Protokoll der Sitzung vom 06.11.2003

Das Negativbeispiel Fürstenwalde zeigt, dass Handlungsbedarf besteht und der Landtag sich den Problemen der Kommunalwirtschaft mit allen positiven und negativen Seiten stellen muss. Vielleicht helfen veränderte Rahmenbedingungen auch der Stadt Fürstenwalde, aus dieser Misere herauszukommen; denn eines ist richtig: Die Grundsatzentscheidung für die Kommunalbetriebe bleibt auch in Fürstenwalde eine richtige Entscheidung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, folgen Sie daher unserem Antrag! Eröffnen wir ab Dezember die Diskussion über die Stärkung der Gemeindewirtschaft im Land Brandenburg. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Schippel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion zur Stärkung der Gemeindewirtschaft ist in seiner inhaltlichen Farbgebung nicht neu. Ein Blick auf die vergangenen Jahre zeigt die chronologische Abfolge von Anträgen und mündlichen Anfragen zu diesem Thema.

Ihre Hartnäckigkeit, verehrte Kollegen der PDS, in allen Ehren, Sie sollten jedoch nicht auf die Strategie verfallen, mit der Sie auch beim Finanzausgleichsgesetz aufwarten.

(Zuruf von der PDS: Warum nicht?)

Ein Gesetzentwurf mit so weit reichenden Konsequenzen und sich durch die Einflüsse der EU ständig ändernden Rahmenbedingungen - Sie nehmen in Ihrem Antrag selbst Bezug darauf sollte nicht übers Knie gebrochen werden.

Ich stimme Ihnen jedoch zu, was den sehr großzügig gestrickten Zeitplan des Innenministeriums angeht. Im Dezember 2001 erklärte Innenminister Schönbohm, dass er bemüht sei, im folgenden Jahr, also 2002, einen entsprechenden Antrag auf Gesetzesänderung in den Landtag einzubringen. Auch wenn der Begriff „bemüht“ sehr dehnbar ist, sollte das Verfahren angesichts der finanziellen Probleme der Kommunen endlich zum Abschluss gebracht werden.

Verehrte Kollegen der CDU, Sie wissen allzu gut, wo wir bezüglich einzelner Regelungen des Gesetzentwurfs einen Konsens finden könnten und wo wir Diskrepanzen haben. Die Aufrichtigkeit gebietet jedoch, dennoch eine abschließende Position zu beziehen.

(Zuruf von der PDS: Wann denn?)

Mit einem Verfahren, das sich kontinuierlich in der Schwebe befindet, ist niemandem geholfen. Es liegt nun an Ihnen zu entscheiden, inwiefern Sie die Mühen des Innenministers unterstützen. Wir waren dem Gesetzentwurf des Innenministers sehr nahe.

(Bravo! bei der PDS)

Der grundsätzlichen Befürwortung einer solchen Gesetzesänderung steht unsererseits nichts entgegen, solange die Kommunen nicht nach dem Motto „Gewinnmöglichkeiten privatisieren - Verlustmöglichkeiten kommunalisieren“ eine weitere Beschneidung ihrer Einkünfte erfahren.

Mit der Änderung der Gemeindeordnung hinsichtlich des Gemeindewirtschaftsrechts sollte aber auch folgender Hinweis an die Gewerkschaften verbunden werden. Kommunale Unterneh

men sind gegenüber der privaten Wirtschaft nur eingeschränkt konkurrenzfähig, wenn die Tarife im öffentlichen Dienst nicht flexibler gestaltet werden. Insofern sehe ich auch Handlungsbedarf in Richtung entsprechender Öffnungsklauseln.

Die Diskussionen über die geplante Gesetzesänderung des Gemeindewirtschaftsrechts zeigen jedoch, dass Bewegung in dem Verfahren ist. Insofern ist Ihr Antrag, meine Damen und Herren der PDS, überflüssig.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der PDS - Petke [CDU]: Immer dieselben Zwischenrufe und immer dieselben Anträge! - Zuruf von der PDS: Wenn Sie nichts tun!)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Als ich den Antrag der PDS-Fraktion „Stärkung der Gemeindewirtschaft“ zur Kenntnis nahm, habe ich mir gesagt: Mensch, da haben wir nun im Innenausschuss stundenlang, tagelang gesessen und über Gemeindefinanzen, Gemeindeentlastung, Gemeindegebietsreform usw. debattiert und dann kommt die PDS-Fraktion und verkündet mit wenigen Sätzen auf einer DIN-A4-Seite, dass sie bis Dezember 2003 die ganze Welt verändern wolle. Ich glaube, das möchten wir alle können. Doch halt! Nicht etwa die PDS-Fraktion verändert die Welt, nein, andere sollen dies tun, und das bis Dezember 2003.

(Zuruf von der CDU: Immer andere!)

- Das stimmt, Herr Abgeordneter.

Schade, kann man da nur sagen. Hier soll es wieder einmal die Landesregierung tun.

Grund soll sein, die rechtlichen Rahmenbedingungen aller kommunalen Unternehmen wegen der schwierigen Finanzsituation der Kommunen und der veränderten Rahmenbedingungen nach EU-Recht günstiger zu gestalten. Wie die Finanzsituation aussieht, Herr Kollege Sarrach, wissen wir alle. Darüber haben wir des Öfteren gesprochen.

Einen Referentenentwurf gibt es dazu schon. So weit, so gut. Aber: Irgendein sachlicher Vorschlag der PDS-Fraktion dazu? Fehlanzeige! - Schade, kann man nur sagen. Da frage ich mich allen Ernstes, abgesehen von der Frist: Was soll dieser Antrag im Plenum?

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Selbstverständlich.

Bitte sehr, Herr Abgeordneter Sarrach.

Herr Kollege, ist Ihnen entgangen, dass das Land Brandenburg in der Innenministerkonferenz den Vorsitz der Arbeitsgruppe zur Novellierung der Gemeindeordnung im Rahmen der wirtschaftlichen Betätigung inne hatte und darüber abstimmte, einen Gesetzentwurf vorzulegen, und diesen auch vorgelegt hat?

Das ist mir nicht entgangen, Herr Kollege Sarrach.

Zurück zum Thema: Ich frage mich also allen Ernstes: Was soll dieser Antrag hier im Plenum?

Was wäre eigentlich die Konsequenz daraus? Die Landesregierung legte, wenn wir dem zustimmten, im Dezember die von Ihnen geforderte Novelle zur Gemeindeordnung vor und wir überwiesen sie in den Ausschuss. Ich nehme an, so stellen Sie es sich vor, Herr Kollege Sarrach. Da frage ich mich doch: Warum stellen Sie einen solch inhaltslosen Antrag nicht zuerst im Innenausschuss? Da ließe sich doch klären, ob es aus Sicht der Landesregierung irgendwelche Hinderungsgründe gibt, und wenn ja, welche. Vielleicht berührt dies auch im Fluss befindliche Diskussionen auf Bundes- oder EU-Ebene.

Ich unterbreite einen Vorschlag zur Güte, Herr Kollege Sarrach: Der Vorsitzende des Ausschusses für Inneres, Kollege Christoph Schulze, nimmt sich mit seiner großen Autorität als Ausschussvorsitzender der Sache an und bittet Staatssekretär Lancelle - es könnte auch sein, dass Minister Schönbohm diesmal anwesend ist - um eine Stellungnahme in dieser Angelegenheit im Ausschuss im Dezember 2003. Damit wäre der Sache gedient und wir müssten uns im Plenum nicht mit völlig inhaltslosen, ins Blaue hinein gestellten PDS-Anträgen abquälen, deren einziger Sinn und Zweck das populistische Aufblähen der Plenartagesordnung sein kann, weil der PDS-Fraktion ansonsten nichts einfällt.

In diesem Sinne, Herr Kollege Sarrach, tut es mir in der Seele und von ganzem Herzen Leid: Den von Ihnen gestellten Antrag müssen wir ablehnen.

(Beifall bei der DVU)

Bevor wir mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fortfahren, begrüße ich junge Gäste aus der Realschule „Käthe Kollwitz“ in Potsdam. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Herr Abgeordneter Petke, bitte sehr.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die PDS hat das Thema Gemeindewirtschaft tatsächlich zum wiederholten Male auf die Tagesordnung gesetzt. Das bietet natürlich Gelegenheit, sich mit dem Thema, aber vor allen Dingen mit den Aussagen des Kollegen Sarrach und den nicht vorhandenen Argumenten des Antrages auseinander zu setzen.

Da ist von einer „notwendigen Weiterentwicklung des Gemeindewirtschaftsrechts“ die Rede. Eine Begründung erfolgt nicht. Es wird lediglich ein Ausflug ins EU-Recht unternommen. Warum, wieso, weshalb? - Die Beantwortung dieser Fragen war sicherlich entbehrlich.

(Sarrach [PDS]: Das habe ich alles ausgeführt!)

- Sie haben es leider nicht ausgeführt.

(Sarrach [PDS]: Natürlich!)

- Das ist so.

Sie entscheiden sich in Ihrem Antrag nicht, in welche Richtung es gehen soll. Sie fordern eine Ausweitung der Möglichkeiten, unterlassen aber die notwendige Abwägung der Argumente.

Ich gehe kurz auf das Argument ein, andere Länder hätten bereits eine Novellierung vorgenommen. Das mag so sein. Es gibt aber nach wie vor Länder, die noch nicht in die Novellierung eingetreten sind. Sie nehmen in Ihrem Antrag auf die Beziehung zwischen der Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts auf der einen Seite und der Finanzsituation der Kommunen auf der anderen Seite Bezug. Schauen Sie sich die Situation der Kommunen in Nordrhein-Westfalen an! Sie werden feststellen, dass die Situation der nordrhein-westfälischen Kommunen trotz Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts noch dramatischer ist als die Situation der Kommunen in Brandenburg. Von daher sind die von Ihnen geschilderten Zusammenhänge nicht zutreffend.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu? - Bitte, Herr Sarrach.

Herr Kollege, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass ich in meinem Redebeitrag ausgeführt habe, über Strukturprinzipien wie Örtlichkeitsprinzip und kommunale Wirtschaftsklausel sowie den Begriff „Kommunalunternehmen“ im Gesetzentwurf solle im Landtag ergebnisoffen, transparent und ehrlich debattiert werden?

Haben Sie während des Kommunalwahlkampfes in Perleberg tatsächlich versprochen, sich für einen solchen Gesetzentwurf einzusetzen?

„Ergebnisoffen“ und „ehrlich“ sind klassische Begriffe der PDS. Entscheiden Sie sich als PDS-Landtagsfraktion doch einmal, was Sie eigentlich wollen!

(Zuruf von der PDS: Das haben wir!)