Protokoll der Sitzung vom 05.11.2003

„Die Landesregierung geht davon aus, dass dies erfolgen wird.“

Ich sage Ihnen dazu: Hoffen und Harren hält manchen zum Narren! Sie stehen nämlich damit vor einem weiteren Haushaltsloch von 100 Millionen Euro Personalausgaben.

Geradezu erschreckend sind Ihre Antworten auf unsere Fragen 23 und 24. Betrugen die Zinsausgaben zum 30.06.2003 knapp 460 Millionen Euro, so ist - hochgerechnet auf das Jahresende von dem doppelten Betrag, das heißt 920 Millionen Euro, auszugehen. Die geplanten 870 Millionen Euro Zinsausgaben für 2004 dürften also unter der Voraussetzung eines gleich bleibenden Zinsniveaus deutlich überschritten werden. Doch dann geht es für den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung bis 2007 munter voran, bis eine Zinsbelastung von 1 040 000 000 Euro erreicht wird. Das entspricht mehr als einem Zehntel des aktuellen Haushaltsvolumens! Mit anderen Worten: Bereits heute wird fast jeder zehnte Euro, der auf Landesebene in Brandenburg ausgegeben wird, für Zinszahlungen verwendet - wohlgemerkt: ohne Tilgung! Der Trend geht laut Ihren eigenen Zahlen weiter nach oben.

Dass Ihnen über die Zinsbelastung der Kommunen und der sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Rechtsaufsichtsbehörde keine Angaben vorliegen, glauben wir Ihnen, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, ebenfalls nicht.

Zusammenfassend hat sich durch die Antworten der Landesregierung auf unsere Große Anfrage 65, so verschleiert sie auch gewesen sein mögen, unser Verdacht bestätigt, dass von einer Verfassungskonformität des vorliegenden Haushaltsentwurfs 2004 nicht im Mindesten die Rede sein kann. Die von der Landesregierung zugegebenen Unwägbarkeiten und Risiken - das sind beileibe nicht alle - sind einfach zu groß, um einen Nachtragshaushalt 2004, der zur Verfassungswidrigkeit des gesamten Regelwerks führen würde, zu vermeiden.

Aus diesem Grunde sehen wir uns in unserer Haltung, den geplanten Haushalt 2004 ohne Wenn und Aber abzulehnen und an die Landesregierung zurückzuüberweisen, voll und ganz bestätigt. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen. Für sie spricht Herr Abgeordneter Klein.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die haushaltspolitische Lage des Landes Brandenburg ist sehr schwierig. Um zu dieser wegweisenden Erkenntnis zu kommen, hätte es beileibe nicht einer Großen Anfrage der DVUFraktion oder einer anderen Fraktion des Landtages bedurft; sie ist aus dem vorliegenden Haushaltsentwurf ohne weiteres erkennbar. Deswegen geht die Landesregierung bei der Beantwortung der Großen Anfrage auch selten auf die Fragen ein, sondern verweist immer auf den vorliegenden Haushaltsentwurf. Ich finde, das ist korrekt.

Die DVU-Fraktion hat das Motto der Sesamstraße „Wer nicht fragt, bleibt dumm“ offensichtlich ein wenig zu wörtlich genommen und in der Großen Anfrage konsequent umgesetzt. Die alte Weisheit, dass Lesen bildet, hat die DVU-Fraktion allerdings einfach ignoriert. Der vorliegende Haushaltsentwurf, über den wir demnächst in 2. und 3. Lesung debattieren werden, ist, wie es mein Kollege Bischoff als haushaltspolitischer Sprecher treffend bemerkt hat, „auf Rand genäht“.

Die eigenfinanzierten Investionen liegen knapp über den aufzunehmenden Krediten. Da wir wissen, dass das als Kriterium für die Verfassungsmäßigkeit eines Haushalts zählt, sind wir natürlich der Meinung, dass der Haushalt, den uns die Landesregierung vorgelegt hat, verfassungsmäßig korrekt ist. Aber, wie gesagt, er liegt nur geringfügig über der Grenze der Verfassungsmäßigkeit.

Ich erspare es mir, an dieser Stelle über Details des Haushaltsplans zu debattieren; denn das geschieht tiefschürfend und konsequent in den Ausschüssen und später im Rahmen der Haushaltsberatungen.

Noch ein Wort zu den Risiken des Haushaltsplans: Es ist richtig, dass dieser Haushalt mit erheblichen Risiken versehen ist. Wir wissen eben nicht exakt, wie sich die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren entwickeln. Mit Spannung erwarten wir die neueste Steuerschätzung; wir werden sie in diesem Monat bekommen. Zusätzlich drohen Einnahmeverluste aus dem Vorziehen der Steuerreform. Auch die Reform des Arbeitsmarkts gemäß dem so genannten Hartz-IV-Konzept birgt Einnahmerisiken.

Wichtig dabei ist jedoch, dass sich in Deutschland etwas bewegt. Endlich kommen Reformen voran. Diese Reformen bergen kurzfristig Risiken für die Einnahmen von Bund und Ländern, aber sie bieten die Aussicht - das sollten wir nicht außer Acht lassen - auf eine Verbesserung der Konjunktur und damit auch die Aussicht auf eine Erholung der öffentlichen Kassen.

Niemand von uns kann sagen, wann und wie sich diese Risiken auswirken, weil wir alle keine Hellseher sind. Wir sind aber darauf vorbereitet. Welche Maßnahmen sich dann, wenn die genannten Risiken eintreten, als gut geeignet dafür erweisen, diesen Risiken angemessen zu begegnen, wird sich Laufe des Jahres 2004 zeigen. - Ich danke Ihnen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Osten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat gerade festgestellt, dass wir heute eigentlich noch keine Haushaltsdebatte führen, wobei ich hinzufügen muss, dass wir in den Fraktionen und in den Fachausschüssen sehr wohl bereits über den Haushalt debattierten. Ich will jetzt jedoch nicht weiter darauf eingehen, sondern nur noch sagen, dass es meiner Meinung nach mehr Risiken gibt, als jetzt hier genannt worden sind. Was an dem Haushaltsplanentwurf wirklich verfassungsmäßig korrekt ist, müssen wir noch gemeinsam feststellen. Die Haushaltslage insgesamt ist unsicher, die Daten sind kaum belastbar und wir konnten schon mehrmals feststellen, dass die Landesregierung mit den Fragen des Landeshaushalts durchaus überfordert ist.

Gleichwohl verstehe ich nicht, dass eine Fraktion, die die Gepflogenheiten des Landtags eigentlich kennen müsste, kurz vor der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs in Form einer Großen Anfrage Fragen zu den Daten dieses Entwurfs stellt, obwohl wir diesen Entwurf kaum eine Woche später in der Hand gehabt haben. Wahrscheinlich hat es nicht etwas mit Faulheit zu tun, wenn sich die Mitglieder dieser Fraktion ein paar Sachen erklären lassen, die sie selbst nicht herausfinden, sondern eher damit, dass die DVU-Fraktion gern Anträge mit wenig Sinn dahinter schreibt.

Ich meine, dass wir uns bei dem vorhergehenden Tagesordnungspunkt - Bericht des Landesrechnungshofs - zur Haushaltslage verständigt haben, da dieser Bericht in den Fachausschüssen sehr ausführlich behandelt worden ist. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sich die DVU-Fraktion im Haushaltsausschuss, in dem wir genau über diesen Punkt diskutiert haben, beteiligt hat. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die Landesregierung. - Sie verzichtet.

Dann sind wir bei dem abschließenden Beitrag der DVU-Fraktion.

(Frau Hesselbarth [DVU]: Ich verzichte!)

- Auch sie verzichtet. - Damit haben wir die Rednerliste abgearbeitet. Ich beende die Aussprache.

Damit ist die Antwort der Landesregierung - Drucksache 3/6585 - auf die Große Anfrage 65 zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Umsetzung und Weiterentwicklung der Luftverkehrskonzeption des Landes Brandenburg

Große Anfrage 63 der Fraktion der PDS

Drucksache 3/6142

Antwort der Landesregierung

Drucksache 3/6586 einschließlich Anlage

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Tack, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion hat im August dieses Jahres die Große Anfrage zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Luftverkehrskonzeption des Landes Brandenburg an die Landesregierung gerichtet. Die Landesregierung hat fristgemäß geantwortet. Möglicherweise ist es nicht ganz gerecht, dass sich dazu jetzt der neu im Amt befindliche Verkehrsminister positionieren muss; aber das ist nun einmal so. Im Übrigen hatte der Verkehrsminister a. D. ausrichten lassen, dass er heute gern bei der Debatte dabei sein möchte. Aber er scheint nicht hier zu sein.

Die PDS-Fraktion stellt fest, dass die Luftverkehrspolitik der Landesregierung nicht auf der Höhe der Zeit ist. Das ist unser Fazit aus der Beantwortung der Großen Anfrage.

Wir kritisieren die Landesregierung insbesondere deshalb, weil sie bedauerlicherweise nicht bereit ist, Konzeptionen, die sie erarbeitet hat, zum Beispiel die Luftverkehrskonzeption oder auch das integrierte Verkehrskonzept des Landes, ins Parlament einzubringen und damit ihrer Pflicht zur sachgerechten Unterrichtung des Parlaments nachzukommen. Das ist schlechter politischer Stil.

Die Luftverkehrskonzeption des Landes muss nach unserer Auffassung unter Berücksichtigung der aktuellen Bedingungen dringend überarbeitet werden. Ich möchte das begründen:

Die Stellungnahmen des Landes Berlin stammen zum Beispiel vom Juni 1999. Die Flugplatzgemeinden und auch die Betreiber hatten letztmalig im Jahre 1998 ihre Stellungnahmen abzugeben. Auch die Entscheidung zum Abbruch des Privatisierungsverfahrens zum BBI im Mai dieses Jahres unterstreicht die Feststellung der mangelnden Aktualität der Luftverkehrskonzeption.

Wir gehen davon aus, dass künftig auch Konsequenzen aus dem Gutachten - Flugplatz als Wirtschaftsfaktor, Möglichkeiten und Formen der Wirkung der Landeplätze, das Land als Wirtschaftsfaktor, Analyse der im Lande vorhandenen Situation - ebenso in eine aktuelle Luftverkehrskonzeption einfließen müssen. Wir haben im Verkehrsausschuss beantragt, dass sich der Verkehrsausschuss mit diesen Gutachten befasst und mögliche Konsequenzen für die Luftverkehrspolitik des Landes herausarbeitet. Vom Verkehrsminister ist uns zugesichert worden, dass das im Januar nächsten Jahres geschehen kann.

Die Landesregierung sagt uns, dass in den vergangenen Jahren zahlreiche Investitionen an den Landeplätzen zur Schaffung einer leistungsfähigen und auch zweckmäßigen Bodeninfrastruktur nach dem neuesten Stand der Technik gefördert worden sind. Wir kritisieren die von den Planungen des BBI in Schönefeld entkoppelte und mit Landesmitteln geförderte Entwicklung der Flugplätze im Lande. Offensichtlich gab es für die Förderung der einzelnen Flugplätze im Lande keine ausrei

chenden Einschätzungen zu Entwicklungspotenzialen bzw. keine Prognosen, was letztendlich auch dazu führte - wie es Aussage in der Luftverkehrskonzeption ist -, dass die Regionen Prignitz und Havelland nach Auffassung der Landesregierung einfach unterrepräsentiert sind.

Über Kooperationen der Flugplätze miteinander und über zu erreichende Effekte wird leider nichts ausgesagt.

Viel Geld wurde hineingesteckt. Aber mit welchem Ergebnis? Das ist die große Frage.

Wir lesen in der Antwort auf unsere Große Anfrage, dass es an den Flugplätzen keinen Frachtverkehr und keinen Linienverkehr gibt.

Nach Auffassung der Landesregierung ist der Ausbau des Flughafens Schönefeld ihr wichtigstes Infrastrukturprojekt - dies übrigens schon seit zehn Jahren - und eines der Schlüsselprojekte zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region BerlinBrandenburg. Umso unverständlicher ist es aus der Sicht der PDS-Fraktion, dass dieses Projekt, wenn es denn das Schlüsselprojekt zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Region sein soll, von so vielen Fehlentscheidungen, Fehlleistungen und Missmanagement der Landesregierung gebeutelt wurde, die die Steuerzahler Millionen kosteten.

Meine Damen und Herren, die viel gepriesene wirtschaftliche Sachkompetenz, über die CDU und SPD angeblich verfügen, haben Sie am Projekt BBI bisher noch nicht unter Beweis gestellt.

Die PDS-Fraktion lehnt die Zahlung der geplanten Mittel für die Holding für das Jahr 2004 ab; denn es gibt hier weder ein Wirtschafts- noch ein Finanzierungskonzept noch aktuelle Prognosen für den Ausbau des Flughafens in Schönefeld.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, in der Flughafenkonferenz, die am 21. Oktober am Flughafen Schönefeld stattfand, wurde erstmals vom neuen Geschäftsführer der Holding, Herrn Johannsen-Roth, von solchen Kategorien wie Marktfähigkeit, Markttauglichkeit, effizienter und kostengünstiger Flughafen in Schönefeld gesprochen. Wenn ich meinen ganzen Optimismus zusammennehme, will ich glauben, dass das möglicherweise darauf schließen lässt, dass nach zwei gescheiterten Versuchen der Privatisierung des BBI nun endlich, wenn auch zaghaft, Realismus in die Flughafenplanung einzieht und über die Chancen des BBI-Projekts in Form des Ausbaus des Schönefelder Flughafens nachgedacht wird. All diejenigen, die mit mir bei der Flughafenkonferenz waren, werden das ebenfalls so sehen. Von Brandenburger Seite war es der Wirtschaftsminister; weitere Kollegen habe ich im Übrigen leider dort nicht gesehen. Jedenfalls war das meiner Meinung nach der Tenor dieser Veranstaltung.

Die Vertreter auf dieser Flughafenkonferenz von Bundes- und Landesregierung aus Berlin und Brandenburg verlangten allerdings, weil es wechselseitig viele ungelöste Probleme gibt, dass jeder erst einmal seine Schularbeiten macht. Dafür sind auch wir. Da gibt es noch eine Menge zu tun, und zwar hier das Planfeststellungsverfahren. Auf der anderen Seite muss sich der Bund entscheiden, welche Leistungen er zum Flughafenbahnhof in Schönefeld erbringt und wie er finanziert.

Fragen nach Finanzierungsvorstellungen für den Flughafenausbau, was nach dem erneuten Scheitern der versuchten Privatisierung zum BBI letztendlich ein offenes Problem ist, konnten die Regierungsvertreter, der Brandenburger Wirtschaftsminister und die Staatssekretäre der Berliner Seite und des Bundesverkehrsministeriums nicht beantworten. Ich möge Geduld haben, war die Ansage. Nun bin ich immer für Geduld und gute Planungen sind notwendig. Nur, wenn diese Geduld die Steuerzahler so viel Geld kostet wie bisher, müssen wir dies ablehnen.