Protokoll der Sitzung vom 13.11.2002

Letztendlich hat es den Anschein, dass die Forstreform zielgerecht

zum großen Stellenabbauprojekt der Landesregierung mutiert. Knapp 1 000 Beschäftigte werden im Zeitraum bis 2005 davon direkt betroffen sein. Das ist fast ein Drittel des gegenwärtigen Personalbestandes in diesem Bereich. Das geschieht vor dem Hintergrund gestiegener Anforderungen der Gesellschaft an den ländlichen Raum, an die Umwelt, an die Nachhaltigkeit, an die Holznutzung. Genannt seien in diesem Zusammenhang auch Tourismus, Reiten und sportliche Betätigung, bei entsprechender politischer Rahmensetzung Wachstumsbereiche im ländlichen Raum.

Gewachsen ist auch der Bedarf an allgemeiner Information und spezieller Öffentlichkeitsarbeit im Brandenburger Wald, ebenso die Nachfrage nach Holz, die bezogen auf den Gesamtwald nicht befriedigt werden kann.

Summa summarum werden Personal abgebaut, Aufgaben reduziert und der ländliche Raum ausgedünnt.

Eines ist zumindest klar: Alle Aufgaben, die wir mit dem 1991 verabschiedeten Waldgesetz unseren Forstleuten übertragen haben, werden auch zukünftig Gegenstand ihrer Arbeit sein. Insofern erscheint der Begriff „Reform” überhöht. Ich zitiere aus der Antwort auf die Große Anfrage:

„Die Reform hat auf die Aufgaben und Ziele keine verändernde Wirkung.”

Belassen wir es besser bei dem dort wiederkehrenden Begriff der Optimierung.

Vertan haben Sie die Chance, mit dem vorhandenen Personalbestand die Forstwirtschaft in Brandenburg zu einem prosperierenden Sektor des ländlichen Raums zu entwickeln und nachteilige Strukturen zu überwinden. Bei den seit Jahren im Privatwald anstehenden Problemen wurde unzureichend mitgedacht, der Bedarf der Holzindustrie nicht berücksichtigt und Holz als Energieträger viel zu wenig in Betracht gezogen.

(Beifall bei der PDS)

Vielleicht hätten wir dieser Tage nicht vom Scheitern des Holzzentrums in Wittenberge lesen müssen, wenn Forst und Wirtschaft in Brandenburg zielstrebiger agiert hätten.

Bei den vorgenannten Punkten handelt es sich keinesfalls um staatliche Wohlfahrtsleistungen, sondern um kurzfristig wirksame volks- und betriebswirtschaftliche Fragestellungen. Die Forstreform ist in ihrem Ergebnis das Produkt einer auf Einsparung und Rationalisierung gerichteten Haushaltsarithmetik. Sie ist wenig motivierend und letztendlich nur durch den gemeinsamen Protest zahlreicher Bürgerinnen und Bürger, Organisationen und Verbände, Gewerkschaften und beruflicher Interessenvertretungen und nicht zuletzt auch meiner Partei im „Aktionsbündnis Brandenburger Wald” in ihrer drastischen Form abgemildert worden.

Wie Hohn wirkt es da, wenn die Landesregierung in der Antwort auf eine Frage meint:

„Entsprechend dem Zielsystem der Landesforstverwaltung sollen die Einkommen... und die Anzahl der Beschäftigten... mindestens konstant bleiben.”

Ihre Forstreform, Herr Birthler, wird weder diesem Ziel gerecht noch berücksichtigt sie die Entwicklung des ländlichen Raumes in seiner Gesamtheit. Es wurde festgestellt, dass weder die betrieblichen Geschäftsfelder noch die auf das Allgemeinwohl ausgerichteten Aufgaben hinreichend entwickelt werden.

Allein der jahrelang unbefriedigende Verlauf der Ausweisung der

Reitwege mag als Beispiel dienen, wie trotz vorhandenen Verwaltungspotenzials der Wirtschaftszweig Tourismus nur ungenügend Unterstützung fand - und das, obwohl der Landtag im Umgang mit der Volksinitiative „Reiten im Wald” dem zuständigen Landesministerium einen entsprechenden Auftrag erteilte.

Herr Birthler, auf unsere Frage nach dem Verkaufsmoratorium des Preußenwaldes haben Sie in der Kabinettsabstimmung zur Großen Anfrage zugelassen, dass nur ausweichend geantwortet wird. Ich erinnere Sie an unseren Antrag zur Unveräußerlichkeit des Landeswaldes und stelle hier nachdrücklich fest: Ein Verscherbeln des Landeswaldes ist mit der PDS nicht zu machen.

(Beifall bei der PDS)

Zur weiteren Bewertung der eingeleiteten Optimierungsmaßnahmen: Ohne Frage positiv sieht meine Fraktion das Aufbrechen starrer und hinderlicher Strukturen. Diese Ansätze waren überfällig und werden mit Sicherheit nach und nach auch die Zustimmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden. Hier ist die Landesforstverwaltung auf dem richtigen Weg. Gleiches gilt für die zeitgemäße Ausstattung mit Informationstechnik und die Einführung moderner betriebswirtschaftlicher Steuerungselemente. Dies war im Übrigen auch eine Forderung der PDS, die wir mit dem Antrag zur umsichtigen Vorbereitung der Forstreform im Januar 2000 verbunden hatten. Herr Dombrowski ist gerade nicht anwesend, aber Herr Helm ist da. Sie hätten also mit dem unter der Leitung von Herrn Dombrowski stehenden Ausschuss diesen Antrag durchaus offensiver begleiten können.

Nicht zuletzt wird für uns Abgeordnete der Landeshaushalt durch die Budgetierung transparenter. Bereits im laufenden Haushalt konnte, wer wollte, nachvollziehen, welcher Aufgabenbereich mit welchen Einnahmen und Ausgaben geplant war. Unser Glückwunsch an den Haushälter. Es gilt nun, den Praxistest zu bestehen.

Sehr genau werden wir jedoch hinsehen, wenn durch den Personalbereich des Ministeriums versucht wird, monetäre Effekte unter Umgehung des Tarifrechtes zu erzielen. Die Vorteile der Budgetierung beschränken sich so gesehen auf einen kleinen Anteil des Budgets. Dieses Phänomen trifft jedoch die Wirtschaft generell und lässt dennoch Spielraum für initiativreiches Handeln.

Die festgelegten Reduzierungen der Verwaltungsstruktur bei den Forstämtern von 18 auf 10, bei den Oberförstereien von 111 auf 72 und den Forstrevieren von 656 auf 504 sind eine politische Entscheidung. Sie sind fachlich nicht begründet.

Die Schaffung so genannter Leitforstämter zur Bearbeitung landesweiter Aufgaben in einem Forstamt verdeutlicht bereits die ersten Auswirkungen einer überzogenen Stellenreduzierung. Entweder handelt es sich, zum Beispiel bei der Fördermittelvergabe, um eine zentrale Aufgabe - dann ist diese auch einer zentralen Verwaltungseinheit zuzuordnen - oder es ist eine flächendeckend zu realisierende Aufgabe - wovon zumindest bei den Fördermitteln auszugehen ist -, dann müssen vor Ort die Kapazitäten weiterhin bestehen. Wie ein Forstamtsleiter in Templin zukünftig über die Fördermittel und deren zweckgebundenen Einsatz für das Forstamt Peitz entscheiden soll, ist derzeit unklar.

Erforderlich ist auch eine Personalentwicklung, die eine Verjüngung des Personalbestandes ermöglicht und betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Die Aussagen zum Einstellungskorridor werden von uns begrüßt, ebenfalls die geschaffenen Möglichkeiten für Waldarbeiter, mit Rückkehrgarantie in andere Bereiche zu wechseln.

Entscheidend wäre nunmehr jedoch der folgende Schritt: Es gilt, aus diesen sinnvollen Optionen nicht nur die kurzfristige Perso

naleinsparung als Vorteil zu sehen, sondern Effekte für die Forstwirtschaft insgesamt abzuleiten.

Aus dem Übergang von Waldarbeitern zu den Wasser- und Bodenverbänden muss sich eine Reduzierung der Beiträge für die Wasser- und Bodenverbände ergeben. Aus der Beurlaubung von Forstbediensteten und deren Einsatz im privaten Dienstleistungssektor muss eine Stärkung der Privatwaldstruktur resultieren. Die Aussage des Waldbesitzerverbandes ist ernüchternd:

„Wenn die Landesforstverwaltung heute feststellen muss, dass fast die Hälfte aller Waldbesitzer, denen weniger als 200 Hektar gehören, ihre Flächen nicht bewirtschaften, dass fast ein Drittel der Revierleiter kaum Kontakt zu den Waldbesitzern ihres Revieres hat und dass in zwei Dritteln der Reviere weniger als 25 % der Waldbesitzer Mitglied einer FBG sind, so zeigen diese Ergebnisse wie in der Vergangenheit erhebliche Defizite, die bei der Privatwaldberatung und -betreuung zugelassen wurden.”

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, begründet wurde die Notwendigkeit der Forstreform unter anderem mit den veränderten Besitzverhältnissen im Zuge der voranschreitenden Privatisierung des Treuhandwaldes. Dem ist so. Aber die ungenügende Betrachtung der Belange des Privatwaldes, der privaten Lohnunternehmer und der Forstdienstleister stellt sich als gravierender Mangel des Reformprozesses dar. Neben der fehlenden volkswirtschaftlichen Analyse ist ein zum Teil angespanntes Verhältnis zu privaten Unternehmen zu erkennen. Die Waldbesitzer einschließlich ihres Verbandes stehen hierbei zwischen zwei Fronten.

Das durch meine Fraktion vor fast drei Jahren geforderte Privatwaldkonzept liegt immer noch nicht vor. Da ist die Zeit über Ihre Ankündigung in der Antwort auf die Große Anfrage - nämlich Oktober 2002, Herr Minister Birthler - schon wieder hinweggegangen. Von der Landesregierung erwarten wir hier ein die Belange aller Betroffenen berücksichtigendes Vorgehen. Dem Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung darf kein Vorschub geleistet werden. Begünstigende Tarife für Leistungen der Forstverwaltung sind nur dort anzubieten, wo nachteilige Strukturen überwunden werden müssen, also bei den Zusammenschlüssen kleiner Privatwaldbesitzer, und nicht für die Beförsterung im Großprivatwald. Letztendlich geht es darum, die im Privatwald derzeit ungenutzt verbleibenden mehr als 800 000 Festmeter, die einen Holzerlös von ca. 21 Millionen Euro repräsentieren, zu mobilisieren. Dies darf nicht in einem Gegeneinander gemacht werden, sondern muss in einem Miteinander der Anspruchsgruppen geschehen.

In diesem Zusammenhang geht es auch um die konsequente Umsetzung der Rahmenvorgaben von Bund und EU für die Ausgestaltung der Förderrichtlinie. Jüngste Befürchtungen, nach denen Schwerpunkte wie Jungbestandspflege oder Investitionen reduziert werden sollen, sind ein falsches Signal und führen eher zur Entfremdung des kleinen Privatwaldbesitzers von seinem Eigentum. Notwendig sind hier politische Rahmensetzungen zur Stärkung des Eigentümerbewusstseins.

Wir können mit der Situation der Forstverwaltung in Brandenburg nicht ganz zufrieden sein. Bei Berücksichtigung der Anträge meiner Fraktion, in denen rechtzeitig hierauf hingewiesen wurde, wäre ein anderer Umgang möglich gewesen. Die Forstreform ist hinter den auch durch die Landesregierung selbst formulierten Zielstellungen zurückgeblieben. Wegen des wirklich langsamen Verlaufs hätten hier andere Ergebnisse auf den Tisch gehört. Darüber sollten wir auch im Agrarausschuss weiterhin eine Verständigung suchen.

Die nächsten Schritte lauten: Privatwaldkonzept, neue Förderrichtlinie und Waldprogramm. Ob wir die Novellierung des Wald

gesetzes in dieser Legislaturperiode noch schaffen, wird sich zeigen. Auf jeden Fall sollten wir auf eine Abstimmung dieses Vorhabens mit der Novellierung des Naturschutzgesetzes achten. Eile ist hierbei nicht geboten. Bedauert wird von uns, dass der Beschluss des Landtags zur Harmonisierung von Forst- und Naturschutzreform nicht umgesetzt wurde.

Wichtig ist jetzt, die Kolleginnen und Kollegen der Landesforstverwaltung bei der Umsetzung der Strukturschritte zu unterstützen, um im Interesse der Brandenburger Forstwirtschaft eine Phase der Stabilität zu erreichen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Wehlan, und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Dr. Woidke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Förster denken in Generationen und der Wald hat ein langes Gedächtnis. Kurzfristig dagegen sind die in den letzten 13 Jahren in der Forstwirtschaft des Landes Brandenburg vollzogenen Änderungen sowohl in den Eigentums- und Besitzstrukturen als auch in der Bewirtschaftung des Waldes und damit einhergehend natürlich auch in der Forstverwaltung.

Die PDS hat in der Einleitung zu ihrer Großen Anfrage folgenden Satz gebraucht:

„Die ursprünglich angestrebte Reform wurde per Kabinettsbeschluss... zum größten Stellenabbauprojekt innerhalb der Verwaltungsoptimierung.”

Richtig ist, dass die Forstreform zu den wichtigsten und zentralen Vorhaben der brandenburgischen Landesregierung zählt. Die Landesforstverwaltung soll in eine optimierte Gemeinschaftsforstverwaltung überführt werden, und zwar bei gleichzeitig besserer Anpassung an regionale Erfordernisse, die, wie wir wissen, in Brandenburg durchaus unterschiedlich sind.

Dieser Vorgang ist verbunden mit Personalanpassungen, die sozial verträglich und unter Einbeziehung der Mitarbeiter vorgenommen worden sind und weiterhin vorgenommen werden. Der heutige Personalbestand im Landesforst soll bis zum Jahre 2005 das ist ein ehrgeiziges Ziel - um ca. ein Drittel, also um immerhin 942 Beschäftigte im Landesdienst, reduziert werden. Damit einher geht eine Reduzierung der Zahl der unteren Forstbehörden von 18 auf 10. Trotzdem soll es gelingen, ortsbezogene Fachaufgaben für Waldbesitzer, aber auch für andere Bürger weiterhin in hoher Qualität anzubieten.

Im Jahre 1992 gab es im Landesforst Brandenburg 5 458 Mitarbeiter. Hierzu zählen vor allem Waldarbeiter; es sind aber auch Verwaltungsstellen. Im Jahre 2000 waren noch ganze 3 188 Mitarbeiter in der Landesforstverwaltung beschäftigt. Nach der Umsetzung der laufenden Forstreform sollen im Jahre 2005 hier noch 2 337 Mitarbeiter beschäftigt sein. Bei einem solchen Ausmaß des Personalabbaus, der in den letzten zehn Jahren vor sich gegangen ist, kann der gesamte Prozess natürlich nicht ohne Konflikte zwischen Landesregierung und Beschäftigten ablaufen. Andererseits konnte die Stellenanpassung - auch dies sollte erwähnt werden bisher ohne eine einzige betriebsbedingte Kündigung erreicht werden.

Der derzeitige Haushaltszuschuss zur Landesforstverwaltung in

Höhe von ca. 82 Millionen Euro pro Jahr soll bis zum Jahre 2005 auf 65 Millionen Euro reduziert werden. Ich möchte hinzufügen: Dieser Zuschuss muss auch entsprechend reduziert werden; wir haben heute schon einiges zur Lage des Landeshaushalts gehört. Ohne die Forstreform würde der Zuschussbedarf nach Aussage der Landesregierung im Jahre 2005 bei ca. 102 Millionen Euro liegen.

Ein so umfassendes Vorhaben wie die Forstreform kann nur gelingen, wenn es durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konstruktiv begleitet wird. Dies ist in den letzten Jahren im Wesentlichen der Fall gewesen. Ich möchte hier allen, die innerhalb, aber auch außerhalb der Forstverwaltung diese schwierige Reform begleitet haben und weiterhin begleiten, ausdrücklich danken.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ein solch konstruktives Miteinander unter Einbeziehung der Beschäftigten ist nur möglich, wenn von vornherein klargestellt wird, dass der Personalabbau sozial verträglich abläuft. Die Sozialverträglichkeit fällt allerdings nicht vom Himmel, sondern sie kostet Geld und, Frau Wehlan, vor allem auch Zeit. Darüber sind wir uns sicherlich alle im Klaren.

Aus diesem Grunde kann es aus heutiger Sicht nicht hoch genug geschätzt werden, dass der ehemalige Agrarminister Zimmermann, der heute hier Abgeordneter ist, mit Strukturveränderungen begonnen hat, dass Gunter Fritsch, der ebenfalls als Abgeordneter hier ist, diese weitergeführt hat und dass Wolfgang Birthler diesen Staffelstab übernommen hat und das schwierige Problem der Strukturanpassung in der Forst lösen wird. Für alle drei Genannten waren die Veränderungen in der Forst nicht vergnügungssteuerpflichtig. Ich kann mich noch gut an Waldarbeiterdemonstrationen vor diesem Hause erinnern - das nur am Rande -, auf denen die Arbeiter sogar mitsamt ihren Kettensägen anwesend waren, was aber, wie ich hinzufügen möchte, sicherlich nicht als Drohung gemeint war.

Bei alledem dürfen wir nicht vergessen, dass die Landesforstwirtschaft nach wie vor kein Selbstzweck ist. Das gilt für die Verwaltung genauso wie für die Waldarbeiter. Die Landesforstverwaltung ist Dienstleister für Waldbesitzer, Holzindustrie, private forstliche Dienstleister, Lohnunternehmen, Naturschutz, Tourismus usw. usf. Sie alle und wir alle sind auf die forstlichen Dienstleistungen für unseren Wald in Brandenburg angewiesen.

Des Weiteren stellen der Wald und die Forstwirtschaft in großen Teilen unseres Landes eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung des ländlichen Raums und vor allem für den Erhalt von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum dar. Auch dies muss berücksichtigt werden.