Die Forderung ist wohlfeil, meine Damen und Herren von der Opposition. Wir müssen in alternativen Szenarien denken: Was kostet eine Nichtrealisierung des Projektes? Darauf laufen die Intentionen der PDS hinaus.
Was kostet eine immer spätere Realisierung? Gibt es gegebenenfalls Möglichkeiten einer öffentlichen Vorfinanzierung und was kosten diese?
Zunächst gilt es aber, mit spitzem Bleistift in die Verhandlungen mit dem Käuferkonsortium zu gehen. Zu der Privatisierungsvariante gibt es ein Wertgutachten für das Projekt aus dem
Jahr 1999. Angesichts der Veränderungen der wirtschaftlichen Situation der BBF - “11. September” ist das Stichwort - erwarten wir ein neues Wertgutachten zeitnah zu Privatisierungsentscheidungen. Das weiß die Landesregierung, dazu braucht sie ausnahmsweise auch nicht den Landesrechnungshof.
Bei allem Interesse für die Position von Herrn Hilsberg, die man in der “Morgenpost” nachlesen konnte, dass der Bund empfehle, das Projekt abzulehnen,
sind wir - der Bund, das Land Berlin - gut beraten, mit einem solchen Ausstiegsszenarium sorgfältig umzugehen. Die Haftungsrisiken sind nicht zu unterschätzen. Wir sollten die Verhandlungen auch nicht von vornherein mit Ausstiegsdrohungen belasten.
IVG und Hochtief haben sich in der Vergangenheit nicht mit Ruhm bekleckert. Der verständliche, aber durchschaubare Versuch, die nicht vorhandene Wettbewerbssituation für sich in ein günstiges Kaufangebot umzuwandeln, scheint vorhanden, scheint aber auch einer vernünftigeren Haltung zu weichen. Das ist klug für zwei Großunternehmen, die dabei sind, eines der prestigeträchtigsten Projekte in Europa zu akquirieren, die im Fokus der öffentlichen und medialen Aufmerksamkeit stehen.
Meine Damen und Herren, ich komme zurück zum Anfangsthema. Der Flughafen hat eine entscheidende Bedeutung für unsere Region. Er ist eine Chance für Tausende von Arbeitsplätzen. Wir müssen das Privatisierungsverfahren rasch abschließen oder uns, ohne zu zögern, Gedanken über eine öffentliche Vorfinanzierung machen. Aber - bei allem Schlachtengetümmel um Wege und Ziele
lassen Sie uns nicht vergessen, dass es um wesentlich mehr geht. Wenn eine Bundeshauptstadt, wenn eine potenzielle Wachstumsregion wie Berlin-Brandenburg im Herzen eines sich erweiternden Europas nicht mehr in der Lage ist, ein Ziel wie den Flughafen zu definieren, innerhalb einer gewissen Zeit einen Konsens herzustellen und das Projekt umzusetzen, dann steht viel mehr auf dem Spiel als dieses Projekt. Dann ist die deutsche Krankheit kein launiges Zeitungszitat, sondern wir sollten uns überlegen, ob wir ihre Symptome nicht längst an unserem Körper spüren und nicht bald in ein gesellschaftliches Koma verfallen, aus dem wir bestenfalls mit einem bösen Erwachen wieder hervorgehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abgeordneten Dr. Ehler und gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Tack, bitte.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie haben wirklich Mut, meine Damen und Herren von der CDU, insbesondere Herr Ehler, dass ausgerechnet Sie das Thema
Flughafen BBI als Schlüsselstrukturprojekt, als bedeutendes Infrastrukturprojekt der Region auf die Tagesordnung setzen.
Die Privatisierung ist vor dem Gericht gescheitert - eine Blamage nach der anderen, Missmanagement, Fehlentscheidungen. Sie lassen sich von einem Gerichtsurteil zum anderen treiben. Nun warnt zum wiederholten Mal der Landesrechnungshof, ob der unendlichen finanziellen Risiken die Finger endlich vom Großprojekt zu lassen. Weder der CDU-Bundesverkehrsminister Wissmann noch der Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU),
noch der Brandenburger Wirtschaftsminister Dr. Fürniß (CDU) haben diesem Projekt bisher zum Erfolg verholfen.
- Bisher, Frau Blechinger. Mit Verlaub gesagt, Herr Ehler, auch Ihre heutige Rede war nicht voller Vorschläge, wie dieses Projekt oder ein anderes Projekt erfolgreich gestaltet werden könnte. - Insbesondere Minister Fürniß - das ist unsere Meinung -, der nach dem Scheitern der Privatisierung mit Hochtief neu in das Flughafengeschäft einstieg, hätte die Chance zu einem realitätsbezogenen Umsteuern wahrnehmen müssen.
Die Beweisführung Ihrerseits sind Sie, zumindest was das Projekt BBI betrifft, seit zwölf Jahren schuldig geblieben.