Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn es die Agrarausschusssitzung und einen Antrag der Koalition nicht gegeben hätte, könnte man meinen, ein Jagdgesetz passiert den Landtag, das niemandem schadet und auf die wirklich wichtigen Fragen keine Antwort gibt.
Das drängendste Problem im Bereich der Jagd, der überproportionale Anstieg der Wilddichten, kann so nicht gelöst werden. An die Rolle der Abschusspläne und deren Durchsetzung sowie Fragen der Wildschadensregulierung hätte offener herangegangen werden müssen. Dem Ziel, Wilddichten zu erreichen, die ein auf den Lebensraum bezogenes vertretbares wildökologisches Maß haben, wird der Gesetzentwurf nicht gerecht. Denken Sie an die schneisenfreien Schlaggrößen, an das veränderte Tag-/Nachtverhalten unserer jagdbaren Arten, an den fortgeschrittenen Waldumbau mit Zäunung, dichtem Unterstand und zukünftig vermehrter Mast. Hinzu kommen Zerschneidungseffekte durch die Zunahme des Verkehrs.
Verehrte Kollegen der CDU, Sie haben mit dem wohl auf Ihre maßgebliche Initiative entstandenen Änderungsantrag zur Reduzierung der Größe des Eigenjagdbezirkes für eine künftig noch stärkere Zerstückelung gesorgt. Damit dürfte es Ihnen gelungen sein, den Nerv einer Hand voll Grundbesitzer zu treffen. Dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, sich dazu hergeben, verstehe ich nicht. Die weiteren Konsequenzen wurden mit Sicherheit nicht abgewogen. Zu erklären sind sie jedenfalls nicht. Ich habe inzwischen den Landesjagdverband sowie die Kreisjagdverbände dazu befragt und bin auf
Neben der bereits erwähnten „Kleinstaaterei“ wird die flächige Wildbewirtschaftung erschwert. Gleichzeitig sind die bestehenden Jagdgenossenschaften hinsichtlich ihrer Stabilität und Funktion erheblich gefährdet. Es drohen alle derzeit bestehenden Flächen ab 75 Hektar herauszubrechen.
Ebenfalls problematisch ist die mittelfristige Verschiebung der Besitzstruktur, insbesondere im Wald. Ich prognostiziere eine Zunahme des Erwerbs von Waldflächen ausschließlich zum Zwecke der Jagd. 75 Hektar sind forstlich kaum zu bewirtschaften. Insofern bleiben Sie Ihrem Desinteresse an der Situation des Privatwaldes in Brandenburg natürlich treu. Ich erinnere an das seit drei Jahren ausstehende entsprechende Privatwaldkonzept.
Ein weiteres Problem stellt die soziale Komponente dieser Entscheidung dar. Sie stören massiv den dörflichen Frieden, indem die Durchführung der Jagd wesentlich stärker an die Finanzkraft zum Erwerb von Grundeigentum gekoppelt sein wird. Dass diese Erwerber nicht die traditionellen Dorfbewohner sind, dürfte wohl heute schon klar sein.
Verehrter Herr Minister, Sie hatten in der 1. Lesung darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Eilbedürftigkeit der Gesetzesnovelle darauf gründet, die Jagdgenossenschaften im Zuge der Gemeindegebietsreform in ihrer Existenz zu schützen. Genau das wäre die Folge des Koalitionsantrages, der ja betreffs der Verringerung der Eigenjagdbezirksgröße Eingang in die Beschlussempfehlung des Ausschusses gefunden hat. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich für unseren Änderungsantrag werben.
Ebenfalls unverständlich ist die mit der Novelle einsetzende Vielfalt. So soll in zahlreichen Fällen der Agrarausschuss beteiligt werden, ohne dass ein entsprechendes Erfordernis erkennbar ist. Hingegen werden die unteren Jagdbehörden an die Leine genommen, indem der Vollzug des Jagdgesetzes zur Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung ausgestaltet wird. Begründet wird diese Veränderung gar nicht, sondern - und das stellt für mich eine Täuschung des Parlaments dar - als redaktionelle Änderung dargestellt. Im Übrigen lehnt der Landkreistag diese Regelung ab. Auch hier fordere ich von Ihnen Unterstützung für unseren Antrag und die Beibehaltung der gegenwärtigen Regelung.
Ebenfalls unverständlich ist die gesetzliche Regelung der Verfügungsgewalt der obersten Jagdbehörde über die Jagdabgabe. Wenn die Kreise schon die Jagdabgabe eintreiben, sollen sie wenigstens auch über einen gewissen Anteil verfügen dürfen. Es ist doch nicht nachvollziebar, dass die Anlage von Wildschutzzäunen in der Uckermark der ministeriellen Befassung bedarf.
Bleibt mir nur noch, den 4. Änderungsantrag zu erläutern. Es ist sicher löblich, dass die Koalition den Tierschutzgedanken einem Antrag meiner Fraktion folgend - nunmehr auch konsequent im § 34 eingearbeitet hat. Da der dazu von der PDSFraktion im Agrarausschuss vorliegende Antrag nicht befürwortet werden durfte, musste ein fast wortgleicher Antrag der Koalition her.
Wie gesagt: ein fast wortgleicher. Insofern fehlte da auch etwas - was den wachsamen Augen der „obersten Jäger“ im zuständigen Ministerium zum Glück aufgefallen ist und mit dem heutigen Änderungsantrag der CDU/SPD-Koalition geheilt werden soll.
Bevor ich dem Abgeordneten Gemmel aus der Prignitz das Wort erteile, begrüße ich herzlich Gäste aus dieser Gegend Brandenburgs. Es sind Vertreter des Bundes der Ruheständler und Hinterbliebenen, die uns heute besuchen. Herzlich willkommen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Minister Birthler hat bei der Einbringung des Jagdgesetzes an die Abgeordneten appelliert, eine schnelle Verabschiedung der Novelle zu ermöglichen. Die Fraktionen haben sich in der parlamentarischen Befassung bei Verzicht auf zeitraubende Anhörungen in den wesentlichen Punkten schnell geeinigt, sodass heute nur noch geringfügige Änderungsanträge zur Entscheidung anstehen.
Der Verzicht auf die Anhörung war möglich, weil wir schon im Vorfeld, bei der Erarbeitung der Novelle, in vielen Punkten mit Menschen aus den Regionen im Dialog Problemlösungen gefunden haben. Unstrittig war von Anfang an der Novellierungsbedarf. Das Gesetz stammt aus dem Jahre 1992. Inzwischen haben sich viele Rahmenbedingungen geändert. Ein wesentlicher Punkt war die deutliche Stärkung des Tierschutzes auf Bundes- und EU-Ebene. Dies wird in § 1 des vorliegenden Gesetzes neu gewichtet.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist die deutliche Erhöhung der Flexibilität für eine erfolgreiche Regulierung der Wilddichte. Zu Letztgenanntem habe ich eine völlig andere Auffassung. Dem Jagdbericht ist zu entnehmen, dass die Bestände von Schwarzund Dammwild stark angewachsen sind; das ist unstrittig. Dies schädigt den ökologischen Waldumbau und die Landwirte gleichermaßen. Es bleibt also zu hoffen, dass die höhere Flexibilität im Gesetz von den Jägern auch für die Herstellung einer naturverträglichen Bestandsdichte genutzt wird; denn darauf kommt es an, wenn es auch umgesetzt werden soll. Es könnte heute schon völlig anders aussehen.
Seit gestern, also noch rechtzeitig, liegen präzisiert formulierte Änderungsanträge der Koalition auf dem Tisch, denen Sie aus unserer Sicht problemlos zustimmen könnten. Bei den zusätzlichen Änderungsanträgen handelt es sich lediglich um Formalitäten.
Die im Ausschuss beschlossenen Gesetzesänderungen haben weitere Textergänzungen unumgänglich gemacht. Das wurde von der Verwaltung rechtzeitig erkannt. Ein Verfahren wie bei der Bauordnung ist uns dadurch erspart geblieben. Es geht also nicht um neue Anträge, sondern lediglich um Präzisierungen, was insbesondere im § 60 deutlich wird. Die aufgenommene Androhung von Bußgeld für unterlassene Maßnahmen, um Schmerzen und Leiden des Wildes zu verringern, ist logisch und konsequent.
Meine Damen und Herren, ich bin kein Jäger und habe den Gesetzestext deshalb mehrfach mit Jägern aus der Prignitz besprochen. Es wurde von allen sehr deutlich gesagt: Dies ist ein jägerfreundliches, modernes Gesetz. Deshalb kann ich Ihre Kritik nicht verstehen. Wir reden da offensichtlich aneinander vorbei.
Als Umweltpolitiker möchte ich hinzufügen, dass insbesondere den Belangen des Naturschutzes Rechnung getragen wurde. Die zwischenzeitlich diskutierte Forderung der CDU, alle Einvernehmensregelungen aus dem Gesetz zu entfernen, ist vernünftigerweise bis auf die Regelung im § 31 vom Tisch. Das ist gut so; denn in diesem Fall war es auch wirklich ein Witz, weil da ein Minister mit sich selbst hätte Einvernehmen herstellen müssen, was wenig Sinn macht. Hierzu liegt auch ein Änderungsantrag der Koalition vor.
Noch ein Satz zu einem weiteren Änderungsantrag, und zwar zur Mindestgröße der Einzeljagdbezirke. Diesbezüglich war der Gesetzentwurf von mehreren Seiten zum Teil heftig kritisiert worden. Wir bekommen auch jetzt noch Schreiben dazu und gerade eben wurde noch einmal kritisiert. Ich denke, mit dem vorliegenden Änderungsantrag, die vorgeschlagene Ausnahmemöglichkeit für Größen bis zu 75 Hektar betreffend, ist ein vertretbarer Kompromiss gefunden worden, der die speziellen Eigentumsverhältnisse im Land berücksichtigt. Man muss Kompromisse finden. In der Politik kann man es nicht jedem Recht machen.
Gestatten Sie mir abschließend noch die Bemerkung, dass das Gesetzgebungsverfahren zum Jagdgesetz gezeigt hat, dass zwischen einer ordungsgemäßen Jagdausübung und Belangen des Naturschutzes moderne gesetzliche Regelungen möglich sind. Ich wünsche mir, dass es bei der anstehenden Novellierung des Naturschutzgesetzes - wenn wir sie denn in Gänze vornehmen wollen - auch gelingt, Sachlichkeit walten zu lassen und vernünftige Regelungen zu finden sowie das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Dann bekommen wir ein modernes Naturschutzgesetz, genauso wie wir ein modernes Jagdgesetz bekommen werden. Ich denke, dafür muss man auch dem Ministerium danken. Das ist wirklich eine gelungene Sache. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Jede Kulturlandschaft braucht die Jagd. Das war so, das ist so, das wird
immer so bleiben. Gerade in den vom Menschen besonders geprägten Regionen ist die Jagd in besonderem Maße erforderlich, weil menschliche Nutzung in aller Regel die Bedingungen für frei lebende Tierarten beeinflusst und dadurch die Regulierung bestimmter Arten durch den Menschen erforderlich macht.
Wie ich schon in meiner Rede im August sagte, ist wieder einmal geltendes EU-Recht der Stein des Anstoßes. So stehen einige der derzeit gültigen Regelungen des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg im Widerspruch zum geltenden EU- und Bundesrecht. Das Gesetz wurde in 1. Lesung durch alle Fraktionen einstimmig in den Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung überwiesen. In der Ausschusssitzung am 10.09.2003 wurden auch Änderungen eingebracht, sodass das Jagdgesetz heute verabschiedet werden kann und hoffentlich auch über Jahre Bestand hat.
In unserer vielfältig genutzten Kulturlandschaft gibt es zahlreiche weitere Gründe, die die Jagd rechtfertigen, ja geradezu herausfordern und nicht nur ökologischer Art sind. Hier geht es aber auch um Tierschutz. Ein Drittel des Rehwildes wird Opfer des Straßenverkehrs. Die revierübergreifende Nachsuche muss ohne großes Wenn und Aber - wie etwa Anmelden beim Nachbarrevier oder dergleichen - möglich sein. Die brandenburgischen Jägerinnen und Jäger brauchen einfache und klare Regelungen, die eine unverzügliche, unbürokratische und rechtssichere Nachsuche mit Hund und Waffe bei krank geschossenen oder angefahrenen Tieren sicherstellen. Hierzu haben wir heute noch Änderungsanträge bekommen, darunter zum § 34. Nachsuche und Wildfolge wird zusätzlich in das Gesetz aufgenommen. Das ist auch richtig.
Unsere Fraktion stimmt mit den Forderungen des Landesjagdverbandes voll überein. Es entspricht in der Regel auch der gängigen Praxis zwischen den meisten Revieren, wo ein normales freundschaftliches Verhältnis herrscht.
Es hat sich inzwischen auch herumgesprochen, dass das Füttern von Wild außerhalb von Notzeiten unsinnig ist. Dementsprechend wird heute ebenfalls § 41 Abs. 2 geändert. Wir alle wissen, dass sich in der Jägerschaft ein Denkprozess entwickelt hat, den man einfach auch anerkennen muss. Wer sich mit dem bisher gültigen Jagdrecht und insbesondere mit den traditionellen Begriffen Hege und Waidgerechtigkeit auseinander gesetzt hat, der weiß, dass der Waidmann auch an die entsprechenden umfassenden Pflichten gebunden ist.
Unsere Fraktion bekennt sich ohne Wenn und Aber dazu, dass die Jagd nur unter Berücksichtigung und Einbindung ökologischer Erfordernisse ausgeübt werden darf. Für uns ist es eine selbstverständliche Forderung, dass die Jägerinnen und Jäger die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze des Tierschutzes zu erfüllen haben und diese bis jetzt eigentlich auch immer eingehalten haben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken, dass es uns gelungen ist, diesen Gesetzentwurf so zügig zu bearbeiten, dass er noch vor den Kommunalwahlen Rechtskraft erlangen kann.
Das bringt Sicherheit für die Jagdgenossenschaften und für den Bestand der Jagdbezirke. In 1. Lesung ist dieser Zusammenhang bei der Debatte zur Kommunalreform bereits von allen Vertretern hervorgehoben worden. Mit der Formulierung im § 9 Abs. 6 ist von der Verwaltung ein guter Vorschlag gefunden und im Ausschuss bestätigt worden.
Wichtig erschien uns ebenfalls die Änderung im § 31 Abs. 2, die Einvernehmensregelung in eine Benehmensregelung zu verändern.
Das geschah in Abstimmung mit dem Landesjagdverband. Schließlich ist diese Benehmensregelung die Grundlage für ein schnelles, flexibles Handeln zur Organisation der Jagd, besonders hinsichtlich auftretender Wildschäden und negativer Wildbestandsentwicklung.
Mit der Änderung des § 7 - Eigenjagdbezirke - ist aus unserer Sicht vor allem eine Gerechtigkeitslücke geschlossen worden. Die ursprüngliche Regelung im Landesjagdgesetz sah vor, dass ein Eigenjagdbezirk als Ausnahme auf 75 Hektar verringert werden konnte, aber nur für eine auserwählte Gruppe, nämlich für die vor 1945 im Grundbuch als Eigentümer Eingetragenen. Mit der Veränderung haben wir weiter nichts getan, als diese Ausnahmeregelung, die nach wie vor eine Ausnahmeregelung ist, nicht nur Alteigentümern, sondern allen Eigentümern einzuräumen. Damit entsprechen wir dem Gleichheitsgrundsatz.
Ich kann eigentlich nicht verstehen, Frau Wehlan, dass Sie sich derart stark daran reiben; denn es wird hier nicht allzu viel passieren. Wenn Sie wissen, dass das nur für zusammenhängendes Eigentum gilt, und sich Flurkarten und die Eigentümerstruktur anschauen, dann müssten Sie sehen, dass zusammenhängendes Eigentum von 75 Hektar im Land Brandenburg eher eine Seltenheit ist.