Protokoll der Sitzung vom 25.09.2003

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden in Brandenburg 71 Personenschadensfälle und 50 schwere Sachschadensfälle unter Beteiligung von Bussen registriert. Dabei verunglückten 92 Personen als Fahrer oder Mitfahrer von Bussen; getötet wurde keine Person. Ein Lkw-Fahrer, der trotz einer Sichtweite von 1 500 Metern in einen Bus, der am Ende einer Schlange stand, ungebremst hineinfuhr, ist jedoch tödlich verunglückt. Bei einigen Businsassen kam es zu schweren Verletzungen.

Die Verkehrskontrollen erfolgen anlassbezogen bei Feststellung von Verstößen aus dem fließenden Verkehr heraus sowie im Rahmen von Schwerpunktkontrollen an speziell eingerichteten Kontrollstellen. Die Prüfung umfasst vor allen Dingen die Fahrtüchtigkeit der Fahrzeugführer, die Einhaltung der Lenkund Ruhezeiten und die Überprüfung des technischen Zustandes des Fahrzeugs. Das ist der Schwerpunkt der Kontrolle.

Die Kontrollen erfolgen verstärkt durch die Verkehrsdienste der Polizei und durch die Autobahnpolizei. Von Januar bis August dieses Jahres haben wir auf den brandenburgischen Autobahnen 2 546 Fahrzeuge des gewerblichen Personenkraftverkehrs kontrolliert. Dabei wurden 190 Verstöße gegen Lenkund Ruhezeiten und 79 Verstöße aufgrund technischer Mängel festgestellt.

Wir haben letztmalig am 19./20. September, das heißt am vergangenen Wochenende, im Rahmen einer länderübergreifenden Kontrolle des gewerblichen Personen- und Güterkraftver

kehrs 105 Busse kontrolliert; 30 % wurden beanstandet. Das ist eine sehr hohe Zahl. Weiterhin wurden zehn Geschwindigkeitsverstöße, fünf Verstöße gegen das Fahrpersonalgesetz und ein Verstoß im Zusammenhang mit technischen Mängeln registriert. Wir werden Reisebusse auch künftig verstärkt kontrollieren und dabei mit anderen Behörden, die in diesem Bereich tätig sind, zusammenwirken.

Es gibt noch Klärungsbedarf, Herr Minister.

Herr Minister, Sie haben den Lkw-Verkehr angesprochen. Über die Einführung der Lkw-Maut wird aktuell diskutiert. Wird die Polizei des Landes im Zusammenhang mit der LkwMaut in zusätzliche Überwachungsmaßnahmen einbezogen werden? Welche praktischen Auswirkungen sind damit verbunden?

Zweitens: Rechnen Sie damit, dass es nach Einführung der Lkw-Maut zu einer Verlagerung des Lkw-Verkehrs von Autobahnen auf Bundes- und Landesstraßen kommt?

Nach allen vorliegenden Erkenntnissen gehen wir nicht davon aus, dass Schwerlastverkehr von Bundesautobahnen auf Bundes- oder Landesstraßen verlagert wird, jedenfalls nicht in signifikantem Umfang.

Zu Ihrer ersten Frage: Die Polizei hat nach dem Gesetz zur Einführung der Maut keine originäre Zuständigkeit. Das ist vielmehr Aufgabe des Zolls und der Gewerbeaufsicht. Wir werden vermutlich dann ein Problem bekommen, wenn die Überprüfung der Mautzahlung nicht funktioniert. Rückstaus von Lkws werden die Folge sein. Das ist unsere Sorge. Wir sind froh darüber, dass die Einführung der Maut erst zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem wir davon ausgehen können, dass die On-BoardSysteme funktionieren, um zum Beispiel ein vorheriges Einchecken an Tankstellen zu vermeiden. Ich gehe davon aus, dass wir das unter Kontrolle haben werden. Wir rechnen nicht mit zusätzlichen Belastungen für die Polizei.

Schönen Dank. - Wir sind bei Frage 1770 (Ausbildungsplatz- abgabe), gestellt vom Abgeordneten Thiel. Bitte sehr.

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen hat in der vergangenen Woche gegenüber dem zuständigen Fachausschuss über den derzeitigen Stand der Versorgung mit Ausbildungsplätzen berichtet. In dem Bericht wird davon ausgegangen, dass das betriebliche Angebot nicht ausreicht, um alle ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen zu versorgen. Schon seit geraumer Zeit wird angesichts dieser Entwicklung über die Einführung einer Umlagefinanzierung für die berufliche Erstausbildung diskutiert bzw. eine solche Umlagefinanzierung gefordert. Die Landesregierung bemerkt im Bericht hierzu lediglich, es bleibe abzuwarten, ob die Bundesregierung eine Ausbildungsplatzabgabe gesetzlich einführen werde.

Meine Frage lautet daher: Spricht sich die Landesregierung angesichts der Ausbildungsplatzsituation im Lande für die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe oder für alternative Maßnahmen aus?

Herr Minister Baaske, Sie haben neben ihrem Morgengruß Gelegenheit zur Beantwortung der Frage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen!

(Zurufe: Guten Morgen! - Heiterkeit)

Herr Abgeordneter Thiel, Sie sind wirklich hartnäckig, was diese Frage angeht.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Anders als die SPD!)

Ich kann mich an keine Landtagssitzung der letzten vier, fünf Monate erinnern, in der Sie diese Frage nicht gestellt hätten. Erwarten Sie von mir eine völlig neue Antwort? - Aber jetzt habe ich eine Frage gestellt; das darf ich ja nicht.

Wir verzeichnen momentan ein Defizit von 1 000 bis 1 500 Stellen. Die Situation im Lande ist sehr unterschiedlich. Mir liegen Informationen von den Handwerkskammern vor, wonach von einem Defizit zwischen 7 und 12 % ausgegangen wird. Andererseits meldet die IHK Potsdam mehr Ausbildungsplätze als im vergangenen Jahr. Die Situation ist also diffus. Wir werden in einer Woche einen Schlussstrich ziehen und das Ergebnis sehen. Wir haben versprochen, darüber auch im Ausschuss zu berichten.

Ob die Bundesregierung tatsächlich die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe beschließt, hängt von den bundesweiten Zahlen ab. Dann wird man sehen, was man tun kann.

Ich hielte eine Ausbildungsplatzabgabe insoweit für fair, als wir zwischen nicht ausbildenden und ausbildenden Betrieben einen gewissen Ausgleich schaffen könnten. Von den 70 000 Unternehmen in Brandenburg bilden 18 000 aus. In diesem Jahr sind es ein paar mehr geworden, weil die Ausbildungseignungsverordnung im Osten für fünf Jahre ausgesetzt worden ist. Die große Differenz macht deutlich, dass wir von etwa 50 000 Unternehmen in Brandenburg reden, die nicht ausbilden.

(von Arnim [CDU]: Fragen Sie einmal, warum sie das nicht tun!)

Unter den 50 000 Unternehmen befinden sich zahlreiche Einoder Zweipersonenunternehmen. Von diesen Kleinunternehmen kann man nicht erwarten, dass sie ausbilden; sie können es oft auch nicht.

Viele Unternehmen sind auch deshalb nicht in der Lage auszubilden, weil es ihnen schlecht geht. Dafür habe ich durchaus Verständnis.

Wenn wir allerdings in jedem Jahr 68 Millionen Euro für die

Erstausbildung zur Verfügung stellen, dann wird deutlich, dass insoweit Handlungsbedarf besteht. Wenn wir den Betrag von 68 Millionen Euro zu der Zahl von 30 000 Betrieben ins Verhältnis setzen und uns Unterstützung von den Betrieben holen, die ausbilden könnten, es aber momentan nicht tun, dann reden wir von ca. 1 000 Euro jährlich bzw. 90 bis 100 Euro monatlich pro Unternehmen. Mir kann niemand erzählen, dass dieser Betrag ein Unternehmen in seiner Existenz bedroht. Die Kleinstunternehmen habe ich dabei schon unberücksichtigt gelassen. Wenn eine solche Abgabe käme, würden sich nicht so krasse Folgen ergeben, wie immer behauptet wird. Das möchte ich sehr deutlich sagen.

Andererseits wissen wir, dass das beste Ausbildungssystem das duale ist. Niemand kann ernsthaft wollen, dass wir von diesem dualen System wegkommen

(Beifall bei der CDU)

und nur kooperative Ausbildung oder nur die Ausbildung bei Bildungsträgern sehen. Das will niemand.

Insofern ist es also schon wichtig, wie intelligent man dieses System dann strickt, wenn man die Abgabe einführt. Davon wird auch abhängen, wie wir uns dazu positionieren. Es kann nicht so sein, dass nachher eine Bestrafung der Unternehmen stattfindet, die ausbilden, während sich die anderen sozusagen ins Fäustchen lachen und sagen: Wir zahlen jetzt unsere 1 000 Euro und dann sind wir raus. Es muss im Gegenteil schon weiterhin ein Anreiz gegeben sein, auszubilden und das Geld als ausbildender Betrieb sozusagen von dem zu bekommen, der nicht ausbildet, ihn also an den Kosten der Ausbildung zu beteiligen.

Davon, wie gesagt, wird es abhängig sein, wie wir uns dazu verhalten.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Frau Kaiser-Nicht.

Herr Minister, da ich Ihre Auffassung teile, dass eine Reihe ostdeutscher Unternehmen gern ausbilden würden, es auch können, es aufgrund ihrer Finanzschwäche aber nicht tun, frage ich: Glauben Sie nicht auch, dass eine Ausbildungsabgabe gerade diesen unseren kleinen Unternehmen, denen Kapital fehlt, durchaus zugute kommen würde und dass dies ein Argument wäre, dass nämlich die Umverteilung über eine gerechte Ausbildungsabgabe gerade im Osten zu mehr Lehrstellen führen würde?

(Zurufe von der CDU)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, es ist ein Trugschluss, davon auszugehen, dass zum Beispiel die großen Betriebe nicht ausbilden würden. Es ist im Gegenteil sogar so, dass gerade unsere großen Unternehmen - da nenne ich nur einmal Vattenfall, EKO oder Vestas - sehr gute Ausbildungsergebnisse haben und sehr viel ausbilden. Es ist also nicht so,

(Zurufe von der PDS)

dass das diesen Betrieben jetzt sozusagen auf die Füße fallen würde, sondern es geht wirklich darum, dass wir einen Ausgleich schaffen zwischen den Möglichkeiten, die bei den einen da sind, und dem, was die anderen können bzw. nicht machen wollen. Das können wir bewerkstelligen. Trotzdem werden wir es nur über eine gute Organisation von Verbünden hinbekommen, dass auch ganz kleine Unternehmen mit zwei oder drei Mitarbeitern dann wenigstens wochen- oder monateweise hinzukommen. In der Tat geht das nur mit zusätzlichem Geld.

Danke sehr. - Zur Formulierung ihrer Frage 1771 (Verkehrssi- tuation am Grenzübergang Guben - Gubinek) hat jetzt Frau Hesselbarth Gelegenheit.

Meine Frage bezieht sich auf das Stauproblem am Grenzübergang Guben - Gubinek. Seit Beginn dieser Legislaturperiode beschäftigt sich der Landtag immer wieder damit. Es gab dazu Ausschusssitzungen. Es gab auch einen Antrag verschiedener Abgeordneter dieses Hauses. Mündliche und Kleine Anfragen wurden gestellt und es gab dazu auch sehr viele Antworten. Eine Besserung des Stauproblems ist indes nicht in Sicht. Es besteht im Gegenteil die Gefahr, dass sich die Situation noch verschärft.

Deswegen frage ich die Landesregierung: Wann konkret ist nach Ihren Erkenntnissen mit einer Lösung dieses Stauproblems zu rechnen?

Herr Innenminister, Sie haben erneut das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Hesselbarth, die Verkehrssituation am Grenzübergang Guben Gubinek ist in der Tat ärgerlich und belastet unsere Mitbürger besonders im Großraum Guben.

Der Landtag hat ja die Landesregierung am 27. Juni aufgefordert, sich mit Nachdruck bei der Bundesregierung und der Republik Polen für eine zeitnahe Lösung der Grenzabfertigungsprobleme an den Grenzabfertigungsstellen von Brandenburg sowie Polen zu verwenden. Es geht hierbei um eine gemeinsame Entwicklung von für die Einwohner akzeptablen Lösungen an den Grenzübergangsstellen, und zwar in Abstimmung mit den betroffenen Kommunen und den Landkreisen.

Einen konkreten Termin, zu welchem eine für die Anwohner befriedigende Lösung der Stauproblematik am Grenzübergang Guben - Gubinchen erreicht werden kann, können wir im Augenblick nicht benennen.

(Unruhe)

Die Landesregierung ist der Auffassung, dass bereits eine deutliche Reduzierung der Staubildung auf der B 112 durch eine Verbesserung der Abfertigungsmodalitäten in Guben - Gubinchen ermöglicht wurde. Aber auch künftig wird es in Spitzenzeiten zu Beeinträchtigungen am Grenzübergang durch Verla

gerungsverkehre von benachbarten Grenzübergängen kommen, zum Beispiel vom Grenzübergang BAB 12, Frankfurt (Oder) , oder BAB 15, Forst.

Eine zielführende Lösung kann nur an den Grenzübergängen der beiden Autobahnen gefunden werden.

Eine deutsch-polnische Expertenkommission für Grenzübergänge hat am 3. und 4. Juli dieses Jahres dazu getagt und Einvernehmen erzielt, dass die Grenz- und Zollbehörden Deutschlands und Polens unter Beteiligung des Landes Brandenburg und der Woiwodschaft Lebuser Land Möglichkeiten der Beschleunigung der Warenabfertigung prüfen. Es handelt sich hier also um eine Absprache der Bundesregierung mit der Regierung Polens sowie mit der genannten Woiwodschaft und dem Land Brandenburg.

Wir werden uns weiterhin für eine Entschärfung der Stauproblematik gerade in Guben - Gubinchen einsetzen, können aber nicht konkret den Zeitpunkt benennen, zu dem das wirkt, weil jede Verbesserung für Guben - Gubinchen dazu führt, dass von anderen Grenzübergängen Verkehr dorthin umgeleitet wird. Daher muss dass Gesamtproblem gesehen werden, nicht nur isoliert Guben - Gubinchen.