Die Vorschläge der Hartz-Kommission forcieren ein neues Leitbild der Arbeitsmarktpolitik im Sinne einer aktivierenden und präventiven Arbeitsmarktpolitik, das mit einer kundenorientierten Dienstleistungsfunktion der Bundesanstalt für Arbeit verknüpft werden soll. Ich meine, wenn wir das alles und vielleicht auch noch ein bisschen mehr konsequent umsetzen, lösen wir einen Beschäftigungsschub aus, der Arbeitslosigkeit auch in Brandenburg abbauen wird.
Übrigens - das darf ich hier noch einmal sagen - gibt es auch folgende Kritik von mir an dem Konzept: Wir müssen versuchen, einiges ins Deutsche zu übersetzen. Denn in der Tat ist es so, wenn der Arbeitslose zum Jobcenter kommt, am Service Point begrüßt und schließlich zum Front Office geleitet wird, vom Case Manager begleitet zum Back Office gelangt und dort tiefen profiled wird, dann, glaube ich, haben wir hier das Problem, dass wir das noch genauer erklären müssen. - Ich danke Ihnen.
Ich danke Herrn Minister Baaske. - Ich erteile das Wort noch einmal der Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Bisky.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe mit einer gewissen Befremdung, dass sich der Herr Minister vor allen Dingen über Reaktionen auch beim Koalitionspartner Sorgen machen muss. Das zeigt vielleicht die Situation, in der wir in Bezug auf Arbeitslosigkeit im Lande sind. Wir haben auf der einen Seite die SPD mit der Hartz-Kommission und dem komplexen Durchsetzen, wie Herr Fritsch uns sagte, und auf der anderen Seite das Gegenteil, das von der CDU eingereicht wird. Nur, meine Damen und Herren, die Einheit der Gegensätze hat nur in der Philosophie Hegels geklappt. Sie klappt bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nicht.
Ich habe die Befürchtung, dass Sie sich bis zum 22. September gegenseitig neutralisieren, und das ist Zeitverschwendung.
Lassen Sie mich noch etwas sagen. Frau Blechinger, Sie haben zu Recht gesagt, die Wirtschaft schafft die Arbeitsplätze. Das ist richtig, aber es ist nur die halbe Wahrheit. Denn wir beide lesen ja die Presse und wissen, dass die Wirtschaft, auch die Betriebe, denen es gut geht, in der Bundesrepublik und international Arbeitsplätze auch abbauen, und zwar in Größenordnungen.
Da Sie Thüringen angeführt haben - das ist nicht das beste Beispiel, jedenfalls bei Beschäftigungsprogrammen nicht -, will ich doch auch etwas sagen zu dem vielleicht aufleuchtenden späten Panorama aus Jena. Wenn, dann muss man es genau nehmen. Ich möchte zur ARD-Sendung vom 29. August nicht viel sagen, nur: Es ist ja nicht widerlegt, dass Späth 1,8 Milliarden Euro von der Treuhand und vom Land erhalten hat. Das sind umgerechnet auf die 1 200 damit verbundenen Arbeitsplätze 500 000 bis 650 000 Euro je Arbeitsplatz. Das ist nicht gerade etwas, was für Privatwirtschaft spricht, sondern es ist ein internationaler Spitzenwert im Staatssubventionismus, den bisher kaum jemand erreicht hat.
Aber, meine Damen und Herren, ich will nicht bei Jena bleiben. Ich komme auf Ihren Fraktionschef, auf Merz, zurück, der in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ vom 31. August auf Seite 4 - er weiß ja, dass die in Potsdam erscheint - angekündigt hat, dass er ganz andere Vorstellungen habe. Er hat gesagt:
„In weiten Teilen des Umschulungs- und Fortbildungsbereichs wird in zum Teil atemberaubendem Umfang Geld zum Fenster hinausgeschmissen. Um die Arbeitslosigkeit herum ist eine Sozialindustrie im zweistelligen Milliardenbereich entstanden“,
„Das wird zu harten Auseinandersetzungen mit der SPD und den Gewerkschaften führen; denn gerade deren mittlere Funktionärskader haben es sich dort bequem gemacht.“
Ich hoffe, das ist richtig gelesen worden. Ja, Sie kämpfen mit den Funktionärskadern gegen die Funktionärskader. Das ist Ihre Politik. Und da habe ich Zweifel.
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass sich die Landesregierung in ihrem Handeln gegen die Arbeitslosigkeit durch den Wahlkampf gegenseitig neutralisiert. Das ist schlecht so. Obwohl ich dem Kanzler Schröder in manchen Dingen wirklich näher stehe als dem Kanzlerkandidaten Stoiber, muss ich dem Kanzlerkandidaten Stoiber in einem Punkt - in einem
Meine Damen und Herren, an Ankündigungen und Zielstellungen zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit hat es vieles gegeben. Auch die PDS hat ein Programm vorgelegt und da Sie uns sonst immer Populismus vorwerfen, sage ich Ihnen, das bescheidenste Programm aller Parteien. Wir haben gesagt, mit welchen Mitteln 1,3 Millionen Arbeitsplätze in einem Zeitraum von vier Jahren geschaffen werden können. Wir haben gesagt, wie es finanziert wird. Jeder, der es wissen möchte, auch Sie, kann das Programm von uns haben und kann es nachlesen. Ich will es im Einzelnen nicht vortragen. Wir haben also realistische Programme und sind mit den Versprechungen nicht ganz so populistisch wie die beiden großen Parteien hier im Hause.
Meine Damen und Herren, Frau Dr. Schröder hat die Meinung unserer Fraktion zum Hartz-Konzept kritisch und konstruktiv dargelegt. Gestatten Sie mir dazu einen letzten Satz: Seitens meiner Fraktion verbinde ich damit die Hoffnung, dass Frau Dr. Schröder in ihrer neuen Verantwortung als Staatssekretärin beim Senator für Wirtschaft entsprechend produktive Ideen für mehr Beschäftigung in der Region Berlin-Brandenburg verwirklichen kann. - Ich bedanke mich.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aktuellen Stunde und ich schließe den Tagesordnungspunkt 2.
Ehe ich die Sitzung unterbreche, möchte ich Sie noch daran erinnern, dass um 12.30 Uhr im Landtag eine Ausstellung eröffnet wird, bei der es um ein Thema geht, das eigentlich jeden von uns interessieren sollte, nämlich um das neue Logo des Landtags Brandenburg.
Meine Damen und Herren, ich eröffne den Nachmittagsteil der heutigen Plenarsitzung und rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:
1. Lesung des Gesetzes zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Chef der Staatskanzlei Speer, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor zehn Jahren wurde der ORB aus der Taufe gehoben. Der ORB hat die Entwicklung des Landes hautnah begleitet und mit innerer Beteiligung kommentiert. Die Brandenburgerinnen und Brandenburger bekamen mit dem ORB eine eigene ostdeutsche Stimme und das wirkt weit in die ARD hinein und strahlt auch nach ganz Deutschland aus.
Dennoch legt die Landesregierung Ihnen heute ein Zustimmungsgesetz vor, durch das ein Staatsvertrag zur Fusion des ORB mit dem Sender Freies Berlin genehmigt werden soll. Die Frage, ob die Region Berlin-Brandenburg auf Dauer zwei öffentlich-rechtliche Anstalten braucht, ist eindeutig mit Nein zu beantworten. Nur 20 Minuten S-Bahn-Fahrt trennen die Rundfunkhäuser in Babelsberg und in der Berliner Masurenallee. Der neue Rundfunk Berlin-Brandenburg kann identitätsstiftend für die gesamte Region sein.
Mit dem Geld der Gebührenzahler soll vorrangig anspruchsvolles Programm gestaltet werden, und dies mit effizienten Strukturen. Es geht also, wie man Neudeutsch sagt, um den Output.
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg wird darüber hinaus innerhalb der ARD ein größeres Gewicht haben. Der ORB liefert derzeit 2,75 % zum Gesamtprogramm der ARD zu, der SFB 4,25 %. Addiert ergeben sich also 7 %. Das ist nahezu so viel wie der Anteil des Hessischen Rundfunks.
Die neue Sendeanstalt wird als leistungsfähiger Auftraggeber für Fernsehproduktionen den Medienstandort Berlin-Brandenburg stärken. Die Chancen der Fusion werden von dem renommierten Wirtschaftsprüfungsunternehmen Pricewaterhouse & Coopers höher eingeschätzt als die Risiken. Synergien können entstehen durch gemeinsame Gestaltung eines Fernsehprogramms mit regionalen Auseinanderschaltungen, durch Neuordnung der Redaktionen, Vermeidung von Doppelstrukturen, Zentralisierung von Archiven, verbesserte Steuerung des Produktionseinkaufs etc.
Der Staatsvertrag gibt der neuen Anstalt vor, dass die zu erzielenden Einsparungen mit dem Ziel der Programmverbesserung einzusetzen sind. Die neue Anstalt hat alle Voraussetzungen, modern und flexibel, sparsam und leistungsfähig zu sein.
Meine Damen und Herren, aus einer guten, gleichberechtigten Position heraus kann der ORB selbstbewusst den Zusammenschluss mit dem SFB angehen. Die Herausforderung im verschärften Medienwettbewerb, ein optimales öffentlich-rechtliches Angebot zu schaffen, steht unausweichlich. ORB und SFB werden als gemeinsamer Sender mehr erreichen.
Der Staatsvertrag regelt nur das, was zu regeln ist. Er orientiert sich stark an dem bewährten ORB-Gesetz. Die Unabhängigkeit und die Staatsferne des Rundfunks werden gewahrt. Zur konkreten Programmgestaltung äußert sich der Staatsvertrag nicht. Es muss akzeptiert werden, dass im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Programmdiskussion, das heißt die planende und die evaluierende Diskussion, das Privileg der Aufsichtsgremien ist.
Die wirtschaftlichen Vorgaben sind auf das Wesentliche reduziert. Der neue Sender muss mit einem Anteil an den Rundfunkgebühren und den Einnahmen aus Werbung und anderen Geschäften zurechtkommen. Die Politik erwartet hier, dass die Gebührenentwicklung keine Endlosschleife ist.
In der Fachöffentlichkeit hat der Entwurf des Staatsvertrages überwiegend positives Echo erfahren. Der Vorsitzende der ARD, Fritz Pleitgen, wünscht sich eine - ich zitiere - "zügige Umsetzung" und verspricht sich für die ARD eine Menge von dem neuen Sender.
Zum Entwurf des Staatsvertrages sind im Landtag und im Abgeordnetenhaus frühzeitig Anhörungen durchgeführt worden. Es gab einen intensiven Austausch mit den Sendern und insgesamt genügend Zeit für die Debatte. Einige Veränderungswünsche sind eingearbeitet worden.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Sender haben an dem Fusionsprojekt konstruktiv mitgewirkt. Eine wesentliche Forderung zur Gestaltung der Mitbestimmungsrechte über die Kündigungsregelung hinaus ist nicht aufgenommen worden. Wir haben darüber vor der Sommerpause ausführlich diskutiert.
Der Ihnen vorliegende Staatsvertrag ist das Ergebnis der Verhandlungen zweier in der Zusammensetzung unterschiedlicher Regierungskoalitionen. Am vergangenen Donnerstag musste sich der Senat bei der 1. Lesung des Berliner Zustimmungsgesetzes von der Opposition entgegenhalten lassen, die Berliner Interessen nicht stark genug durchgesetzt zu haben. Mit meinem Berliner Kollegen Schmitz bin ich mir sicher, dass der vorliegende Staatsvertrag ein guter Kompromiss ist. Die Interessen beider Länder sind ausgewogen berücksichtigt worden.