Protokoll der Sitzung vom 05.11.2003

letztgenannten Mittel hätten erst im Haushaltsjahr 2003 durch Bescheide gebunden werden können. Aufgrund der haushaltswirtschaftlichen Einschränkung 2002 konnten wir bereits im Jahr 2002 ausgebrachte Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 5 Millionen Euro nicht zur Auszahlung bringen. Die 2003 in Ansatz gebrachten Barmittel in Höhe von 10 Millionen Euro sind fast vollständig durch Verpflichtungsermächtigungen der Vorjahre gebunden worden. Nach dem dritten und nunmehr vierten Haushaltswirtschaftsrundschreiben dürfen auch die im Haushaltsjahr 2003 ausgebrachten Verpflichtungsermächtigungen für das Haushaltsjahr 2004 in Höhe von 3 Millionen Euro nicht bewirtschaftet werden. Entsprechend dieser Sperren musste im Entwurf des Haushaltsplans 2004 der Mittelansatz auf null gesetzt werden.

Aus diesen Erläuterungen wird ersichtlich, dass aufgrund notwendiger haushaltswirtschaftlicher Maßnahmen die Mittel der Schulbauförderung in den Jahren 2002 und 2003 leider um insgesamt rund 8 Millionen Euro gekürzt werden mussten. Ich erspare es mir an dieser Stelle, auf die weiterhin dramatische Haushaltslage und die laufenden Haushaltsberatungen für den Etat 2004 näher einzugehen.

Bereits Ende des Haushaltsjahres 2002 habe ich alle von der Kürzung betroffenen Schulträger über die haushaltswirtschaftlichen Maßnahmen der Landesregierung unterrichtet. Zum Glück ist es mir in diesem Haushaltsjahr gelungen, für einige besonders dringende Schulbaumaßnahmen noch Haushaltsmittel, die aufgrund der Verwendungsnachweisprüfung durch Rückforderungen freigesetzt worden sind, zu bewilligen, insbesondere Mittel, die der Kollege Meyer bzw. der Kollege Szymanski aus den Mitteln ihrer Haushaltsansätze entsprechend kofinanzieren konnten. Im Ergebnis können leider insgesamt ca. zehn Schulbaumaßnahmen, über die bereits mit den Schulträgern Verhandlungen geführt worden sind, abschließend nicht berücksichtigt werden. In den kommenden Jahren können nun aber zur Unterstützung ausgewählter Investitionsvorhaben, die auf die Stärkung und den Ausbau von Ganztagsangeboten an Schulen zielen, im Zeitraum von 2003 bis 2007 Mittel des Bundesprogramms „Zukunft, Bildung und Betreuung“ eingesetzt werden. Ich hoffe, dass mit diesen erstmals vom Bund für Schulbaumaßnahmen zur Verfügung gestellten Mitteln eine Mitverantwortung an dieser Stelle für die Zukunft erkennbar wird und die Föderalismuskommission dem Bund in dieser Frage eher mehr Kompetenzen als bisher einräumt.

Insgesamt stehen dem Land Brandenburg aus diesen beschlossenen Mitteln bis 2007 130 Millionen Euro zur Verfügung. Es existiert aber leider nur eine geringe Schnittmenge dieser Programmausrichtung mit Projekten, die aufgrund der Mittelkürzung des Schuldendiensthilfeprogramms nicht mehr bewilligt werden konnten. Insbesondere die sportbetonte Ganztagsschule in Luckenwalde wird aus diesen Mitteln in der Form der bisherigen Schuldendiensthilfemaßnahmen finanziert werden, sodass wir dieses Programm nicht, wie in der „Lausitzer Rundschau“ berichtet worden ist, in Gänze gestrichen haben, sondern es in Form der Ganztagsschulförderung fortführen.

Letzte Anmerkung von mir: Ihr Landrat, Frau Große, der zugleich Vorsitzender des Landkreistages ist, hat von Beginn an dieses Programm - ich finde, nicht ganz zu Unrecht - kritisch hinterfragt, weil er immer - nicht zu Unrecht - gesagt hat, es gibt Landkreise wie den Ihren, die über 12 bzw. 13 Jahre Schulbauförderung als prioritäre Maßnahme gefahren haben

und insofern besser waren als andere. Insofern sind hier aus der Solidarität der Landkreise Mittel für diese Aufgabe gebunden worden und damit die Landkreise, die diese Aufgabe bisher nicht in der Weise wie zum Beispiel Ihr Landkreis wahrgenommen haben, in besonderer Weise unterstützt worden. Ich habe das für sinnvoll gehalten und bedaure deshalb, dass wir dieses Programm angesichts der Haushaltslage nicht in der bisherigen Form fortsetzen, aber dank der Bundesmittel in der Form der Ganztagsschulhilfe fortführen können. - Vielen Dank.

Ich lasse je Fragesteller noch eine Frage zu. Bitte sehr, Frau Dr. Enkelmann.

Herr Minister, warum hat man, wenn dieses Förderprogramm so intelligent war, wie Sie gesagt haben und was wir genauso sehen - was man nicht von jedem Förderprogramm der Landesregierung sagen kann - es dann nicht zu einem Förderprogramm für Schulsanierung und Modernisierung weiterentwickelt?

Man kann das von jedem Programm sagen. Ob es dann für jedes Programm so zutrifft wie bei diesem, ist die Frage.

Wir hätten es fortführen können, wenn wir genügend Mittel zur Verfügung gehabt bzw. wenn wir diese Mittel aus dem GFG genommen hätten, um damit die Kreise entsprechend zu unterstützen. Die Prioritäten sind, was ich bedaure, nicht so gesetzt worden. Wir haben aber bis 2007 die 130 Millionen Euro, um daraus Schulbaumaßnahmen zu fördern und damit auch die Steuerungsfunktion wahrzunehmen. Manche Kommunen haben für Schulen, die in den nächsten Jahren vom Netz gehen, viele Millionen Euro aufgenommen und zahlen, wenn diese Schulen schon nicht mehr am Netz sind, dafür immer noch zurück, weil sie dem Rat des Landes, was die Schulplanung betraf, nicht gefolgt sind. Ich selbst lebe in einer solchen Kommune, wo bis 2008 in erheblichem Umfang Mittel für eine nicht mehr genutzte Schule zur Verfügung gestellt werden müssen.

Frau Osten, bitte.

Herr Minister, ich möchte an Ihre Bemerkung anknüpfen, dass es weiteren Bedarf gibt, und Sie bedauern, dass dieser nicht bedient werden kann. Wären Sie denn bereit, über einen neuen Konstrukt nachzudenken? Wir könnten uns zum Beispiel ein Programm vorstellen, das durch die GA finanziert wird und genau das, was Frau Dr. Enkelmann sagte, also Modernisierung und Instandhaltung, bedienen könnte.

Ich bin Herrn Junghanns sehr dankbar, dass er, was die Planung der EFRE-Mittel betrifft, das OSZ-Programm in Gänze ungekürzt mit mir fortführen will. Das heißt, das Land Brandenburg wird damit bis zum Jahr 2006 die gesamten für den mittel- und langfristigen Zeitraum notwendigen Baumaßnah

men für die Oberstufenzentren fortführen. Insofern haben wir sozusagen, Frau Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses, in einer Art vorauseilendem Gehorsam Ihren Anregungen in den letzten Jahren schon Folge geleistet.

(Oh! bei der PDS)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 1.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, erlaube mir noch eine Bemerkung. Ich gehe einmal davon aus, dass es durchaus passieren kann, dass Handys ungewollt ihre Unterhaltungsbeiträge liefern. Für den Fall, dass das der Tatsache entspricht, rate ich Ihnen: Fragen Sie Ihre Kinder oder Ihre Enkelkinder. Die erklären Ihnen, wie man das Handy nutzen kann, ohne dass es jemanden stört.

(Beifall bei SPD, CDU und DVU)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Jugendpolitik trotz knapper Kassen - Sicherung von Qualität und Kontinuität der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit mithilfe des 610-Stellen-Programms

Antrag der Fraktion der SPD

Das Wort geht an die beantragende Fraktion. Frau Abgeordnete Redepenning, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Jugendpolitik muss vielfältig und offen sein, sie muss die Herausforderungen einer immer komplexer werdenden Lebenswelt erkennen und bewältigen. Jugendpolitik darf nicht verordnen, sie muss Ziele setzen, modernisieren und fördern. Jugendpolitik kann nur dann überzeugende Lösungen anbieten, wenn sie mit der Realität bezüglich der Jugendlichen vertraut ist. Durch Mitbestimmung Jugendlicher kann ein demokratischer Dialog mit den Entscheidungsträgern aufgebaut und ein Weg zur Verwirklichung von Interessen, Ideen und Anliegen Jugendlicher gefunden werden. Zur Lösung jugendpolitischer Fragen sind nicht nur verstärkte Anstrengungen, sondern ist auch ein Umdenken der Erwachsenen notwendig. Wer die Rechte von Kindern und Jugendlichen anerkennt, tut letztlich das Beste für ihre Zukunft.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Jugendpolitik wird in Deutschland seit einiger Zeit als Querschnittspolitik definiert. Das heißt, sie berührt unterschiedlichste politische Bereiche und ist trotzdem bundesweit im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelt, aber auch in anderen Ministerien und Ressorts relevant.

Jugendpolitik verändert sich. Abhängig von gesellschaftlichen Strömungen wandeln sich auch die Prämissen der Jugendpoli

tik. Die Grundlagen für Jugendpolitik und Jugendarbeit sind klar und eindeutig im Kinder- und Jugendhilfegesetz formuliert. Ich zitiere:

„Sie sollen junge Menschen... zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.“

Jugendarbeit im engsten Sinne soll - ich zitiere § 1 des Kinderund Jugendhilfegesetzes

„dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.“

Es geht hier also nicht um starre Paragraphen, sondern mit der Wandlung der Jugendpolitik erlebt auch dieses Gesetz, das sich für die Jugend einsetzt und ihre Rechte schützt, eine stetige Weiterentwicklung. Es kommt zum immer wieder neuen Ausloten der Paragraphen dieses Gesetzes, um sie den sich wandelnden Lebensumständen junger Menschen anpassen zu können und ein adäquates Reagieren vonseiten der Politik zu ermöglichen.

Ich glaube, Sie alle wissen, wovon ich hier spreche, wenn ich sage: Die Lebenssituation junger Menschen und ihrer Familien hat sich im Land Brandenburg stark differenziert. Die Anforderungen an die Eltern sind gestiegen. Gleichzeitig mussten und müssen sich die Jugendlichen angesichts der längeren Zeiträume von Arbeitslosigkeit, der Folgewirkungen von Überschuldung, Armut, Alkoholismus und zerbrochenen Familienstrukturen ihr Vertrauen in die Zukunft immer wieder neu erarbeiten können. Die Jugendlichen leben in einem Zwiespalt, wie es in der vom Landesjugendring und vom Landesjugendamt herausgebrachten Broschüre besonders deutlich wird:

„Junge Brandenburgerinnen und Brandenburger sind heimatverbunden und streben dennoch fort.“

71 % sind zufrieden mit ihrem Heimatort, aber 59 % wollen aufgrund fehlender Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten wegziehen. Junge Brandenburgerinnen und Brandenburger sind in hohem Maße familienorientiert, erleben aber gleichzeitig zunehmende Auflösungsprozesse familiärer Beziehungen. Es geht um die so genannten Scheidungskinder. Junge Menschen in Brandenburg sind engagiert und haben dennoch wenig Interesse an Politik. Knapp 40 % der unter 20-Jährigen sind ehrenamtlich tätig, aber nur 25 % gehen zur Wahl. Jugendliche in unserem Land haben Interesse an den europäischen Nachbarn und lernen die polnische Sprache. Aber Skepsis gegenüber fremden Einflüssen ist unter jungen Brandenburgerinnen und Brandenburgern generell verbreitet. Knapp 12 % der Jugendlichen sehen ihre Zukunft düster. 30 % aller Jugendlichen sind bereit, Gewalt zur Durchsetzung ihrer Interessen anzuwenden.

Familie, Schule und Jugendhilfe müssen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen die Wege weisen. Denn es wird anhand der aufgezählten Fakten deutlich, dass Modelle der Selbstsozialisation und selbstorganisierten Entwicklung und Erfahrung Jugendliche unzureichend bis gar nicht auf die Wirklichkeit vorbereiten. Grundsätzlich sind für das Leiten und Lenken die Jugendverbandsarbeit, die Schulsozialarbeit, die Fachkräfte der Jugendarbeit in den Jugendämtern und die

Sozialarbeiter wichtig. Auf die erstgenannten Punkte werden noch mein Kollege Zimmermann und meine Kollegin Siebke näher eingehen.

Hauptamtliche Fachkräfte, also Mitarbeiter der Jugendämter und Sozialarbeiter aus dem 610-Stellen-Programm, müssen die Jugendlichen beraten, betreuen, begleiten und kontinuierlich unterstützen sowie durch Hilfe zur Selbsthilfe anleiten. 25 % unserer Bevölkerung im Land Brandenburg sind unter 25 Jahre. Diesen jungen Leuten muss ein Organisationsnetz gegeben werden. Wir haben diese Netze mit dem 610-Stellen-Programm aufgebaut und unterstützt und werden es auch weiterhin tun.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Es ist uns gelungen, innerhalb von 13 Jahren Kooperationsmodelle aufzubauen, bei denen miteinander kooperiert und voneinander profitiert wird. Ansonsten wäre das auch nicht finanzierbar. Eine Abgrenzung zwischen verschiedenen Bereichen ist somit nicht sinnvoll. Das Ehrenamt greift in die Entwicklung von Kita, Schule, Jugendklub, Jugendamt und freien Trägern, Horten, Firmen, Vereinen, Polizei sowie Sportvereinen der Jugendlichen ein. Nicht zum ersten Mal mahne ich hier an, bei der Investition in die Jugend nicht ein Ministerium unseres Landes in den Vordergrund zu stellen, denn es geht um ein Miteinander aller Bereiche. Doch sicherlich heißt Kooperation nicht, dass die Bereiche Polizei, Schule und Jugendamt gemeinsam Schulschwänzer einfangen und ihnen Fußfesseln anlegen.

(Beifall bei SPD und PDS)

Vielmehr sind Alternativen gefragt, um Jugendliche in die Gesellschaft zurückzuführen. Es gibt hierzu auch gute Beispiele, so zum Beispiel das produktive Lernen. Dies kann allerdings nicht durch bezahlte Auslandsaufenthalte für wenige geschehen, während der Großteil der Jugendlichen unter Kürzungen zugunsten der Auffälligen zu leiden hat.

Dass die Verzahnung in der Jugendarbeit so wichtig ist, heißt auch, dass die Schule als Standort und Lebensraum für die Jugendlichen zwar wichtig ist, aber angesichts der bevorstehenden Schulschließungen im Land aus demographischen wie auch aus fiskalischen Gründen keine alleinige Alternative für die Jugendarbeit sein kann.

Ich meine, dass allen aus den hier erwähnten Daten und Fakten deutlich wurde, dass es richtig und wichtig ist, der Jugendpolitik über das 610-Stellen-Programm auch bis zum Jahre 2005 Sicherheit zu geben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir alle sind hiermit jedoch auch aufgefordert, uns Gedanken darüber zu machen, wie im Land Brandenburg künftig Jugendpolitik gestaltet und unterstützt werden muss. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Redepenning. - Das Wort erhält die Fraktion der PDS, Frau Abgeordnete Faderl.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Eigentlich haben die Jugendeinrichtungen, die freien Träger und die Städte auf ein Signal von der SPD gewartet, nämlich darauf, dass das 610-Stellen-Programm in voller Höhe im Haushalt bleibt.

(Beifall bei der PDS)

Das, Frau Redepenning, wäre eigentlich Ihr Auftrag gewesen.