Protokoll der Sitzung vom 29.01.2003

Schönen Dank, Frau Ministerin. - Die Dringliche Anfrage 30 (Bund-Länder-Programm für kommunale Infrastruktur) ist vom Abgeordneten Thiel formuliert worden. Er hat jetzt Gelegenheit, sie zu stellen. Bitte schön.

Die Arbeitsminister der neuen Bundesländer hatten sich im November letzten Jahres mit einem Schreiben an den Bundes

kanzler gewandt. Darin kritisierten sie die Reduzierung der Ansätze für die Arbeitsförderung, die auch im Land Brandenburg im Jahr 2003 viele Vereine und Projekte in ihrem Bestand gefährdet. Sie empfahlen den zügigen Start einer Initiative „Kommunale Infrastruktur Ost“.

Nun liegt ein Antwortschreiben des Chefs des Bundeskanzleramtes vor. Bezüglich des kommunalen Infrastrukturprogramms heißt es darin, es werde nicht die allgemeine Infrastrukturfinanzierung im Vordergrund stehen, vielmehr gehe es darum, besonders förderfähige Projekte der kommunalen Infrastruktur zu ermitteln und deren Verwirklichung beispielhaft zu unterstützen. - Diese Konzeption unterscheidet sich deutlich von jener, die vom brandenburgischen Arbeitsministerium seit langem vertreten wird. Ich verweise auf die 10 Thesen zum Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern. Auch hinsichtlich des Zeitpunktes ergibt sich aus der Antwort des Kanzleramtes kein Anhaltspunkt für einen von den Arbeitsministern geforderten zügigen Start einer solchen Initiative.

Ich frage daher: Welchen Nachholbedarf sieht die Landesregierung im Hinblick auf die Konzeption und den zeitlichen Start eines „Bund-Länder-Programms für kommunale Infrastruktur“ nach Kenntnis der Antwort der Bundesregierung?

Schönen Dank, Herr Abgeordneter Thiel. Die Antwort der Landesregierung erteilt Ihnen Frau Staatssekretärin Schlüter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines ist richtig: Die 10 Thesen zur Arbeitsmarktpolitik in den neuen Bundesländern und das darin entwickelte Bund-Länder-Programm zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur Ost beschreiben alles konkreter, als es jetzt in der Koalitionsvereinbarung der SPD und der Grünen steht. Das haben Koalitionsvereinbarungen so an sich. Sie zeichnen sich in der Regel nicht durch sonderlich viele konkrete Festlegungen aus. Trotzdem begrüßen wir die Initiative „Kommunale Infrastruktur Ost“ der Bundesregierung. Wir haben eine feste Zusage des Bundes, dass eine solche Initiative für die neuen Bundesländer aufgelegt wird.

Das Schreiben des Bundeskanzleramtes sagt auch ganz konkret: Im Jahre 2004 gibt es dafür zusätzliche Mittel. Sie haben auf der anderen Seite natürlich auch gesagt: 2003 ist der Haushalt gelaufen. Die Haushaltssituation des Bundes sieht auch nicht besser aus als die der Länder. Das heißt aber nicht, dass wir im Jahre 2003 nichts tun. Wir haben auch ganz konkrete Verabredungen mit dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundesarbeitsminister. Wir stehen in Verhandlungen mit unserem Bundesminister Stolpe, dass wir in diesem Jahr mit einem Workshop beginnen, wo ganz konkret gesagt wird, welche Projekte gefördert werden können, und man auch schon Festlegungen trifft.

Das heißt also, wenn wir in diesem Jahr kein Geld haben, wird trotzdem alles dafür vorbereitet, dass 2004 - wenn dann wirklich Mittel eingestellt werden - auch losgelegt werden kann. Aus diesem Grunde und weil wir die Haushaltssituation des Bundes kennen, halten wir es nicht für sehr aussichtsreich, jetzt noch

einmal nachzulegen, sondern wir wollen mit dem Bund konstruktiv an der Sache weiterarbeiten. - Danke.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Frau Staatssekretärin, es gibt vom Fragesteller noch Zusatzbedarf. Herr Abgeordneter Thiel, bitte.

Frau Staatssekretärin, sind Sie mit mir einer Meinung, dass die Antwort im Schreiben des Bundeskanzleramtes lautet: Sofern die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung es zulässt, will man im Jahre 2004 beginnen? Sind Sie mit mir der Meinung, dass jetzt in den neuen Ländern wirklich zügiges Handeln gefordert ist? Wie kann die Landesregierung gemeinsam mit den Arbeitsministern der anderen neuen Bundesländer noch im Jahre 2003 Initiativen entwickeln? Das Jahr hat ja gerade erst begonnen.

Das ist eine gute Frage. Natürlich bin ich der Meinung, dass wir in diesem Jahr etwas tun müssen. Das geschieht auch. Ich habe ja gesagt, Sie können sich nicht aus dem Stand irgendwelche Maßnahmen aussuchen. Ich kenne die 10 Thesen seit drei Jahren. Es war in ihnen immer die Rede davon, dass es keine Gießkannenförderung geben soll, sondern man die Forderung in die kommunale Planung einbinden muss, dass Infrastruktur dort gefördert wird, wo sich etwas daraus entwickeln kann. Genau diese Vorarbeiten können wir in diesem Jahr vor dem Hintergrund der Zusage, dass wir auch im nächsten Jahr finanziell unterstützt werden, erledigen.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. - Wir kommen zur Dringlichen Anfrage 31. Hierzu möchte ich mitteilen, dass auch die Dringliche Anfrage 34, die erst morgen aufgerufen werden sollte, schon heute gemeinsam mit der Dringlichen Anfrage 31 von der Landesregierung beantwortet wird, da sie den gleichen Inhalt beschreibt.

Ich erteile zunächst Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Schröder, für die Formulierung der Dringlichen Anfrage 31 (Abbau von Arbeitsplätzen bei EKO Stahl) das Wort.

Der weltgrößte Stahlkonzern Arcelor will nach aktuellen Presseberichten in Deutschland, Belgien und Frankreich bis zum Jahr 2010 mehrere Tausend Arbeitsplätze abbauen. Betroffen seien davon auch einige Hundert Jobs bei EKO Stahl in Eisenhüttenstadt. Die aktuelle Berichterstattung in den Medien stellt sich jedoch widersprüchlich dar.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie schätzt sie die Entwicklungsfähigkeit des Industriestandortes Eisenhüttenstadt im Hinblick auf neue Arbeitsplätze ein, die den Personalabbau bei EKO Stahl gegebenenfalls ausgleichen bzw. kompensieren können?

Schönen Dank, Frau Dr. Schröder. - Frau Marquardt, würden Sie bitte die Dringliche Anfrage 34 (Zukunft des Stahlstand- ortes Eisenhüttenstadt) formulieren?

Presseberichten war zu entnehmen, dass der Stahlkonzern Arcelor plant, einen Hochofen in Eisenhüttenstadt zu schließen. Ferner war der öffentlichen Berichterstattung zu entnehmen, dass Arcelor im Flachstahlbereich zukünftig nur noch in profitable Standorte in Küstennähe investieren will.

Ich frage: Wie bewertet die Landesregierung die Ankündigung des Stahlkonzerns Arcelor hinsichtlich der Zukunftschancen des Stahlstandortes Eisenhüttenstadt?

Schönen Dank. - Die Antwort der Landesregierung erteilt der Wirtschaftsminister. Herr Junghanns, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen Dr. Schröder und Marquardt, zunächst möchte ich mich für die Gelegenheit, diese beiden Fragen gemeinsam beantworten zu können, bedanken und diese Anfragen mit einer Vorbemerkung versehen, die noch einmal das Grundverständnis meines Hauses im Umgang mit derartigen Situationen darstellen soll.

Zum guten Miteinander des Wirtschaftsministeriums insbesondere mit den großen Unternehmen unseres Landes gehört ein klares Grundverständnis bezüglich der Trennung von Verantwortlichkeiten. Unternehmensentscheidungen werden in den Unternehmen verantwortungsvoll vorbereitet, langfristig durchdacht, verantwortungsvoll getroffen und realisiert.

Unsere Aufgabe dabei ist es, gegebenenfalls entsprechende Rahmenbedingungen zu setzen, so sie nachgefragt werden, und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, spezifiziert auf die einzelnen Branchen, gegebenenfalls spezifiziert auf die einzelnen Unternehmen, Hilfe leisten zu können.

In unserem Interesse liegt es, im Land wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen mit stabilen Arbeitsplätzen zu schaffen. Im Interesse des Landes liegt es natürlich auch, dass sich die Firmen langfristig und rechtzeitig auf die veränderten Marktbedingungen einstellen und somit die Stabilität ihres Unternehmens gewährleisten.

Diese Erwartung trifft auch den Kern der Arbeit der Landesregierung in Bezug auf EKO Stahl. So war es auch im Zusammenhang mit der verkündeten Unternehmensentscheidung langfristig klar - beginnend mit Februar vergangenen Jahres, als Arcelor sich im neuen Firmenverbund aufgestellt hatte -, dass Strukturierungsentscheidungen anstehen. Diese Strukturierungsentscheidungen sind mit der Entscheidung des Aufsichtsgremiums vom vergangenen Freitag konkretisiert worden. Im Vorfeld hatten wir mit EKO und natürlich auch mit anderen Standorten des Verbundes in Erwartung dessen, was am Freitag geschehen ist, bereits Kontakt.

Das, was jetzt als Entscheidung auf dem Tisch liegt und durch die Medien interpretiert wird, zu erläutern liegt nicht in meiner Verantwortung. Wir haben aber dazu in unserem Haus eine Meinung, die sich jenseits der widersprüchlichen Berichterstattung der Medien wie folgt darstellt:

Wir wissen um die Kernkompetenz und das Leistungsprofil des Standortes Eisenhüttenstadt. Wir sind deshalb vor dem Hintergrund der Perspektive, die mit den Entscheidungen aufgemacht worden ist - es geht um den Gestaltungszeitraum bis 2010 -, der Überzeugung, dass die Leistungspotenziale bei EKO, gepaart mit den Kerninteressen des Konzerns am Standort viele Sicherheiten dafür geben werden, dass der Standort Zukunft hat und die Aufgabenstellung, die jenseits der Küstenorientierung auch auf alle anderen Standorte im Konzern verteilt worden ist sprich: Kostenbewusstsein und Marktnähe -, weiterentwickelt und die Kundenbindung gestärkt und damit erfolgreich realisiert werden kann.

Im Kontext damit steht auch die Umorientierung bezüglich der Konzentration auf die vorhandene Hochofenkapazität, sodass wir davon ausgehen, dass mit dem 1997 in Gang gesetzten Hochofen und seiner zielstrebigen Modernisierung zum anstehenden Zeitpunkt ein integriertes Konzept für den Standort gewährleistet ist und auch weiterhin gewährleistet werden kann.

Das ist die gemeinsame Auffassung. Es ist also kein vorweggenommener Erfolg, sondern die Ansage, die Herausforderungen erfolgreich meistern zu wollen und zu können. Wir haben genügend Hinweise dafür, dass die Grundlagen dafür ausreichen. Sich in dieser Situation an potenziellen Modellierungen von Personalveränderungen zu beteiligen halten wir aus unserer Sicht für nicht gerechtfertigt, denn es würde sich hinsichtlich der anstehenden Arbeit nicht positiv auswirken.

Ich möchte in diesem Zusammenhang hervorheben, dass es in der Verantwortung des Unternehmens liegt - diese Verantwortung wird auch so verstanden -, die anstehenden Veränderungen bezüglich der Firmenaufstellung im Bewusstsein der Verantwortung für die Beschäftigten zu leisten. Vorrangiges Anliegen ist es, dies gemeinsam mit den Beschäftigten zu realisieren. Sollte es dann doch zu notwendigen personellen Veränderungen kommen, deren Höhe gegenwärtig nicht zu quantifizieren ist, ist darauf zu verweisen, dass zunächst das unmittelbare Umfeld von EKO Stahl, aber auch die Stadt Eisenhüttenstadt in das Regionalmanagement der Landesregierung integriert sind und somit eine Reihe von Instrumentarien greifen, um solch eine Situation im Einvernehmen mit den Beteiligten meistern zu können. Falls diese Hilfe sachlich geboten erscheint, sind wir dazu bereit.

Beides ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht geschehen, sodass ich Ihnen versichern kann: Wir werden diesen Prozess hilfreich begleiten. Sollte er konkretisiert werden können, dann werden wir das im Einvernehmen mit dem Parlament tun.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Junghanns. Trotz der ausführlichen Antwort gibt es zusätzlichen Fragebedarf. Frau Dr. Schröder, bitte.

Hat erstens die Landesregierung Kenntnis davon, ob bereits Arbeitsplätze abgebaut wurden bzw. ob bei ausgegründeten Unternehmen oder Zulieferbetrieben aus der Region Arbeitsplatzabbau bevorsteht?

Meine zweite Frage: Wir reden über Industriekerne. Heute vermeldet die Presse, dass die Chipfabrik vor dem Aus steht. Sind Sie bereit, dem Parlament ein aktuelles Statement der Landesregierung dazu zu geben, ob die Banken ausgestiegen sind oder nicht?

Zunächst möchte ich Ihnen antworten, dass uns nicht bekannt ist, ob und in welchem Umfang im Zusammenhang mit den Verlautbarungen des Konzerns vom vergangenen Freitag Entlassungen vorgenommen wurden bzw. werden. Ich sehe das bisher nicht, möchte aber hinsichtlich der Entwicklung sagen, dass gegenwärtig natürlich auch bei EKO ein Strukturierungsprozess stattfindet, der seit mehreren Jahren - auch mit personellen Konsequenzen - erfolgt. Es ist also eine Entwicklung im Gange, die bereits dieser neuen Zielstellung entspricht.

Zu einer Erklärung bezüglich der zweiten Frage bin ich nicht bereit.

Ich hätte sie auch nicht zugelassen. Schönen Dank, Herr Minister. - Wir kommen damit zur Drucksache 3/5365. Ich erteile zunächst Herrn Abgeordneten Senftleben zur Formulierung der Frage 1448 (Autobahn A 16) das Wort.

Nach Angaben von Bundesverkehrsminister Stolpe wird die Bundesregierung in den neuen Ländern zwei Autobahnprojekte, die A 72 von Leipzig nach Chemnitz und die A 14 von Magdeburg nach Schwerin, voranbringen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Auswirkungen sieht sie für das notwendige Infrastrukturprojekt der A 16 im Süden des Landes Brandenburg aufgrund dieser Aussagen von Verkehrsminister Stolpe?

Schönen Dank. - Die Antwort erteilt der Verkehrsminister. Herr Meyer, bitte schön.

Herr Präsident, darf ich zuerst den Wriezener Fanclub in den hinteren Reihen begrüßen?

Herr Minister, das ist meine Aufgabe. Bitte beantworten Sie die gestellte Frage.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und CDU)

Ich mache Sie darauf aufmerksam, Sie sprechen damit nicht zur Sache.

Das ist selbstverständlich korrekt, aber es sind dort 2 500 gestandene Lebensjahre versammelt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senftleben, die A 16 ist eine mögliche Variante zur Schaffung einer leistungsfähigen Straßenverbindung zwischen Leipzig und der Lausitz. In Betracht käme zum Beispiel auch - das wissen Sie, wir haben dazu verschiedene Aussprachen im Süden gehabt - der leistungsfähige Ausbau der vorhandenen Bundesstraßenzüge. Ich meine damit die B 101 mit Bad Liebenwerda, Bad Elsterwerda, Plessa und Lauchhammer oder die B 87 mit Herzberg, Schlieben und Luckau - da hat der Bau begonnen. Man kann sogar weiter philosophieren und sagen: Beides.

Aufgrund der Vielzahl der Lösungsansätze hat der Bund eine verkehrswirtschaftliche Untersuchung mit dem Arbeitstitel LeiLa in Auftrag gegeben mit dem Ziel, das Ergebnis für die Aufstellung des neuen Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen zu nutzen. Unabhängig davon wurde durch das MSWV die A 16 für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Die Entscheidung darüber, was letztlich in den neuen Bedarfsplan aufgenommen wird, bleibt dem Deutschen Bundestag im Rahmen der Novellierung des Fernstraßenausbaugesetzes vorbehalten.

Direkte Auswirkungen der A 14, Magdeburg - Schwerin, und der A 72, Leipzig - Chemnitz, auf die potenziellen Straßenverbindungen sind aus meiner Sicht nicht erkennbar. Indirekt ist die Umsetzung aller künftigen Bedarfsplanprojekte vom Umfang der insgesamt für Neubaumaßnahmen noch zur Verfügung zu stellenden finanziellen Mittel abhängig. - Danke schön.