Die Besteuerung von Zinseinkünften entsprechend dem persönlichen Steuersatz könnte zu Mehreinnahmen in Höhe von 15 Milliarden Euro führen. Die Einführung einer Börsenumsatzssteuer von 1 % auf Wertpapierumsätze würde Mehreinnahmen in Höhe von 13 Milliarden Euro für die öffentlichen Kassen bedeuten.
Für die sozialen Sicherungssysteme heißt unsere Antwort nicht Herausnahme von immer mehr Leistungen aus diesen Systemen und ihre private Absicherung, sondern Verbreiterung der Finanzierungsgrundlagen der Sicherungssysteme, langfristig in Richtung einer allgemeinen Erwerbstätigenversicherung.
- Meine Damen und Herren, wenn ich die Ergebnisse Ihrer Politik kritisiere, heißt das nicht, dass ich ein anderes System einführe. Aber Sie müssen nicht ausgerechnet die Kritik am alten System abweisen. Wenn das das einzige ist, was Sie übernehmen, tun Sie mir Leid.
Meine Damen und Herren! Der wichtigste Beitrag zur Stabilisierung der öffentlichen Haushalte und der Sozialsysteme ist und bleibt der nachhaltige Abbau der Massenarbeitslosigkeit und die Schaffung dauerhafter und existenzsichernder Arbeitsplätze. Eine neuartige Vollbeschäftigung wird nur dann herzustellen sein, wenn gesellschaftlich notwendige Arbeit neben klassischer Erwerbsarbeit bezahlbar gemacht wird. Ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor bietet diese Chance.
Zu einer Politik der Verarmung von Menschen und Regionen gibt es Alternativen: Stärkung der Binnenkaufkraft, öffentliche Finanzierung von Arbeit, bessere Finanzausstattung der Kommunen, damit sie investieren können, im Übrigen die von der PDS seit Jahren geforderte Risikoabsicherung für Existenzgründer, für freie Berufe, kleine und mittelständische Unternehmen, indem man ihnen einen freiwilligen Beitritt zur Arbeitslosenversicherung ermöglicht.
Ein weiterer Vorschlag: Die Arbeitgeberbeiträge zu den sozialen Sicherungssystemen sind nicht mehr nach der betrieblichen Lohnsumme, sondern nach der Bruttowertschöpfung des Unternehmens zu berechnen.
Meine Damen und Herren, es ist ein Irrglaube anzunehmen, dass weniger Sozialstaat zu mehr Beschäftigung führt. Das gilt besonders für den Osten. Wir fordern daher die Landesregierung und besonders die SPD auf, nicht mit einem „Augen zu und durch!“ dem Kanzler ihre Treue zu erweisen, sondern die
Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Land Brandenburg wirksamer zu vertreten. - Ich bedanke mich.
Ich danke dem Abgeordneten Prof. Dr. Bisky. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Prof. Dr. Bisky, Sie haben exakt das getan, was wir erwartet haben, nämlich voll in die rhetorische Gerümpelkiste gegriffen.
Wir haben - das ist völlig unstrittig - Gerechtigkeitslücken in Deutschland, natürlich auch in Brandenburg; das ist logisch. Nur, wo sind denn die Gerechtigkeitslücken? Ich halte es für außerordentlich ungerecht, dass so viele Menschen keine Arbeit haben.
(Zuruf von der PDS: Wir auch! - Vietze [PDS]: Ihre Pro- gramme haben nicht mehr Arbeitsplätze geschaffen!)
Ich halte es für außerordentlich ungerecht, dass nur noch so wenige Leistungsträger einzahlen und so viele Menschen hingegen Leistungen empfangen - was mit der Arbeitslosigkeit zu tun hat. Das ist ungerecht. Hier werden diejenigen, die jetzt noch Arbeit haben, in einem Maße belastet, das wir nicht gut finden können. Was netto vom Brutto bleibt, ist schlicht zu wenig. Daran muss etwas geändert werden; da sind wir uns doch vermutlich einig. Warum also sind Sie dagegen?
Wenn Sie hier versuchen, Klischees zu bedienen - der Lausitzring war ein Beispiel dafür, das in die heutige Debatte nicht wirklich gehört -, dass zum Beispiel Abgeordnete keine Krankenkassenbeiträge oder keine Steuern zahlen - so hat sich das bei Ihnen angehört -,
Sie werden es genauso wenig gelöst bekommen durch weiteres Schuldenmachen. Betrachtet man den Bundeshaushalt, stellt man fest, dass die Sozialausgaben und der Schuldendienst zusammen 62 % des Gesamthaushalts ausmachen. Damit sind
Grenzen erreicht, die nicht überschritten werden dürfen. Sie können nicht durch Schuldenaufnahme und auch nicht durch Umverteilung überschritten werden; insofern sind Ihre Mittel und Strategien nicht tragfähig.
Deswegen muss der Ansatz woanders gesucht werden und deswegen ist die Agenda 2010 so wichtig und richtig.
Ich will dies an einigen Beispielen verdeutlichen. Es geht in der Agenda 2010 um die Senkung von Steuern. In ihr steht unter anderem, dass im Prinzip die privaten Haushalte um 3,8 Milliarden Euro entlastet werden, dass die mittelständische Wirtschaft und gerade die Kleinbetriebe entlastet werden.
Sind Sie etwa dagegen, dass eine Familie mit zwei Kindern mit 30 000 Euro Jahreseinkommen in den Jahren 2004/2005 jährlich um 566 Euro entlastet wird? Sind Sie wirklich dagegen?
Sind Sie dagegen, dass mit einem Programm 100 000 jugendliche Sozialhilfeempfänger zwischen 15 und 25 Jahren in ein Beschäftigungs- und Ausbildungsprogramm geführt werden? Das steht in der Agenda; dagegen können Sie nicht sein.
Sind Sie dagegen, dass die Ausbildungseignungsverordnung vereinfacht, dass die Ausbildungsverordnung insgesamt so gestaltet wird, dass mehr Unternehmen überhaupt in die Lage versetzt werden, auszubilden?
Sind Sie dagegen, dass 14 000 Plätze im Ausbildungsprogramm von Bund und Land erhalten bleiben? - Das alles steht in der Agenda 2010.
Sind Sie dagegen, dass das Programm „Kapital für Arbeit“ auf Ausbildungsplätze ausgedehnt wird? Bisher umfasste es ja nur Arbeitsplätze. Dagegen können Sie nicht sein. Auch das steht in der Agenda.
Sind Sie gegen die Hilfe für Existenzgründer mit dem „smallbusiness-act“, wo im Prinzip organisiert wird, dass Bürokratie tatsächlich zurückgefahren wird? Bisher werden Kleinunternehmen von Bürokratie oft in einen Bereich gedrängt, in dem ihre Tätigkeit keinen Sinn mehr macht. Das wird an der Stelle geändert. Das ist doch wohl vernünftig.
Sind Sie gegen eine Modernisierung der Handwerksordnung? Man kann sicherlich über deren Effekte streiten, aber darüber, dass die Handwerksordnung, die 100 Jahre und älter ist, nicht in alle Zukunft so fortgeschrieben werden kann, sind wir uns doch vermutlich einig.
Sind Sie gegen die Hilfe für Städte und Gemeinden, die in der Agenda 2010 festgeschrieben ist? Darin steht, dass die Kommunen von den Flutopferlasten befreit werden.
Darin steht, dass ein kommunales Investitionsprogramm in Höhe von 7 Milliarden Euro auf den Weg gebracht wird. Dagegen können Sie nicht sein. Das ist vernünftig, weil genau diese Investitionssummen bei den Unternehmen in den Regionen bleiben. Deswegen müssten auch Sie dafür sein.