Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

Aber erst Mitte vorigen Jahres leitete die Landesregierung den Abgeordneten einen Gesetzentwurf zur Novellierung der Bauordnung zu. Allerdings wurden die Fraktionen von SPD, CDU und PDS anscheinend erst vor zwei Wochen, in der 34. Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr am 12. Juni, fleißig und legten nach einer fast

einjährigen Befassung und einer Anhörung eine Menge an Änderungsanträgen vor, zum Teil sogar erst einen Tag vor der Sitzung.

Meine Fraktion hat zehn Änderungsanträge eingebracht, welche sich unter anderem zum Teil dadurch erledigten, dass es zumindest ansatzweise zu Übereinstimmungen kam. Schwerpunkt und Hauptziel der unsererseits beantragten Änderungen war die Unterstützung der beiden Eckpfeiler der Novelle, nämlich der Vereinfachung und Verkürzung des Baugenehmigungsverfahrens einerseits und des Abbaus von Normen und Standards andererseits und beides im Hinblick auf eine Belebung der Bautätigkeit und damit der Bauwirtschaft.

Wir als DVU-Fraktion haben von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, dass es uns darum geht, die am Boden liegende Baubranche des Landes zu unterstützen und sinnlose und überbordende Bürokratie abzuschaffen. Nichtsdestotrotz müssen wir bei der Umsetzung der Intentionen darauf Acht geben, dass grundlegende Notwendigkeiten im Bereich der Bausicherheit erhalten bleiben. Deshalb werden wir weiterhin darauf bestehen, dass die Rohbauabnahme in der jetzigen Form des § 84 der Bauordnung erhalten bleibt, dass auch zukünftig die Fertigstellung des Rohbaus bei genehmigungs- und anzeigepflichtigen Bauvorhaben besichtigt werden muss. Aus eigener Erfahrung als Bauunternehmerin halte ich das für dringend erforderlich, da eine Schlussabnahme in der Regel wegen der dann bereits vorgenommenen Verblendungen und Versiegelungen eines Bauwerks eine gründliche Überprüfung nur noch bedingt ermöglicht.

Für meine Fraktion ist es zum Beispiel nicht einzusehen, dass die Satzungskompetenz im Bereich der Stellplätze nach der vorliegenden Fassung des § 43 auch für den Fall, dass trotz der Festlegungen einer örtlichen Bauvorschrift aus Gründen, die in der planungsrechtlichen Situation des Grundstücks oder der Umgebung liegen und die die Gemeinde aufgrund eigener Planungshoheit zu verantworten hat, so weit geht, dass vom Bauherrn dennoch Ablösebeiträge abgefordert werden können. Hier wird quasi der Raum für eine neuerliche gemeindliche Sondersteuer eröffnet. Das kann nicht sein.

Des Weiteren ist es interessenwidrig und lebensfremd, dass der Entwurfsverfasser - jetzt Objektplaner - auch die Bauüberwachung vorzunehmen hat. Schließlich muss es dem Bauherrn überlassen bleiben, Planungsaufgaben zwischen den planenden und bauleitenden Architekten aufzuteilen.

(Allgemeine Unruhe)

Zum anderen ist sachlich nicht ersichtlich, weshalb einerseits Kostensteigerungen durch die Privatisierung von Prüfungstätigkeiten auf den Bauherrn abgewälzt werden, die Behörde sich andererseits aber einseitig der Haftung für Prüffehler entziehen kann. Dem Bauherrn wird so das Risiko übergestülpt, sich bei einem eventuell großen Schaden bei einem unter Umständen insolventen Sachverständigen schadlos halten zu müssen.

Im Gegensatz zur PDS-Fraktion wollen wir das notwendige Gesetzesvorhaben aber nicht wegen einzelner kritikwürdiger Punkte blockieren, sondern werden die von uns aufgezeigten Verbesserungen im Rahmen eigener Gesetzesvorhaben einbringen. Deshalb werden wir uns heute bei der Abstimmung

des vorliegenden Gesetzentwurfes der Stimme enthalten. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Schrey.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Warnick, ich muss dem Kollegen Ziel uneingeschränkt Recht geben. Auch wenn Sie heute eine 3. Lesung beantragen, hoffe ich doch, dass diese Bauordnung im September in Kraft treten kann. Wenn das nicht der Fall ist, würde sie zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt in Kraft treten und das, was wir mit dieser Bauordnung erreichen wollen, würde dann nicht mehr in diesem Jahr zum Tragen kommen.

Ich bin davon überzeugt: Mit der neuen Bauordnung wird im Land Brandenburg ein moderneres, flexibleres sowie investoren- und bürgerfreundlicheres Baurecht als das bisher geltende Recht in Kraft treten. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU ist dieses wichtige Reformvorhaben mit den Zielen des Abbaus von Normen und Standards und der Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens festgeschrieben. Die Landesregierung hat die letzten Jahre genutzt, um uns einen Entwurf zur Umsetzung der formulierten Ziele vorzulegen. Dabei ist die Landesregierung nicht in Ansätzen stecken geblieben, sondern hat mit der vollständigen Neugestaltung des Genehmigungsverfahrens, der Entrümpelung des Freistellungskataloges oder der Ausweitung der Entscheidungskompetenz der Kommunen wesentliche Veränderungen vorgelegt.

Meine Damen und Herren, trotzdem würde ich die Bauordnung als ausgewogenen Kompromiss zwischen Kontinuität und Wandel beschreiben. Das, was sich bewährt hat, das, was von den Bürgern und Unternehmern als rechtliche Vorgaben geschätzt wurde, haben wir im Bauordnungsrecht belassen. Rechtliche Vorgaben, die immer wieder zu Problemen in der Praxis und zu heftiger Kritik an der Bauordnung geführt haben, werden durch diese Novelle geändert.

(Anhaltende Unruhe)

Natürlich ist noch der eine oder andere Punkt im Gesetzestext, der nach Meinung der CDU-Fraktion nicht hineingehört oder wo wir fordern, dass die Bauanlage genehmigungsfrei gestellt wird.

Insgesamt aber - das ist wichtig - wird das Bauen im Land Brandenburg einfacher und schneller, sodass uns die Kompromisse,

(Glocke des Präsidenten)

die wir machen mussten, angemessen erscheinen.

Häufig wurde kritisiert, dass die Erteilung der Baugenehmigungen im Land Brandenburg zu lange dauert. Durch zeitliche Vorgaben bezüglich des Baugenehmigungsverfahrens für die Behörden, durch zusätzliche Freistellungen, durch die Schaf

fung des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens, durch Ersetzen der überflüssigen Einvernehmensregelungen durch Benehmensregelungen sowie durch Veränderungen im Verfahrensablauf gehen wir davon aus, dass Bauvorhaben zukünftig mindestens zwei Monate früher genehmigt werden. Das heißt, dass sich die Zeit von der Antragstellung bis zum Beginn des Bauvorhabens nahezu halbiert.

Meine Damen und Herren! Bei der Formulierung der Änderungsanträge war es meiner Fraktion wichtig, dass die Vorstellungen des Parlaments zum Baurecht nicht dazu führen, zum Gesetzentwurf der Landesregierung neue Normen und Standards zu schaffen. Mit unseren Änderungsanträgen haben wir uns klar an den Vorgaben des Koalitionsvertrages, das heißt am Abbau von Normen und Standards, orientiert. So ist es den Koalitionsfraktionen gelungen, sich auf eine Ausweitung des Freistellungskataloges zu verständigen. So sind jetzt zum Beispiel Werbeanlagen an der Stätte der Leistung bis 2,5 m2 genehmigungsfrei. Die Zeit, in denen baugenehmigungsfrei auf Veranstaltungen hingewiesen werden kann, wurde verlängert. Werbeanlagen an Fahrradständern bis zu einem Quadratmeter bedürfen keiner Baugenehmigung. Kleinkläranlagen, Wildzäune usw. können zukünftig ohne Baugenehmigung errichtet werden.

An dieser Stelle möchte ich noch deutlich machen, dass sich die CDU-Fraktion gerade in Bezug auf Werbeanlagen weitergehende Änderungen, das heißt weitergehende Erleichterungen, gewünscht hätte. Wir haben lange über diesen Punkt verhandelt und auch einiges erreicht. Aber am Ende stand ein Kompromiss. Ich möchte deshalb schon heute ankündigen, dass wir zur Verbesserung der Hinweismöglichkeiten auf unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen verstärkt auf die Änderung der Richtlinie zur Aufstellung von nichtamtlichen Hinweisschildern drängen werden.

Meine Damen und Herren, durch die Koalitionsfraktionen wurde des Weiteren auf die Stärkung der Konzentrationswirkung der Baugenehmigung hingewirkt. So umfasst in Zukunft die Baugenehmigung auch die wasserrechtliche Prüfung. Zudem war es uns wichtig, dass für Baugenehmigungen, die befristet erteilt werden, kleine und mittelständische Unternehmen nicht zwingend eine Sicherheitsleistung hinterlegen müssen.

Gerade vor dem Hintergrund der schlechten Eigenkapitalsituation unserer Unternehmen wollten wir keine zusätzlichen Hürden für Investitionen aufbauen. Das Bauanzeigeverfahren und das Baugenehmigungsverfahren werden - das wurde durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen sichergestellt hinsichtlich der Gültigkeit der Berechtigung zum Bauen gleichgestellt.

Die Wiederaufnahme von Bauarbeiten muss künftig nicht mehr bei der Bauaufsichtsbehörde angezeigt werden.

Den Kommunen, die jetzt in vielen Bereichen weit reichende Kompetenzen erhalten haben, soll bei der Erarbeitung der Stellplatzsatzung zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt werden, neben verkehrspolitischen und städtebaulichen Aspekten auch wirtschaftspolitische Erwägungen zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben insgesamt 35 Änderungsanträge erarbeitet. Ich möchte nicht jeden einzelnen vortragen, meine jedoch, dass deutlich gewor

den ist, dass wir mit dem Entwurf der Landesregierung und den Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen die Ziele der Novelle gemäß Koalitionsvertrag umgesetzt haben.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal all jenen meinen Dank aussprechen, die sich wirklich darum bemüht haben, die Änderungsanträge so zu gestalten, dass dabei etwas herauskommt.

Auch Sie von der PDS-Fraktion hatten genügend Zeit, daran teilzuhaben. Sie haben es versäumt. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Schrey und gebe das Wort an die Landesregierung. Herr Minister Meyer, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Diskussion über die Zeitschiene mit folgendem Hinweis beenden: Es gibt so etwas wie das Selbstbefassungsrecht von Fraktionen, Ausschüssen und Arbeitskreisen. In den vielen Jahren meiner Amtstätigkeit bin ich keiner Einladung einer Fraktion, eines Ausschusses oder eines Arbeitskreises ausgewichen. Der Entwurf der Landesregierung lag rechtzeitig vor und ich hätte rechtzeitig befragt werden können.

Meine Damen und Herren! Es liegt eines der großen Reformvorhaben der Koalition vor: eine neue Bauordnung für unser Land. Lassen Sie mich zu Beginn die sechs Ziele nennen, deren Erreichung wir uns gemeinsam mit der Gesetzesnovelle vorgenommen haben: bürger- und wirtschaftsfreundliche Verfahren; eine Baugenehmigung mit Konzentrationswirkung; kurze und einfache Verfahren, aber auch Rechtssicherheit und Verbraucherschutz; Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips; Senkung von Normen und Standards.

Ich bin froh darüber, dass die Abgeordneten Ziel und Schrey das Ergebnis positiv bewerten.

Herr Warnick, wenn Sie den Wegfall von Regelungen kritisieren, dann provozieren Sie mich fast, noch heute eine Presseerklärung abzugeben: Die PDS ist gegen den Wegfall von Regelungen und damit gegen die Vereinfachung von Verfahren!

(Zurufe von der PDS)

Ich lasse das; denn ich gehe davon aus, dass Sie das nicht so gemeint haben.

Wegen dieser Ziele haben wir uns entschlossen, kein Änderungsgesetz, sondern ein komplett neues Gesetz zu erarbeiten. Ich bedanke mich dafür, dass die Ziele der Novelle trotz der zahlreichen Änderungsanträge - Herr Schrey hat sie genannt im parlamentarischen Verfahren nicht infrage gestellt wurden. Im Gegenteil, alle haben konstruktiv mitgearbeitet und an vielen Stellen wurden Verbesserungen erreicht.

Dies gilt zum Beispiel für das behindertengerechte Bauen. Natürlich hatte dazu nicht jeder die gleiche Meinung. Aber wir haben uns auf einen Kompromiss geeinigt. Ich gehe davon aus, dass er gemeinsam vertreten wird.

Die weiteren Ergänzungen des Freistellungskataloges - Kläranlagen, Gewächshäuser, Auslagen, Verkaufsstände, Werbeanlagen, Verfahrensoptimierung durch Stärkung der Bauaufsichtsbehörden im Rahmen der Konzentrationswirkung, Genehmigung im Benehmen statt im Einvernehmen mit anderen Behörden - sind wesentliche Punkte.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister? - Bitte schön, Herr Warnick.

Nun haben Sie mich doch so weit gereizt, an dieser Stelle, wo es um das barrierefreie Bauen geht, eine Zwischenfrage zu stellen.

Es kommt noch mehr. Wollen Sie die Fragen sammeln?

Nein, wir können später darauf zurückkommen.

Formulieren Sie bitte eine Frage und geben Sie keinen Kommentar ab!

Sie haben - ebenso wie Herr Ziel - gesagt, dass die Regelung zur Barrierefreiheit wesentlich günstiger gestaltet worden sei. Wie kann man hier von einer positiven Entwicklung sprechen, wenn im ursprünglichen Entwurf stand, dass pro zwei Wohnungen die Wohnung eines Geschosses barrierefrei sein muss, und nunmehr - auf Druck der CDU - eine Heraufsetzung auf vier Wohnungen erfolgt ist? Ist das nicht eindeutig eine Verschlechterung?

Nein, Herr Warnick. Es ist das Ziel, unseren Behinderten, die mit Recht eine barrierefreie Wohnung beanspruchen, diese Möglichkeit tatsächlich zu eröffnen. In der Wohnungsbauförderung der vergangenen zehn Jahre hatte das barrierefreie Bauen hohe Priorität. Die Bauträger - Gesellschaften, Genossenschaften, Private - haben aber häufig niemanden gefunden, der in diesem Moment an diesem Ort die barrierefreie Wohnung belegen wollte oder konnte. Wir verzeichnen eine Fehlbelegung bei barrierefreien und behindertengerechten Wohnungen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)