Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

(Beifall bei der PDS)

Herr Minister Baaske, daher unterstützen wir die Übereinkunft, die ostdeutsche Arbeitsminister am Montag auf Ihre Initiative hin, wenn ich richtig informiert bin, zu dieser Problematik getroffen haben. Zweifelsfrei müssen folgende Mindestforderungen erhoben werden: Die aktive Arbeitsmarktpolitik muss im Jahre 2003 wenigstens auf dem Niveau des Jahres 2002 gehalten werden und die mehrjährige Initiative zur kommunalen Infrastrukturentwicklung muss künftig beschäftigungswirksam umgesetzt werden.

(Beifall bei der PDS)

Zweitens: In Brandenburg ist die berufliche Erstausbildung ermöglicht bzw. politisch zugesichert. Aber Brandenburg unternimmt, wie vorliegende einschlägige Studien belegen, vergleichsweise zu wenig an der so genannten zweiten Schwelle, dem Übergang vom Ausbildungsabschluss in eine berufliche Erstanstellung. Zur Erinnerung: Allein zwischen 1997 und 2000 haben per saldo 17 600 junge Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren vor allem wegen der fehlenden Beschäftigungs- und damit auch Lebensperspektive das Land Brandenburg verlassen. Angesichts der demographischen Entwicklung und des deshalb in absehbarer Zeit voraussichtlich eintretenden Fachkräftemangels gilt es deshalb, mit geeigneten Maßnahmen Jugendliche nach ihrer Ausbildung in Brandenburg zu halten bzw. in unser Land zurückzuholen.

Nach unserer Auffassung ist es deshalb viel zu kurz gegriffen, Herr Minister Baaske, wenn wir in diesem Zusammenhang nichts anderes als die so genannte Wegzugsprämie diskutieren. Ob diese Prämie als Zuschuss, als Kredit oder überhaupt nicht gezahlt wird, ändert nichts an der Abwanderung. Vor allem ändert es nichts an deren Ursachen, den fehlenden Arbeits- und Ausbildungsplätzen.

(Beifall bei der PDS)

Auf der politischen Tagesordnung steht daher die Notwendigkeit, alles zu versuchen, um mit innovativen Ideen - zum Beispiel über Jugendförderbetriebe oder spezielle Berufseinsteigerprogramme - jungen Menschen im Land Brandenburg eine

wirkliche Perspektive zu geben.

Als Fazit bleibt festzustellen: Das versprochene Wunder der Halbierung der Arbeitslosigkeit, das übrigens in der gestrigen Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten keine Rolle mehr spielte, wird wohl auch weiterhin ausbleiben. Mehr noch, die neue rot-grüne Bundesregierung startet Reformen am Arbeitsmarkt zuerst einmal mit drastischen Leistungskürzungen. Das schafft zwar nicht einen einzigen Arbeitsplatz, verschlechtert aber die soziale Lage der von Arbeitslosigkeit Betroffenen zum Teil dramatisch und senkt damit auch das Nachfragepotenzial für den Binnenmarkt. Diese so genannte Reform soll, wie verkündet wird, vor allem helfen, den maroden Bundeshaushalt zu sanieren. Das kann es doch nicht sein. Die Bundesanstalt für Arbeit will im kommenden Jahr nicht nur die Zahl der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen reduzieren, sondern zum Beispiel auch bei der Fortbildung der Arbeitslosen kürzen und diese stärker an der Finanzierung beteiligen.

Das alles, meine Damen und Herren, war nicht anders zu erwarten. Daher haben wir rechtzeitig auf die Probleme hingewiesen. Bei Hartz geht es schließlich generell nicht um die Schaffung der vor allem im Osten so dringend benötigten Arbeitsplätze, sondern um eine noch rationellere Verwaltung von Arbeitslosigkeit und die damit verbundenen geschönten Arbeitslosenstatistiken - wahrscheinlich vor allem zur allgemeinen Freude der Regierenden in Bund und Ländern. Letztlich bedeutet dieses Konzept noch mehr Druck auf Arbeitslose und einen großen Schritt in die Richtung, Menschen zu Unternehmern ihrer eigenen Arbeitskraft und Daseinsvorsorge zu machen.

Bitte kommen Sie zum Schluss, Herr Abgeordneter!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Herr Arbeitsminister Baaske, mehr als nur allgemeine Zustimmung zu den HartzVorschlägen war bisher nicht zu vernehmen. Ich hoffe, dass wir in eine Diskussion eintreten können, in der alle Vorschläge auf den Prüfstand gestellt werden. Heute überreiche ich Ihnen ein in Taschenbuchformat gehaltenes Exemplar unserer Vorschläge im Kampf gegen die Ursachen der Massenarbeitslosigkeit. Wenn Sie sich auf einer langen Dienstreise einmal Rat holen wollen, können Sie jederzeit darin nachlesen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Heiko Müller. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich heute anders als sonst meistens - gar nicht so stark auf das beziehen, was die PDS-Fraktion hier vorgetragen hat, weil ich glaube, in vielem sind wir uns sehr einig. Man kann auch gar nicht zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen, weil die Tatsachen zum Teil klar sind. Auch die Antwort auf die Große Anfrage belegt, dass man darüber nicht großartig zu streiten braucht.

Im Übrigen habe ich mich ein bisschen gewundert: Die Große Anfrage ist ja genau genommen mehr oder weniger eine Statistikanforderung. Die Zahlen, die in der Antwort stehen, kennen wir alle. In anderen Berichten sind sie schon aufgetaucht, aber jetzt wurden sie einmal über einen längeren Zeitraum zusammengefasst und so können sie als Arbeitsinstrument für die Wirtschaftspolitiker ganz sinnvoll sein.

Wo liegt eigentlich des Pudels Kern? - Wir müssen eine Bestandsaufnahme machen. Das steht, glaube ich, fest. Wir haben gestern gehört, dass die Nachwendezeit vorbei ist, und das bedeutet: Wir müssen einmal überlegen, was wir geschafft haben, wo wir angekommen sind und wohin wir wollen.

Wir können sicherlich auf der Plusseite feststellen: Wir haben Förderprogramme in großer Zahl gehabt; das macht die Antwort auf die Anfrage sehr deutlich. Wir haben im Bereich der Wirtschaft, der Arbeitsmarktförderung und der Infrastrukturförderung eine Vielzahl von Programmen gehabt. Wir haben es geschafft, bestimmte industrielle Kerne zu retten. Wir haben neue Ansiedlungen - Rolls-Royce, Ansiedlungen im Bereich der Biotechnologie und vieles mehr - ins Land geholt. Wir haben seit 1990 etwa 90 000 Gewerbeanmeldungen im Saldo gehabt. Auch das ist sicherlich ein Erfolg. Es ist gelungen, die Hochschulen auszubauen, umzubauen, weiterzuentwickeln und die Universitäten weiterzuentwickeln. Dabei ist auch massiv in die richtige Richtung gefördert worden.

Aber - jetzt kommt das „Aber“ - wir haben eine Arbeitslosigkeit, die bei 17 % liegt. Wir haben Lohnstückkosten, die bei 108 % liegen. Das hängt mit den Produktivitäten der Unternehmen zusammen. Wir haben nach wie vor in ganz vielen Unternehmen eine Eigenkapitalschwäche. Wir haben einen Pleitenrekord nach dem anderen. Wir haben jetzt im Saldo kaum noch Gewerbeanmeldungen, und wir haben eine Stimmung im Lande, die, was die Wirtschaft angeht, noch nie so schlecht wie jetzt gewesen ist. Das ist nicht eine Stimmung, die man so einfach wegdrücken kann, sondern die kommt aus dem Herzen der Unternehmen. Das kommt jetzt tatsächlich in einem Maße zusammen, das es in der Vergangenheit nie gegeben hat. Man muss das also, glaube ich, sehr, sehr ernst nehmen.

Was mich derzeit am meisten negativ stimmt, ist: Wir haben im Osten eine Entwicklung, die langsamer als die im Westen vorangeht. Wir haben im Bereich des Wirtschaftswachstums ein Defizit gegenüber dem Westen, wir haben bei der Produktivitätsentwicklung ein Defizit gegenüber dem Westen, und wir haben bei der Arbeitslosigkeit eine höhere Steigerungsrate als die westlichen Bundesländer - und das bei einem Finanzhaushalt, der immer noch fast anderthalb mal so groß ist wie der der anderen Flächenländer im Westen.

Daraus ergeben sich folgende Fragen: Schaffen wir es - lassen Sie mich dieses Bild gebrauchen -, die Schere kleiner werden zu lassen? Was wird passieren, wenn wir in einigen Jahren weniger Geld haben werden? Reichen die jetzigen Strategien? Reichen die Mittel, die wir zur Verfügung haben, wirklich aus, um die Schere zukünftig kleiner werden zu lassen? - Ich befürchte, es wird nicht reichen.

Jetzt ist zu überlegen, was anders gemacht werden kann. Der Wirtschaftsausschuss ist vor einiger Zeit in Irland gewesen. Das ist ganz gut gewesen, weil die Informationen, die wir dort be

kommen haben, durchaus den Blick weiten können; denn Irland hat bis zum Anfang der 80er Jahre ähnliche Probleme gehabt: auch eine Arbeitslosigkeit von 18 %, riesige Probleme im Infrastrukturbereich, riesige Probleme bei der Produktivität usw. Seit Anfang der 90er Jahre hat Irland ein Wirtschaftswachstum von jährlich 8 %, 9 % oder sogar 10 % mit dem Ergebnis, dass es dort heute einen Haushaltsüberschuss und eine Arbeitslosigkeit gibt, die quasi bei 0 % liegt, wodurch der Landeshaushalt ganz erheblich entlastet wird.

Aber auf der anderen Seite - das ist etwas, was dort offensichtlich nicht so gut funktioniert hat - gibt es in Irland massive Infrastrukturprobleme. Die Regierung kommt nicht hinterher, die Unternehmen mit den notwendigen Straßen und anderen Anbindungen zu versorgen.

Was waren die Erfolgsfaktoren in Irland? - Dort gab es Anfang der 90er Jahre ein erhebliches Arbeitskräftepotenzial. Es gab eine hohe Arbeitslosigkeit und damit - wie bei uns - eben auch ein Arbeitskräftepotenzial. Sie hatten damals - das gilt auch heute noch - eine wesentlich kleinere Bürokratie. Sie haben deutlich niedrigere Arbeitskosten. Das hängt damit zusammen, dass die Lohnkosten und vor allem die Lohnnebenkosten dort ein bisschen niedriger sind. Sie haben ganz bewusst auf Niedrigsteuern gesetzt. In der Region Shannon betrug der Steuersatz nur 0 % mit dem Erfolg, dass Unternehmen dorthin gegangen sind. Sie haben - auch das ist ganz wichtig - kurze Wege zwischen Wirtschaft und Politik entwickelt. Dort wird das, was die Wirtschaft sagt, in der Politik ernst genommen. Das Gleiche gilt für die Verbindung zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft. Dort ist Kooperation also wirklich das erste Prinzip.

Was ist das Ergebnis gewesen? - Es sind sehr viele ausländische Unternehmen nach Irland gekommen, aber sie haben dort auch eigene Unternehmen sehr stark entwickeln können. Sie haben damit die Arbeitslosigkeit verringert und dadurch die Sozialausgaben stark senken können. Dadurch wiederum konnten sie mehr Geld für Investitionen in Wirtschaft und Wissenschaft akquirieren. Wenn man weniger Geld im Sozialbereich ausgibt, dann hat man mehr Geld für den investiven Bereich zur Verfügung.

Warum sind die Unternehmen nach Irland gegangen? Der Grund ist - das ist ein ganz wichtiger Punkt - die kleinere Bürokratie, die schnelle Investitionsentscheidungen ermöglicht. Wenn man sich entschließt, dort etwas zu machen, dann kann man dort auch sehr schnell Geld verdienen. Die Unternehmen haben dort neue Betriebe mit hoher Produktivität und niedrigen Arbeitskosten entwickelt. Das heißt, die Erlöse und die Wettbewerbsfähigkeit waren optimal, und die hohen Erlöse, die sie erzielt haben, brauchten sie kaum zu versteuern. Sie haben also Realgewinne gemacht, die nun einmal ein Anreiz für die Wirtschaft sind.

Worin bestehen die Unterschiede zwischen Irland und unserem Land? - Wir haben von der Strategie her sicherlich stärker darauf gesetzt, die Infrastruktur zur gleichen Zeit zu entwickeln wie die Wirtschaft. Ich glaube, es ist uns nicht so gut gelungen, die Hochschulen mit der Wirtschaft zu verkoppeln. Darin sehe ich ein Defizit.

Was müssen wir aus meiner Sicht zukünftig weiterführen? - Die

Ansiedlungsförderung und die Wachstumsförderung müssen weitergeführt werden. Vor allem bei der Markterschließungsförderung haben wir Defizite. Dabei haben die Iren den Unternehmen ganz stark geholfen, bei der Erschließung von Märkten im Land, aber vor allen Dingen von solchen außerhalb des Landes. In diesem Bereich haben wir einen Nachholbedarf.

Welche Forderung sollte man daraus ableiten? - Wir müssen das Thema Bürokratie endlich wirklich anpacken. Wir reden seit zehn Jahren darüber, aber wenn wir uns als Abgeordnete einmal kritisch fragen, was wir in dieser Zeit geschafft haben, dann müssen wir antworten: Das ist nicht viel. Da muss mehr passieren, wie auch der Ministerpräsident gestern sehr deutlich gemacht hat. Wir müssen tatsächlich Ergebnisse erreichen. Es darf keine neue Verordnung und kein neues Gesetz mehr geben, aus denen sich nicht auch eine Kostensenkung ergibt. Es dürfen also nicht nur keine Kostensteigerungen, sondern es müssen sogar Kostensenkungen entstehen. Im Übrigen sollte sich der Staat ohnehin nur dort einmischen, wo es wirklich unbedingt erforderlich ist.

Das Nächste ist das, was ich vorhin mit dem Verhältnis von Wirtschaft und Politik in Irland meinte: Wenn wir immer weniger Geld für die Förderung haben - so wird es kommen; wir werden das Geld ja nicht drucken können -, dann müssen wir es umso mehr vermeiden, den Unternehmen auch noch Knüppel zwischen die Beine zu werfen, wenn sie etwas tun, wenn sie agieren wollen. Das hängt wiederum ganz wesentlich mit der Bürokratie zusammen.

Wir müssen die Unternehmensförderung - ich sagte das schon fortsetzen, dies aber eben auch im investiven Bereich, weil die Eigenkapitalschwäche für unsere Unternehmen ein riesiges Problem ist. Wer eine Eigenkapitalschwäche hat, der kann ohne Unterstützung nicht investieren. Aber auch die Produktentwicklung und die Technologie bleiben wichtig und dabei sehe ich bei uns die Defizite im Bereich der Markterschließung.

Was bisher völlig unzureichend funktioniert, ist die Förderung von Kooperationen, von Dachmarken. Darüber diskutieren wir auch im Landtag schon seit vielen Jahren. Dabei müssen wir mehr machen. Wir haben sehr viele kleine Unternehmen, die im Prinzip miteinander verkoppelt werden müssen. Auch müssen die Unternehmen mit den Hochschulen verkoppelt werden. Solche Dinge müssen wir stärker mit auf den Weg bringen, weil die Unternehmen oft zu klein sind und das deshalb aus eigener Kraft nicht schaffen.

Wir müssen uns dafür einsetzen - das ist ebenfalls eine alte Diskussion -, dass die Fördersätze für Großinvestitionen gesenkt werden, und zwar europaweit, weil die Mitnahmeeffekte dabei am größten sind und wir unter dem Strich mit der EU-Osterweiterung eine neue Runde des Abwerbens feststellen werden. Das kann niemand wirklich wollen.

Zwei Fragen will ich abschließend noch stellen. Ein Erfolgsfaktor in Irland waren die niedrigen Arbeitskosten. Ist es wirklich richtig, wenn wir fordern, dass dieser Erfolgsfaktor in Brandenburg so schnell wie möglich aufgehoben wird?

Die zweite Frage, die ich stellen will: Wäre in Brandenburg nicht wirklich einmal ein großer Schnitt notwendig, zum Beispiel in der Frage der Schaffung eines Steuervorteils im Körperschaftsteuerbereich, um Unternehmen anzureizen? Die Iren

haben das gemacht und haben Erfolg gehabt. Ist ein solcher Schritt nicht auch für Brandenburg notwendig, um genau den Status zu verändern, den wir jetzt haben und der darin besteht ich habe das Bild schon gebraucht -, dass die Schere größer wird? Wir müssen erreichen, dass die Schere wieder kleiner wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon traurig, aber anscheinend wahr: Sie sind mit Ihrem wirtschaftlichen Latein am Ende. Denn Tatsache ist - das geben Sie ja auch unumwunden zu -, dass nach Schätzungen des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg im Jahre 2002 von einem weiteren Anstieg der ohnehin schon bestehenden Massenarbeitslosigkeit im Land Brandenburg ausgegangen werden muss. Das gilt - leider auch und gerade im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit.

Bei einem Anstieg der Zahl der Erwerbspersonen zwischen 1991 und 2000 um 130 000 Menschen in Brandenburg sank die Zahl der abhängigen Erwerbstätigen zwischen 1992 und 2001 um 50 000 Personen und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zwischen 1991 und 2000 von 933 600 Personen auf nunmehr 810 900. Dazu trug unter anderem die von Ihrer Regierung betriebene Absenkung der Zahl der ABM- und SAM-Beschäftigungsverhältnisse bei.

Andererseits werden die Pendlersalden der Landkreise, insbesondere der berlinfernen, in andere Bundesländer, insbesondere Berlin und die westdeutschen Bundesländer, immer negativer. Ergebnis ist - dies wissen Sie genau - die zunehmende demographische Ausdünnung des Landes.

Ein Detail am Rande: Während im Bereich des öffentlichen Dienstes und des privaten Dienstleistungssektors über 340 000 Brandenburger beschäftigt sind - also in mehr oder minder unproduktiven Bereichen -, betrug die Zahl der im Bereich der Biotechnologie Beschäftigten in Brandenburg im Jahre 2001 gerade einmal 1 069 Personen. Im Bereich der Medizintechnik waren es knapp 3 000 und im Bereich der Kommunikationstechnologien geschätzte gerade einmal 5 000 Personen. Dies ist die Wahrheit über die so genannten Innovationsbranchen in Brandenburg.

Wie sieht es im Bereich der kleinen und mittelständischen Gewerbetreibenden aus? Angesichts der schlechten Konjunktur kommen immer mehr Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten, insbesondere in der Baubranche. Das ist an der Zahl der Insolvenzen von Unternehmen abzulesen, die in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist. Mit 1 522 Pleiten im Jahr 2000 hat der Trend den vorläufigen Höhepunkt erreicht.

Im Bereich der Schul- und Berufsausbildung stellen wir fest, dass ca. 8 % aller Schülerinnen und Schüler die allgemein bildenden Schulen ohne Bildungsreife und damit ohne Zukunft verlassen.

Im Bereich der Berufsausbildung ging die Zahl der eingetragenen betrieblichen Ausbildungsverhältnisse seit 1995 von 16 259 oder 81 % an allen eingetragenen Ausbildungsverhältnissen auf gerade einmal 11 000 oder 62 % im Jahr 2001 zurück. Der Rest befindet sich in nicht betrieblichen, zumeist staatlichen Ausbildungsverhältnissen mit wenig Bezug zur betrieblichen Praxis. Die Anzahl der vorzeitig exmatrikulierten Studenten stieg seit 1993 bis 2001 um das Fünffache an.

Selbst der von der Landesregierung als Wachstumslokomotive bezeichnete Export ist bei genauer Betrachtung keine solche. Oder wollen Sie bestreiten, dass das Brandenburger Leistungsbilanzdefizit im Jahr 2001 1,24 Milliarden Euro betrug?

Summa summarum ist zu sagen, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, dass Sie mit der vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage das völlige Scheitern Ihrer Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der letzten zwölf Jahre mehr oder weniger eingestehen. Und dies ist ja auch schon einmal etwas wert.

Herr Müller, ganz kurz noch: Sie haben die Ergebnisse der Irland-Fahrt wunderbar zusammengefasst, aber nur zu sagen, wir müssen, wir sollten, hilft auch nicht. Sie als Mitglied der größeren Regierungsfraktion müssen auch einmal sagen: Jetzt fassen wir etwas an, jetzt machen wir etwas! - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)