Protokoll der Sitzung vom 29.01.2003

Direkte Auswirkungen der A 14, Magdeburg - Schwerin, und der A 72, Leipzig - Chemnitz, auf die potenziellen Straßenverbindungen sind aus meiner Sicht nicht erkennbar. Indirekt ist die Umsetzung aller künftigen Bedarfsplanprojekte vom Umfang der insgesamt für Neubaumaßnahmen noch zur Verfügung zu stellenden finanziellen Mittel abhängig. - Danke schön.

Ich danke Ihnen, Herr Minister Meyer. Es gibt Nachfragebedarf. Herr Abgeordneter Dellmann, bitte.

Sehr geehrter Minister Meyer, können Sie mir sagen, wann der Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes den betroffenen Verbänden bzw. den Bundesländern vorgelegt wird?

„Jein“. Vor 14 Tagen habe ich mit Verkehrsminister Stolpe ein Gespräch geführt. Wir haben verabredet, im Laufe der nächsten acht Wochen ganz bestimmte Vorgespräche zu führen. Die offiziellen Gespräche der Länder mit dem Bund zu den Entwürfen der Länder für den Bundesverkehrswegeplan finden wahrscheinlich Ende April/Anfang Mai statt, sodass man Ende Mai davon ausgehen kann, dass der - wenn man so will - erste zwischen den Ländern und dem Bund abgestimmte Entwurf dann auch der breiten Öffentlichkeit zur Diskussion zur Verfügung steht. Ich darf Ihnen sagen: Wir haben, was die Schieneninfrastruktur und die Straßeninfrastruktur anbelangt, vor allem den Schulterschluss mit Berlin gesucht, um die vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung notwendigen Trassen verstärkt in den

Bundesverkehrswegeplan aufzunehmen bzw. weiter auszubauen. Die finanzielle Ausstattung ist nicht überdimensioniert.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Es gilt, was für die Bundesregierungen zuvor ebenfalls galt: Die Wünsche der Länder sind groß. Der Bedarf beträgt 100 %. Aber dafür reichen die Mittel wahrscheinlich nicht ganz. - Schönen Dank.

Ich danke Herrn Minister Meyer. Er hat mich provoziert. Ich hatte die Gäste bereits begrüßt, aber ich begrüße die Senioren aus Wriezen noch einmal sehr herzlich. Wir freuen uns, dass wir im Landtag einmal diejenigen kennen lernen, die die schönsten Ortsumgehungen im Land Brandenburg haben.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und PDS sowie vereinzelt bei der CDU)

Zur Formulierung der Frage 1449 (Haushaltssituation des Lan- des katastrophaler denn je) hat die Abgeordnete Osten das Wort.

Die Bürgerinnen und Bürger des Landes erfahren aus den Medien täglich neue Größenordnungen des Haushaltsdefizits und neue Ziele von Rotstiftattacken. Gegenüber der PDS-Opposition werden die Kürzungsabsichten als Geheimpapier gehandelt, worin sich die Arroganz der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen deutlich ausdrückt. Da die Landesregierung den Eindruck völliger Konzeptionslosigkeit vermittelt und es hierbei um nicht weniger als die Gewährleistung der Lebensbedingungen der Brandenburgerinnen und Brandenburger geht, haben diese, das heißt wir alle, einen Anspruch auf Offenheit und Transparenz.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Welche Prioritäten setzt sie, um die Haushaltsnotlage mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Landes schrittweise zu überwinden?

Vielen Dank, Frau Osten. Die Antwort für die Landesregierung erteilt die Ministerin der Finanzen, Frau Ziegler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Osten, ich werde mich sehr kurz fassen, weil wir in der Aktuellen Stunde Gelegenheit haben, ausführlich darüber zu sprechen. Was in Ihrer Fragestellung unterstellt wird, ist schlichtweg Unsinn: neue Ziele für Rotstiftattacken, Arroganz der Landesregierung, völlige Konzeptionslosigkeit, Gefährdung der Lebensbedingungen. Es ist ein Horrorszenario, wie wir es von Ihnen immer aufgezeigt bekommen. Das entspricht weder der Situation noch der Notwendigkeit einer ernsthaften Diskussion im Landtag.

(Vietze [PDS]: Ist es nun ernst oder nicht? - Zuruf von der PDS: Wo leben Sie denn?)

Natürlich bedarf es, um diese schwierige Haushaltssituation zu überwinden, einer langfristigen Planung. Sie wissen sehr wohl,

dass dazu auch eine Philosophie gehört, die aufzeigt, wohin wir trotz der notwendigen Sparmaßnahmen mit diesem Land steuern wollen. Wir haben dies seit langer Zeit angepackt.

(Frau Faderl [PDS]: Ja, und?)

Wenn ich jeden Monat wiederholen muss, dass wir erst auf der Grundlage der Solidarpaktverhandlungen und des Länderfinanzausgleichs eine Basis für die Einnahmen schaffen konnten, die uns langfristig, also bis 2019, zur Verfügung stehen und dass daraus resultierend auch die Projektion der Ausgabenstruktur erfolgen muss - mit den damit verbundenen Fragestellungen: Was kann sich das Land noch leisten, was will es sich noch leisten, was ist die Priorität in diesem Land? - zu all dem werden wir noch sprechen -, dann heißt das, dass diese langfristige Planung längst in Arbeit ist und es dieses Horrorszenarios, das Sie hier zeichnen, nicht bedarf.

Wir werden das Stück für Stück abarbeiten. Wir werden im März, nachdem wir im Kabinett verabschiedet haben, was im Jahre 2003 unbedingt erforderlich ist, auch die zukünftigen Haushaltsjahre projektieren. Wir werden sehr genau für jedes einzelne Ressort einen Stufenplan entwickeln und aufzeigen, wie sich die Ausgabenstruktur zu entwickeln hat. Das geschieht mit einer Prioritätensetzung für die Landespolitik und mit einer verlässlichen Auskunft für die Bürgerinnen und Bürger darüber, was sich in diesem Land in den nächsten Jahren tun wird. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler. Es gibt noch Fragebedarf. Frau Abgeordnete Osten, bitte.

Frau Ministerin, können Sie sich erstens vorstellen, dass ich mir unter Horror etwas anderes vorstelle?

Können Sie sich zweitens daran erinnern, dass Sie seit über einem halben Jahr in diesem Parlament - für die Öffentlichkeit durchaus zu verfolgen - ständig davon sprechen, dass es neue Defizite gibt, und dass Sie sich ständig wiederholen, indem Sie sagen, dass Sie prüfen und irgendwann etwas vorlegen werden?

Können Sie drittens bitte meine Frage beantworten, welche Prioritäten Sie setzen?

Ich wollte dies für die Aktuelle Stunde aufheben, weil wir an der Stelle ausführlicher als in der Fragestunde darüber diskutieren können. Sie wissen es doch! Sie wissen es aus der Regierungserklärung, Sie wissen es aus den Redebeiträgen der gesamten Koalition.

(Zuruf der Abgeordneten Faderl [PDS])

Es geht um Bildung, um die Hochschulen und die Wissenschaft und es geht um den Ausbau zukunftsfähiger Arbeitsplätze. Ent

lang dieser Linie hangeln sich sämtliche Beschlüsse, die wir in Zukunft fassen werden.

(Frau Osten [PDS]: Ich wollte es nur noch einmal wissen!)

Das ist auch nichts Neues, sondern darüber reden wir schon seit Monaten.

Zur zweiten Frage: Ich bin sehr froh, Frau Osten, wenn Sie sagen, dass ich schon seit einem halben Jahr davon spreche, dass wir Maßnahmen erfreifen werden. Selbstverständlich tun wir das.

(Frau Osten [PDS]: Wie lange müssen wir noch darauf warten?)

Wir reden nicht nur darüber, sondern wir erarbeiten die Maßnahmen. Ich würde mich freuen, wenn die PDS nicht in der Lage wäre, zu kritisieren, was die Landesregierung tut oder nicht tut, sondern auch Alternativangebote vorlegte.

(Frau Osten [PDS]: Wenn Sie uns zuhörten, würden Sie unsere Alternativangebote kennen! - Vietze [PDS]: Unver- schämt!)

- Darauf warten wir auch schon seit Jahren und es kommt nichts! - Vielen Dank.

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin. - Die Frage 1450 (Polizeiein- satz im Pfarrhaus) stellt der Abgeordnete Schuldt von der DVUFraktion. Bitte schön.

Am 6. Januar 2003 haben Polizeibeamte auf Veranlassung des Landrates ein Pfarrhaus in Schwante durchsucht, um zwei rechtskräftig zur Ausreise verpflichtete Vietnamesen - Vater und Sohn - zwecks Rückführung nach Vietnam in Abschiebehaft zu nehmen. Die Vietnamesen hatten seit Anfang November mit Billigung des Pfarrers Kirchenasyl beansprucht. Gegen den Pfarrer wird gemäß § 92 Ausländergesetz strafrechtlich ermittelt. Der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg wie auch die Generalstaatsanwälte der anderen Bundesländer sind sich einig, dass es kein gesetzlich verankertes Kirchenasyl in Deutschland gibt, das den § 92 Ausländergesetz verdrängt. Laut Zeitungsmeldungen haben inzwischen der Ministerpräsident wie auch der Innenminister erklärt, dass das Kirchenasyl künftig respektiert werde.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Warum sollen trotz eindeutiger Rechtslage in Zukunft nach dem Willen der Landesregierung keine Kirchen bzw. Pfarrhäuser mehr nach rechtskräftig zur Ausweisung ausgeschriebenen Personen durchsucht werden?

Die Antwort der Landesregierung erteilt der Innenminister. Herr Schönbohm, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schuldt, ein Rechtsinstitut Kirchenasyl gibt es nicht. Dafür gibt es keine rechtliche Grundlage. Alles, was wir unternehmen, tun wir auf der Basis der geltenden Gesetze unseres Rechtsstaates. Von daher gesehen findet die Gewährung der kirchlichen Obhut ihre Grenzen im geltenden Recht und es gibt keine rechtsfreien Räume. Dies hat der Ministerpräsident auch nach dem Gespräch mit dem Bischof öffentlich gesagt.

Wir wollen die kirchliche Obhut im Rahmen der Gesetze respektieren. Die Kirchen übernehmen auch eine große Verantwortung, wenn sie jemanden in kirchliche Obhut nehmen, um auf diese Art und Weise zu erreichen, dass ein Fall noch einmal hinsichtlich seiner einzelnen Aspekte überprüft wird.

Wenn es rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen gibt, die Ablehnung eines Asylantrages und Ausreisepflicht laufen, dann sind die Behörden gehalten, dies zu vollziehen, solange keine Härtefallregelungen vorliegen. Härtefallregelungen gibt es zurzeit nicht; die nachfolgende Frage zielt darauf ab. Der Ausreisepflicht nicht nachzukommen ist strafrechtlich gesehen der Tatbestand des illegalen Aufenthalts oder der Beihilfe dazu.

In den Fällen, in denen Menschen in Not sind und sie die Kirche in Obhut nimmt, wollen wir in Gesprächen mit der Kirche feststellen, ob die von der Kirche vorgetragenen Argumente sachgerecht sind oder nicht. Danach werden jeweils die notwendigen Entscheidungen getroffen.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Ich danke Ihnen, Herr Innenminister. Der Abgeordnete Schuldt hat noch Zusatzfragen. Bleiben Sie freundlicherweise noch hier.

Herr Minister, stimmt es, dass vor dem Eintreffen der Polizei in Schwante deren Kommen telefonisch angekündigt wurde?

Meine zweite Frage: Wie hoch sind eigentlich die durchschnittlichen Kosten pro Ausreisepflichtigem, die dadurch entstehen, dass der Asylbewerber den Rechtsweg ausschöpft und sowohl polizeiliche Maßnahmen als auch Rückführungskosten zulasten des Steuerzahlers erforderlich werden?

Herr Schuldt, ich dachte, als Abgeordneter des Landtages von Brandenburg sei Ihnen eine Sache vollkommen klar - damit das einmal deutlich herausgearbeitet wird -: Wenn jemand den Rechtsweg ausschöpft, verhält er sich gesetzestreu.

(Beifall bei der CDU)

Der Rechtsstaat kostet nun einmal Geld. Das müssen wir akzeptieren. Etwas anderes ist es, wenn ein Missbrauch auftritt.