Protokoll der Sitzung vom 18.12.2002

1. Lesung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtages Brandenburg

Gesetzentwurf der Fraktion der PDS

Drucksache 3/5156

Neuregelung der Rechtsstellung der Staatssekretäre in Brandenburg

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/5225

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Abgeordneter Vietze, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS hat zwei Gesetze eingebracht, mit denen sie vorschlägt, auf die im März 2001 beschlossene Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung zum 01.01.2003 bzw. 2004 zu verzichten. Gleiches gilt für die vorgesehene Erhöhung der Amtsgelder und Bezüge für Minister bis zum Jahre 2005.

In den letzten Tagen konnten wir in der Öffentlichkeit interessante Reaktionen auf die von uns eingebrachten Gesetzesinitiativen zur Kenntnis nehmen. Die Landesregierung hat für das Jahr 2003 Verzicht auf die Anpassung der Amtsbezüge erklärt - wir werden sehen. Und eine Mehrheit der Abgeordneten dieses Hauses könnte sich eine Zustimmung zum Verzicht auf die Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung vorstellen, war zu hören. Zugleich gibt es Vorwürfe an unsere Fraktion, zum Beispiel, dass unsere Gesetzesinitiativen populistischen Charakter trügen. Es gibt den Hinweis, dass es den Ausgangspunkt für eine lächerliche Debatte gäbe, wenn man den Verzicht auf 48 Euro erklärte, und es eigentlich nötig wäre, dass das Parlament viel grundlegendere und grundsätzlichere Regelungen und ein wirkliches Einsparziel erklärte.

Lassen Sie mich deshalb in diesem Zusammenhang für die Fraktion der PDS erstens klarstellen: Wir sind für eine angemessene Entschädigung der Abgeordneten und Minister. Wir sind für eine Angleichung der Bezüge Ost/West. Wer im Auftrag und im Interesse der Wählerinnen und Wähler verantwortungsbewusst und engagiert sein Mandat bzw. Amt ausübt, sollte eine angemessene Entschädigung erhalten. Dazu habe ich mich im Auftrage meiner Fraktion im März 2001 ausführlich erklärt. Dies ist im Protokoll der 32. Sitzung, Seite 1975, nachzulesen. Ich sage dies, weil alles, was im Zusammenhang mit diesen Debatten unterstellt wird - beispielsweise, dass die PDS immer nur die Diätenvorschläge der Koalition ablehne und hinterher das Geld nehme -, einer sachlichen Prüfung nicht standhält.

Zweitens möchte ich für die Fraktion erklären: Landesregierung und Landtag können angesichts der dramatischen Haushaltslage - die Diskussion zum Nachtragshaushalt am heutigen Vormittag hat es gezeigt und dies noch einmal nachdrücklich unterstrichen - nicht ernsthaft auf Sparmaßnahmen hinwirken und gleichzeitig die eigenen Bezüge erhöhen.

Besonders Herr Lunacek ist mir in Erinnerung mit seiner Presseerklärung und seiner Enttäuschung über das Arbeitsergebnis des Gesprächs des Ministerpräsidenten mit den Gewerkschaften, als er diesen vorhielt:

„Es muss ganz einfach ein deutlicheres Signal für sozial

verträglichen Verzicht zum Beispiel beim Weihnachtsgeld solidarisch eingefordert werden.“

(Beifall bei der PDS)

Hier ist aus unserer Sicht ein solidarisches öffentliches Signal durch das Parlament wünschenswert. Demzufolge können wir uns vorstellen, dass mit der gleichen Intensität, wie dieses Parlament im März 2001 innerhalb von 24 Stunden in 1. und 2. Lesung die Erhöhung der Diäten beschlossen hat, es im Dezember des Jahres 2002 in 1. und 2. Lesung den Verzicht auf die Erhöhung beschließen wird. Ich hielte das für eine sehr vernünftige Initiative dieses Parlaments.

Wir sind damit keineswegs allein. Ich habe gerade die Initiative des Präsidenten des Sächsischen Landtages, Herrn Iltgen, CDU, zur Kenntnis genommen, der seinen Parlamentariern im Zusammenhang mit dem von ihm vorgelegten Bericht über die Angemessenheit der Abgeordnetenentschädigung vorgeschlagen hat, auf eine Diätenerhöhung zu verzichten. Ich finde, wir sollten das in gleicher Weise in Brandenburg tun. Das sollte bundesweit geschehen.

(Beifall bei der PDS)

Es gibt Hinweise darauf, dass der von der PDS beantragte Gesetzentwurf noch kein wirkliches Sparsignal darstellt und dass es generell wünschenswert wäre, die Regelungen bezüglich der Abgeordnetenentschädigung überschaubarer, durchsichtiger und nachvollziehbarer zu gestalten. Besonders der Bund der Steuerzahler und viele andere fordern das immer wieder von uns. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf die Drucksache 3/2477 verweisen. Wir haben, meine Damen und Herren, die Chance, im Zusammenhang mit der Höhe der Entschädigung über das Prinzip der Neuordnung von Fahrtkostenpauschalen und entsprechenden Kostenpauschalen, über Bemessungsgrundlagen für Übergangsgelder der gesetzlichen Altersversorgung und vieles mehr noch einmal zu reden, wenn wir nur die Kraft aufbringen, dies zu tun, um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.

Das alles sollten wir in einer ernsthaften und sachlichen Debatte tun. Das heißt, wir verzichten auf alles, was immer wieder in der Arbeit ins Gespräch gebracht wird, den anderen zu diskreditieren. Da wird Sozialneid unterstellt. Wie gesagt, die 48-EuroDebatte ist eine lächerliche Debatte. Wir sollten uns Folgendes überlegen.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

- Herr Klein, Sie machen das ja, Sie sind ja Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch in besonderer Weise.

Ein Busfahrer in Potsdam hat netto 1 400 bis 1 500 Euro. Er hat Montagmorgen gestreikt. 3 % Erhöhung, um die er kämpft, sind genau 48 Euro. Vielleicht nehmen wir das zum Anlass zu sagen: So lächerlich ist das alles nicht, worüber wir in diesem Parlament reden.

(Beifall bei der PDS - Klein [SPD]: Das ist eine ernsthafte Debatte!)

Deswegen sage ich: Reden wir ernsthaft! Sie haben Gelegenheit, nach mir zu sprechen. Ich gehe davon aus, dass es sehr

wohl möglich ist, mit der gleichen Ernsthaftigkeit, mit der Sie für die Erhöhung der Diäten gestimmt haben, nunmehr mit uns gemeinsam den Verzicht zu erklären. Das ist in dieser Situation ernsthaft und notwendig, denn erst damit wird glaubhaft, dass das, was Sie an Sparkonzepten für das Land vorlegen, auch von Ihnen selbst gelebt wird.

Im zweiten Gesetzentwurf regen wir ein Moratorium für die Ministergehälter an. Hierauf gibt es eine positive Resonanz. Ich habe den Chef der Staatskanzlei gebeten, uns den entsprechenden Beschluss zur Verfügung zu stellen. Das war noch nicht möglich. Ich gehe davon aus, dass dies noch erfolgen wird. Aber ich sage auch: Wir hatten mehrmals in diesem Parlament im Zusammenhang mit dem Ministergesetz eine Diskussion, in der man uns erklärte, dass ein Verzicht nicht möglich sei, weil die Gehälter gesetzlich geregelt seien und demzufolge die entsprechenden Institutionen entsprechend den gesetzlichen Regelungen den Beschäftigten, also auch den Ministern, die entsprechenden Bezüge auf die entsprechenden Konten überweisen müssten. Nunmehr soll dies möglich sein, wurde uns nach nochmaliger Prüfung vom Innenministerium mitgeteilt. Das würde uns sehr interessieren, denn damit hätte auch die Gesetzesgrundlage, die wir hier vorschlagen, eine andere Basis. Ich habe gehört, dass der Vorschlag unterbreitet worden ist, dies in den Hauptausschuss zu überweisen. Dort sollte man aufgeschlossen darüber diskutieren. Wir gehen davon aus, dass bei dem Schritt, den die Minister getan haben, sicherlich eine vernünftige Regelung diesbezüglich möglich ist.

Außerdem haben wir, wie Sie wissen, einen Antrag zur Neuregelung der Rechtsstellung der Staatssekretäre eingebracht. Wir haben in Brandenburg - und möglicherweise nicht nur hier bedeutend mehr Staatssekretäre im vorzeitigen Ruhestand als Staatssekretärsaufgaben. Laut Koalitionsvertrag ist in jedem Ministerium ein Staatssekretär vorgesehen, mit einer Ausnahme, dem Sozialministerium. Demnach ist die Ausstattung des Landes mit Staatssekretären im vorzeitigen Ruhestand überdimensioniert. Deswegen stellen wir fest, dass es notwendig ist, darüber zu reden. Frau Richstein wird Ministerin und sagt, sie lege Wert - das ist ihr gutes Recht - auf einen Staatssekretär ihres Vertrauens. Der Staatssekretär, der Vertrauensmann von Herrn Schelter war, geht in den vorzeitigen Ruhestand.

Es geht um das Vertrauensverhältnis zwischen dem Minister oder der Ministerin und dem Staatssekretär oder der Staatssekretärin. Wir halten es für notwendig, hierüber zu diskutieren. Die Funktion des Staatssekretärs oder der Staatssekretärin ist politisch geprägt. Er oder sie ist eben nicht - wie jeder andere in einem Ministerium Beschäftigte - unabhängig vom Parteibuch des Ministers oder des Staatssekretärs aufgefordert, seine oder ihre Pflichten gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern entsprechend dem Amtseid zu erfüllen. Sie haben in diesem Zusammenhang mit dem Staatssekretär einen anderen Anspruch; das ist Ihr gutes Recht. Wir haben aber diesbezüglich die Aufgabe, diesen Anspruch in eine gesetzliche Form zu bringen. Demzufolge regen wir an, ein Staatssekretärsgesetz zu erlassen, wie es auch in anderen Bundesländern diskutiert wird und das in Landeskompetenz fällt.

(Beifall bei der PDS)

Natürlich könnte man sagen: Es ist die Aufgabe der Opposition, so etwas, wenn sie es für nötig hält, zu tun. Man kann aber auch angesichts der finanziell gut ausgestatteten Staatssekretäre im

vorzeitigen Ruhestand - sie alle haben von den Ministern in diesem Lande die Bewertung erhalten, dass sie klug, engagiert und wichtig sind - auf die Idee kommen zu sagen: Diese 24 Staatssekretäre im vorzeitigen Ruhestand erarbeiten sozusagen in einer aufgeschlossenen Atmosphäre, gut bezahlt, den Gesetzentwurf zur Stellung von Staatssekretärinnen und Staatssekretären, einschließlich der Regelungen für ihren Ruhestand.

(Beifall bei der PDS - Petke [CDU]: Ist Gysi auch dabei?)

Ich finde, das wäre ein ehrenvoller Auftrag. Damit niemand überfordert wird, könnten wir uns auch vorstellen, dass sich die Regierung dieser Aufgabe direkt stellt. Demzufolge bin ich der festen Überzeugung, Herr Petke, Sie arbeiten daran tatkräftig mit und unterstützen unser Ansinnen. Denn es gibt nichts Besseres als eine rechtlich klare Stellung der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre auch in Brandenburg. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Vietze. - Ich erteile das Wort der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Klein.

Klein (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus Gründen, die bekannt sind, weil die Minister nämlich Verzicht erklärt haben, beschränke ich meine Ausführungen auf den Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes.

Ich verhehle nicht, dass mich das Ansinnen der PDS-Fraktion ärgert, weil es populistisch ist

(Zurufe von der PDS: Na, na, na!)

und die Scheinheiligkeit dieser Fraktion bezüglich der Thematik der Abgeordnetenentschädigung in eindrucksvoller Weise bestätigt.

(Beifall bei SPD und CDU - Zurufe von der PDS)

Sie haben bisher nämlich immer andere für sich die Kastanien aus dem Feuer holen lassen.

(Beifall bei SPD und CDU - Lachen bei der PDS)

Sie sind immer auf der Woge des Populismus geschwommen, indem Sie die Erhöhungen abgelehnt, dann aber eingesteckt haben. Herr Vietze, wenn Sie den Erhalt der Erhöhungen hier bedauern, dann frage ich Sie: Wohin haben Sie das Geld denn zurücküberwiesen? Wo ist das Geld gelandet?

(Beifall bei SPD und CDU - Zurufe von der PDS)

Das Allerschlimmste ist: Sie haben sich selbst auf ein Podest gestellt und sich damit als die besseren Menschen dargestellt

(Zurufe von der PDS)

und haben uns, die wir anders entschieden haben - ich sage auch

gleich, warum-, in die Ecke gestellt und als die schlechteren Menschen dargestellt. Das nenne ich scheinheilig;