Das Gesetz, dessen Entwurf wir heute in 1. Lesung behandeln, soll die Rettungsmedaille des Landes Brandenburg stiften. Für solche Rettungstaten können wir künftig den besonderen Dank des Landes Brandenburg in einer Weise ausdrücken, die den Dank des Staates auch über den Tag hinaus für Dritte erkennbar macht und die Lebensretter heraushebt und würdigt. Gerade die letzten Wochen haben deutlich gemacht, dass der Einsatz vieler Menschen wichtig ist, um Einzelne und die Allgemeinheit vor drohenden Gefahren zu bewahren. Wir werden morgen über die Hochwasserkatastrophe, die wir abgewendet haben, diskutieren. Wir sehen, glaube ich, bewusster, dass der Staat nicht alles regeln kann, sondern dass wir abhängig sind von Bürgern, die sich persönlich einbringen zum Wohle des Gemeinwesens.
In welcher Form den vielen Deichrettern von den freiwilligen Feuerwehren, Bundeswehr, Technischem Hilfswerk, Zehntausenden von Freiwilligen gedankt werden kann und soll, ist noch nicht entschieden, zumal mehrere Bundesländer davon betroffen waren. Hier geht es darum, dass den Menschen, die andere Menschen aus Lebensgefahr gerettet oder eine der Allgemeinheit drohende erhebliche Gefahr abgewendet und dafür ihr Leben eingesetzt haben, schon heute gedankt werden kann. Hierfür hat die Landesregierung einen Vorschlag unterbreitet.
Ich will Ihnen zwei Beispiele nennen: Ein Junge geht mit seinem Freund angeln. Es ist noch sehr kalt. Der Freund, neun Jahre alt, fällt ins Wasser. Der Junge springt sofort hinterher und holt ihn raus, weil er weiß, dass der Freund nicht schwimmen kann. Beide haben das Ufer erreicht.
Zwei Bürger sehen, wie ein Ehepaar auf einen zugefrorenen See geht, in dem eine Spalte ist - nur die Einheimischen wissen, dass an dieser Stelle das Eis sehr dünn ist -, und einbricht. Die beiden jungen Männer robben auf dem Bauch an die Stelle heran, nehmen einen Schlitten mit und holen das Ehepaar unter Einsatz ihres Lebens aus dem Wasser. Der Mann schiebt seine Frau hoch und sagt, dass er nicht mehr könne und sie ihn fallen lassen sollen. Die beiden anderen sagen: Nein, wir ziehen das durch. - Sie haben ihn gerettet.
So könnte ich Ihnen noch viele Beispiele nennen. Wir sind es diesen Frauen und Männern einfach schuldig, dass wir versuchen, ihnen einen Teil des Dankes abzustatten. Das ist, glaube ich, unsere Aufgabe.
Mit diesem Gesetz kann Brandenburg solchen Lebensrettern mit der besonderen Lebensrettungsmedaille danken.
Für Jugendliche haben wir die Möglichkeit vorgesehen, zusätzlich zur Auszeichnung mit der Lebensrettungsmedaille auch noch Geschenke zu geben. In dem Fall, den ich eben genannt habe, haben wir dem jungen Mann eine Angelausstattung gekauft. Er hat sich sehr darüber gefreut und gesagt, er werde immer damit angeln.
Zugleich wird mit der staatlichen Auszeichnung auch an eine preußische Tradition angeknüpft; denn König Friedrich Wilhelm III. von Preußen stiftete im Jahr 1802 erstmals eine Erinnerungsmedaille für Lebensrettung.
Einzelheiten dieses Gesetzentwurfes können wir dann in den Ausschüssen beraten. Ich bitte Sie, der Überweisung des Gesetzentwurfes an die Ausschüsse zuzustimmen. - Herzlichen Dank.
Ich danke Herrn Minister Schönbohm und gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Vorlage und zum Gegenstand eines Gesetzentwurfes über staatliche Anerkennung für Rettungstaten besteht hier im Parlament sicherlich Konsens. Ich kann Ihnen nur zustimmen, Herr Minister. Die Stiftung der staatlichen Rettungsmedaille ist natürlich eine der lange geforderten und von der Landesregierung angekündigten Würdigungen des besonderen Einsatzes von Bürgerinnen und Bürgern zur Abwendung von Gefahren für andere Menschen in unser aller Sinn. Solche Situationen werden zweifelsohne auch beim ehrenamtlichen Einsatz im Rahmen des Brandund Katastrophenschutzes entstehen.
Wir werden den Gesetzentwurf im Ausschuss für Inneres beraten. Aus jetziger Sicht steht für mich die in den Absätzen 2 und 3 des § 1 vorgeschlagene unterschiedliche Anerkennung je nach erfolgreicher Rettungstat oder erfolglosem Rettungsversuch infrage. Der Rettungsmedaille könnte so der Geruch einer Erfolgsprämie anhaften. Das beabsichtigen Sie so sicherlich nicht. Es ist wohl unstrittig, dass auch ein leider erfolgloser Rettungsversuch für den Retter genauso aufwendig und gefährlich sein kann und anerkennenswert ist. Mehrere Rettungseinsätze zum Beispiel könnten ebenso die Voraussetzung für die Verleihung der Medaille sein. Hierüber sollten wir noch einmal nachdenken und weiter beraten.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht, und gebe das Wort an Herrn Abgeordneten Schippel. Er spricht für die Koalitionsfraktionen SPD und CDU.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vor uns liegende Entwurf beschreibt ein Gesetz, das in seinem Umfang und in seinen finanziellen Auswirkungen eigentlich wenig spektakulär ist, das jedoch von seinem Inhalt und seinem Zweck ausgehend von ziemlicher Bedeutung und von Wichtigkeit ist. Geht es doch darum, dem humanistischen Handeln Einzelner einen guten und ehrenhaften gesellschaftlichen Rahmen zu geben. Dass in der Begründung - der Innenminister hat es gesagt dabei auch an alte preußische Traditionen angeknüpft wird, die sich in diesem Jahr zum 200. Male jähren, zeigt, dass es neben dem militaristischen Preußen auch ein Preußen des Humanismus und vor allen Dingen der Aufklärung gab.
In der heutigen Zeit, in der Zeit neuer Medien, die in ihrer Auswirkung auf die Gesellschaft, auf den inneren Zusammenhalt unserer Gesellschaft noch nicht berechenbar sind, die noch nicht so erforscht sind, in dieser Zeit ist die Demonstration des Staates wichtig, die Demonstration, dass das Einstehen für das Leben und die Gesundheit anderer eine mehr als besondere, eine außerordentliche Leistung ist. Diese Leistung, denke ich, rechtfertigt allemal eine öffentliche und gesetzliche Würdigung. Dass diese Würdigung nicht einfach aberkannt werden kann, wenn deren Träger im Nachhinein gegen Gesetze verstößt, ist folgerichtig. Wer auf der einen Seite für den Erhalt menschlichen Lebens eintritt, dem kann diese innere Einstellung nur abgesprochen werden, wenn er sich bewusst und nachweisbar gegen das Leben und die Gesundheit anderer vergeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Koalition ist für diese staatliche Auszeichnung bei Rettungstaten und sie begrüßt diesen Gesetzentwurf der Landesregierung.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schippel, und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, an Herrn Abgeordneten Claus.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf über staatliche Auszeichnungen für Rettungstaten ist nicht nur überflüssig, er enthält auch inhaltlich erhebliche Mängel. Ehrungen für Rettungstaten sind auch ohne gesetzliche Grundlage möglich. Das hat die Vergangenheit oft gezeigt, wenn der Herr Innenminister Retter ausgezeichnet hat.
Die Landesregierung sollte endlich bemüht sein, das Gesetzesdickicht zu lichten. Die Bevölkerung kann die Flut der Gesetze und Verordnungen nicht mehr nachvollziehen, zumal auch die europäischen Rechtsakte immer stärker in das Leben der Bürger eingreifen.
Die Landesregierung sollte sich auch endlich bemühen, Landesgesetze in Verhandlungen mit den anderen Bundesländern einheitlich zu gestalten. Doch das Gegenteil ist im Moment der Fall.
In § 2 des Gesetzes wird das Aussehen der Rettungsmedaille zwar dem der in anderen Bundesländern üblichen Rettungsmedaillen angepasst, bei den Farben des Bandes will sich die
Kommen wir zum Inhalt des Gesetzes: Die DVU-Fraktion begrüßt es ausdrücklich, dass Rettungsmedaillen und Urkunden an Personen verliehen werden, die sich selbstopfernd für andere bzw. für das Gemeinwohl eingesetzt haben. Die Hochwasserflut in den letzten Wochen hat deutlich gemacht, dass es in Deutschland eine große Zahl von Helfern gibt, die bereit sind, persönliche Opfer zu bringen.
Schwierig wird es allerdings, jene Personen zu erfassen, die in besonderer Weise Rettungsaktionen durchgeführt haben. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf die Verleihung der Rettungsmedaille, sondern der Innenminister entscheidet nach Ermessen.
Auch über die Höhe der Geldbelohnung wird im Gesetz nichts ausgesagt. § 6 Abs. 1 und 2 des Gesetzes kann so nicht stehen bleiben. Wann ist eine zu ehrende Person der staatlichen Anerkennung würdig und wann unwürdig? In der Begründung zum Gesetzentwurf ist noch der Begriff der bürgerlichen Ehrenrechte erwähnt. Ihnen, meine Damen und Herren von der Landesregierung, dürfte doch bekannt sein, dass die Vorschrift über die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte schon vor Jahrzehnten aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde. Bei Verbrechen tritt der Verlust des aktiven und passiven Wahlrechts mit der Rechtskraft des Urteils ein.
Wir sollten uns davor hüten, Begriffe wie „würdig“ oder „unwürdig“ in das Gesetz zu schreiben. In einem früheren Unrechtsregime konnte zum Beispiel einer Person der Doktortitel aberkannt werden, wenn sie sich aufgrund ihres Verhaltens „unwürdig“ gezeigt hatte, diesen Titel zu führen.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Durch die Garantie der Menschenwürde in Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz als unantastbarer, vor aller staatlichen Gewalt zu schützender Wert hat der Grundgesetzgeber eine für das gesamte Grundrechts- und Staatsverständnis elementare Grundentscheidung getroffen. Kerngehalt der Aussage des Artikels 1 Abs. 1 ist die Normierung der Menschenwürde als Mittelpunkt des Wertesystems der Verfassung. Daraus folgt, dass Artikel 1 Abs. 1 die anderen Bestimmungen des Grundgesetzes durchdringt.
Viele Grundrechte sind Ausdruck des Schutzes der Menschenwürde und daher immer im Licht dieses tragenden Verfassungsprinzips zu interpretieren. Daraus folgt, dass ein Begriff wie „unwürdig“ nicht in das vorliegende Gesetz gehört.
Das Gesetz weist weitere Mängel auf. Sie haben zwar geregelt, dass die Verleihung der Rettungsmedaille, die öffentliche Belobigung und Geschenke durch den Innenminister gewährt werden, aber Sie haben nicht geregelt, wer im Falle eines so genannten unwürdigen Verhaltens gemäß § 6 Abs. 2 die Auszeichnung entziehen darf.
Auch ist nicht geregelt, ob im Falle einer Entziehung der Auszeichnung der Betroffene das Verwaltungsgericht anrufen kann, um die Maßnahme zu überprüfen. Es dürfte auch kaum möglich sein, im Falle der Entziehung das Tragen der Rettungsmedaille zu verhindern, da diese Verleihungsurkunde in das Eigentum des Retters übergeht und selbst die Hinterbliebenen nicht zur Rückgabe verpflichtet sind.
Herr Minister, meine Damen und Herren von der Regierung, beseitigen Sie diese kleinen Mängel, dann können wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Der Überweisung stimmen wir zu. Danke schön.
Ich danke dem Abgeordneten Claus. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung. Ich rufe zur Abstimmung die Empfehlung des Präsidiums auf, den Gesetzentwurf in der Drucksache 3/4734 an den Ausschuss für Inneres zu überweisen. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit haben Sie einstimmig so beschlossen.
Des Weiteren liegen Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion der PDS in Drucksache 3/4806 sowie ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU in Drucksache 3/4808 vor.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der die Große Anfrage einreichenden Fraktion. Frau Abgeordnete Birkholz, Sie haben das Wort.