Protokoll der Sitzung vom 05.11.2003

Fragen nach Finanzierungsvorstellungen für den Flughafenausbau, was nach dem erneuten Scheitern der versuchten Privatisierung zum BBI letztendlich ein offenes Problem ist, konnten die Regierungsvertreter, der Brandenburger Wirtschaftsminister und die Staatssekretäre der Berliner Seite und des Bundesverkehrsministeriums nicht beantworten. Ich möge Geduld haben, war die Ansage. Nun bin ich immer für Geduld und gute Planungen sind notwendig. Nur, wenn diese Geduld die Steuerzahler so viel Geld kostet wie bisher, müssen wir dies ablehnen.

Immerhin antwortete der neue Geschäftsführer der Holding auf meine Frage nach neuen Prognosen, dass im Rahmen der Umstrukturierung der BBF - auch das haben wir positiv zur Kenntnis genommen - künftig neue Passagier-, Erlös- und Leistungsprognosen geplant seien, um seriöse Grundlagen für Master-, Business- und Finanzplan zu erhalten. Eine neue Aussage ist auch, dass Prognosen tatsächlich neu erstellt werden sollen, um die Marktfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Flughafenausbaus zu untersetzen.

Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion fordert im Interesse einer zukunftsfähigen Luftverkehrspolitik von der Landesregierung Folgendes:

Erstens: Aktualisierung der Luftverkehrskonzeption und deren Vorlage im Parlament. Zweitens: Erarbeitung von Konsequenzen aus dem Gutachten zur Wirtschaftlichkeit von Flugplätzen mit den Kommunen und den Betreibern, die auch durch die Landes- und Regionalplanung untersetzt werden. Drittens: Konzeptionelle Untersetzung des Grundsatzes Verlagerung des Kurzstreckenflugverkehrs auf die Schiene. Erinnert sei an den Grundsatz, der im Landesentwicklungsprogramm Berlin-Brandenburg festgeschrieben ist. Viertens: Berücksichtigung der Kooperation der Verkehrsträger Schiene und Luft. Hierbei denke ich an die Inbetriebnahme des Lehrter Bahnhofs und auch an die ICE-Verbindung auf der Strecke Berlin - Leipzig im Jahr 2005, die in weniger als einer Stunde bewältigt werden soll.

(Zuruf des Abgeordneten Neumann [CDU])

Das ist wichtig, Herr Neumann, um überhaupt Prognosen für einen bedarfsgerechten Ausbau des Flughafens Schönefeld erarbeiten zu können.

Wir fordern von der Landesregierung des Weiteren, sich als Gesellschafterin dafür einzusetzen, dass die Umstrukturierung der BBF zur Erlangung von Wirtschaftlichkeit und Handlungsfähigkeit fortgeführt wird und eine vollständige Entschuldung der BBF erfolgt, damit die Landeshaushalte und der Bundeshaushalt endlich entlastet werden.

Wir erwarten, dass ein schlüssiges Wirtschafts- und Finanzierungskonzept für den Ausbau des Flughafens Schönefeld erarbeitet wird und in diesem auch die immer wieder öffentlich angemahnten Kooperationsbeziehungen mit anderen Flughäfen, zum Beispiel mit dem Flughafen Leipzig-Schkeuditz, im Interesse einer volkswirtschaftlichen Nutzung der Investitionen Berücksichtigung finden.

Meine Damen und Herren! Erinnernd an unsere Große Anfrage zum Lärmschutz möchte ich an dieser Stelle die Forderung an die Landesregierung erneuern, im Interesse der Verbesserung des Anwohner- und auch des Betroffenenschutzes eine Bundesratsinitiative zur Novelle des Fluglärmgesetzes zu initiieren.

(Beifall bei der PDS)

Diese Forderung untermauern wir im Zusammenhang mit unserer Großen Anfrage erneut.

Meine Damen und Herren! Wir sind der Auffassung - alle Anzeichen, die es dafür gibt, unterstützen wir sehr -, dass endlich Realitätssinn in die Luftverkehrspolitik der Landesregierung einziehen muss. Ich denke, die Antwort auf unsere Große Anfrage zeigt, dass berechtigte Chancen bestehen, wenn sie eine Überarbeitung erfährt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Tack, und gebe der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Dellmann, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Tack, ich habe heute mit Freude in der Zeitung gelesen, dass Sie - hier vor uns eben wiederholt - von einem neuen Realismus sprechen. Ich stelle fest, dass auch Sie langsam etwas realistischer werden.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

Was mich vor allen Dingen freut, ist die Ankündigung, dass Easyjet nach Schönefeld kommen wird. Das ist genau das, was wir brauchen. Wir brauchen nicht ein Kaputtreden von Standorten,

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Enkelmann [PDS])

sondern gemeinsame Anstrengungen, damit der Standort Schönefeld gestärkt und somit die Voraussetzung geschaffen wird, dass der BBI tatsächlich kommt.

Was ich in Ihrer Rede vermisst habe, ist die Auseinandersetzung mit den gesamten Fragen. 90 % Ihrer Rede widmeten Sie ausschließlich Ihrem Lieblingsthema, nämlich dem Großflughafen BBI.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

Da wir wesentlich mehr Standorte haben, um die es in der Antwort ebenfalls geht, wäre es spannend gewesen, von Ihnen auch dazu Meinungsäußerungen zu hören. Aber vielleicht ist Ihre Rede auch nur das Ergebnis dessen, dass Sie mit den Antworten auf die Große Anfrage einverstanden sind.

Meine Damen und Herren, was ist überhaupt Aufgabe einer Luftverkehrskonzeption? - Sie ist ein politischer und fachlicher Orientierungsrahmen für die Entwicklung des Luftverkehrs.

(Frau Tack [PDS]: Wir haben damals den Antrag ge- stellt!)

- Frau Tack, stellen Sie doch eine Frage, ich würde sie gern beantworten.

Sie ist eine Voraussetzung, um zu einer integrierten Verkehrsentwicklung zu gelangen. Damit ist vor allen Dingen auch die Notwendigkeit verbunden, Anforderungen an Flugplatzbetreiber und -nutzer zu definieren. Es geht darum, dass wir mit ei

ner Luftverkehrskonzeption zu definieren versuchen, wie wir die Luftverkehrsnachfrage von Wirtschaft und Bevölkerung befriedigen können, wie wir dafür die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Dabei geht es um die Vorhaltung und die Entwicklung der breiten Palette an Flughäfen. Das ist nicht nur der BBI, sondern sind auch Regionalflughäfen, Verkehrslandeplätze, können aber auch Sportflugplätze sein.

Eine Konzeption ist immer eine Sache, die sich dynamisch entwickeln muss, die man zur gegebenen Zeit auf den Prüfstand stellt. Ich darf noch einmal daran erinnern, dass die erste Luftfahrtkonzeption des Landes Brandenburg im August 1995 von der Landesregierung vorgelegt worden ist. Im August 2000 wurde dem Gremium die erste Überarbeitung vorgelegt. Sowohl Minister Meyer als auch Minister Szymanski haben zu jedem Zeitpunkt gesagt: Wenn es notwendig ist, wenn es signifikante Veränderungen der Rahmenbedingungen gibt, wird es selbstverständlich auch eine Überarbeitung der Luftverkehrskonzeption geben.

Ein Beispiel, Frau Tack, wie ernst es die Landesregierung damit nimmt, ist beispielsweise der Auftrag zur Erarbeitung dieser Studie, die uns im Januar des nächsten Jahres vorgelegt werden wird. Der gesamte Prozess wird ständig evaluiert. Wenn die Ergebnisse es notwendig machen, die Luftverkehrskonzeption zu ändern, wird dies geschehen.

Mir geht es darum, den Blick nicht nur auf den BBI zu lenken; denn wir sind uns einig, Frau Tack: Die Umstrukturierungen sind richtig. Es muss jetzt ein neues Finanzierungskonzept vorgelegt werden. Das Planfeststellungsverfahren ist auf einem - so hoffe ich - guten Weg. Es geht darum, auch über die anderen Flughäfen im Land zu reden. Ich glaube, es wäre verfehlt zu sagen, dass es dort signifikante Fehlentwicklungen gegeben hätte. Dort ist kein Geld im märkischen Sand versenkt worden. Bei Ihrem Redebeitrag hätte man denken können, dass dort Hunderte von Millionen Euro in den märkischen Sand gesetzt worden seien. Das ist mitnichten der Fall. Insgesamt 13 Millionen Euro sind seit 1992 für 13 Flugplätze ausgegeben worden. Ich glaube, das war auch ein angemessener Beitrag für eine regionale Wirtschaftsentwicklung. In den letzten Jahren waren es durchschnittlich stets 1 Million bis 1,5 Millionen Euro. Davon auszugehen, dass zu viel Geld ausgegeben worden sei, wäre nicht korrekt.

Wir müssen auch schauen - das ist ein Hintergrund dieser Studie -: Ist die Kategorisierung, sind die Effekte, die wir erwartet haben, eingetreten bzw. werden sie eintreten? Wir haben sehr viele verschiedene Beispiele im Land Brandenburg. Wir haben Fälle von ausgesprochen erfolgreichen kleineren Flughäfen - beispielsweise Schönhagen, Eggersdorf oder Strausberg -, aber es gibt auch Projekte, von denen wir mehr erwartet hätten. Die Ursachen für die unterschiedliche Entwicklung sind sehr vielfältig. Mir ist kein Fall bekannt, in dem das Land die Verantwortung dafür trüge, dass sich die Entwicklung nicht so vollzogen hätte, wie von den regionalen Akteuren gewünscht.

Das Land ist nicht zuständig für eine Subventionierung von Flugplatzbetreibern. Das Land ist ausschließlich dafür zuständig, über Infrastrukturförderung und die Schaffung guter Rahmenbedingungen eine Verbesserung der Infrastruktur zu erreichen und damit einen tragfähigen Flugbetrieb zu organisieren.

Ich glaube, dass die positiven Wirkungen, die inzwischen von verschiedenen Flughäfen ausgehen, gewürdigt werden sollten.

Denn der Bau eines Flughafens geschieht ja nicht zum Selbstzweck, sondern das Entscheidende sind die Wirkungen, die davon ausgehen. Dazu gehört eine breite Palette. Gerade die Antwort der Landesregierung, die sich mit der Frage auseinander setzt, wie viele Luftfahrtunternehmen sich angesiedelt haben und wie viele Arbeitsplätze geschaffen worden sind, zeigt sehr deutlich, dass ausgesprochen viel passiert ist. Das ist in Teilbereichen schon eine kleine Erfolgsgeschichte. Ich erinnere daran, dass dazu unter anderem auch Rolls-Royce gehört. Dazu gehört MTU, dazu gehören Teilbereiche der Lufthansa, die sich ansiedeln können, oder - ganz erfolgreich - beim Kollegen Schulze im Landkreis Teltow-Fläming beispielsweise der kleine Flughafen Schönhagen.

(Zuruf des Abgeordneten Bochow [SPD])

- Selbstverständlich auch beim Kollegen Bochow. Kollege Schulze ist nicht da, der Kollege Bochow ist anwesend.

Das ist eine Erfolgsgeschichte, die man sich ansehen und auch anderen regionalen Flughäfen empfehlen sollte, um so etwas organisieren zu können. Wenn ich den reinen Flugbetrieb in Schönhagen nehme, so ist das eine kleine Erfolgsgeschichte. Aber das, was rundherum passiert, ist eine große Erfolgsgeschichte. So wünschen wir es uns überall. Das geht aber nur, wenn es sich um konzertierte Aktionen handelt. Ich bin dankbar dafür, dass es an solch einem Standort gemeinsame Anstrengungen der Landkreise, der Städte und Gemeinden, aber auch des Wirtschafts- und des Verkehrsministeriums gegeben hat und auch zukünftig geben wird. Ich will unter anderem die ZAB nennen.

Noch zu zwei Dingen, die Sie, Frau Tack, als Forderung stellen: Die eine betrifft die Kooperation mit anderen Flughäfen. Sie sprachen beispielsweise die Kooperation mit Leipzig an. Die andere Forderung bezieht sich auf eine verstärkte Verkehrsverlagerung. Sie sollten bitte ganz genau überlegen, was leistbar ist, was wir im Land Brandenburg tatsächlich leisten können. Ich glaube, alle in diesem Hause sind für eine Verkehrsverlagerung. Niemand will, dass Kurzstreckenverkehr mittels Flugzeug abgewickelt wird. Wir müssen überlegen, ob wir die genannte Forderung selbst erfüllen können. Dazu müssen wir Anschübe geben und die Realisierung einfordern.

Die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, mehr Verkehr auf die Schiene zu bekommen, ist eine bundesrechtliche Angelegenheit. Deshalb sollte unser gemeinsamer Adressat via Bund in wesentlichen Bereichen auch die EU sein. Denken Sie zum Beispiel an Steuerfragen. Ob Flugbenzin besteuert wird oder nicht, ist eine Sache, die in der EU geklärt werden muss. Das können wir weder im Land Brandenburg noch beim Bund regeln, das muss auf EU-Ebene einheitlich gehandhabt werden.

Das zweite Thema bezieht sich auf die Kooperation. Es hört sich immer ausgesprochen gut an, wenn gesagt wird: Brandenburg, kooperiere bitte mit Sachsen-Anhalt und Sachsen

(Petke [CDU]: Mit Berlin!)

und erarbeite super Konzepte! Frau Tack, wenn wir es auf den Punkt bringen, merken wir, dass das leider nicht möglich ist. Es bringt uns überhaupt nichts, wenn Sie diesen Wunsch einfach äußern, ohne selbst auch nur ansatzweise Vorschläge zu unterbreiten, wie wir tatsächlich zu solchen Kooperationen

kommen können. Dazu haben Sie uns bisher leider keine Idee und keinen Vorschlag vortragen können.

Meine Damen und Herren, das Gutachten der TU Cottbus, das hier schon erwähnt worden ist und sich auch in der Antwort auf die Große Anfrage wiederfindet, befindet sich derzeit noch in einer Rückkoppelungsrunde mit den Flughäfen, Gesellschaften und Regionen. Diese Rückkoppelung halte ich auch für ausgesprochen richtig und wichtig. Es wäre ein fatales Signal, wenn Ergebnisse von Gutachtern quasi ungeschützt herausgegeben würden. Man sollte auch den Flughafenbetreibern die Chance geben, dazu ihre Meinung zu sagen. Diese Meinung möchte ich ebenso wie die Ergebnisse der Gutachter im Verkehrsausschuss vorliegen haben.

Ich bin auf die Ergebnisse gespannt und freue mich, dass wir das Thema im Januar im zuständigen Fachausschuss behandeln werden. Ich glaube, meine Damen und Herren, wir sind uns einig: Wenn sich dann zeigt, dass die Luftverkehrskonzeption des Landes Brandenburg überarbeitet werden muss, werden wir dieses Vorhaben gemeinsam auf den Weg bringen. Das MSWV wird alles dafür tun, damit die überarbeitete Luftverkehrskonzeption schnellstmöglich auf den Tisch kommt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Dellmann. Das Wort geht jetzt an die Fraktion der DVU, an die Abgeordnete Hesselbarth.

Bevor Frau Hesselbarth am Rednerpult ist, möchte ich wieder Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Senioren aus dem Landkreis Prignitz. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Bitte schön, Frau Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie erwarten doch wohl nicht, dass wir diese Debatte wirklich ernst nehmen. Obwohl wir noch nicht den 11.11. schreiben, handelt es sich hierbei doch wohl eher um eine Veranstaltung mit erkennbar karnevalistischen Zügen.