Des Weiteren stellen wir fest, dass wegen der Schwere der beabsichtigten Eingriffe in das Recht der kommunalen Selbstverwaltung die vorgesehenen flächendeckenden zwangsweisen Zusammenschlüsse offensichtlich unangemessen sind.
Obwohl an dem zunächst ungeordneten, dann aufgezwungenen Verfahren zur Umsetzung der Reform, dem deutlichen Bruch mit den ursprünglichen Reformüberlegungen durch die Leitlinien der Landesregierung und das Gemeindereformgesetz sowie der dann insgesamt zu kurz bemessenen Freiwilligkeitsphase von eineinhalb Jahren berechtigte Kritik geäußert werden muss, schätzen wir den Stand der freiwilligen Gemeindezusammenschlüsse als zufrieden stellend ein.
Wie müssen die Gemeinden in Brandenburg zum jetzigen Zeitpunkt nicht zwingen. Was den Gemeinden in Brandenburg fehlte und immer noch fehlt, ist ein gesundes Maß an Zeit, um sich auf der Basis kontinuierlicher, feststehender und nachvollziehbarer Reformbedingungen zu orientieren. Dazu gehören unbedingt die Verknüpfung einer Gemeindegebietsreform mit der Reform der kommunalen Finanzausstattung und der Fortführung der Funktionalreform. Auf diesen Gebieten ist eben nichts passiert, Kollege Petke; hier wurden Versprechen eben gerade nicht gehalten.
Für mich ist das die wesentlichste Erkenntnis aus den Anhörungen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Innenausschuss.
Während also die Gemeinden in den letzten Monaten unbarmherzig unter Zeitdruck gesetzt wurden und in vielen Gemeinden nicht die Vernunft, sondern die Resignation Entscheidungen diktierte, hat das zuständige Kommunalministerium seine Hausaufgaben nicht gemacht. Es zeigt sich immer mehr, dass Zeiten der Krise öffentlicher Haushalte den schlechtesten Rahmen für Gebietsreformen bilden. Die regelmäßig postulierten Reformziele wie Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung durch Schaffung von leistungsstarken größeren Einheiten, Schaffung einer effizienteren Verwaltung bei angeblich weiter gewährter Bürgernähe und ohne Verlust der örtlichen Identität werden hinter die eigentlich bezweckten Einsparmöglichkeiten deutlich zurücktreten. Mit keinem Ihrer Gesetzentwürfe können Sie die wahren Hintergründe der Reform überdecken.
Ich danke dem Abgeordneten Sarrach und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, an Herrn Abgeordneten Schippel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Dritte Gesetz zur landesweiten Gemeindegebietsreform hat die Eingliederung der Gemeinde Golm sowie von Gemeinden des Amtes Fahrland in die Landeshauptstadt Potsdam zum Gegenstand.
Ich beginne mit der Anmerkung zur Eingliederung der Gemeinde Golm. Hinsichtlich der Stadt-Umland-Problematik besteht das Ziel der Reform bekanntlich darin, eine größere Übereinstimmung des Verwaltungsraums des Zentrums mit seinem Wirkungsraum zu erreichen. Dies ist für den hier angesprochenen Fall von besonderer Bedeutung.
Andere Bestimmungen des Leitbildes sehen die Bildung amtsfreier Gemeinden im engeren Verflechtungsraum sowie die Beachtung der bestehenden Kreisgrenzen vor. Auch dies ist für den vorliegenden Fall relevant.
Insofern war bzw. ist in diesem Fall eine schwierige Abwägung vorzunehmen. Diese Einschätzung beruht auf der engen Verflechtung zwischen Potsdam und Golm. Solche Verflechtungen bestehen beispielsweise in baulicher Hinsicht, im Hinblick auf die Pendlerströme sowie aufgrund der Tatsache, dass zahlreiche Potsdamer Einrichtungen von den Einwohnern Golms genutzt werden.
Diese Einschätzung beruht ferner auf der Einsicht, dass der Landeshauptstadt Potsdam zum Zwecke ihrer weiteren Entwicklung, die ja im Interesse des gesamten Landes liegt, auch Möglichkeiten zur räumlichen Erweiterung eingeräumt werden müssen.
Diese Einschätzung beruht schließlich auf der begründeten Annahme, dass die Entwicklung des Wissenschaftsstandortes Potsdam am ehesten dann befördert werden kann, wenn die damit verbundenen Verwaltungsaufgaben aus einer Hand erledigt werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen, dass es die Leitlinien gerade zur Abmilderung der StadtUmland-Problematik durchaus zulassen, bestehende Kreisgrenzen zu verändern, Herr Kollege Knoblich. Die von Golmer Seite geäußerten Einwände beziehen sich dabei vor allem auf die befürchtete höhere finanzielle Belastung und auf die ebenfalls befürchtete Randstellung der Vertreter Golms in der Stadtverordnetenversammlung. Der Oberbürgermeister der Stadt Potsdam hat in der Anhörung des Ausschusses für Inneres jedoch überzeugend dargelegt, dass die Stadt mit ihren Ortsteilen einen durchaus behutsamen Umgang pflegt und dass die Eingemeindung mitnichten der Sanierung des Potsdamer Stadthaushalts dienen soll.
Ich komme zu der geplanten Eingliederung von Gemeinden des Amtes Fahrland in die Stadt Potsdam. Hier ist die Beschlusslage kompliziert. Während die Gemeinden Groß Glienicke und Neu Fahrland den Weg einer vertraglichen Eingliederung in die Stadt Potsdam suchen, lehnen die Gemeinden Fahrland, Satzkorn, Marquardt und Uetz-Paaren die Eingliederung ab. Von den letztgenannten Gemeinden wird mit Ausnahme der Gemeinde Marquardt auch die Bildung einer amtsfreien Gemeinde erwogen. Die Gemeinde Marquardt besteht jedoch auf dem Erhalt ihrer kommunalen Selbstständigkeit. Gegen die Eingliederung in Potsdam werden ähnliche Gründe wie von Golm vorgebracht.
Die Stadt Potsdam verwies in der Anhörung unter anderem auf den Einwohnerverlust ihrer Stadt zugunsten des Umlandes,
auf das Vorhalten von Infrastruktureinrichtungen, die von den Einwohnern der Umlandgemeinden genutzt werden, sowie auf den Umstand, dass das nördliche Umland für die weitere Entwicklung der Stadt von besonderer Bedeutung ist.
Weite Teile der Ausführungen zur Eingliederung Golms könnten an dieser Stelle wiederholt werden. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie erneut daran erinnern, dass nicht alle Krite
rien, die gemäß Leitbild für eine Eingliederung sprechen, auch tatsächlich vorliegen müssen. Gegen eine Eingliederung spricht auch nicht der von den Umlandgemeinden angesprochene ländliche Charakter; wir sprachen darüber vorhin bereits anhand des Beispiels von Cottbus. Hierzu ist nämlich anzumerken, dass die Siedlungsdichte auch innerhalb der Stadtgrenzen variieren kann und dass sich im Amt Fahrland infolge intensiver Bautätigkeit zumindest auf Teilflächen die Siedlungsdichte erhöht und somit wenigstens annähernd städtische Verhältnisse geschaffen werden.
Ich danke dem Abgeordneten Schippel und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Claus.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Das Dritte Gesetzentwurf zur landesweiten Gemeindegebietsreform beabsichtigt die Eingliederung der Gemeinde Golm aus dem bisherigen Amt Werder/Havel sowie der Gemeinden Fahrland, Marquardt, Satzkorn, Uetz-Paaren, Neu Fahrland und Groß Glienicke in Potsdam. Diesen Gesetzentwurf lehnt die DVU-Fraktion ebenfalls ab. Wir haben auch dazu Anträge im Ausschuss für Inneres eingebracht, die wir hier im Plenum als Änderungsanträge nochmals zur Abstimmung stellen. Sie sehen Folgendes vor: Die Gemeinde Neu Fahrland wird in die Stadt Potsdam eingegliedert. Die Gemeinde Golm wird in die zukünftig amtsfreie Stadt Werder/Havel eingegliedert. Aus den Gemeinden Fahrland, Groß Glienicke, Marquardt, Uetz-Paaren und Satzkorn des heutigen Amts Fahrland wird eine neue amtsfreie Gemeinde gebildet.
Es geht auch hier maßgeblich um die Frage, ob im Verhältnis zu den genannten Umlandgemeinden eine so genannte StadtUmland-Problematik besteht. Schon zum Zweiten Gesetz habe ich dazu Folgendes ausgeführt:
„Von 'Stadt-Umland-Problematik' kann nach Ansicht der DVU-Fraktion nur gesprochen werden, wenn sich im Einzelfall Verflechtungen ergeben, die über das typische Maß von 'Stadt-Umland-Beziehungen' eindeutig hinausgehen.“
Auf dieser Grundlage konnten wir der Eingliederung von Neu Fahrland in Potsdam näher treten, was im Übrigen auch dem dortigen Bürgerwillen entspricht.
Ansonsten müssen wir uns bei diesen Neugliederungssachverhalten zunächst vor Augen führen, dass alle Gemeinden offensichtlich im engeren Verflechtungsraum von Berlin liegen. Hier soll nach den Leitlinien die amtsfreie Gemeinde als das leistungsstärkste Modell die Regel sein. Das wurde auch von den im Ausschuss gehörten Experten überwiegend bestätigt. Daran orientiert sich auch unsere DVU-Fraktion. Ausnahmen von dieser Regel sind aus unserer Sicht hier nicht zu erkennen. Insbesondere die Verschuldung einer Gemeinde kann kein Ausnahmegrund sein.
Danach kommt im Bereich des heutigen Amtes Fahrland als Alternative nur eine amtsfreie Gemeinde in Betracht. Die Bildung einer solchen amtsfreien Gemeinde aus den genannten fünf Gemeinden ist dem Gesetzentwurf vorzuziehen und kommt dem Bürgerwillen am nächsten. Die Bürgerinnen und Bürger wenden sich hauptsächlich gegen die Eingemeindung in die Stadt Potsdam.
Die oben genannten Gemeinden des bisherigen Amtes Fahrland sind leistungsstark genug, eine amtsfreie Gemeinde zu bilden. Dem steht auch die Verschuldung der Gemeinde Fahrland nicht entgegen. Insoweit werden bereits Verhandlungen zwischen der Stadt Potsdam und dem Land wegen einer teilweisen Übernahme geführt. Entsprechend den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Gerechtigkeit müssten diese Verhandlungen, allerdings mit der neuen amtsfreien Gemeinde Fahrland, fortgesetzt werden. Damit wäre ein Teil dieses Problems gelöst.
Zwischen den genannten Gemeinden und der Stadt Potsdam besteht keine Stadt-Umland-Problematik, die über die typischen Stadt-Umland-Beziehungen hinausginge. Zum einen bestehen erkennbar keine baulichen Verflechtungen zwischen den Gemeinden und der Stadt Potsdam - insoweit ist keine einheitliche bauliche Entwicklung erforderlich -, zum anderen konnte die Stadt Potsdam nicht belegen, dass sie aus räumlichen Gründen auf eine Erweiterung ihres Stadtgebiets angewiesen ist. Finanzprobleme der Stadt lassen sich durch die Gebietserweiterung ohnehin nicht lösen. Die Probleme der Stadt würden hierdurch aller Erfahrung nach nur nach außen, ins Umland getragen, was von den Experten auch bestätigt wurde.
Im Übrigen würde eine solche Erweiterung nach den Vorstellungen der Landesregierung dazu führen, dass die Stadtfläche Potsdams um rund 50 % mit ländlich geprägten Gemeinden erweitert wird.
Hinzu kommt Folgendes: Die Gemeinden Marquardt, UetzPaaren und Satzkorn entwickeln ein Gewerbegebiet, um das es längere gerichtliche Auseinandersetzungen mit der Stadt Potsdam gab. Wegen dieser Auseinandersetzungen steht die Integrationsfähigkeit unseres Erachtens erheblich infrage. Es ist nicht abzusehen, dass die Integration in angemessener Zeit gelingen wird.
Im Fall der Gemeinde Golm waren für uns letztlich zwei Gründe entscheidend, die Gemeinde dem Bürgerwillen entsprechend in Werder/Havel einzugliedern. Zum einen sind aufgrund der Amtszugehörigkeit der Gemeinde zu Werder/Havel mit dieser Stadt Verflechtungsbeziehungen entstanden, die mit denen zu Potsdam zwar in etwa gleichgewichtig, aber mit Verträgen hinterlegt sind. Diese müssten bei einer Eingliederung in Potsdam erst gekündigt werden. Außerdem ergibt sich auch keine zwingende Notwendigkeit zur Eingliederung etwa wegen der Universität. Diese liegt zwar teilweise auf dem Gebiet der Stadt Potsdam und teilweise auf dem Gebiet Golms, eine solche Situation ist aber nicht atypisch, sondern in Deutschland häufiger anzutreffen. Irgendwelche Probleme bei der baulichen oder verkehrstechnischen Entwicklung wegen der Universität sind nicht sichtbar geworden.
Nur noch ein Satz; ich komme dann zum Schluss. - Die Vermarktung einer Universität kann im Übrigen mit entsprechenden Verträgen alternativ und sicherlich besser durch eine Marketinggesellschaft als durch eine Stadtverwaltung erfolgen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir treffen auch zu Potsdam eine schwierige Entscheidung. Diese Entscheidung ist aus meiner Sicht richtig, ist konsequent und wird dazu beitragen, dass in Potsdam ein Teil der Probleme der kreisfreien Stadt in Zukunft besser angegangen werden kann, als dies heute, ohne diese Entscheidung, der Fall ist.
Ich darf sagen, dass gerade der Bürgerentscheid in Golm, was die Beteiligungshöhe, aber auch die Eindeutigkeit des Ergebnisses angeht, mich als Abgeordneten aus der Landeshauptstadt Potsdam natürlich nicht unbeeindruckt gelassen hat. Dies gebietet, zum Umgang mit Bürgerentscheiden generell Stellung zu nehmen.
Die Gemeindeordnung enthält die Vorschrift, dass bei Fusionen von Gemeinden mit weniger als 5 000 Einwohnern der Bürgerentscheid zwingend erforderlich ist. Diese Vorschrift stammt aus einer Zeit, als über die Gemeindereform diskutiert wurde, es aber noch keine konkreten Vorstellungen gab. Der Umgang mit den Bürgerentscheiden ist gerade dort, wo wir gesetzlich andere Entscheidungen treffen, auf Vorbehalte und Kritik gestoßen. Zum Teil kann ich diese Kritik nachvollziehen, aber rechtlich und politisch ist es nun einmal so, dass der Bürgerentscheid für die Abwägung nur ein Kriterium neben vielen anderen ist. Wir haben im Landtag gemäß der Landesverfassung eine Entscheidung zur Gliederung der kommunalen Struktur in Brandenburg zu treffen und werden das auch in diesem Fall tun.
Zur Situation vor Ort: Aus mehreren Diskussionen vor Ort weiß ich, dass es im Amtsbereich Fahrland sehr unterschiedliche Vorstellungen gab und man sich nicht auf ein einheitliches Vorgehen einigen konnte. Die Vorstellungen reichten vom Wechsel einer Gemeinde in die Bundeshauptstadt Berlin über den Wechsel in den Kreis Havelland und nach Potsdam bis hin zum Erhalt des Amtes. Da man sich vor Ort nicht einigen konnte, haben wir mit dem Gesetz nun auch der schwierigen Situation vor Ort Rechnung zu tragen.
Eine Gemeinde wird in den Kreis Havelland wechseln, die übrigen Gemeinden werden in die Landeshauptstadt Potsdam eingegliedert. Ich denke, die Situation vor Ort, die Pendlerströme, die gegenseitigen Beziehungen rechtfertigen diese Entscheidung und sind für beide Seiten - für die Einwohnerschaft der Gemeinden, die in Potsdam eingegliedert werden, bzw. für die Landeshauptstadt Potsdam - von Vorteil.
Mit Golm hat Potsdam eine klassische enge bauliche Verflechtung. Wer sich von der Landeshauptstadt auf den Weg nach Golm macht, wird dies feststellen. Lediglich durch das Ortsausgangs- und das Ortseingangsschild ist festzustellen, wo die eine Gemeinde aufhört und die andere beginnt.
Gerade als Potsdamer sage ich: Wir stehen natürlich auch gegenüber den Golmern in der Verantwortung, dass die im Zusammenhang mit der Eingliederung vor Ort bestehenden Ängste ernst genommen werden. Wir werden diese Verantwortung zusammen mit der Regierung, der Landeshauptstadt, mit dem Oberbürgermeister, der auch in der Anhörung des Innenausschusses entsprechende Ausführungen machte, wahrnehmen nicht nur als Landtag, sondern auch als Landeshauptstadt Potsdam. Insofern ist diese Entscheidung folgerichtig und konsequent.
Zu den Bedenken des Landkreises Potsdam-Mittelmark: Ja, der Landkreis verliert ungefähr 13 000 Einwohner. Auf der anderen Seite ist der Landkreis Potsdam-Mittelmark einer der stärksten Landkreise in Brandenburg, der in den letzten Jahren einen Aufwuchs von mehreren Zehntausend Einwohnern hatte. Das Klagen kann ich natürlich verstehen, es relativiert sich aber, wenn man sich die Entwicklung vor Ort anschaut.