Protokoll der Sitzung vom 05.09.2002

verwehrt bleiben. Ohne die von uns vorgeschlagenen Mindestinhalte eines solchen Klimaschutzprogramms - Witterungsszenarien, Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft, Entwicklung der Wasserressourcen - ist auch der notwendige Umfang einer sachgerechten Regulierung des Landschaftswasserhaushalts nicht zu bestimmen.

Auch wenn Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, die Erarbeitung eines Klimaschutzprogramms im zuständigen Fachausschuss überwintern lassen - es hat sich längst herumgesprochen, dass im stillen Kämmerlein des SPD-geführten Umweltministeriums an der Thematik gearbeitet wird. Das ist auch gut so.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass Gewässerunterhaltung im Land Brandenburg im Notstand funktioniert, war in den letzten Wochen zu erleben. Dieses Niveau muss Maßstab für das laufende Geschäft der Verwaltung auch in Bezug auf die Gewässer der 1. und 2. Ordnung werden. So konnten sich die Wasser- und Bodenverbände jahrelang über die Hintertür einer unscharfen Formulierung im Text des Wassergesetzes um die Instandhaltung technischer Anlagen herummogeln. Wohlgemerkt: Nicht alle Verbände haben dies so gehandhabt. Es gibt auch Verbandsvorsteher, die sich von Anfang an darüber im Klaren waren, dass eine Regulierung des Landschaftswasserhaushaltes ohne funktionsfähige und technische Anlagen nicht möglich ist.

Wie auch immer: Es ist ein Sanierungsbedarf in Höhe von 60 Millionen Euro entstanden. Die Landesregierung hat begonnen, die Versäumnisse aufzuarbeiten. Dazu wurden umfänglich Mittel bereitgestellt und das Wassergesetz, wie von unserer Fraktion beantragt, durch den Landtag geändert. Damit ist die Instandhaltung der technischen Anlagen durch die Wasser- und Bodenverbände zukünftig gesichert.

Darüber hinaus muss im Einzelfall auch die durch das Land zu sichernde Ausfinanzierung der Unterhaltung der Gewässer 1. Ordnung geprüft werden. Offensichtlich bestehen im Oderland spezifische Probleme, die eine eingehende Betrachtung erfordern. Auch hierbei sind wir auf die Aussagen der Landesregierung im Ausschuss gespannt.

Zuschüsse durch das Land bereitzustellen oder die Finanzierung durch Umlagen auf die Mitglieder der Gewässerunterhaltungsverbände sicherzustellen ist die eine Seite, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Darüber hinaus gilt es aber auch, eine sparsame Mittelverwendung zu garantieren. Soweit das Land die Gewässer 1. Ordnung - knapp 2 000 km - finanziert und durch die Verbände unterhalten lässt, hat auch das Land den Mitteleinsatz nach dem obersten Haushaltsgrundsatz, der Sparsamkeit, zu planen.

Immerhin handelt es sich hierbei um die Finanzierung einer Vielzahl wasserbaulicher Maßnahmen aus den Titeln 10 040 und 10 105, die unter anderem aus den Einnahmen von 19 Millionen Euro für Wassernutzungsentgelt und Abwasserabgabe gespeist werden. Dazu kommen die bereits erwähnten zusätzlichen Mittel für die technischen Anlagen an Gewässern 2. Ordnung.

Zu der Finanzierung des Personalübergangs von knapp 200 Mitarbeitern vom Landesumweltamt an die Wasser- und Bodenverbände wird vielleicht die Landesregierung noch ein Wort

verlieren. In der Praxis stellt sich die Situation so dar, dass es zum Beispiel einen Wasserverband gibt, der mit 16 Arbeitskräften aus dem Personalüberhang 70 km Gewässer 1. Ordnung unterhält, während ein anderer Verband ohne zusätzliche Arbeitskräfte 60 km unterhalten muss. Dass es bei so genannten Stundenverrechnungssätzen in den Jahresverträgen dann zu Kalkulationen mit spitzem Stift kommt, die zwischen den einzelnen Verbänden um ein Vielfaches variieren, wundert nicht.

So waren zum Beispiel im Jahre 1999 bei der Böschungsmahd Schwankungen zwischen 0,05 DM je Quadratmeter und 0,94 DM je Quadratmeter, also um das Neunzehnfache, oder bei der Deichkontrolle sogar um das Sechsundzwanzigfache aufgetreten.

Neben diesen betriebswirtschaftlichen Schwachpunkten erscheint die Einteilung der Gewässer 1. Ordnung fragwürdig. Die Landesregierung hat in ihrer Antwort auf zwei Kleine Anfragen eingeräumt, dass es keine nachvollziehbaren Kriterien dafür gibt, außer der allgemeinen wasserwirtschaftlichen Bedeutung. Von wenig Sachverstand zeugt, wenn sich Minister Birthler zu der Aussage versteigt - ich zitiere -, „Die Notwendigkeit einer Untersetzung durch weitere nachvollziehbare Kriterien besteht nicht“, er aber gleichzeitig einräumen muss, dass es mindestens 12 km Gewässer 1. Ordnung gibt, die in den letzten 25 Jahren kein Wasser geführt und somit ihre Gewässereigenschaft verloren haben.

Lassen Sie mich zusammenfassen. Die Landesregierung lässt seit zwei Jahren eine Arbeitsgruppe "Landschaftswasserhaushalt" faktisch darüber nachdenken, wie ein finanzieller Mehrbedarf herleitbar und begründbar ist. Der eigentlich notwendigen ökologischen Ausrichtung mit einer fundierten wissenschaftlichen Zielvorgabe wird man nicht ausreichend gerecht. Die Bedürfnisse der Landwirte und der Waldbesitzer müssen in diesem Zusammenhang ebenfalls berücksichtigt werden. Sie finanzieren die Gewässerunterhaltung von über 30 000 km Gewässer 2. Ordnung. Auf welcher Grundlage in diesem Land die Gewässer in 1. oder 2. Ordnung eingeteilt werden, kann niemand so genau erklären, und über die Mittelverwendung besteht kein detaillierter Überblick. Hochgerechnet ließen sich bei Anhebung der Länge der Gewässer 1. Ordnung bis zu betriebswirtschaftlich sinnvollen Unterhaltungskosten die Umlagebeiträge für die Gewässer 2. Ordnung um bis zu 20 % senken.

Ich erwarte im Agrar- und Umweltausschuss spätestens im Dezember dieses Jahres praktikable und wirksame Vorschläge, wie die Kosten der Gewässerunterhaltung transparent dargestellt werden können, welches Kostenminderungspotenzial für die Landnutzer besteht und wie die Gewässerunterhaltung auf die umweltbezogenen Erfordernisse ausgerichtet werden kann. In diesem Sinne: Wasser marsch, aber halten!

(Beifall bei der PDS)

Schönen Dank, Frau Abgeordnete Wehlan. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Dellmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Wehlan, Sie haben dankenswerterweise darauf hingewiesen,

dass wir das Thema schon mehrfach im zuständigen Fachausschuss behandelt haben. Auch ich bedauere es außerordentlich, dass der Abschlussbericht zum Landschaftswasserhaushalt bis zum heutigen Tage nicht vorliegt. Er ist uns mehrfach angekündigt worden und wäre zweifelsohne eine gute Grundlage, um es in dem einen oder anderen Kreis fachlich fundiert zu diskutieren. Ich hoffe, dass dieser Bericht im Herbst wirklich vorgelegt wird. Es zeigt für mich sehr deutlich, welche Interessenlagen dort bestehen, die es dem zuständigen Fachministerium ausgesprochen schwer machen, uns einen Abschlussbericht vorzulegen.

Was Ihren Antrag anbelangt, glaube ich, dass dieser nicht zustimmungsfähig ist. Ich will deutlich sagen, warum das so ist. Sie sprechen das Thema der Zuordnung der Gewässer 1. und 2. Ordnung an. Das Ministerium hat uns im zuständigen Fachausschuss ganz klar erklärt - wir haben das mitgetragen -, dass das eine Aufgabe im kommenden Jahr ist, wenn das Wassergesetz sowieso novelliert wird. Ich selbst habe in meinem Wahlkreis trockenliegende Gewässer 1. Ordnung, die nun wirklich keine Gewässer 1. Ordnung sind. Wir sollten darin übereinstimmen, dass der Zeitpunkt dafür das Jahr 2003 ist, wenn das Wassergesetz novelliert wird.

Frau Wehlan, ich muss auch sehr deutlich sagen, dass es nach fachlichen Kriterien gehen muss. Es kann nicht so sein - das kam ansatzweise in Ihrem Antrag und auch in Ihren Worten zum Ausdruck -, dass zur Entlastung der Wasser- und Bodenverbände bzw. der Grundstückseigentümer, eventuell mehr Gewässer in die 1. Ordnung übernommen werden und das Land die Kosten dafür trägt. Das kann nicht der Weg sein. Sie sollten so etwas bitte nicht den Vertretern in den Regionen suggerieren.

Zur Frage der Kosteneinsparung Folgendes: Es gibt demokratisch legitimierte Verbandsversammlungen, die die Wirtschaftspläne beschließen. Wenn ich Ihren Antrag lese, dann müsste ich im Umkehrschluss das Gefühl haben, als ob Sie diesen demokratisch legitimierten Verbandsversammlungen nicht zutrauen, Kosteneinsparungspotenziale zu ermitteln und umzusetzen. Frau Enkelmann ist Chefin der Kommunalpolitischen Vereinigung der PDS. Ich weiß, dass sehr viele PDS-Bürgermeister und auch Abgeordnete in Verbandsversammlungen sitzen. Ich glaube nicht, dass Sie den Mitgliedern der PDS in diesen Verbandsversammlungen vorwerfen würden, dass sie nicht in der Lage seien, Kosteneinsparungspotenziale zu ermitteln und umzusetzen.

Deshalb sehe ich die Aufgabe des Landes Brandenburg nun wahrlich nicht darin, im Detail nachzuprüfen, wo Kosteneinsparungspotenziale bei den Verbänden vorhanden sind.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Wehlan [PDS])

Frau Wehlan, genau anschauen müssen wir uns - hierin besteht Konsens - die Erstattungssätze für die Gewässer 1. Ordnung. Wir müssen uns anschauen, ob diese Sätze tatsächlich den Realitäten entsprechen, ob sie zu hoch oder zu niedrig sind. Ich kann mir vorstellen, dass uns die Landesregierung zu gegebener Zeit hierüber einen Bericht erstattet.

Eines wird aber auch deutlich, wenn ich die Reaktionen aus dem Lande zu Ihrem Antrag höre. Wir sollten weder den Landwirten noch den Eigentümern von Forstflächen suggerieren, wir könnten das bisherige System ohne weiteres auf den Kopf stellen. Ihr Antrag sagt aus, dass wir primär die Landwirte, die landwirt

schaftlichen Nutzflächen und die Forst entlasten sollen. Wir müssten dann aber deutlich von dem jetzt geltenden Solidarprinzip bei den Umlagen abrücken und müssten das Vorteilsprinzip einführen.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Wehlan [PDS])

Frau Wehlan, ob das allerdings dann wirklich zugunsten des Gros der Landwirte wäre, will ich an dieser Stelle bezweifeln. Aber auch hier bin ich gespannt, ob Sie einmal konkrete Vorschläge machen.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Wehlan [PDS])

Bisher erwarteten Sie ja Vorschläge von der Landesregierung. Ich gehe davon aus, dass Sie diese anschließend auseinander nehmen und zerreißen wollen. Machen Sie doch bitte konkrete Vorschläge, wie Sie das Prinzip der Kostenverteilung verändern wollen.

(Vietze [PDS]: Außer Ablehnung fällt Ihnen nichts ein! - Zuruf der Abgeordneten Frau Wehlan [PDS])

- Sie können eine Frage stellen! - Ich glaube, dass sich das geltende Prinzip der solidarischen Umlage in Brandenburg bewährt hat, und das sollten wir nicht infrage stellen. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Dellmann. - Für die DVUFraktion hat der Abgeordnete Claus das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Werte Mitglieder des Ausschusses für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung! Viele von Ihnen werden sich beim Lesen des Antrages der PDS gefragt haben, was die PDS damit bezwecken will.

(Fritsch [SPD]: Nein!)

In Ihrer Antragsbegründung heißt es zu Recht, Frau Enkelmann:

"Die Landesregierung hat dieses Problem erkannt und Mittel bereitgestellt sowie erste gesetzliche Regelungen vorbereitet."

Daraus wird ersichtlich, das Ihr Antrag im Prinzip überflüssig ist.

Große Reden sind hier eigentlich nicht gefragt, sehr wohl aber unser verantwortliches Handeln. Uns allen ist klar, dass Gewässer die an sie gestellten wasserwirtschaftlichen Aufgaben nur erfüllen können, wenn sie entsprechend unterhalten werden. Damit haben Sie natürlich Recht.

Für die Entwicklung von Fließgewässern spielt die Gewässerunterhaltung eine besondere Rolle, da diese nach Abschluss von Baumaßnahmen den Entwicklungsprozess maßgeblich beeinflusst. Aus diesem Grunde sollte die Gewässerunterhaltung bereits frühzeitig in die Planung integriert werden.

Rechtliche Grundlage der Gewässerunterhaltung ist § 28 Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes; ergänzende Regelungen finden sich im Naturschutzrecht und im Fischereigesetz. Die Landesregierung ist aufgefordert, alles dafür zu tun, dass der Sachverstand der in den Wasser- und Bodenverbänden haupt- und ehrenamtlich Engagierten sowie aller beteiligten Institutionen bei der Vorbereitung von neuen gesetzlichen Regelungen eingebracht werden kann.

Meine Damen und Herren von der PDS, das alles wissen Sie ebenso. Sie haben bereits Nachfragen im Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung gestellt und haben auch weiterhin die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen. Herr Kollege Dellmann hat dazu bereits einiges gesagt. Wir erwarten mit Spannung Antworten im Dezember. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Claus. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der CDU. Bitte, Herr Abgeordneter Dombrowski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hochwasserkatastrophe an der Elbe hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie wichtig ein gut funktionierendes Wasserregulierungssystem für unser Land ist, das sowohl die Auswirkungen von Trockenheit als auch die Folgen von extrem hohen Niederschlägen abmildert und ausgleicht.

Worum geht es im Antrag der PDS? Nach § 3 des Brandenburgischen Wassergesetzes werden oberirdische Gewässer nach ihrer wasserwirtschaftlichen Bedeutung für den gesamten Wasserhaushalt, für Natur- und Gewässerschutz sowie für die Gewässernutzung in Gewässer 1. und 2. Ordnung eingeteilt. Insgesamt gibt es in unserem Land gut 2 000 km Gewässer 1. Ordnung und gut 30 000 km 2. Ordnung. Die Unterhaltung der Gewässer 1. Ordnung wird aus dem Landeshaushalt finanziert; zuständig hierfür ist das Landesumweltamt. Darüber hinaus beteiligt sich das Land an der Unterhaltung von Gewässern 2. Ordnung, wenn ein Landesinteresse vorliegt und der Haushalt es möglich macht.

Für die Unterhaltung der Gewässer 2. Ordnung sind die Wasserund Bodenverbände verantwortlich. Die Finanzierung dieser Verbände erfolgt aus den Verbandsbeiträgen der Mitglieder der Wasser- und Bodenverbände, die ihre Abgabenbescheide wiederum an die Landeigentümer der Region versenden. An dieser Stelle ist kritisch anzumerken, dass diejenigen, die letztendlich die Beiträge aufbringen, nämlich die Landeigentümer, in den Gremien, in denen beraten wird, nicht vertreten sind. Das sollten wir künftig bedenken.

Diskutiert wird bei der Frage der Gewässerunterhaltung also nicht das Ob, sondern das Wie und das Durch-wen. Einerseits sagen ausgewiesene Fachleute, dass über das Land gesehen die Intensität der Gewässerunterhaltung zu hoch sei und verringert werden könne und müsse; dies habe positive ökologische und ökonomische Folgen. Es gibt aber auch Klagen zum Beispiel vom Gewässer- und Deichverband Oderbruch, der zum Teil erhebliche Unterhaltungsrückstände bei Krautungen, aber auch

Sohlräumungen und Gehölzpflege beklagt und auf die negativen Folgen eingeschränkter Unterhaltung hinweist.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Dieser Verband, aber auch der Landkreis Märkisch-Oderland beklagt unter anderem die nach seiner Meinung zu geringe Kostenerstattung durch das Landesumweltamt. Ähnliche Beschwerden gibt es Jahr für Jahr auch von Anglern und Fischern im Westhavelland, die sich über Fischsterben wegen Sauerstoffmangels in ungekrauteten Gewässern beklagen.