Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungpunkt mit dem Beitrag der antragstellenden Fraktion und gebe der Abgeordneten Tack das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf des Verkehrswegeplanes 2003 - der große Wurf ist es wohl nicht geworden! Der Bundesverkehrswegeplan mit einer Laufzeit von 2006 bis 2015 und einem geplanten Umfang von 150 Milliarden Euro und ca. 2000 Einzelprojekten - darunter allein über 300 Ortsumgehungen - ist eine riesige Mogelpackung, wie wir festgestellt haben, in die über 100 alte, wirtschaftlich fragwürdige und ökologisch sowie raumordnerisch risikobehaftete Projekte erneut aufgenommen wurden. Mit der Realisierung der Projekte trägt die rot-grüne Bundesregierung dazu bei, dass es bis zum Jahr 2015 zu einem weiteren Anwachsen der Kohlendioxidbelastung um mindestens 11 bis 17 % kommen wird. Das finden wir sehr bedenklich. Ich denke, Herr Minister Birthler sieht das auch so.
Der Entwurf entspricht nicht den von der Bundesregierung angekündigten Zusagen, dass nur die Vorhaben und Projekte, die einer wirtschaftlichen und ökologischen Prüfung standgehalten haben und mit denen die Zielstellung, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, auch wirklich erreicht wird, Bestandteil des Bundesverkehrswegeplanes werden.
Die PDS-Fraktion fordert Verkehrsprojekte, die eine Grundlage zur nachhaltigen und damit zukunftsfähigen Entwicklung bieten und die dazu beitragen, dass ein kräftiger Schritt auf dem Weg zu einer Verkehrswende gegangen wird. Ich nenne nur die Stichworte Verkehrsverlagerung, -vermeidung und -reduzierung. Das gilt auch für die Projekte des Bundesverkehrswegeplanes für den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr in die EU-Beitrittsländer, die eine rechtzeitige und enge Kooperation mit diesen Ländern erfordern. Die Reise von Ministerpräsident Platzeck in die polnischen Nachbarwoiwodschaften machte doch deutlich, dass die deutsch-polnische Zusammenarbeit letztendlich in eine gemeinsame Konzeption zur Entwicklung der Infrastruktur fließen muss. So kann man doch rechtzeitig und einvernehmlich klären, ob ein Grenzübergang nördlich von Schwedt sinnvoll und gewollt ist oder eben nicht.
Meine Damen und Herren, wir empfinden es geradezu als einen Skandal, dass das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17, Wasserstraßenausbau Magdeburg - Berlin, ungeprüft und unverändert wieder in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde, obwohl nach wie vor kein Nachweis für die Wirtschaftlichkeit des Projektes vorliegt und die Bundesflusskonferenz im September vergangenen Jahres eine neue Strategie des Wasserstraßenausbaus empfahl. Die neue und vom Bundesver
kehrsminister in Auftrag gegebene Planco-Studie beziffert das Gütertransportaufkommen auf dem Wasserstraßenabschnitt Magdeburg - Berlin über den Sacrow-Paretzer-Kanal auf nur ca. 4,4 Millionen Tonnen pro Jahr.
Frau Abgeordnete Tack, ich darf Sie einmal unterbrechen. Meine Damen und Herren, das Thema ist nicht so uninteressant und so unwichtig, dass ich hier einen so lauten Lärmpegel im Plenarsaal gestatten kann. Ich möchte Sie also bitten, der Rednerin zu folgen und dann auch den Rednern aus Ihren Fraktionen in analoger Form.
Frage 1: Frau Tack, können Sie uns bitte darlegen, für bzw. gegen welche Projekte bei Grenzübergängen Sie sich ganz konkret aussprechen?
Frage 2: Können Sie uns bitte darlegen, für bzw. insbesondere gegen welche konkreten Straßenbauprojekte Sie sich aussprechen, die zurzeit im Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes enthalten sind?
Herr Kollege Dellmann, Sie erinnern sich an die Sitzung des Verkehrsausschusses, an der wir gemeinsam teilgenommen haben. Da habe ich sehr wohl auf diese Projekte aufmerksam gemacht. Ich will bewusst meine Redezeit nicht dafür nutzen, auf Einzelprojekte einzugehen, abgesehen von dem Projekt 17, weil wir das gemeinsam im Verkehrsausschuss angesprochen haben. Das ist nächste Woche im Protokoll nachzulesen. Ich habe schon einmal in den Entwurf hineingesehen. Es geht zum Beispiel um den grenzüberschreitenden Schienenverkehr, bei dem nachgebessert werden muss - das wissen Sie sehr wohl -, und auch um Mobilitäts- und Verkehrssicherheitsprojekte, über die wir in der Ausschusssitzung geredet haben.
Jetzt will ich auf das Projekt 17 zurückkommen, weil das ein konkretes Beispiel ist, an dem ich noch einmal unterstreichen will, was die Planco-Studie deutlich gemacht hat: 4,4 Millionen Tonnen pro Jahr. Das ist ein Güteraufkommen, das gleich ist mit dem, das auf dieser Wasserstraße bereits im Jahr 1997 an Gütern transportiert worden ist. Ich denke, meine Damen und Herren, damit ist die Nutzlosigkeit des Wasserstraßenausbaus bewiesen.
Sie, Herr Meyer, sollten sich - so ist unsere Auffassung schnellstmöglich dafür engagieren, dass dieses Projekt endlich aus dem Bundesverkehrswegeplan verschwindet, und Sie sollten sich auch dafür engagieren, dass die Wasserstraßen in der
Region Berlin-Brandenburg saniert werden, was dringend notwendig ist, damit die einheimische Binnenschifffahrt wirklich eine Perspektive für die nächsten Jahre erhält. Überprüfen Sie, Herr Minister, das Hafenentwicklungsprogramm für Brandenburg in Abstimmung mit Berlin hinsichtlich der zu erwartenden Güterströme und auch der Gütermengen. Bis jetzt, meine Damen und Herren - ich denke, das ist ein sehr eindrucksvolles Beispiel -, gibt es für den geplanten Hafen im Güterverkehrszentrum Wustermark überhaupt keinen realen Bedarf. So steht die Entscheidung an, den Hafen in Wustermark vorerst nicht zu bauen.
Das ist die Realität und auf diese Realität sollte man sich einstellen. Für die Erfüllung von Wunschträumen, Herr Minister, sollten nie wieder Steuergelder verschwendet werden. Wir kommen ja morgen möglicherweise auf die Entscheidung zum Flughafen zurück. Auch da ging es bisher bedauerlicherweise nur um Wunschträume. Die Gelder, Herr Meyer, sollten zugunsten - da erinnere ich an die Frage von Herrn Dellmann - der Modernisierung von Eisenbahnstrecken eingesetzt werden, auch um beim grenzüberschreitenden Verkehr Investitionen zu realisieren, um das Ungleichgewicht zwischen Schiene und Straße endlich abzubauen.
Die Landesregierung geht bei der Anmeldung ihrer Verkehrsprojekte für den Bundesverkehrswegeplan weiterhin von einem Verkehrswachstum aus, das sie nur bewältigen, nicht aber beeinflussen kann. Insbesondere betrifft das das geplante bzw. prognostizierte Anwachsen des motorisierten Individualverkehrs auf der Straße.
Brandenburg, meine Damen und Herren, nimmt damit - das will ich in diesem Zusammenhang noch einmal sagen - in Bezug auf Flächenversiegelungen durch Verkehrsbauten weiterhin eine Spitzenreiterrolle ein. Es soll nach Ihren Vorstellungen auch zu zahlreichen Zerschneidungen von FFH-Gebieten kommen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass im Land Brandenburg für den Bundesverkehrswegeplan 30 Ortsumgehungen mit vordringlichem Bedarf und weitere 66 Ortsumgehungen angemeldet sind.
Herr Verkehrsminister, die PDS-Fraktion erwartet, dass Sie sich in den Anhörungen bzw. in den ausstehenden Spitzengesprächen mit der eingangs genannten Zielsetzung für eine Nachbesserung und eine Kurskorrektur der Brandenburger Projekte einsetzen.
Mit unserem heutigen Antrag wollen wir die Landesregierung noch einmal ermuntern, genau diese Position in den Verhandlungen und Gesprächen gegenüber dem Bundesverkehrsminister deutlich zu machen. Ich will noch einmal kurz zusammenfassen, worum es uns vor allen Dingen geht :
Vorrang müssen die Projekte der Instandhaltung, der Instandsetzung und der Modernisierung vorhandener Netze bei Bahn, Straße und Wasserstraße erhalten.
Der Bundesverkehrswegeplan ist an einem realistischen Finanz- und Zeitrahmen zu orientieren. Da erinnere ich nur an die aktuellen Debatten zum Bundeshaushalt. Ich bezweifle sehr, dass es eine Ausfinanzierung dieser Anmeldungen im Bundesverkehrswegeplan gibt.
lisierung zukunftsfähiger integrierter Verkehrskonzepte insbesondere auf regionaler Ebene dienen und zum Aufbau von nachhaltigen Mobilitätssystemen führen. Wir haben heute schon mehrmals die Situation des öffentlichen Personennahverkehrs in Brandenburg angesprochen.
Bestandteil der Planung muss die Umgestaltung der politischen Rahmenbedingungen dahin gehend sein, dass zwischen den Verkehrsträgern Straße, Schiene, Wasserstraße und Luftverkehr gleichwertige Wettbewerbschancen geschaffen werden. Ich zähle dazu auch den Subventionsabbau bei Straße und Luftverkehr. Damit überhaupt strategische Veränderungen erreicht werden können, sind die politischen Rahmensetzungen zu ändern.
Zielgerichtete Investitionen zur Umsetzung des nationalen Radverkehrsplanes sind ebenso in den Bundesverkehrswegeplan aufzunehmen. Auch das hat heute schon eine Rolle gespielt.
Wir meinen, Herr Minister, der Bundesverkehrswegeplan mit seinen Projekten muss auch Impulse für eine Innovationsoffensive für zunehmend integrierte Verkehrslösungen geben, um die vorhandene Infrastruktur besser auszunutzen, den Verkehrsaufwand zu senken und die Verkehrsbelastungen zu reduzieren.
Der Bundesverkehrswegeplan muss dazu beitragen, dass die Verkehrssicherheit für alle Teilnehmer am Straßen- und öffentlichen Verkehr spürbar verbessert wird.
Meine Damen und Herren, des Weiteren erwarten wir - das ist der zweite Punkt in unserem Antrag -, dass die Landesregierung im Entscheidungsprozess um die Brandenburger Projekte Transparenz dergestalt herstellt, dass sie für alle diese Projekte die neue Methodik von Nutzen-Kosten-Verhältnis, umweltund naturschutzfachlicher Beurteilung und Raumwirksamkeitsanalyse anwendet und dass sie den Grad der Übereinstimmung der zum Bundesverkehrswegeplan 2003 angemeldeten Projekte mit den Vorgaben des Gemeinsamen Landesentwicklungsprogramms der Länder Berlin und Brandenburg und vor allen Dingen des Integrierten Verkehrskonzepts Brandenburg vom Dezember 2002 aufzeigt.
Da sehen wir eine Chance, dass im Bundesverkehrswegeplan nachgebessert wird. Dazu wollen wir Sie gern ermuntern. Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Tack, und gebe der Fraktion der SPD das Wort. Herr Abgeordneter Dellmann, bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe das Gefühl, dass ein Antrag auf dem Tisch liegt, der sich nur zum Teil an uns richtet und eigentlich eher ein Thema beinhaltet, das im Bundestag zu behandeln wäre, und der vor allem deutlich über das, was der Bundesverkehrswegeplan leisten soll und kann, hinausgeht.
Darüber, dass die Rahmenbedingungen zu verändern sind, Frau Tack, kann man ja trefflich diskutieren, aber wir reden beim Bundesverkehrswegeplan aus meiner Sicht nicht generell über die Rahmenbedingungen, sondern darüber, dass dies quasi ein Werkzeug ist. Wir müssen uns also mit dem Werkzeug auseinander setzen; denn dies ist es nur. Das heißt, die Diskussion, die Sie hier führen, ist aus meiner Sicht nur bedingt möglich.
Was ich absolut vermisse, sind Ihre Antworten an die Regionen in Brandenburg; denn wir können uns nicht hinstellen und diskutieren: Was könnte man, was sollte man, integriertes Verkehrskonzept, nationale Radverkehrsstrategie etc. Unsere Regionen erwarten ganz konkret Auskunft: Wofür setzen wir uns ein? Setzen wir uns für die A 14 ein? Setzen wir uns für den Ausbau des Schienenwegenetzes Berlin - Cottbus - Görlitz ein? Darauf werden konkrete Antworten erwartet. Auch Schwedt wartet auf eine klare Antwort: Wofür setzt sich die PDS, auch in der Region Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt, ein? Das sind die Punkte, die eigentlich zu erwarten wären und die ich hier vermisse.
Ich würde mich freuen, wenn die PDS beispielsweise einmal klar sagte, welche Ortsumgehungen sie aus dem Bundesverkehrswegeplan herauszunehmen vorschlagen würde. Auf diese Diskussion würde ich mich herzlich freuen.
- Wir haben Punkte diskutiert, aber es hört sich so an, als ob das, was Brandenburg angemeldet hat, und das, was im Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes steht, grundsätzlich auf Ihren Widerspruch stößt.
Ich glaube, wir können aus Brandenburger Sicht nicht unzufrieden sein mit dem, was als Entwurf vorliegt, aber meine schon, dass wir bezüglich einiger Punkte noch erheblichen Nachhol- und Nachbesserungsbedarf haben.
Die Wasserstraßen, Frau Tack, sind nur ein Thema und auch der Kosten-Nutzen-Faktor ist nur ein einziges - herausgegriffenes - Thema. Es erhebt sich beispielsweise die Frage, wie Räume zu erschließen sind. Gerade die Frage der ergänzenden Weiterführung des Schienenausbauprogramms aufzuwerfen warne ich Sie, Frau Tack, ein wenig. Wenn Sie allein die Strecke Berlin - Stettin nehmen, die aus unserer Sicht ausgesprochen wichtig ist, könnte es eventuell geschehen, dass jemand fragt, wie dort der Kosten-Nutzen-Faktor tatsächlich ist. Seien Sie deshalb etwas vorsichtig mit Ihrer Argumentation, wenn Sie nur über den Kosten-Nutzen-Faktor sprechen. Es geht ganz deutlich auch um Raumerschließungsfunktionen, um internationale Anbindungen usw. Deshalb ist Ihre Argumentation nicht schlüssig.
Ich glaube vor allen Dingen, dass wir im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung darüber diskutieren müssen, welche konkreten Projekte wir angehen wollen. Diesbezüglich sollten wir eine gemeinsame Sprache sprechen. Wir setzen uns sehr stark dafür ein, dass in der Region Eisenhüttenstadt ein Grenzübergang eingerichtet wird, der in diesem Raum auch Funktionen der Regionalentwicklung mit erfüllt; denn dieser Raum ist aus unserer Sicht noch viel zu wenig erschlossen.
über einzelne Ortsumgehungen zu sprechen, aber ich glaube, es gibt einige Projekte, die ausgesprochen wichtig sind, geht es bei ihnen doch um die Stärkung der Bundesstraßen als Rückgrat.
Für den nordwestlichen Raum Brandenburgs ist ganz wichtig, dass die A 14 kommt. Wir müssen sehr genau überlegen, was die richtige Antwort im Bereich der Lausitz ist; dies ist ein spannendes Thema. Ich glaube, dass wir wirklich gucken müssen, wenn wir uns da entscheiden: Was hat herausragende Bedeutung für die Region? Das heißt, es nützt uns nichts, als Primat eine Transitstrecke zu haben, sondern wir müssen wirklich schauen - wir haben dort den Kreis Elbe-Elster und die anderen Landkreise -: Was ist für die Landkreise das Sinnvollste? Ich glaube, eine ganz hohe Priorität hat der dreispurige Ausbau mit den Ortsumgehungen der B 87.
Was mir persönlich auch sehr am Herzen liegt - ich sprach Berlin - Stettin schon an -, ist, dass wir - das geht durchaus in Ihre Richtung, Frau Tack - hier im Bereich der Schiene noch Projekte nachreichen, damit sie in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden. Die Region Cottbus - Görlitz scheint mir hierbei ausgesprochen wichtig zu sein.
Ihren Antrag können wir nicht unterstützen, da wir der Auffassung sind, dass sich die Planung schon in der konkreten Phase befindet und es in der Diskussion mit dem Bund wirklich um die konkreten Projekte geht. Wir brauchen daher bezüglich der konkreten Vorschläge des Bundes Antworten. Deshalb wird unsere Antwort auch objekt- und projektkonkret sein. - Herzlichen Dank.
Ich danke dem Abgeordneten Dellmann. - Ich gebe der Fraktion der DVU das Wort. Frau Abgeordnete Hesselbarth, bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stagnation bedeutet Stillstand, wenn nicht gar Rückschritt. Der vorliegende Antrag ist genauso intelligent wie der zum Flussausbau. Die PDSFraktion bedient sich hier wieder einmal ihrer Sammlung fragwürdiger Thesen, um zu verschleiern, worum es in Wirklichkeit geht: um den Stopp des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit 17 und anderer im Sinne der Infrastruktur und damit im Sinne der Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Wirtschaftsentwicklung unseres Landes notwendiger Maßnahmen.
Nachdem uns die PDS bereits mehrmals im Ausschuss und zu den Plenarsitzungen im April mit ihrem Antrag „Flussausbauprojekte auf den Prüfstand“ belästigt hat, müssen wir uns jetzt die gleiche ökonomisch unlogische Forderung nach einer Kosten-Nutzen-Analyse als für die PDS wesentliches Abwägungsmaterial für das Planungsverfahren zum Projekt 17 erneut zumuten.