Protokoll der Sitzung vom 27.08.2003

In der von mir eben erwähnten Ausschusssitzung am 11. Juni hat Verkehrsstaatssekretär Appel, als dieses Thema eine Rolle spielte, auf die Verkehrsstaatssekretärin Krautzberger aus Berlin verwiesen, offensichtlich deshalb, weil er zu diesem Zeitpunkt selbst noch keine Meinung hatte. Das kann ja heute, wenn wir den Verkehrsminister hören, nachgeholt werden.

Die Berliner können sich zudem noch auf ihre Koalitionsvereinbarung berufen und mittlerweile auch auf einen Senatsbeschluss vom November 2002, der die Forderung enthält, sich gemeinsam mit Brandenburg - Herr Verkehrsminister: Berlin und Brandenburg - für die Ostbahn stark zu machen.

Für den jetzigen Bundesverkehrswegeplan - das haben wir zur Kenntnis genommen - ist dieses gemeinsame Werben um die Ostbahn nicht gelungen. Möglicherweise war es auch von Brandenburger Seite nicht gewollt, weil es eine andere Prioritätensetzung gab. Aber ich denke, es gibt ein Leben nach dem jetzt beschlossenen Bundesverkehrswegeplan und wir können gemeinsam Anstrengungen unternehmen, dieses Projekt zu befördern.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Enkelmann [PDS])

Ich hoffe, dass Sie, Herr Verkehrsminister, nun in Abstimmung mit dem Berliner Senat auf dem Weg der Meinungsbildung zu diesem Projekt sind. Wenn ich richtig informiert bin, liegt dem Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr auch ein Gutachten von ETC zur Ostbahn vor, dessen Inhalt uns nicht bekannt ist. Möglicherweise wissen Herr Dellmann oder Herr Vogelsänger mehr; wir werden es hören.

Unterstützung für das Projekt Ostbahn erhalten Sie, Herr Minister, nicht nur aus Berlin. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an einen Beschluss der ostdeutschen Länder vom Mai dieses Jahres, in welchem die Bundesregierung aufgefordert wird,

„die infrastrukturellen und finanziellen Voraussetzungen für eine Verbesserung des geplanten Verkehrswegeangebotes im Zuge der Osterweiterung, insbesondere zwischen Deutschland und Polen sowie der Tschechischen Republik, zu schaffen und die Verkehrsprojekte Europäische Einheit primär zu finanzieren.“

Auch die Europäische Union hat zu Beginn des Jahres eine Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Verkehrsministers van Miert eingesetzt, an der die alten EU-Länder und die Beitrittsländer beteiligt sind, also gemeinsam wirken und die neue Infrastruktur gemeinsam planen wollen. Wir sind der Auffassung, dass in diese Kommission auch die Kompetenz der Länder Berlin und Brandenburg gehört.

Um den regionalen Ansatz und Aspekt noch einmal besonders hervorzuheben, will ich abschließend sagen, dass die Weiterentwicklung der Ostbahn auch von der Regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree unterstützt und gefördert wird; denn im Entwurf des Regionalplanes wird ein entsprechendes Ziel, die Ostbahn betreffend, verankert. Damit will ich es mit der Werbung für das Projekt Ostbahn bewenden lassen und bitte darum, unseren Antrag an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr zu überweisen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dellmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man könnte womöglich den Eindruck gewinnen, dass sich die Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD für dieses Thema nicht interessierten. Aber wenn Sie einmal mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Region sprechen - man denke nur an den Kollegen Fritsch aus Müncheberg -,

(Frau Tack [PDS]: Wir wissen bestens Bescheid!)

dann stellen Sie fest - Sie sagen selbst, dass Sie sehr wohl informiert sind -, dass sie sehr wohl darüber informiert sind, was inzwischen alles auf der Strecke geschieht; denn der Eindruck, den Sie zu erwecken versuchten, dass dort überhaupt nichts geschähe und es keine Aktivitäten gäbe, trifft nicht zu.

Es gibt sehr aktive Bauarbeiten in Richtung Lichtenberg - Strausberg und Küstrin - Kiez, die deutlich unter Beweis stellen, dass sowohl das Land Brandenburg als auch die DB AG Interesse daran haben, hier Maßnahmen durchzuführen.

Ich glaube, dass Ihre Ausführungen einen Aspekt nur unzureichend beleuchtet haben, nämlich dass zum Ausbau dieser Strecke zwei Partner gehören. Aus Brandenburger Sicht reicht die Betrachtung natürlich erst einmal nur bis zur polnischen Grenze bzw., was den Regionalverkehr angeht, bis Küstrin. Wir müssen aber, wenn wir die Strecke tatsächlich für Fernverkehre nutzen wollen, in die Planungen einbeziehen, welches Interesse die polnische Seite hat. Ich bin optimistisch, dass es in den in den nächsten Wochen anstehenden Gesprächen - Verkehrsminister Meyer wird vielleicht noch darüber berichten - auch gelingt, von dort ein klares Signal in die Richtung zu bekommen, dass internationale Verkehre auf diese Strecke gelenkt werden.

Wir unterstützen das Anliegen, die Strecke verstärkt auszubauen, ich sage aber ganz deutlich: Ich empfehle, öffentliche Mittel nur verstärkt in die Hand zu nehmen, wenn gesichert ist,

dass künftig tatsächlich mehr als Regionalverkehr auf dieser Strecke stattfindet.

Ich gehe auch davon aus, dass bei den Beratungen im Ausschuss Gelegenheit bestehen wird, die vorliegenden Untersuchungsergebnisse noch einmal im Detail zu beleuchten. Frau Tack, ich kenne sie auch noch nicht, habe da also keinen Informationsvorsprung.

(Zuruf von der PDS: Wie bitte? Wir kennen das schon länger!)

- Frau Tack, diesmal haben Sie eine Studie also eher als ich, das freut mich für Sie. Vielleicht stellen Sie sie mir schon einmal zur Verfügung. Ich gehe also davon aus, dass wir die inhaltliche Diskussion im Ausschuss führen können.

Für die Region sollten wir das klare Signal geben: Die Strecke in Richtung Küstrin - Kiez liegt uns am Herzen. Wir bauen sie für das Tempo 100 bzw. 120 km/h, also für den Regionalverkehr aus, sollten aber gemeinsame Anstrengungen unternehmen, sie für den internationalen Verkehr zu ertüchtigen und internationalen Verkehr auf die Strecke zu bekommen.

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zu den Prioritäten. Es klang bei Ihnen als leiser Vorwurf an, es gäbe keine Priorität. Wenn ich Sie fragte, welche Strecken Priorität hätten, würden Sie, glaube ich, in der gleichen Reihenfolge wie ich antworten. Die erste Priorität hat die Strecke Berlin - Frankfurt (Oder), die zweite Priorität die Strecke Cottbus - Görlitz,

(Zuruf von der PDS: Die hat erste Priorität!)

- gut, darüber gibt es also Streit innerhalb der PDS -, die dritte Priorität hat die Dresdener Strecke, die vierte Priorität die Strecke nach Stettin und dann folgt die Strecke von Berlin in Richtung Küstrin - Kiez. Sie sehen also, wir sind uns in diesen Fragen völlig einig.

Eines sollten wir gemeinsam erkennen, nämlich dass das, was wir im Bundesverkehrswegeplan erreicht haben - dass er nämlich mehr Maßnahmen enthält -, ein deutlicher Erfolg ist. Ich spreche diesbezüglich insbesondere die Strecke in Richtung Stettin an. Wir müssen uns auf Machbares konzentrieren, befinden wir uns doch auch in einer gewissen Konkurrenzsituation mit anderen Bundesländern.

Frau Tack, ich freue mich auf die vertiefende Diskussion im Ausschuss und bitte auch die Kolleginnen und Kollegen, dem Antrag auf Überweisung zuzustimmen. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn diese Landesregierung wenig kann - Berichte schreiben kann sie auf jeden Fall.

Herr Dellmann, es ging hier eigentlich nicht um die Tätigkeit des Abgeordneten Fritsch, sondern um die der Landesregierung.

Zur Sache: Der Ausbau der Ostbahn ist ein sinnvolles Projekt wenn es nur endlich jemand zum Projekt machte! Eine wesentliche Voraussetzung für das Zusammenwachsen Europas gerade im Hinblick auf die EU-Osterweiterung ist eine funktionierende und moderne Infrastruktur. Sie wollen doch die EUOsterweiterung.

Die Modernisierung und Effektivierung der Eisenbahnverbindung Berlin - Küstrin spielt gerade in unserer Region BerlinBrandenburg eine sehr wichtige Rolle. Der Ausbau dieser Strecke ist eine notwendige Verbesserung der Verbindung wichtiger Siedlungs- und Wirtschaftsräume mit jeweils erheblichen Einwohnerpotenzialen. Insbesondere gezielte Qualitätsverbesserungen durch getaktete Direktverkehre, eine deutlich höhere Reisegeschwindigkeit, moderne Fahrzeug- und Bahnhofsausstattungen und eine markt- und kostengerechte Tarifgestaltung sind erforderlich, um Personenverkehrsleistungen nachfragegerecht zugunsten der Bahn zu steigern.

Gezielte Maßnahmen zur Verbesserung des allgemeinen Schienengüterverkehrs und des Kurier- und Expressgutverkehrs sind deshalb dringend erforderlich. Eine gleisgeometrische Neugestaltung, die Besichtigung von Unterbau, Oberbau und Brückenmängeln sowie die Ertüchtigung des gesamten Bahnkörpers sind die Mindestvoraussetzungen für höhere Geschwindigkeiten. Dazu gehören zusätzliche Maßnahmen zur Ausstattung mit Leitund Sicherungstechnik, vor allem Zugbeeinflussungstechnik, sowie die verbesserte technische Sicherung von Bahnübergängen.

Wünschenswertes Ziel ist eine funktionierende Abstimmung der Ostbahn mit der Berliner Stadtbahn. Deshalb ist bedauerlich, dass die Strecke Berlin - Küstrin trotz der Bemühungen des Landes Berlin nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde. Deshalb begrüßen wir als DVU-Fraktion auch den Beschluss des Berliner Senats vom November 2002, sich gemeinsam mit dem Land Brandenburg für den Streckenausbau einzusetzen, und das Engagement des gemeinsamen Ausschusses des Abgeordnetenhauses von Berlin mit dem Ausschuss des Brandenburger Landtages vom 11.06.2003, an diesem Ziel festzuhalten.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn der vorliegende Antrag nichts an der gegebenen Situation ändert - wir können dieses Vorhaben ja nicht in den Bundesverkehrswegeplan hineinzaubern -, Schaufensteranträge dieser Art sind wir von der PDS-Fraktion schließlich gewohnt. Zumindest kann dieser Antrag aber nichts schaden und Berichte schreiben ist eine der wenigen Stärken dieser Landesregierung. Deshalb werden wir uns einer Ausschussüberweisung nicht verweigern. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Ehe ich Herrn Schrey von der CDU als Nächstem das Wort gebe, möchte ich Gäste hier im Landtag begrüßen. Sie kommen von der WEQUA Lauchhammer. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Ich möchte noch einen zweiten Gast begrüßen, der, vor allen Dingen für dieses Thema geradezu prädestiniert, im Zuschauerraum sitzt, den Verkehrsexperten Vogelsänger, unseren ehemaligen Kollegen, aus dem Bundestag. Herzlich willkommen!

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Schrey, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Tack, ich war über Ihren Antrag positiv überrascht, muss ich Ihnen sagen.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

Denn wenn Sie sonst Anträge zur Verkehrspolitik einbrachten, ging es meist darum, etwas zu verhindern. Daher sehe ich in der heutigen Initiative einen gewissen Fortschritt, was ich gern hervorhebe.

(Frau Tack [PDS]: Da können Sie mal sehen, was Sie für einen Murks gemacht haben!)

Allerdings wird meine Fraktion Ihrem Anliegen zur Schaffung einer neuen Berichtspflicht für die Landesregierung gegenüber dem Landtag nicht folgen.

Dass zusätzliche Verkehrsverbindungen zu unserem Nachbarland Polen auf Straße oder Schiene gerade im Hinblick auf die EU-Osterweiterung notwendig sind, ist unstrittig. Wir haben uns des Öfteren darüber ausgetauscht. Die Position der Landesregierung zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes und auch die Positionen und die Positionierung der Koalitionsfraktionen waren deutlich auf die Verbesserung der Verkehrsverbindungen zwischen Polen und Brandenburg ausgerichtet und so ist es dem jetzigen Stand des Bundesverkehrswegeplans zu entnehmen - unsere Landesregierung hat nicht erfolglos verhandelt.

Meine Damen und Herren, ich halte es für wichtig, dass wir die Diskussion um die Verkehrsverbindungen nach Polen fortsetzen, ich halte es für notwendig, dass wir gemeinsam mit der Landesregierung nach Lösungen für die noch bestehenden Probleme suchen, ich halte es auch für erforderlich, dass wir gemeinsam mit den Verkehrsausschüssen von Landtagen anderer Bundesländer gegenüber dem Bund, aber auch gegenüber der EU deutlich machen, dass wir einen angemessenen Ausbaustandard der Verkehrsverbindungen benötigen, damit die Chancen der EU-Osterweiterung genutzt werden können. Was ich allerdings nicht für erforderlich halte, ist, dass wir die Landesregierung auffordern, dem Landtag einen Bericht für eine einzige Schienenverbindung, über bestehende Probleme, über Planungen sowie über laufende Gespräche mit Berlin, mit der Bundesregierung und dem Beitrittsland Polen vorzulegen. Zudem erweckte das im Land den Eindruck, dass das Interesse der Landespolitik ausschließlich auf eine einzige Schienenverbindung nach Polen ausgerichtet ist.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns im Ausschuss weiter mit der Thematik „Verkehrsverbindungen zum Nachbarland Polen“ beschäftigen und die entsprechenden weiteren Informationen einfordern. So wäre sichergestellt, dass wir den Ausbau