Herr Abgeordneter, der guten Ordnung halber möchte ich darauf hinweisen, dass nach Artikel 85 der Landesverfassung der Ministerpräsident verpflichtet ist, die Geschäfte bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers fortzuführen. Insofern ist er noch nicht „a. D.”.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, den wir heute
beraten, ist schon merkwürdig. Ich habe lange darüber nachgedacht, welche Absicht ihm wohl zugrunde liegt. Ein Regierungschefwechsel findet statt - das soll Anlass für die Auflösung der Volksvertretung sein?
Unsere politische Sozialisation - sie ist in den vergangenen Jahren sehr ähnlich verlaufen - hat es öfter erlebt, dass Regierungschefs oder Staatsratsvorsitzende wechselten. Die Volkskammer hat das immer überlebt.
Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Fritsch hat das Wort. Auch für den Fall, dass Sie es nicht mögen, müssen Sie es respektieren.
Andererseits würde ich die durchaus anrührende Annahme, dass Ihrem Antrag eine zu solidarischem Verhalten führende tiefe Verbundenheit mit Manfred Stolpe zugrunde liegt, gern akzeptieren. Leider haben Sie in Ihrem Redebeitrag ein gut Teil davon wieder zurückgezogen. Das kann es also auch nicht sein.
Nach der Verfassung des Landes Brandenburg gilt der Landtag als aufgelöst, wenn die Wahl des Ministerpräsidenten nicht innerhalb von drei Monaten zustande kommt. So lange werden wir nicht brauchen, das schaffen wir heute noch.
Sie werden deshalb verstehen, dass die SPD-Fraktion Ihrem Antrag nicht folgt und ihn ablehnen wird. Die Begründung, die dem Antrag zugrunde liegt, ist nicht nur nicht plausibel, sondern schlichtweg falsch. Der Rücktritt von Ministerpräsident Stolpe ist eben kein Ausdruck einer tiefen Krise der Landespolitik. Im Gegenteil, gerade weil Landespolitik und Koalition stabil sind, kann jetzt der Generationswechsel vollzogen werden, ohne ein politisches Erdbeben auszulösen. Manfred Stolpe hat sich für seine Entscheidung den Zeitpunkt ausgewählt, zu dem möglichst wenig Reibungsverluste zu erwarten sind. Dafür gebührt ihm unser Dank und unsere Anerkennung. Das war richtig professionell.
Wir sind uns sicherlich alle dessen bewusst, dass die wirtschaftliche Lage im Land zurzeit nicht rosig ist. Es leuchtet aber nicht ein, wie diese Lage durch Neuwahlen schlagartig verändert werden könnte. Ginge das so einfach, wäre ich einer der stärksten Fürsprecher sofortiger Neuwahlen.
Mit der Wahl eines neuen Ministerpräsidenten wird es natürlich einen gewissen Neuanfang geben. Dieser Neuanfang wird jedoch auf dem Erreichten aufbauen und nicht für Unsicherheit und Chaos sorgen, wie Sie es befürchten. Vielmehr setzt auch der neue Ministerpräsident auf Kontinuität. Er wird in der zukünftigen Arbeit mit Sicherheit auch die Regierungserklärung von Manfred Stolpe beachten.
Neuwahlen würden bedeuten, bei null anzufangen und viele unserer Vorhaben überhaupt infrage zu stellen. Lassen Sie uns deshalb den Neuanfang mit einem neuen Ministerpräsidenten, mit Matthias Platzeck, machen!
In jeder Firma gibt es Generationswechsel, manchmal auch plötzliche. Niemand käme auf die Idee, gleich die gesamte Belegschaft oder den Aufsichtsrat auszuwechseln, nur weil der Chef in Rente geht.
Es ist nicht einzusehen, warum die Übergabe der Amtsgeschäfte an einen Jüngeren zur Parlamentsauflösung führen soll; denn vergessen Sie bitte auch nicht: Wir haben unser Mandat vom Souverän - der Brandenburger Bevölkerung, die uns gewählt hat erhalten. So ist das wohl auch bei Ihnen, meine Damen und Herren von der PDS.
Was die Inhalte der Landespolitik betrifft, so gibt es genug zu tun. Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltungsmodernisierung und Haushaltskonsolidierung - das sind Stichworte, die die Arbeit der nächsten zweieinhalb Jahre beschreiben. Wir stellen uns diesen Aufgaben. Machen Sie es doch einfach auch so, meine Damen und Herren von der PDS! Stellen auch Sie sich diesen Aufgaben! Tun Sie einfach mit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kompliment, Herr Dr. Stolpe, Sie haben gerade noch so die Kurve bekommen.
„Vorrang haben die Interessen des Landes Brandenburg. Wir haben einen Wählerauftrag zu erfüllen. Die Pflicht, zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu wirken, verbindet uns nach wie vor. Das ist und bleibt die solide Grundlage, auf der wir unsere erfolgreiche Re
Bei dieser Gelegenheit erklärten Sie, Herr Dr. Stolpe, des Weiteren, dass die Finanzsituation des Landes aufgrund der finanziellen Unterstützung im Rahmen des Solidarpaktes II und des Länderfinanzausgleichs langfristig, bis 2019, gesichert sei.
Sie lobten die enge Zusammenarbeit mit Berlin und nannten dabei den Zusammenschluss von ORB und SFB. Sie wiesen auf den Flughafen Schönefeld und die anderen Großprojekte des Landes hin. Wörtlich erklärten Sie:
Inzwischen sind die Leuchttürme der Brandenburger Wirtschaft in sich zusammengefallen. So haben sich die hochfliegenden Pläne des Luftschiffbauers CargoLifter, mit 100 Millionen DM Fördermitteln von Bund und Land hochgepäppelt, in nichts aufgelöst. Stattdessen wurden 70 000 Kleinaktionäre um 300 Millionen Euro eines hart ersparten Vermögens gebracht.
(Klein [SPD]: Frau Hesselbarth, es ist genug! Sagen Sie, ob Sie für oder gegen die Auflösung des Landtages sind!)
Auch der Lausitzring ist am Ende angelangt. Er ist mit 120 Millionen Euro an Steuergeldern als internationale Rennstrecke gebaut worden. Statt der versprochenen 1 500 Arbeitsplätze waren dort ganze 48 entstanden. Inzwischen befindet sich das ganze Investitionsfass ohne Boden im Insolvenzverfahren.
Auch der Ausbau des Flughafens Schönefeld zum internationalen Luftdrehkreuz verzögert sich wegen schlampiger Planungen immer weiter.
Das marode Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum Schwarze Pumpe steht mit 230 Millionen Euro Schulden ebenfalls vor dem Ende.
Zu nennen ist auch der Niedergang der LEG mit nunmehr geschätzten 250 Millionen Euro Schulden. Wenn die Liquidation so weitergeht, wird diese Pleite in absehbarer Zeit mit weiteren Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe zu Buche schlagen.
Dabei kann sich Brandenburg, nüchtern betrachtet, nicht einmal mehr die Pleite eines einzigen mittelgroßen Unternehmens leisten, denn die Pro-Kopf-Verschuldung, Herr Klein, beträgt hier in Brandenburg rund 5 000 Euro. Sie ist damit doppelt so hoch wie in Sachsen.
Zu nennen sind des Weiteren die bereinigte Arbeitslosenquote in Höhe von 17,1 % und in berlinferneren Regionen von weit
über 20 % sowie die neuerliche Zunahme der Insolvenzen im I. Quartal 2002 mit fast 39 % mehr als im Vorjahreszeitraum. Betroffen sind hier vornehmlich die mittelständischen Betriebe, denn diese sind immer wieder die Stiefkinder der Wirtschaftspolitik dieser Landesregierung. Das tut ein Übriges, um die Stimmung im Lande auf einem historischen Tiefpunkt zu halten. Dass das Land insgesamt ebenso wie bei den Kommunen finanzpolitisch am Ende ist,