Protokoll der Sitzung vom 26.01.2000

lieh Zuweisungen bei Gebietsänderungen hätte einen Großteil der von unserer Fraktion geforderten Mehrausgaben eingebracht.

Aus all diesen genannten Gründen - ich wiederhole es noch einmal - lehnt unsere Fraktion den vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung ab. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Bevor ich der Landesregierung das Wort erteile, möchte ich unsere Gäste herzlich begrüßen. die aus Doberlug-Kirchhain gekommen sind um an unserer Plenarsitzung teilzunehmen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Minister des Innern, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst dem Parlament dafür danken, dass es ihm möglich gewesen ist, unter großem Zeitdruck dieses Gemeindefinanzierungsgesetz in den Ausschüssen zu behandeln, sodass es heute in 2. Lesung beraten wird. Dies ist nicht selbstverständlich. Ich weiß es zu würdigen und ich sage Ihnen: Ich weiß, dass sich dies in Zukunft nicht wiederholen sollte.

Aber dadurch, dass Sie diese Aufgabe so geschultert haben, haben Sie - das gesamte Haus - gezeigt, wie wichtig es Ihnen ist, unseren Kommunen Planungssicherheit zu geben und auch nach außen deutlich zu machen, dass uns das Wohl und Wehe unserer Kommunen ein besonderes Anliegen ist. Dieses politische Signal ist das eine, der Inhalt des Gesetzes das andere. Die Zahlen sind hier und in den Ausschüssen intensiv diskutiert worden, sodass ich dies nicht im Einzelnen wiederholen, sondern nur einige wenige Zahlen herausgreifen möchte.

Als wir im Innenausschuss erläutert haben, dass das GFG insgesamt um 230 Millionen DM erhöht werde, sagten der Vertreter des Landkreistages und der Vertreter des Städte- und Gemeindebundes, dies sei selbstverständlich. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie als Gesetzgeber entscheiden darüber, was möglich ist. Wir haben in den Ausschüssen darüber diskutiert und gesagt, dies sei trotz der schwierigen Haushaltslage des Landes notwendi g. Darum ist mit diesem Vorschlag, das GFG um 230 Millionen DM zu erhöhen, nicht etwas gemacht worden, was selbstverständlich ist, sondern etwas, was notwendig war, und wir waren uns hierüber im Kabinett auch einig. Dies war eine der schwierigen Fragen, die zu beantworten war, bevor der Gesamthaushalt verabschiedet werden kann. Ich möchte Frau Kollegin Simon sehr herzlich dafür danken, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen konnten und Ihnen diese Erhöhung vorschlagen können.

Ich weiß, dass dieses - wie andere sagten - keine Gnade ist, sondern eine Notwendigkeit, und wir haben die Notwendigkeit nach langen Diskussionen anerkannt. Ich bin auch den

Ausschüssen dafür dankbar, dass sie diesen Weg mitgegangen sind.

(Beifall bei CDU und SPD)

Lassen Sie mich am Beispiel der Schlüsselzuweisungen bezüglich einiger Äußerungen, die hier gemacht wurden, Klarheit schaffen. Die Gemeinden mit bis zu 500 Einwohnern bekommen nach diesem GFG im Rahmen der Schlüsselzuweisungen pro Kopf der Einwohner 674 DM zugewiesen. Das sind 100 DM mehr als 1998.

Wenn wir uns die kreisfreien Städte ansehen, dann werden diesen 632 DM pro Kopf der Bevölkerung zugewiesen - das sind 79 DM mehr als 1998. Ich sage das, um deutlich zu machen, wir haben die kleinen Gemeinden nicht vergessen. - Und hören Sie endlich mit dem Märchen auf. dass wir versuchten, den kleinen Gemeinden den Garaus zu machen. Wir wollen die Lebensfähigkeit der kleinen Gemeinden erhalten

(Beifall bei CDU und SPD - Prof. Dr. Schumann [PDS] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

- Herr Schumann, lassen Sie mich erst zu Ende reden, dann komme ich gerne darauf zurück.

Unsere Absicht ist es, die kommunale Selbstverwaltung auch in Zukunft zu ermöglichen, und wir werden hierüber noch sehr intensiv im Parlament diskutieren, wenn es um die Frage der Gemeindegebietsreform geht. Aber auch hier wird die Mär erzählt, durch dieses Gemeindefinanzierungsgesetz solle jemand zum Zusammenschluss gezwungen werden. Nein, richtig ist, dass wir durch das Gemeindefinanzierungsgesetz Anreize geben wollen. Wer diesen Zusammenschluss nicht vornimmt, der nimmt ihn nicht vor - das ist eine freie Entscheidung. Wenn Sie sagen, dass mit diesen Mitteln ein Zwang ausgeübt wird, dann, glaube ich, nehmen Sie das nicht so wahr, wie es zum Teil in den Gemeinden auch gesehen wird.

Aber eines ist auch klar: Wir wollen, dass sich die Gemeinden zusammenschließen - und ein größeres Tempo in manchen Bereichen wäre wünschenswert. Wir alle hier müssen uns doch die Frage stellen, ob wir es auf Dauer für vertretbar halten, dass 60 % aller Gemeinden Kleinstgemeinden mit weniger als 500 Einwohnern sind. Es geht uni die Frage, wie wir die Identität dieser Gemeinden erhalten, aber politisch gesehen zu einer anderen Form der kommunalen Selbstverwaltung kommen, die es uns ermöglicht, das Geld zum Wohle unserer Bürger besser auszugeben. Es geht auch darum, ob wir auf Dauer wollen, dass 90 % aller Gemeinden weniger als 2 000 Einwohner haben. Das ist eine Diskussion, um die es - nicht jetzt beim GFG, aber im Rahmen der kommunalen Reform - geht.

Lassen Sie mich etwas zum Verhältnis der Regionen sagen. Wir haben hier in unserem Heimatland die große Schwierigkeit der Unterschiede zwischen berlinnahen und berlinfernen Regionen. Ich sage nur: Mit der Gemeindegebietsreform wird es da keine Einheitslösung geben, wie es von der PDS gesagt wurde. Aber tef eines will ich noch einmal hinweisen: Wenn Sie sich den Kreis Ostprignitz-Ruppin und seine Finanzkraft ansehen, werden Sie feststellen, dass die Finanzkraft mit 743 DM je Einwohner zu beschreiben ist, wohingegen für den Landkreis Ober

havel - ein Landkreis mit einer höheren Wirtschaftskraft 670 DM je Einwohner vorhanden sind, weil die Schlüsselzuweisung für den Kreis Ostprignitz-Ruppin doppelt so hoch ist wie die für den Kreis Oberhavel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da werden wir eine Diskussion im Lande bekommen, die wir vom Bund her kennen, nämlich eine Diskussion Bayern und Württemberg gegen Brandenburg und eine Diskussion der einen Kreise gegen die anderen. Darum haben wir beim Deutschen Institut für Wirtschaft ein Gutachten in Auftrag gegeben - ich gehe davon aus. dass wir es Ende dieses Monats, Anfang des nächsten Monats bekommen -, das wir den Abgeordneten zur Verfügung stellen werden. Wir wollen auf der Grundlage dieses Gutachtens und aller bisherigen Erfahrungen dann das Finanzausgleichsgesetz erarbeiten, das in nächster Zeit für uns von großer Bedeutung sein wird. Von daher gesehen ist dieses Gemeindefinanzierungsgesetz ein Finanzierungsgesetz, das abgelöst wird vom Finanzausgleichsgesetz. In dem Zusammenhang werden wir die Strukturdaten in aller Intensität diskutieren können.

Nun lassen Sie mich noch auf einen Standpunkt eingehen. den ich immer wieder - in diesem Falle vom Städte- und Gemeindebund -, im Zusammenhang mit dem so genannten Feuerwehrfonds höre. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir sagen, rund ein Prozent, also rund 30 Millionen DM, stehen im Ergebnis für diesen _Feuerwehrfonds" zur Verfügung, und dies mit anderen Ländern - Sachsen oder Sachsen-Anhalt - vergleichen, die 95 Millionen DM bzw. 85 Millionen DM zur Verfügung haben, dann zeigt sich, wie wenig das ist. Folgendes kann ich Ihnen sagen - ich sage das auch einmal im Hinblick auf einen meiner früheren Berufe -: Wenn Sie keine Reserven haben, können Sie überhaupt nichts mehr entscheiden, können Sie überhaupt nicht mehr helfen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wer sagt, er wolle das Geld ausgeben. will nicht helfen können. Wer sagt, er wolle nicht helfen können, sagt: Macht euren Dreck alleine! - Nein, wir wollen das Geld bereithalten, um denen zu helfen, die in Not geraten sind und nicht mehr weiterkommen. Nun können wir darüber streiten, wie viel dafür zur Verfügung stehen soll. Wir glauben, dass wir mit diesem Finanzierungsgesetz einen Rahmen abgreifen, der uns hoffen lässt, mit diesen 30 Millionen DM auszukommen.

Ich möchte jetzt keine Beispiele für den Feuerwehrtouch nennen, weil sonst dieser oder jener Abgeordnete sagt: Ach Gott, das ist ja meine Gemeinde, das wollte ich gar nicht wissen. Darum sage ich nur ganz allgemein: Ob jemand - wie in diesem Fall der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes -, der glaubt, jeden zweiten oder dritten Tag, nachdem wir dies in den Ausschüssen behandelt haben, nachdem wir in den Ausschüssen auf die Argumente eingegangen sind, nachdem wir in den Ausschüssen die Zahlen ausgetauscht haben -, neue Horrormeldungen in die Welt setzen zu müssen, meint, damit seinem Bund zu helfen oder nicht, will ich einfach einmal als Frage in den Raum stellen.

(Zuruf von der PDS)

Den Gemeinden hilft er damit nicht, weil nämlich keine neuen

Tatbestände bekannt, sondern nur alte Behauptungen aufgewärmt werden. Von daher gesehen sage ich einfach einmal vielleicht ist das ganz hilfreich -: Manchmal ist Schweigen doch Gold.

(Beifall bei der CDU)

Nun lassen Sie mich noch etwas zum Entschließungsantrag der PDS sagen. Nachdem Sie, Frau Osten, mir gestern, als wir darüber gesprochen haben, eine bohrende Frage gestellt hatten

(Zuruf von der PDS: Eine zarte Frage!)

- die Frage war bohrend, aber nicht präzise; es war ein breiter Bohrer -, habe ich mich noch einmal sachkundig gemacht. Sie haben die Frage gestellt, die Sie in Ihrem Antrag ebenfalls formuliert haben. Darauf will ich Folgendes antworten: Wir haben gesagt, wir wollen den Gemeinden Planungssicherheit dadurch geben, dass wir das GFG verabschieden. Im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung wird sichergestellt, dass auch die Mittel nach den §§ 21 bis 23 des GFG den Kommunen vorab bevor der Haushalt 2000 beschlossen ist - zugewiesen werden. Das Innenministerium hat dazu am 20.12.1999 - nicht am 24.12.1999; das wären dann Geschenke - einen Erlass herausgegeben und die Kommunen über die voraussichtliche Höhe der IFG-Mittel nach § 21 unterrichtet. Damit sind sie in die Lage versetzt, die mitgeteilten Beträge den Planungen zugrunde zu legen. Also alles, was im Rahmen des Haushaltsrechts möglich ist, haben wir getan. Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, können wir sagen: Wir haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Kommunen arbeiten können.

Eines will ich - auch mit Blick auf die PDS - sehr klar sagen: Wir können nicht auf mehr Geld oder bessere Zeiten hoffen. Wir müssen die Probleme selber anpacken. jeder von uns an dem Ort, an dem er steht,

(Beifall bei CDU und SPD)

und wir wollen ein Land, in dem dies geschieht. Wir wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Gemeinden eigene Beiträge dazu leisten. Wenn Sie durch das Land fahren, sehen Sie doch, wie unterschiedlich die Situation in den Gemeinden ist. Gucken Sie sich das doch einmal an! Dass es in den Gemeinden unterschiedlich ist, hängt damit zusammen, dass wir Gemeinden haben, in denen Bürger leben, die sich ehrenamtlich einbringen, und weil dort die Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Das ist nicht Sache der Landesregierung. Wir schaffen die Rahmenbedingungen dafür, dass man in den Gemeinden leben kann, dass man in den Gemeinden die Selbstverwaltung instrumentieren kann, aber wie dies ausgeführt wird, ist Sache der kommunalen Selbstverwaltung.

Wir stehen zur kommunalen Selbstverwaltung und wollen mit diesem Gesetz die Voraussetzungen dafür schaffen, dass unser Land ein Land bleibt, in dem zu leben sich lohnt, und zwar in den Dörfern und in den Städten. In diesem Sinne bitte ich Sie, der 2. Lesung zuzustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herr Minister, da war noch eine Frage offen.

Herr Minister, können Sie mir folgen, wenn ich sage, dass zu einer ehrlichen Beurteilung des Zuwachses, den wir ja begrüßen, nicht nur der Vergleich mit dem Jahr 1998 eehört, sondern auch der Vergleich mit der Entwicklung seit 1995? Denn in diesem Zeitraum ist ein Rückgang der Zuweisungen in einem Betrag von 500 Millionen DM erfolgt. Können Sie mir weiterhin folgen, dass deswegen die Herren Humpert und Böttcher Recht haben, wenn sie sagen, es sei nun selbstverständlich, diesen Zuwachs vom Land auch auf den Tisch zu legen?

Herr Prof. Schumann, ich hätte Ihre Frage besser verstanden, wenn Sie einen Vergleich mit der Situation in den Jahren 1989 und 1990 gefordert hätten, um die Verbesserungen seit dieser Zeit festzustellen. Ich habe mit dem Jahr 1998 verglichen, um zu verdeutlichen, dass die Behauptung, gegenüber dem Jahr 1999 sei keine Steigerung erfolgt. unrichtig ist. Das wissen Sie doch. Darüber haben wir doch im Ausschuss diskutiert. Dort wurde deutlich, dass im Jahr 1999 für den Bereich der kleinen Gemeinden gegenüber dem Jahr 1998 eine erhebliche Zunahme zu verzeichnen war.

(Prof. Dr. Schumann [PDS]: Beantworten Sie bitte meine Frage!)

- Ich beantworte Ihre Fra ge, beziehe mich jedoch nicht auf 1995, sondern auf 1989/1990. Darüber können wir gern streiten. Ich habe nicht die Absicht, mir von Ihnen Vorgaben machen zu lassen, zwischen welchen Zeitpunkten ich Vergleiche ziehe.

(Prof. Dr. Schumann [PDS]: Ich habe das Recht, Fragen an Sie zu stellen, und wenn Sie sie nicht beantworten wol- len, dann sagen Sie das!)

- Sie haben das Recht. Fragen zu stellen, und ich habe das Recht, die Fragen so zu beantworten, wie ich es für sachgemäß halte. Herr Abgeordneter, ich glaube, das ist so. Wenn Sie das nicht für sachgemäß halten, dann sind wir unterschiedlicher Auffassung. Einverstanden!

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herr Minister, es gibt noch eine Nachfrage. Ich bitte darum, in Zukunft die Fragen vorher anzumelden. Bitte sehr!

Herr Minister, ist Ihnen ein Brief des Prignitzer Landrates bekannt? Mich würde interessieren, wie Sie sich zu den von ihm aufgeworfenen Fragen zum GFG-Entwurf 2000 stellen.

Sie stellen mir die Frage. ob ich einen Brief kenne. Die Antwort lautet: Ja. Den Inhalt habe ich nicht auswendig gelernt. Dafür bitte ich um Entschuldigung, Herr Abgeordneter. Ich erhalte pro Tag und pro Woche eine Vielzahl von Briefen.

In einem Gespräch mit dem Prig,nitzer Landrat ist deutlich geworden, dass nach seiner Auffassung der Landkreis eine höhere Zuweisung wünschte. Diese Hoffnung kann im Rahmen des GFG nicht erfüllt werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Danke sehr. - Wir sind am Ende der Rednerliste, schließen die Aussprache und kommen zur Abstimmung.