Als geborener Gubener möchte ich auch darauf verweisen, dass die Lausitz ohne Cottbus - ebenso wie Cottbus ohne die Lausitz - nicht denkbar wäre. Wir bekennen uns in den Koalitionsfraktionen ausdrücklich zur Zukunft - zur finanziellen Zukunft, aber auch zur starken kommunalen Selbstverwaltung - in der kreisfreien Stadt Cottbus. Deswegen haben wir die Eingemeindung von Groß Gaglow, Kiekebusch und Gallinchen im Gesetzentwurf vorgesehen. Wir möchten mit diesem Gesetzentwurf die kreisfreie Stadt Cottbus ebenso stärken, wie wir mit den anderen Gesetzentwürfen die kreisfreien Städte Potsdam und Brandenburg an der Havel stärken werden.
Herr Petke, ich wollte Sie nach zwei Dingen fragen. Erstens: Wissen Sie, dass vor mittlerweile eindreiviertel Jahren 18 Gemeinden des Amtes Neuhausen den Beschluss gefasst haben, eine gemeinsame Großgemeinde zu werden?
Zweitens: Wie erklären Sie sich, dass die dazu notwendige Genehmigung vom Innenministerium bis heute nicht erteilt worden ist?
Herr Kollege Sarrach, es geht nicht darum, das Geld nicht zu zahlen. Das Geld - vielleicht lesen Sie einmal im GFG 2002/2003 nach - wird auch für das Amt, das sich in eine amtsfreie Gemeinde umwandelt, gezahlt. Die Landesregierung hatte abzuwägen zwischen dem Begehren vor Ort auf Umwandlung in eine amtsfreie Gemeinde, das durch die Bürgerentscheide gestützt wurde, und der Stärkung der kreisfreien Stadt Cottbus.
Beides sind Ziele, die wir in den Leitlinien finden. Ich glaube, die Landesregierung hat gut daran getan, die Genehmigung nicht zu erteilen. Hätte sie diese Genehmigung erteilt, könnten wir über den vorliegenden Gesetzentwurf nämlich heute nicht abstimmen.
Lassen Sie mich auf die Anhörung eingehen. Die größte Enttäuschung in der Anhörung war für mich das Auftreten des Landrats. Wir hatten im Vorfeld oft über die Region Hannover diskutiert. Wir hatten darüber diskutiert, ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, in der Gesamtregion Cottbus-Spree-Neiße zu einer Lösung zu kommen.
Der Landrat hat im Ausschuss zu dem Gesetzentwurf nicht Stellung genommen. Er hat uns in Aussicht gestellt, zur Region Hannover entsprechende Zuarbeiten zu übersenden. Diese Zuarbeiten qualitativer Art ist er bis heute leider schuldig geblieben.
Ich möchte gleichwohl ausdrücklich auf die Argumente des Landkreises eingehen, was die Frage betrifft, inwieweit der Landkreis von diesem Gesetzentwurf betroffen ist.
Nein. - Natürlich wird der Landkreis nach Vollzug des Gesetzes einen Überhang von 26 Beschäftigten haben. Ich darf an dieser Stelle aber ausdrücklich darauf verweisen, dass auch andere Landkreise in Brandenburg ohne Gemeindegebietsreform allein aufgrund des Einwohnerrückgangs mit der Tatsache zu kämpfen haben, dass ihre Einwohnerzahl sinkt und sie die Beschäftigtenzahl dem anpassen müssen.
Das betrifft die Landkreise Oberspreewald-Lausitz, OstprignitzRuppin, die Prignitz, die Uckermark, aber auch, um in der Region zu bleiben, den Landkreis Elbe-Elster. Daher glaube ich, dass die Argumente, die vonseiten des Landkreises vorgebracht werden dahin gehend, dass es hier zu einer unverhältnismäßigen Schwächung des Landkreises komme, auf die er sich nicht einstellen könne, durch die Realität in Brandenburg widerlegt werden.
Zu der Kritik der Vertreter der Sorben ist zu sagen, dass wir diese Frage sehr wohl diskutiert haben und dass diese Frage sehr wohl auch Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens war, dass ich aber die Kritik dahin gehend, die Rechte der Sorben seien unzureichend bedacht worden, nicht teilen kann. Wir werden mit diesem Gesetz die Stadt Cottbus stärken - das steht außer Frage - und wir bekennen uns ausdrücklich zu der Stärkung unserer kreisfreien Städte.
An dieser Stelle sei mir noch eine Bemerkung zu den Ausführungen von Kollegin Enkelmann erlaubt. Es ist die Frage, wer zum Thema Gemeindegebietsreform für die PDS-Fraktion spricht. Während der Ausschusssitzungen war das wegen der jeweiligen Beteiligung sehr unterschiedlich. Frau Dr. Enkelmann, wären Sie zu diesem Punkt da gewesen,
(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Ich war mehrfach da! Ich war mehrfach in den Anhörungen, das wissen Sie! - Sar- rach [PDS]: Öfter als der Innenminister!)
hätten Sie mitbekommen, dass wir genau diese Frage diskutiert haben, ob man überhaupt ein Leitbild braucht. Sie können auch Kollegen Sarrach, der einschlägige Erfahrungen als Prozessvertreter vor dem Landesverfassungsgericht Brandenburg hat, einmal dazu interviewen, wie unser Verfassungsgericht im letzten Jahr die Frage entschieden hat, ob wir als Gesetzgeber überhaupt ein Leitbild brauchen oder nicht.
Jawohl, Herr Präsident, ich komme zum Schluss. - Wir brauchen dieses Leitbild nicht. Wir haben uns aus unseren Erwägungen heraus dazu entschlossen, ein Leitbild einzuführen, und wir tun gut daran, trotz der gelegentlich hitzigen Diskussion sachlich zu bleiben. Dazu möchte ich auch Sie, Frau Dr. Enkelmann, ausdrücklich auffordern.
Ich danke dem Abgeordneten Petke. - Die Fraktionen haben nun zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Ich gebe jetzt das Wort an den Abgeordneten Dr. Knoblich. Er spricht für die fünf Abgeordneten, die einen Änderungsantrag eingereicht haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin heute früh indirekt aufgefordert worden, mich doch zurückzuhalten, da ich nicht aus der Region käme. Nun, ich komme dorther und kenne sie seit der Nachkriegszeit außerordentlich gut. Ich bin in Sergen zur Schule gegangen und habe das Amt Neuhausen aus der Luft kennen gelernt, weil ich auf dem dortigen Flugplatz das Fliegen gelernt habe.
Das hat mich auch veranlasst, in den letzten zehn Jahren unmittelbar dabei zu sein. Das waren die zehn Jahre, die die Entwicklung auf der Basis der Gesetze, die der Landtag verabschiedet hat, zur Folge hatte. Das heißt, es gab eine Kreisgebietsreform mit einer klaren Struktur des Kreises Spree-Neiße und nach Verabschiedung der Kommunalverfassung gab es das Amt Neuhausen, bestehend aus 18 Gemeinden. Ich kann Ihnen sagen, es war nicht ganz leicht, den Beistand zu leisten und die Unterstützung zuteil werden zu lassen, die diese 18 Gemeinden zur Gemeinsamkeit geführt haben.
Ich habe dabei im Übrigen selten jemanden von denen getroffen, die heute kluge Reden über die Möglichkeit halten, drei Gemeinden aus den 18 herauszunehmen und den Rest sich selbstverständlich ordentlich weiterentwickeln zu lassen.
Das dürfte auch schwer sein, denn das Problem, vor dem wir stehen, ist leicht zu beschreiben: Wir haben ein wirtschaftliches Ungleichgewicht zwischen der kreisfreien Stadt Cottbus und dem Kreis Spree-Neiße. Dies ist aber kein Ergebnis der Strukturierung oder der Gesetze des Landtages, sondern dies ist ein Ergebnis des Umganges mit den gesetzlichen Voraussetzungen, die wir hier geschaffen haben, die die Mehrheit dieses Landtages - quer durch die Fraktionen - fanden. Das Problem zu lösen scheint nur möglich, wenn man mit Begehrlichkeiten vernünftig umgeht. In Bezug auf den Umgang mit Begehrlichkeiten hat ja Brecht so schön gesagt, erst komme das Fressen und dann die Moral. Die Gefräßigkeit in diesem besonderen Fall besteht darin, dass man Rosinen sucht, die natürlich besonders gut schmecken, und sie im Kuchen von Spree-Neiße findet. Den Teig lässt man ohne Kommentar zurück.
Gefräßigkeit unter Individuen von Artgenossen wäre Kannibalismus. Ich weiß nicht, wie man es nennt, wenn es wie hier eine Gesellschaft ist, die sich analog verhält. Auf alle Fälle ist es der Umgang mit dem, was wir in diesem hohen Hause einmal kreiert haben, und ich möchte einerseits, dass jeder von uns weiß, was sein Votum denn bedeutet; ich sage das völlig ohne Schaum vor oder im Mund. Andererseits muss die Glaubwürdigkeit, die ich mit einem Politiker verbinde, der sich für die Menschen dieses Landes, nicht nur für seinen Wahlkreis, einsetzt, gewahrt bleiben.
Ich bin absolut davon überzeugt: Das Problem Cottbus - es ist ja nicht nur ein Problem der Stadt Cottbus - und das Problem anderer kreisfreier Städte ist damit nicht gelöst.
Nun frage ich: Müssen wir uns nicht Gedanken machen, wie wir diesem Problem beikommen? Die Diskussion dazu geht weit in die Geschichte dieses Landtages zurück. Sie geht zurück bis in die Zeit der Anfänge der Symptome, die sich Cottbus heute so bedienen lassen. - Herzlichen Dank.
Ich danke dem Abgeordneten Dr. Knoblich und gebe das Wort der Landesregierung. Herr Minister Schönbohm, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 6. November erfolgte die öffentliche Anhörung zum Zweiten Gesetz, bei dem es um die Eingliederung der Gemeinden Gallinchen, Groß Gaglow und Kiekebusch in die Stadt Cottbus und die Neubildung einer amtsfreien Gemeinde Neuhausen/Spree geht. Ich bedauere es auch, dass sich die betroffenen Gemeinden bei dieser Anhörung auf Verfahrensrügen zurückgezogen haben und von der Möglichkeit einer mündlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Inneres nicht umfassend Gebrauch machten.
Im Ergebnis ist der Ausschuss nach Auswertung der Stellungnahmen von Bürgern und Gemeinden jedoch zu dem Urteil gekommen, dass der Gesetzentwurf so wie vorgelegt umgesetzt werden sollte. Dies ist eine gemeinsame Empfehlung der Mitglieder des Innenausschusses aus den Koalitionsfraktionen. Ich weiß - wir haben es eben im Beitrag des Abgeordneten Knob
lich gehört -, dass dieses vielen sehr schwer fällt. Ich möchte aber noch einmal hinzufügen, weil regional Bezug genommen wird: Meine Mutter ist in der Lausitz geboren, also unweit davon, aber sie kann daran nicht mehr teilhaben.
Ich weiß, dass sich viele unter uns damit schwer tun; das ist eben deutlich geworden. Ich habe als Landesvorsitzender der CDU - das möchte ich auch einmal sehr deutlich sagen - natürlich auch in der eigenen Partei Schwierigkeiten. Denn dies ist eine Auseinandersetzung, bei der es nicht um SPD, CDU oder PDS geht. In diesem konkreten Fall geht es um eine regionale Frage. Der Abgeordnete Knoblich hat darauf sehr deutlich hingewiesen. Wenn Sie gesagt haben, wir würden damit die Probleme der kreisfreien Städte nicht lösen, dann ist das völlig richtig. Wir werden sie damit nicht lösen.