Protokoll der Sitzung vom 26.01.2000

25%igen CO3-Reduktion bis zum Jahre 2005 niemals erreicht werden. Erneuerbare Energien sind nach dem heutigen Stand der Technik als Ersatz für Kernenergie nicht finanzierbar.

Ich mache diese Ausführungen, um darauf hinzuweisen, dass bei einem Atomausstieg ein Preisanstieg zu erwarten ist, der die Ökosteuer noch weit übertrifft. Ein klimaverträgliches Energiekonzept hat die Bundesregierung bis heute nicht vorgelegt. Wie soll die Energieversorgung in Deutschland im Zusammenhang mit den globalen und europäischen Entwicklungen dauerhaft wissenschaftlich und umweltverträglich gesichert werden? Wie soll die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der europäischen Energiemärkte überhaupt noch wettbewerbsfähig bleiben?

Die Länder tragen in der Energiepolitik eine erhebliche Mitverantwortung. Wir wollen vor allen Dingen verhindern, dass die im Jahr 1998 bereits von den Grünen beschlossene Konzeption, wonach der Benzinpreis auf 5 DM pro Liter ansteigen soll, in die Wirklichkeit umgesetzt wird. Da wir uns mit Energieträgern aber nicht selbst versorgen können und wirtschaftlich auf Öllieferungen zwingend angewiesen sind, deren Preis wiederum auf dem Dollarkurs basiert, führt dieser Import zu Leistungsbilanzdefiziten. Diese Defizite kumulieren sich einerseits zu höheren Energie- und Verbraucherpreisen für die Bürger und führen andererseits zu staatlichen Ausgleichszahlungen, wodurch wiederum das Staatsdefizit steigt. Dieses Staatsdefizit wiederum wird durch erhöhte Steuern auszugleichen versucht, wodurch der Konsum zurück geht und die produzierende Wirtschaft weiter beschädigt wird.

Wenn in der Worthülse „Ökosteuer" wirklich Öko drin wäre. weshalb setzen dann die politisch Verantwortlichen nicht schnellstmöglich den Einsatz der neuesten, Energie sparenden Technologien durch? Die Antwort ist recht einfach: Es geht um den Verkauf von Öl. So ist es gegenwärtig politisch nicht durchsetzbar. Dabei sind die Spritpreise im Verhältnis zu den Plänen, die in den Schubladen der etablierten Politiker liegen, noch zu niedrig.

Wenn aber erst jeder den Euro in der Tasche hat und der Liter 2,50 Euro kostet, dann sind wir doch bei dem angekommen, was die Grünen etwas vorschnell forderten.

Welche Alternativen stehen uns denn als Ersatz zur Verfügung? Nehmen wir den Biodiesel. Wenn man allein den Spritverbrauch für landwirtschaftliche Maschinen zur Produktion und Verarbeitung der Ölpflanzen einschließlich aller Vor- und Nachleistungen sowie der auszubauenden und zu erhaltenden Infrastruktur betrachtet, dann fragt man sich, warum man erst Sprit verheizt, um welchen zu produzieren.

Kommen wir zu den Solarzellen: Wollten wir unseren Lebensstandard nur halten, dann reichten alle Dächer im Lande nicht aus, um die benötigten Anlagen zu installieren. Unmengen von Material und Energie würden benötigt, um die Anlagen herzustellen, zu betreiben und zu warten.

Auch die hoch gelobten Windkraftanlagen, die wie Pilze aus dem Boden wachsen, rufen mittlerweile sogar die Umweltschutzverbände auf den Plan, da sie die Umwelt verschandeln und die Tiere vertreiben.

Ungeheure Energiemengen werden zur Herstellung, zum Aufbau, zum Vertrieb und zur Wartung dieser Stahlriesen benötigt, von den Steuergeldern und Fördermitteln ganz zu schweigen.

Ich könnte mit der Aufzählung fortfahren, aber meine Redezeit ist leider zu Ende.

(Gelächter bei der CDU)

Ich bitte Sie: Stimmen Sie mit uns gegen die Ökosteuer und damit für unseren Antrag. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Claus. - Das Wort geht jetzt wieder an die Koalitionsfraktionen. Es spricht Herr Abgeordneter Schippe].

Schippe' (SPD):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde gern auf Zukünftiges verweisen, aber zu solchem Durcheinander muss schon etwas gesagt werden.

Bei dem Anliegen der DVU bezüglich der Bundesratsinitiative zur Aufhebung der Ökosteuer fällt es mir wirklich leicht, Ihnen die Ablehnung dieses Antrages zu empfehlen.

Zunächst wäre eine solche Initiative vollkommen sinnlos, handelt es sich doch dabei um eine Verbrauchssteuer und diese liegt einzig und allein in der Kompetenz des Bundes.

Inhaltlich gesehen begrüße ich diese ökologische Steuerreform vor allem im Rahmen des Gesamtgefüges der Maßnahmen der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Zukunftsprogramm. Schließlich ist die sozialökologische Steuerreform ein Kernvorhaben der rot-grünen Bundesregierung. Sie ist darauf gerichtet, Bürgerinnen und Bürgern die Verbesserung der Umweltqualität und gleichzeitig die Senkung der Arbeitskosten zu ermöglichen.

Es gibt auch keine ruinösen Auswirkungen auf kleine und mittelständische Betriebe, Angehörige freier Berufe und private Endverbraucher, da diese Steuerreform die entsprechenden gegensteuernden Maßnahmen beinhaltet. Sie trifft auch nicht besonders Rentner, Studenten und Arbeitslose, wie es dargestellt wurde, und sie führt nicht zum Kaufkraftschwund.

An dieser Stelle möchte ich gern die frühere CDU-Bundesregierung zitieren. Bessere Argumente, als sie die CDU zum Bundestagswahlkampf formulierte, sind kaum zu finden, um die positiven Wirkungen für den Arbeitsmarkt abzuleiten. Da hieß es:

„Unser Steuer- und Abgabensystem macht gerade das besonders teuer, wovon wir im Überfluss haben. Aber dagegen ist das. woran wir sparen müssen, eher billig zu haben: Energie- und Rohstoffeinsatz."

In einem Grundsatzreferat führte Wolfgang Schäuble bereits 1997 aus:

„Der Einsatz des Faktors Arbeit muss durch eine Senkung der Lohnzusatzkosten relativ verbilligt und der Energieund Rohstoffverbrauch durch eine schrittweise Anpassung der Energiepreise relativ verteuert werden. Beides muss zu einer aufkommensneutralen Lösung intelli gent verbunden werden."

Genau das ist der Kernpunkt dieser Reform.

Die Ökosteuer ist bereits in der Mehrheit der EU-Staaten eingeführt worden. In anderen Ländern liegen die Benzinpreise noch deutlich über dem derzeitigen Stand in der Bundesrepublik, wie zum Beispiel in Großbritannien mit umgerechnet 2.4I DM für Bleifrei Super Oktan.

Meine Damen und Herren, Benzin ist in den vergangenen Jahren erheblich teurer geworden. Sicher war es in der Vergangenheit europaweit so, dass die Preise - auch durch die lauten Rufe der Politik nach Möglichkeiten, Haushaltslöcher zu stopfen - in die Höhe getrieben wurden. Aber eins ist Fakt: Im Verhältnis zu den Stundenlöhnen ist Benzin seit 1950 erheblich billiger geworden. 1950 musste man für eine 50-Liter-Tankfüllung 22 Stunden arbeiten. Heute sind es 3,5 Stunden. Das ist im Vergleich zum Vorjahr in diesem Jahr sicherlich 21 Minuten länger, aber, betrachtet man das Umweltziel, sicherlich verkraftbar.

Die neue Phase des Wirtschaftens und die äußeren Zwänge verlangen von uns einen Umbau des Sozialstaates. einen Sozialstaat europäischer Prägung, der international den Herausforderungen standhalten kann. Außerdem wird die Zahl der Rentner steigen. Die Zahl der Erwerbspersonen wird zurückgehen. Ohne Reform taufen wir Gefahr. dass uns unsere Kinder eines Tages Verantwortungslosigkeit vorwerfen. Das müssen wir verhindern.

Die Dynamik der Staatsverschuldung muss endlich gestoppt werden. Das ist das Hauptziel, da die Staatsverschuldung letztendlich der Steuerzahler finanzieren muss. Ein beweglicher Staat kann seinen Bürgerinnen und Bürgern viel mehr bieten und genau dort wollen wir hin. Deshalb lehnen die Fraktionen der SPD und der CDU den vorliegenden Antrag ab.

Zum Verfahren und im Interesse des Ansehens des Parlaments in der Öffentlichkeit erlaube ich mir aber noch den Hinweis an die Fraktion der DVU, sich künftig vor Einbringung von - das sage ich Ihnen hier ganz deutlich - sinnlosen Anträgen mit einschlägigen Rechtsgrundlagen und Erfolgsaussichten zu beschäftigen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Schippet. - Das Wort geht an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Dr. Enkelmann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich mache es kurz, und das im Interesse der Demonstration, weil ich noch gern

dorthin möchte. Ich denke, das ist nicht irgendeine Demonstration und es hätte diesem Parlament gut zu Gesicht gestanden, wenn wir die Sitzung unterbrochen hätten. um uns alle der Diskussion mit den Demonstranten zu stellen.

Frau Enkelmann, es ist eigentlich nicht üblich, dass man Entscheidungen des Präsidenten kritisiert.

(Beifall bei der CDU - Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Gesagt ist gesagt und es steht hoffentlich im Protokoll.

Die PDS hat den Gesetzentwurf zur ökologischen Steuerreform im Bundestag aus mehreren Gründen abgelehnt. Die Hauptgründe waren, dass das tatsächlich zu keinem Umsteuern in der Wirtschaft gefiihrt hat, dass es nicht dazu geführt hat, die Bedingungen für eine Verkehrswende und eine Energiewende und auch nicht für die Beförderung regionaler Wirtschaftskreisläufe zu schaffen.

Wir haben gleichzeitig das Argument genannt, dass diese Steuerreform zutiefst unsozial ist. Ich denke, die Auswirkungen merken Sie alle, wenn Sie mit Leuten in Ihrem Wahlkreis sprechen.

Aber es erscheint mir im Interesse eines ökologischen Umbaus der Gesellschaft wenig hilfreich, hier Gesetze, die im März 1999 im Bundestag beschlossen worden sind zu kippen - und das ohne jegliche Alternativen. Das ist purer Populismus und diesen lehnen wir ab.

(Gelächter des Abgeordneten Schuldt [DVU])

Ich habe immer noch die Hoffnung, dass diese Bundesregierung lernfähig ist. Immerhin hat sie jetzt einen Vorteil. Ihr ist ein Op

positionspartner abhanden gekommen. Er ist sozusagen im Sumpf versunken. Insofern hat sie etwas mehr Zeit, über Inhalte zu reden und möglicherweise Vorschläge der PDS, wie sie en masse gemacht worden sind, ernsthaft zu diskutieren. Diese Hoffnung habe ich noch nicht ganz aufgegeben. Ich denke, in diesem Sinne sollte man es dort belassen, wo es tatsächlich hingehört: in den Bundestag. Wir werden sicherlich unsere Vorschläge auf Landesebene einbringen. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Enkelmann. - Ich frage die Landesregierung, ob sie Redebedarf hat. - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache zu diesem Tagesordnun gspunkt. - Wir kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der DVU bittet darum, den Antrag Drucksache 31506 an den Ausschuss für Wirtschaft zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden und wir kommen zur Abstimmune des Antrages 3/506.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 16 und gleichzeitig die 7. Sitzung des Landtages Brandenburg. Ich erinnere Sie daran, dass wir morgen um 11.00 Uhr das Holocaust-Gedenken im Konzentrationslager Sachsenhausen haben. Um 15.00 Uhr beginnt morgen die 8. Sitzung des Landtages Brandenburg.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

Ende der Sitzung: 18.06 Uhr