Ich möchte die Liste nur ganz kurz durchgehen, um einen Überblick über das zu geben, was wir im Land haben, was an dieser Stelle unglaublich sinnvoll mit der richtigen Energie und Richtung Anfang der 90er Jahre aufgebaut worden ist.
Es gibt den großen Block der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz mit dem Astrophysikalischen Institut in Potsdam, dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Bergholz-Rehbrücke, dem IHP in Frankfurt (Oder), dem Institut für Regionalentwicklung in Erkner und dem Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung.
Der zweite Bereich, der zu 90 % durch den Bund getragen wird und in den wir nur 10 % investieren müssen, betrifft die Hermann-von-Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren, das Geoforschungszentrum auf dem Brauhausberg in Potsdam, das Alfred-Wegener-Institut für Polar-und Meeresforschung und das Deutsche Elektronen-Synchrotron mit der schönen Abkürzung DESY in Zeuthen.
Man kann die Reihe fortsetzen mit den Fraunhofer-Instituten in Golm, der Polymerforschung, der biomedizinischen Technik, der Gravitationsphysik der Max-Planck-Institute in Golm und der Pflanzenphysiologie am selben Ort.
Selbstverständlich will ich geisteswissenschaftliche Einrichtungen wie die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, das Zentrum für Zeithistorische Forschung, das Forschungszentrum Europäische Aufklärung und das MosesMendelssohn-Zentrum in Potsdam nicht vergessen.
Diese Aufzählung sagt in ihrer Masse noch nicht viel. Ich will anhand von einigen Beispielen erläutern, wie sich das konkret darstellt und was es für die Wirtschaft, besonders für den Mittelstand, bedeutet oder bedeuten kann.
Beim Neujahrsempfang der Landeshauptstadt - zu Beginn des Potsdamer Jahres der Wissenschaften - ist in Anwesenheit des Ministerpräsidenten und des neuen Oberbürgermeisters Herr Prof. Stefan Rahmstorf vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung herausgehoben worden. Er hat es fertig gebracht, 1999 mit einer Untersuchung über „Meeresströmung und Mee
resklima“ den großen nicht nur Jahres-, sondern Jahrhundertpreis der James S. McDonnell-Stiftung aus den Vereinigten Staaten zu erhalten. Wie bedeutend dieser Preis ist, können Sie daraus ersehen, dass er mit 1 Million Dollar dotiert ist. Das waren Drittmittel, die sofort wieder in die Forschung in Brandenburg investiert worden sind. Herr Ministerpräsident, ich habe mich darüber gefreut, dass gerade dieser Mann in der letzten Woche so hervorgehoben worden ist.
Auf dem Brauhausberg - ich weiß nicht, wer schon einmal da war - gibt es nicht nur Industriedenkmale und den expressionistischen Einsteinturm, sondern auch das Geoforschungszentrum, geleitet von Herrn Prof. Emmermann. Dort wird zum Beispiel „Ökologische Forschung zu Grundströmungen der Erdwärme und über Warmwasser in der Erde“ betrieben. Diese Erkenntnisse können genutzt werden. Meine Kollegen von der SPD-Fraktion, vielleicht fragen Sie einmal Ihren ehemaligen Kollegen Vogelsänger, wie es ihm in Berlin geht. Es gibt unterhalb des Reichstagsgebäudes wunderbare Blockheizkraftwerke. Dort werden die Ströme des Wassers für die Erzeugung von warmem Wasser - im Sommer für die Kühlung - genutzt. Wir müssen dagegen noch mit einer Dampfheizung aus der DDR oder sogar aus dem Deutschen Reich leben. Erkenntnisse aus der Forschung zu Erdwasserströmen lassen sich für die Energieerzeugung, besonders im lokalen Bereich, hervorragend verwerten. Dies geschieht bereits in Zusammenarbeit mit Mecklenburg-Vorpommern; es werden schon Verbindungen nach Polen und Litauen geknüpft. Die dortigen geologischen Bedingungen für die Erforschung und Nutzung von Erdwärme und Erdwasser ähneln denen im Land Brandenburg. Ich verweise auf die entsprechende Forschungsanlage in Groß Schönebeck (Schorfheide).
Ebenfalls auf dem Brauhausberg ist vor drei Jahren ein Forschungssatellit mit dem schönen Namen „Champ“ entwickelt worden. Er war mit seiner Balalaikaform so populär, dass es ihn sogar als Sticker für das Revers gab. Dieser Satellit hat in der Wissenschaft so viel Aufsehen erregt, dass niemand Geringeres als die NASA, die Weltraumbehörde der Vereinigten Staaten von Amerika, darauf aufmerksam geworden ist. Die NASA hat den Satelliten mehrfach nachgebaut, wirtschaftlich genutzt und damit Aufträge in Deutschland, auch in den neuen Bundesländern, ausgelöst, leider immer noch überwiegend bei Jenoptik in Jena. Im Geoforschungsinstitut werden immerhin 601 Beschäftigte gebunden und im Jahr 32 Millionen Euro investiert.
Ich habe bereits das Deutsche Elektronen-Synchrotron - DESY erwähnt; es hat eine wunderschöne Lage am Zeuthener See. Dort werden Elektronenquellen untersucht und Elektronenbeschleunigungen vorangebracht. Das ist übrigens eines der Institute mit der engsten internationalen Verknüpfung; die Hälfte aller Doktoranden des Zeuthener Instituts kommt aus dem Ausland. Dort werden die Grundlagen für neueste Teilchenbeschleuniger geschaffen. Es handelt sich jedoch nicht nur um Grundlagenforschung, sondern die Erkenntnisse werden auch in der Wirtschaft genutzt, vor allem in den Bereichen Chemie, Biotechnologie, Genforschung und Materialprüfung. Die Erkenntnisse taugen auch für die Entwicklung neuer Leiterplatten in der Elektroindustrie.
Gestatten Sie mir einen Blick zurück vor die Tore Potsdams, nach Bergholz-Rehbrücke, wo sich das Deutsche Institut für Ernährungsforschung befindet. Mit Mitteln der Europäischen Union, aber auch durch eigene Anstrengungen haben wir es
geschafft, 1,7 Millionen Euro zusätzlich zu investieren. Eine positive Auswirkung ist das Entstehen von 56 neuen Arbeitsplätzen. Es gibt dort 207 „Vollbeschäftigungseinheiten“; das Institut ernährt aber insgesamt 240 Menschen. Dort werden in Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und Kliniken Ernährungsfragen klinisch erforscht. Die Ergebnisse werden natürlich vermarktet.
Last, but not least will ich auf ein Institut hinweisen, das keine Landesförderung, sondern reine Bundesförderung bekommt, aber in Potsdam immerhin 100 Menschen Lohn und Brot gibt und 35 hochrangige Wissenschaftler beschäftigt: das Militärgeschichtliche Forschungsamt in der Zeppelinstraße. Der Jahresetat beträgt fast 7 Millionen Euro. Was dort an vorbildlicher Forschung über die Militärgeschichte des Kaiserreichs, des Dritten Reichs und der DDR geleistet wird - das Amt trägt auch zur Integration der neuen NATO-Staaten in Mittel- und Osteuropa bei, was die Zusammenarbeit in der militärgeschichtlichen Forschung betrifft -, ist beispielgebend. Das sind die Grundlagen des modernen Brandenburg, das schon ein großes Stück gewachsen ist.
Es muss uns gelingen, die kleinen und mittelständischen Betriebe noch stärker dafür zu interessieren und eine marktwirtschaftliche Nutzung zu erreichen. Wenn wir diese Chance intensiver nutzen, ist mir um das Land Brandenburg nicht bange. - Danke schön.
Ich danke dem Abgeordneten Dr. Niekisch und gebe das Wort an die Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Dr. Trunschke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU hat ein topaktuelles Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Ich verstehe allerdings nicht, Herr Niekisch, dass man als Wissenschaftspolitiker nicht zugleich gegen den Irak-Krieg sein kann;
denn dieser Krieg wird nicht nur das Leben unschuldiger Menschen kosten, sondern auch materielle Ressourcen und Geld vernichten. Dies wird selbstverständlich Auswirkungen auf die Bundesrepublik Deutschland und damit auch auf das Land Brandenburg haben.
Ich möchte Ihnen aber in einigen Punkten zustimmen. Wir haben eine erfolgreiche außeruniversitäre Forschungslandschaft. Auch den Beitrag, der von dieser Seite aus zur wirtschaftlichen Entwicklung geleistet wird, kann man positiv erwähnen. Ich habe leider nur ein Fünftel der Redezeit, die der Regierung und den Koalitionsfraktionen zur Verfügung steht, und muss leider immer noch das miterledigen, was die Koalitionsfraktionen gerne weglassen, nämlich die Kritik an der Regierung. Deswegen will ich mich auf diesen einen positiven Satz beschränken.
Es ist auch richtig, dass diese erfolgreiche Entwicklung relativ wenig mit der Landespolitik und der Landesregierung zu tun hat. Herr Niekisch, Sie waren so freundlich, darauf hinzuweisen, dass sich der Beitrag des Landes zur außeruniversitären Forschung auf maximal 50 % - zum großen Teil ist es weit weniger, manchmal nur 10 % oder sogar nichts - beschränkt.
Wir wissen auch, dass die Verwertung wissenschaftlicher Ergebnisse in der Wirtschaft nur bedingt politisch steuerbar ist. Im Übrigen haben die Leistungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, bei denen ich mich ausdrücklich bedanken möchte, mit Ihrer Leistung, Herr Niekisch, nur relativ wenig zu tun.
Deshalb konzentriere ich mich - auch wenn das ein verfälschtes Bild ergibt - auf das, was vom Land tatsächlich politisch zu beeinflussen ist. Worüber sollte man sonst in einer Aktuellen Stunde des Landtages, nicht des Bundestages, reden? Ich zeige Ihnen an wenigen Beispielen, dass sich das sonst erfreulich gute Bild merklich verdunkelt, wenn man es durch den Filter der Landespolitik betrachtet.
Was könnte die Landesregierung in erster Linie beeinflussen, wenn es um außeruniversitäre Forschung und Wirtschaft geht? Ich sage: die Hochschulen. Das mag weit hergeholt erscheinen, aber ich meine, es ist klar, dass außeruniversitäre Forschung und wirtschaftliche Entwicklung nur dann stattfinden werden, wenn wir eine exzellente Hochschullandschaft haben. Nicht umsonst hat sich die Max-Planck-Gesellschaft ausdrücklich in der Nähe der Universität Potsdam angesiedelt, wie umgekehrt auch die Universität die außeruniversitäre Forschung braucht.
Sehen wir uns aber die Finanzierung der Hochschulen an und vergleichen diese mit der Finanzierung der außeruniversitären Forschung, dann kommen wir kaum umhin festzustellen: Der Wissenschaft im Land Brandenburg geht es immer dann besser, wenn die Landesregierung möglichst wenig damit zu tun hat.
Mir liegt das Gutachten von Prof. Seitz von der Europa-Universität Viadrina vor. Darin vergleicht er Brandenburg mit den finanzschwachen westlichen Flächenländern und Sachsen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass wir in einigen Bereichen mehr als diese Länder ausgeben.
Die Finanzministerin ist immer so nett, ihre Kürzungsvorschläge ausgerechnet mit diesem Gutachten zu begründen. Nur, wenn Sie schon Seitz nehmen, dann müssen Sie den ganzen nehmen. Bei Seitz steht nämlich auch, dass Brandenburg unter allen Bundesländern noch immer ein herausragender Exporteur leider nicht von wissenschaftlichen Leistungen, sondern von jungen studierwilligen Menschen ist.
„Im Hochschulbereich liegen die Ausgaben im Land Brandenburg deutlich unter den Werten der Vergleichsländer. Einsparpotenziale in diesem Bereich sind nicht erkennbar. Der Personalbestand im Hochschulbereich in Brandenburg liegt deutlich unter den Vergleichswerten.“
Müssten Sie nicht, wenn Sie schon Kürzungen bei Kultur und bei Kitas ständig mit Seitz begründen, konsequenterweise auch die Erhöhung der Hochschulausgaben angehen? Wäre es nicht auch zwingend logisch, wenn Sie sich schon am Niveau anderer Länder orientieren - worüber man durchaus streiten kann -, dies nicht immer nur nach unten, sondern bei Bedarf auch nach oben zu tun? Wo sind denn da Ihre Vorschläge?, frage ich.
Herr Ministerpräsident, vor dem Hintergrund des Seitz-Gutachtens ist das bloße Ausnehmen der Hochschulen von Kürzungen noch lange keine Prioritätensetzung.
Nun schaue ich nach links. Frau Ministerin, was ich überhaupt nicht verstehe, ist, wie Sie als Wissenschaftsministerin in der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses ausgerechnet zu der Schlussfolgerung gekommen sind, es sei falsch, die Hochschulen gänzlich von Kürzungen auszunehmen. Müssten Sie nicht mit dem Rückenwind von Seitz stattdessen mehr Geld und sogar mehr Personal fordern?
Sehen wir uns zweitens die außeruniversitäre Forschung und deren Finanzierung an. Dort sieht es nicht ganz so krass aus wie bei den Hochschulen, aber die Lage ist durchaus problematisch. Während Seitz feststellt, dass auch dort kein Sparpotenzial vorhanden ist, kann man der - zumindest in der Presse nachzulesenden - Sparliste der Finanzministerin entnehmen, dass ausgerechnet bei der Leibniz-Gesellschaft, die Herr Niekisch so lobend erwähnte, Investitionen gestrichen werden sollen.
Ich stelle fest: Zwischen dem Seitz-Gutachten und der politischen Realität - unabhängig davon, ob die Initiative vom Bund oder vom Land ausging - klafft eine Lücke von immerhin 3,8 Millionen Euro.
Damit bin ich beim dritten und vielleicht wichtigsten Punkt und verstehe überhaupt nicht, Herr Niekisch, wie Sie den auslassen konnten. Woran denkt man denn im Land Brandenburg zuerst, wenn es darum geht, außeruniversitäre Forschung und Wirtschaft zu verbinden? - An die Chipfabrik. Das wäre doch das Beispiel par excellence - wenn es denn die Chipfabrik geben sollte und wenn sie dann auch noch erfolgreich wäre. Daran jedoch muss man heute zweifeln und das ist auch der Punkt, der die Leute auf der Straße tatsächlich bewegt.
Das ist auch der Punkt, wo einige Fallstricke für die CDU liegen. Es war doch Ihr Minister, der vor zwei Jahren vor dem Landtag erklärt hat: Die Finanzierung für die Chipfabrik steht. - Es war Ihr Minister, der sagte, wir müssten jetzt in die Produktion gehen, damit die technologische Lücke genutzt werden könne.
Ich frage weiter: Was treibt eigentlich den Chef der Staatskanzlei, Herrn Speer, dazu, ausgerechnet das Institut, das die Grundlage dafür geliefert hat, zum Verkauf anzubieten?
das wurde nicht dementiert - auf Ihrer Liste auch das IHP als Streichungsvorschlag steht - zumindest in der Zeitung; mehr kenne ich als Oppositionsmitglied ja nicht.
Was Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, tun, ist doch Folgendes: Sie zerreden die größte Chance, die wir im Land Brandenburg je hatten und in Zukunft haben werden, aus wissenschaftlicher Entwicklung wirtschaftliches Kapital und Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist unverantwortlich!