Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

Mein lieber Herr Homeyer, was Sie hier zum Besten gegeben haben, zeigt, dass Sie nicht verstanden haben, dass sich seit der Bekanntmachung des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich vom 15.05.1871, das heißt vor über 132 Jahren, einiges geändert hat.

Herr Sarrach, wenn Sie die entsprechenden Paragraphen anführen,

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

dann muss ich Ihnen sagen: Sie wissen ganz genau, dass das nur Ersatzfreiheitsstrafen, aber nicht kurze Freiheitsstrafen betrifft. Also stellen Sie sich doch nicht so hin, als ob das, was wir fordern, so widernatürlich wäre. Außerdem wollen wir weg von der Zerstückelung und die Änderung durch eine Bundesratsinitiative auf das ganze Bundesgebiet ausdehnen.

Es ist heute zum Beispiel nicht mehr der Fall, Herr Homeyer, dass Kleinkriminelle wie in damaliger Zeit harte Freiheitsstrafen aufgebürdet bekommen und gleichzeitig sehr hart arbeiten müssen.

Betrachten wir zunächst den § 41 in der geltenden Fassung. Diese Vorschrift ermöglicht es dem Gericht, bei wirtschaftlicher Bereicherung des Verurteilten durch seine Tat neben der Freiheitsstrafe eine Geldstrafe zu verhängen. Was aber nutzt eine solche Geldstrafe zum Beispiel dem Betrugsopfer? Was nutzt eine solche Geldstrafe dem Opfer einer Untreue, einer Unterschlagung, eines Diebstahls oder einer Sachbeschädigung? Nichts!

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

Zudem greift § 41 in seiner jetzigen Fassung bei gemeinschädlichen Sachbeschädigungen wie zum Beispiel im Fall der Zerstörung fremden Eigentums in den dort genannten Fällen, auch wenn noch so bedeutende Werte vernichtet werden, völlig ins Leere. Im Grunde genommen bleiben diese auf der Strecke. Was bleibt den geschädigten Eigentümern bzw. Trägern zerstörter Denkmäler, Kunstgegenstände, Gebäude und wertvoller

Arbeits- und Betriebsmittel in der Rechtspraxis, auch nach neuerem Recht?

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

Nur die Geltendmachung eines vermögensrechtlichen Anspruches im Wege eines letztlich ebenso ins Leere laufenden Antragsverfahrens nach § 403 ff. Strafprozessordnung, das in der Regel genauso nutzlos wie das Erwirken eines zivilrechtlich erstrittenen, aber uneinbringlichen Titels ist. Den gleichen Effekt, nämlich letztlich nur ein fragwürdiges Maß an Genugtuung für die Opfer, bieten die Ersatzfreiheitsstrafe bzw. die kurze Freiheitsstrafe.

Solche Situationen verursachen Kosten. In den überfüllten Gefängnissen kommen die kleinkriminellen Verurteilen zudem noch häufig mit Schwerkriminellen in Kontakt und werden nach Wochen oder wenigen Monaten unter dem Eindruck der dort desolaten Verhältnisse wieder in Freiheit gesetzt, um ihr gemeinschädliches Verhalten unverändert oder womöglich gewaltsam fortzusetzen.

Diesem rechtspolitischen Missstand wollen wir als DVU-Fraktion ein Ende setzen und das bisherige Sanktionssystem in eine sowohl für den Täter als auch für das Opfer und nicht zuletzt für die Rechtsgemeinschaft als solche sinnvolle, in einem System subsidiärer Abstufung nützliche Form des Strafvollzuges umwandeln.

Wenn Sie das nicht begreifen, Herr Sarrach, Herr Homeyer, dann sollten Sie hier besser nicht das Wort ergreifen...

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrags!

... sondern sich vielleicht vorher mit Profis aus dem Bereich des Strafvollzuges, das heißt mit Staatsanwälten oder Justizvollzugsbeamten, zusammensetzen.

Ich bitte nochmals um Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 3/5992 an den Rechtsausschuss. Wer diesem Überweisungsansinnen folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Sache. Wer dem Antrag folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 18 und rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Unterrichtung des Landtages Brandenburg über eine vom Land Brandenburg dem Emirat Dubai eingeräumte Option

Antrag der Abgeordneten Dr. Schröder

Drucksache 3/5993

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Antragstellerin. Frau Dr. Schröder, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Spatzen pfeifen es inzwischen längst von den Dächern: Communicant ist ein von Insolvenz bedrohtes Unternehmen. Der technologische Ausverkauf des IHP ist in vollem Gange. Der selbst ernannte Globalplayer Brandenburg wird zwischen den Fronten von Jenoptik-Tochter M+W Zander, Intel und Dubai zerrieben. Mit Verlaub: Die Geschichte erinnert an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Minister Junghanns kommt noch immer mit großer Geste daher, obwohl er - bildlich gesprochen - inzwischen völlig nackt dasteht.

Die Verträge mit Intel und Dubai seien streng geheim, erklärt er immer wieder auf Anfragen. Im „Spiegel“ ,im „ManagerMagazin“ und im „Focus“ können wir die Geheimnisse aber ständig nachlesen. Communicant dementiert und sagt, es gebe keine Geheimverträge. Also, Minister Junghanns - jetzt ist er anwesend -, legen Sie die Karten zum Thema Chipfabrik endlich auf den Tisch!

Brandenburg droht zum Verlierer in einem ungleichen Spiel zu werden. Die im IHP entwickelte Technologie wird wohl nicht in Frankfurt (Oder) zu dauerhaften Arbeitsplätzen führen, sondern vielleicht in den USA, in Irland oder in Dubai.

Aus zwei Gründen ist es inzwischen für die Stadt Frankfurt (Oder) und auch für das Land Brandenburg unerheblich, ob und inwieweit das IHP weltweit die einzige Einrichtung ist, welche einen kompletten BiCMOS-Prozess mit 200 Gigahertz Bipolartransistoren beherrscht und externen Kunden zur Prototypherstellung zur Verfügung stellen kann.

Communicant-Brandenburg-Deutschland wird den wirtschaftlichen Nutzen aus diesem Know-how nicht ziehen. Intel und Dubai haben den freien Zugriff auf die in Brandenburg entwickelte Technologie und können diese mit eigenen Mitteln weltweit profitabler umsetzen als Brandenburgs neuester Pleitekandidat Communicant.

Sollte die wirtschaftliche Umsetzung der Chiptechnologie in Frankfurt (Oder) aber doch noch gelingen, muss Communicant an Intel in jedem Fall 6 % vom Umsatz abführen, und zwar anscheinend ohne jegliche Kündigungsmöglichkeit.

Die Tatsache, dass Communicant nach den vorliegenden Verträgen nur Chips fertigen darf, die nicht mit Intel-Chips kompatibel sind, bedeutet, dass diese Betreiberfirma neben Intel überhaupt keine oder nur sehr geringe Marktchancen hat.

Nach dem jüngsten „Focus“-Bericht muss Communicant für Dubai inzwischen für lächerliche 5 Millionen Euro Lizenzgebühr bei einem Treuhänder eine komplette CD-Dokumentation seiner Chiptechnologie hinterlegen, die vierteljährlich zu aktualisieren ist. Anderenfalls drohen 25 000 Euro Vertragsstrafe. Schon hieraus ergibt sich, dass die Technologie mehr wert ist als die von Minister Junghanns freihändig festgesetzten 5 Millionen Euro. Allein die Basistechnologie sei 50 Millionen Dollar wert. Das gesamte Paket wird auf 100 Millionen Dollar geschätzt.

Herr Minister Junghanns, ich kann nicht erkennen, dass Sie die IHP-Technologie, die mit EU-, Bundes- und Landesmitteln gefördert wurde, zu ihrem vollen Wert an Intel und Dubai abtreten wollen. Ich kann auch nach Ihrem Auftritt heute Morgen nicht erkennen, wie Sie im Prozess der Vertragsgestaltung konkret wirklich Brandenburger Landesinteressen vertreten. Sie müssen uns daher schon über die geschlossenen Verträge und Ihre noch bemerkenswerteren Zusatzvereinbarungen über geistiges Eigentum, Intellectual Property Rights Agreement“, Treuhandschaft, „Escrow Agreement“ oder Abschluss des Investments „Memorandum of Closing“ aufklären. Sie haben ja heute bestätigt, dass es solche Vereinbarungen gibt. Betroffen seien immerhin, wird im „Focus“ zitiert, „alle Rechte an gegenwärtigen oder künftigen registrierten oder nichtregistrierten Erfindungen und Patenten“. Auch das haben Sie heute nicht dementiert.

Hieraus wird deutlich: Intel und Dubai haben bei Communicant das Sagen; Brandenburg ist inzwischen nur noch Laufbursche und Zahlmeister. Die Absurdität des Ganzen wird deutlich an dem Fakt, dass bis heute in Frankfurt (Oder) noch immer keine Chipfabrik in Umrissen zu erkennen ist, wie immer man das auch erklärt.

Ich meine, es ist daher an der Zeit, dass die Landesregierung den Landtag über die Geschäfte, die sie über das IHP und Communicant unter dem Codenamen „Chipfabrik“ abwickelt, endlich aufklärt. Meine Damen und Herren von der Landesregierung, dazu sind Sie verpflichtet; denn schließlich jonglieren Sie nicht mit Privatvermögen, sondern mit Landes- und Bundesvermögen in Millionenhöhe.

Das Wort geht an den Abgeordneten Homeyer. Er spricht für die Koalitionsfraktionen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Schröder, ich möchte Ihnen dazu nur Folgendes sagen: Der „Focus“ ist nicht das „Neue Deutschland“; denn der „Focus“ hat nicht immer Recht.

(Frau Dr. Schröder [fraktionslos]: Aber die Verträge!)

Dadurch, dass Sie es ständig wiederholen, wird es auch nicht besser.

Ich glaube, Frau Schröder, Minister Junghanns hat heute Morgen in Beantwortung Ihrer umfangreichen Fragen sehr umfassend deutlich gemacht, dass das Projekt Communicant für die Regierung von großem Interesse ist. Minister Junghanns hat

auch umfassend dargestellt, in welcher Weise die Landesregierung die Interessen des Landes wahrnimmt.

Herr Abgeordneter, sind Sie bereit, eine Frage zu beantworten?

Möchte ich nicht. - Es ist auch deutlich geworden, Frau Schröder, dass es bei den Verhandlungen über dieses komplizierte Projekt eben Sachverhalte gibt, die nicht in die Öffentlichkeit gehören. Da wir eine Landtagssitzung nicht in nicht öffentlicher Sitzung durchführen können, muss Herr Minister Junghanns entsprechend seiner Dienstpflichten die Dinge so darstellen, dass es dem Projekt nicht schadet. Das hat er umfassend getan.

Im Übrigen, Frau Schröder, machen Ihr Antrag und auch Ihr Redebeitrag wiederum deutlich, dass es Ihnen eigentlich gar nicht um Informationen geht. Es geht Ihnen auch nicht um das Projekt Communicant. Eigentlich geht es Ihnen doch nur um eines: Sie suchen eine Plattform und auf dieser Plattform stellen Sie sich dar.

(Frau Dr. Schröder [fraktionslos]: Das ist etwas zu billig bei der Millionenhöhe von Geldern!)

Dagegen ist nichts zu sagen, es ist auch nicht verboten. Aber Sie sollten wissen, dass wir das durchaus erkennen.

Im Übrigen können Sie auch in den Ausschüssen des Landtages - deren Sitzungen finden nicht öffentlich statt - jederzeit Ihre Fragen stellen.

(Frau Dr. Schröder [fraktionslos]: Die werden ja nicht be- antwortet!)

Wie ich Minister Junghanns kenne, wird er Ihnen im Rahmen seiner Möglichkeiten, im Rahmen dessen, was sein Amt ihm in Fragen Communicant an Freiräumen lässt, auch jede Frage entsprechend beantworten.