Protokoll der Sitzung vom 27.06.2002

Ich finde es erstaunlich. wie Sie an eine einfache Frage so viele Nachfragen knüpfen können, aber das ist ja so vorgesehen.

Zunächst zu den Zahlen. Sie werden überrascht sein, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Tat sagen, sie hätten mehr davon. wenn ein Funkstreifenwagen schnell komme, als wenn ein Revierpolizist zwar da, aber gerade nicht verfügbar sei. Das haben wir sehr wohl abgewogen. Wenn Sie sich beispielsweise mit einem Vertreter der großen I3erufsverbände unterhalten. dann wird dieser Ihnen sagen, dass der Berufsverband die Erhöhung der Zahl der Revierpolizisten für völlig falsch hält.

Wir glauben, dass wir genau den Mittelwe g gehen, indem wir sagen: In den Bereichen, in denen ein Defizit an Revierpolizisten besteht, 50 und 150 Streifenbeamte. Das ist unter Fachleuten unumstritten die richtige Entscheidung.

Die Kritik des Bundes der Kriminalbeamten ist in der Form einer Pressemitteilung öffentlich geäußert worden, Beim Tag des Bundes der Kriminalbeamten hat Herr Lancelle Einzelheiten vorgetragen. Danach ist darüber gesprochen worden und es hat sich herausgestellt. dass diese Kritik ausging von Sachverhalten, die mit der Planung nicht übereinstimmten. Der entscheidende Punkt ist: Wir werden mehr Kriminalbeamte in den Schutzhereichen und in den Hauptwachen haben, weil wir wollen, dass die Kriminalpolizei näher am Bürger ist. Das bedeutet. dass wir in einigen Bereichen auf der Ebene der Polizeipräsidien eine Spezialisierung haben und mö glicherweise längere Wege in Kauf genommen werden müssen. Das ist richtig. Aber da wir Gott sei Dank zum Beispiel nicht so furchtbar viele Brandstiftungen haben, ist dies ein Bereich. der weiterhin aufgrund der hohen Spezialisierung hei den Polizeipräsidien zusammengefasst ist. Die erste Aufklärungstätigkeit vor Ort erfolgt jeweils durch die örtlich zuständige Kriminalpolizei und im Bedarfsfalle kommen Spezialisten hinzu.

Von daher ist diese Kritik des Bundes der Kriminalbeamten für uns nicht mehr Gegenstand der Erörterungen. Wir glauben. dass wir die betreffenden Punkte ausgeräumt haben.

(Frau Kaiser-Nicht (PDS 1: Das ist aber mutig!)

- Ja, ohne Mut keine Veränderung. Frau Kaiser-Nicht. Wenn man schlapp ist. dann ändert sich nichts. Aber wir wollen etwas ändern. Ein Handeln in die Zukunft hinein ist immer eine gefahrgeneigte Täti gkeit, aber wenn man nichts macht. dann geht man unter. Gehen Sie uns also eine Chance und begleiten Sie das aufmerksam und kritisch!

Damit komme ich zu Ihrer nächsten Nachfrage betreffend die Fachhochschule. Zu der Fachhochschule der Polizei ist erfreulicherweise nach Vortrag durch das Finanzministerium im zuständigen Ausschuss Zustimmung gegeben worden. Wir sind jetzt dabei: die Ausschreibungen sind vorgenommen. Ich denke,

dass die Fachhochschule der Polizei in Oranienburg wie vorgesehen im nächsten Jahr eröffnet werden kann.

(Frau Kaiser-Nicht I PDS1: Das war nicht die Frage: es geht um die Raumprobleme!)

- Nicht bei der Fachhochschule.

(Frau Kaiser-Nicht PD,S]: Doch, die Raumplanung!)

- Die Raumdaten können wir vielleicht einmal im Innenausschuss erörtern. Bei den Raumdaten haben wir uns darauf verständigt, einen mittleren Einstellungskorridor von 280 Polizeibeamten vorzusehen. weil es eine starke Abgangszahl, beginnend ah 2006, gibt. Darüber gibt es Einvernehmen zwischen dem Finanzministerium und uns und auch Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss und dem Parlament. Von daher verstehe ich die Frage nicht. Aber vielleicht können wir das in Ruhe erörtern. Schreiben Sie einfach einmal einen Brief. Ich bin aber auch gerne bereit, das im Ausschuss zu beantworten.

In einem Punkt haben Sie Recht: Sparen kostet Geld. Man muss erst etwas investieren. um dann zu sparen. Das weiß man von allen wirtschaftlichen Ahläufen. Zum Teil geht die Wirtschaft kaputt, wenn sie zum Sparen nicht investiert. Wir haben durch Finanzministerium bzw. durch den Haushalt die notwendigen Mittel erhalten. uni diese Aufgabe wahrzunehmen. In einigen Bereichen kneift es, aber durch die Haushaltssperre hatten wir eben nicht die Möglichkeit. überall die notwendigen Computeranschlüsse herzustellen. Dies ist vor einigen Tagen gelöst worden, sodass ich davon ausgebe, dass wir den Übergang in die Reform durchführen können. Es wird in einigen Bereichen. bei der räumlichen Unterbringung und bei der Datenvernetzung, noch drei Wochen nach der Reform möglicherweise Schwierigkeiten geben. Das ist in der Tat absehbar.

Damit sind wir hei der Frage 1209 (Bau einer Müllverbren- mingsanlage in Hennigsdorf). Bitte sehr, Herr Abgeordneter Claus.

In der Stadt Hennigsdorf soll auf dem Gelände der Firma Bombardier eine Müllverbrennungsanlage errichtet werden. Nach Pressemeldungen hatte die Federführung hei dem Projekt neben der Betreibergesellschaft der Landkreis Oberhavel. Die Stadt Hennigsdorf hingegen sei nicht gefragt worden. In Hennigsdorf und Umgebung kam es inzwischen zu Protestaktionen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung gegen die geplante Müllverbrennungsanlage.

Ich frage die Landesregierung: Welche Maßnahmen will sie ergreifen, um eine Umweltbelastung und eine Gesundheitsbelastung der Bevölkerung von Hennigsdorf und Umgehung durch die geplante Müllverbrennungsanlage zu verhindern?

Herr Minister Birthler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Errichtung und das Betreiben einer Abfallverbrennungsanlage unterliegen strengen genehmigungsrechtlichen und hohen verfahrenstechnischen Anforderungen.

Die Prüfung der Zulässigkeit einer solchen Anlage erfolgt im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Eine Genehmigung darf danach nur dann erteilt werden. wenn die genehmi gende Behörde nach Prüfung und Bewertung aller relevanten Tatbestände zu der Überzeugung gelangt, dass der Antragsteller in der Lage ist, sämtliche ihm aufzuerlegenden Pflichten uneingeschränkt zu erfnllen. Dazu gehört insbesondere die Pflicht. dafür Sorge zu tragen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonsti ge Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Uni darüber hinaus die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen dieses Vorhabens auf sämtliche zu betrachtende Schutzgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Schutzgütern zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten. wird als integraler Bestandteil des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt.

Des Weiteren dürfen keine sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage entgegenstehen. Dazu werden sämtliche betroffenen Träger öffentlicher Belange am Verfahren beteiligt und zur Stellungnahme aufgefordert.

Um eine höchstmögliche Transparenz zu erreichen und alle entscheidungsrelevanten Argumente anhören und berücksichtigen zu können, wird das Genehmigungsverfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, in die Antragsunterlagen einzusehen und gegebenenfalls Einwände gegen das Vorhaben geltend zu machen. Die Einwände werden in einem öffentlichen Termin zwischen den Einwendern und dem Vorhabensträger unter Leitung der Genehmigungsverfahrenssteile erörtert. Die Erkenntnisse aus dieser Erörterung fließen in die Entscheidungsfindung über den Genehmigungsantrag ein.

Aufgrund des beschriebenen zwingend erforderlichen Zulassungsverfahrens wäre sichergestellt, dass eine Genehmigung nur dann erteilt würde, wenn unter anderem Umwelt- und Gesundheitsbelastungen der Bevölkerung auszuschließen sind.

Allerdin gs liegt ein solcher Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Abfallverbrennungsanlage in der Stadt Hennigsdorf bei den zuständigen Genehmigungsverfahrensstellen derzeit nicht vor.

Es gibt noch Klärungsbedarf, Herr Minister. - Herr Claus. bitte.

Herr Minister, ich habe noch Nachfragen. Sie haben selbst gesagt, dass eine Genehmigung noch nicht vorliegt.

Ein Antrag?

Oder ein Antrag. Setzt sich die Landesre gierung dafür ein, dass, wenn ein Antrag eingereicht wird. in Hennigsdorf eine Müllverbrennungsanlage entsteht oder geht die Landesregierung näher auf die Bevölkerun g ein und setzt sich dafür ein, dass eine Müllverbrennungsanlage in einem entfernteren Ort entsteht, damit die Immissionsbelastungen, wie Sie bereits ausführten, für die Bevölkerung geringer sind und die Umweltschäden niedriger gehalten werden?

Es liegt nicht in der Zuständigkeit der Landesregierung. sich für oder gegen eine Müllverbrennungsanlage einzusetzen. Das ist Aufgabe der örtlichen Träger. Unsere Aufgabe ist es, genau zu prüfen - deshalb dieses geschilderte Verfahren -, dass keine Belastung für die Umwelt oder die Bevölkerung eintreten kann. Diese Entscheidung wird aber erst aufgrund konkreter Anträge getroffen und diese liegen noch nicht vor.

Danke sehr. - Zur Formulierung der Frage 1210 (Kanalausbau vom Indusniestandort Schwedt zum Ostseeraum) erhält der Abgeordnete Bischoff Gelegenheit. Bitte.

Schwcdter Wirtschaft, Verwaltung und Politik fordern in sehr engem Schulterschluss vehement den Ausbau der HohensaatenFriedrichtsthaler-Wasserstraße. die aus gutem Grund von Schwedt bis zur Ostsee künstlich, also von Menschenhand, angelegt worden ist.

Gerade wegen der Ostseeanhindung mit Küstenmotorschiffen investiert die Raiffeisengruppe Uckermark ein hochmodernes Logistikzentrum. Der Kartonproduzent Leipa investiert für 320 Millionen Euro eine leistungsstarke Papiermaschine und schafft neue Arbeitsplätze. Gegenwärtig läuft das Anhörungsverfahren zu dem ökologisch sehr sinnvollen Wasserstraßenausbau.

Ich frage die Landesregierung, wie sie das Vorhaben einschätzt.

Das Wort geht an den Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr, Herrn Meyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bischoff, wie Sie wissen, ist der Ausbau der HohensaatenFriedrichstbaier-Wasserstraße als Bestandteil der Havel-OderWasserstraße eine Maßnahme des Bundesverkehrswegeplanes von 1992 und wird in seiner Gesamtheit im neuen Bundesverkehrswegeplan fortgeschrieben. Mit Billigung der Landesregie

lauultag Brandenburg - 3. Wahlperiode - Plenarprotekoll 3159 - 27. Juni 2902 3925

rung wurde damals der Ausbau der gesamten Wasserstraße für Großmotorgüterschiffe und Großschubverbände der Binnenschifffahrt mit einer Abladetiefe von 2,20 m konzipiert.

Parallel dazu erfolgten die Vorbereitungen und Planungen eines neuen Binnenhafens für Schwedt für die dort expandierende Wirtschaft, insbesondere auch für die. Papierindustrie.

Im Zuge dieser Vorbereitung entstand das Erfordernis. dass zwecks Vermeidung eines erneuten Umschlages in Seehäfen kleinere Küstenmotorschiffe den Hafen Schwedt direkt erreichen sollten. Diese Planungen wurden mit dem Bund abgestimmt mir dem Ergebnis, dass die Hohensaaten-Friedrichsthaler-W asserstraße im Abschnitt Schwcdt/West-Oder eine Vertiefung der Abladetiefen um einen Meter, also auf 3,20 rn, erfahren soll.

Die Planung des Hafens Schwedt und dessen Zuwegung zu Wasser und zu Lande erfolgte grundsätzlich einvernehmlich mit dem MUNR. Zugunsten eines Verzichts auf den Ausbau der parallel führenden Ost-Oder als dem noch sensibleren Gewässer wurde dabei auch eine Veränderung - sprich: Aufwcitung - der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße in Kauf genommen.

Infolge der unterschiedlichen Vorhabenträger und der unterschiedlichen Finanzierungsquellen ist nun der Flafen Schwedt seit Oktober letzten Jahres fertig, während die Wasserstraßenanbindung - in Verantwortung des Rundes - leider bisher noch nicht dementsprechend ertüchtigt wurde.

Seitens der Landesregierung wird die Ertüchtigung der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße im Sinne der besseren wasserseiti gen Anbindung des Hafens in Schwedt maßgeblich weiter unterstützt, damit durch die vorgesehenen Ansiedlungen im Hafen Schwedt ökonomische Effekte eintreten und Arbeitsplätze geschaffen werden können.

Ich danke Ihnen, Herr Bischoff. und den Vertretern der regionalen Wirtschaft ausdrücklich dafür, dass Sie meine Position hierzu seit langern unterstützen. Die Verträglichkeit des Wasserstraßenausbaus mit den Schutzzielen des Nationalparks wird im derzeit laufenden Planfeststellungsverfahren geklärt.

Zur Abstimmung der Durchfahrtmöglichkeiten durch Stettin ist durch die Bundesministerien in Berlin und Warschau die Bildung einer Arbeitsgruppe vereinbart worden. die unter dem Titel „Wasserstraßenknoten Stettin" in der nächsten Woche in Stettin tagt. Das Land Brandenburg ist daran beteiligt und ich hin davon überzeugt. dass eine tragfähige Lösung gefunden wird. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU)

Es gibt noch Klärun gsbedarf. Frau Tack, bitte.

Ich habe zwei Nachfragen.

Erstens: Welche volkswirtschaftlichen Prognosen für das Güteraufkommen auf dieser Strecke sind Ihnen bekannt und werden der

Planung zugrunde gelegt? Sie verwiesen bereits auf den Bundesverkehrswegeplan 1992. Gibt es dazu aktuelle Prognosen?

(Zuruf von Minister Birthler)