Protokoll der Sitzung vom 28.01.2004

Innenminister zur Kenntnis nehmen mussten, dass das lange versprochene Finanzausgleichsgesetz frühestens im Mai, wahrscheinlich aber eher erst im Juni vorgelegt werden soll. Wenn die Landesregierung dabei bleibt, dann ist auch dieses Versprechen gebrochen worden; denn jeder kann sich ausrechnen, dass ein solcher Gesetzentwurf zu diesem Zeitpunkt - kurz vor den Landtagswahlen - kaum Chancen hätte, den Landtag zu passieren.

Mit dem jetzigen Antrag möchten wir jedenfalls erreichen, dass eine Debatte über einen Nachtragshaushalt und um die Einlösung dieses Versprechens nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird, sondern dass im März ein entsprechender Nachtragshaushalt durch die Landesregierung eingebracht wird.

(Beifall bei der PDS)

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Die Frage, ob beim kommunalen Finanzausgleich eine Nachsteuerung in Höhe von 80 Millionen Euro vorgenommen wird oder nicht, ist auch ein Gradmesser für Ihre Glaubwürdigkeit und Ihre Verlässlichkeit. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Schippel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rechenkünste der PDS-Fraktion sind kaum noch nachzuvollziehen. Ich weiß nicht, inwieweit Sie sich auskennen, aber die 159 Millionen Euro, von denen Sie hier reden, sind die Spitzabrechnung aus dem Steuerverbund, die nachträglich gemacht wird. Wenn wir in diesem System blieben, was ja von niemandem bestritten wird, dann hätten wir den Kommunen im Haushalt 2004 159 Millionen Euro abziehen müssen. So klar ist die Rechtslage. Das weiß Frau Osten und das müssten alle wissen, die über Kommunalfinanzen reden.

Angesichts der Kenntnis der Lage in den Kommunen war es also ein vernünftiger Beschluss des Landtags, diese 159 Millionen Euro 2004 nicht in Summe abzuziehen, sondern für den Fall, dass Entlastungen - die ja im Raum standen - nicht eintreten sollten, de facto nur die Hälfte, sprich: rund 80 Millionen Euro.

Jetzt wollte ich Ihnen eigentlich aus der Begründung zitieren, weil ich angenommen hatte, dass Sie diese nicht gelesen haben. Sie haben sie aber gelesen. Das Erstaunliche ist, dass Sie nicht unterscheiden können zwischen „80 Millionen“ und „bis zu 80 Millionen“. So steht es wortwörtlich drin. Verkaufen Sie also bitte nicht nach draußen, dass 80 Millionen definitiv feststehen. Wir haben gesagt: bis zu 80 Millionen, wenn Entlastungen nicht eintreten.

(Unruhe bei der PDS)

Niemand wird bezweifeln, dass wir uns höhere Entlastungen gewünscht hätten. Definitiv und berechenbar sind zurzeit aber nur 25 Millionen Euro.

(Unruhe bei der PDS)

Nach meiner Rechnung ist zwischen 25 Millionen und 80 Millionen eine Spanne von 55 Millionen. Mehr haben wir den Kommunen nicht versprochen. Wir werden uns auch in Zukunft davor hüten, mehr zu versprechen, als wir halten können. Das ist Ihr Metier, das Sie in Zukunft gern weiterbetreiben können.

(Beifall bei SPD und CDU)

Sie versprechen Dinge, die nicht zu leisten sind. Das haben Sie auch heute schon wieder den ganzen Tag über und auch in dieser Debatte gemacht. Wir lassen uns aber von Ihnen nicht vorführen. Diese 55 Millionen Euro fallen uns ohnehin sehr schwer, weil noch nicht klar ist, wie dieser Betrag gedeckt werden kann. Vermutlich wird das durch eine Kreditaufnahme gedeckt werden müssen. Dann werden Sie wieder schreien: „Schlecht gemacht, Kredite aufgenommen“ und Krokodilstränen heulen,

(Unruhe bei der PDS)

auch wenn diese 55 Millionen Euro ja für die Kommunen bestimmt sind.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU - Unru- he bei der PDS)

Sie sind scheinheilig bis zum Gehtnichtmehr.

(Zurufe von der PDS)

- Mit „Sie“ meine ich die PDS-Fraktion, die sich jetzt im Wahlkampf befindet und die Grundrechenarten nicht mehr beherrscht.

(Klein [SPD]: Genau!)

Die Frage, die noch offen ist - es bleibt bei diesen 55 Millionen Euro -, lautet, an welcher Stelle wir diesen Betrag einsetzen. Wenn wir das investiv einsetzen, dann kommen wir hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Haushalts in weniger Konflikte; denn wenn wir Kredite aufnehmen, dann muss das Geld für Investitionen verwendet werden. Auf der anderen Seite erkennen wir ganz klar, dass speziell die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der Sozialhilfe - auch das erkläre ich Ihnen schon, damit Sie nicht nachher sagen, die kleinen Gemeinden hätten nicht so viel bekommen - in Schwierigkeiten geraten. Insofern müssen wir schauen, wo eventuell der goldene Mittelweg liegt. Wir müssen gegebenenfalls aussteuern und zwischen den Interessen des Landeshaushalts und den berechtigten Interessen der Träger der Sozialhilfe abwägen.

Mit den 55 Millionen Euro halten wir original unser Versprechen. Wir machen das, was wir immer gesagt haben: Wir verdummen die Kommunen nicht. Wir sagen ihnen vorher die Wahrheit und dabei bleibt es.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Lug und Trug gegenüber den Gemeinden - so und nicht anders müsste man, wenn man böse wäre, das Verhalten dieser Landesregierung gegenüber den Kommunen des Landes bezeichnen. Im Zuge der Aufstellung des Landeshaushalts sowie des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2004 gab die Landesregierung zur Rechtfertigung der neuerlichen Kürzungen bei den Kommunen von 160 Millionen Euro diesen gegenüber eine, gelinde gesagt, mehr als positive haushaltsrechtliche Prognose zu den Wirkungen der Gemeindefinanzreform auf Bundesebene ab. In dieser Prognose wurde erklärt, dass wegen der Bundesgesetzgebung die Kommunen des Landes bis zu 80 Millionen Euro als Kompensation zu erwarten hätten.

Die Haltung der Landesregierung war dabei mehr als inkonsequent. Einerseits wurde für die kommunalen Haushalte ein nicht näher quantifizierter Entlastungseffekt von bis zu 80 Millionen Euro prognostiziert und in der Folge aus der Finanzausgleichsmasse herausgenommen. Andererseits wurde aber festgestellt, dass für den Landeshaushalt Unsicherheiten über die tatsächlich zu erwartende finanzielle Auswirkung der Gemeindefinanzreform bestehen. Mit dieser Begründung wurden Mehreinnahmen oder Minderausgaben für den Landeshaushalt als nicht veranstaltungsreif bezeichnet.

Statt konsequenterweise bereits damals 80 Millionen Euro mehr in den Landeshaushalt einzustellen, wie vom brandenburgischen Städte- und Gemeindebund gefordert, fasste man lediglich einen Kabinettsbeschluss, um den Kommunen für den Fall, dass die positiven Effekte der Gemeindefinanzreform für Brandenburgs Kommunen nicht eintreten würden, eine Nachsteuerung in Höhe von 80 Millionen Euro per Nachtragshaushaltsgesetz bis März 2004 in Aussicht zu stellen - eine finanzpolitische Beruhigungspille, könnte man sagen.

Inzwischen ist das Kind buchstäblich in den Brunnen gefallen. Nach bisherigen Schätzungen des Finanzministeriums erhalten die Kommunen aufgrund der Ergebnisse des Gesetzesbeschlusses von Bundestag und Bundesrat im Dezember 2003 per saldo etwa 25 Millionen Euro mehr. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus etwa 40 Millionen Euro Mehreinnahmen durch die Gewerbesteuerreform und ca. 15 Millionen Euro Mindereinnahmen durch das teilweise Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform. Ob sich diese Zahlen stabilisieren oder noch weiter nach unten korrigiert werden müssen, so selbst Frau Finanzministerin Ziegler in einer Pressemitteilung ihres Hauses, muss abgewartet werden. Danach könne man erst über einen Nachtragshaushalt entscheiden.

Als dann Anfang dieses Monats die voraussichtlichen minimalen Entlastungen für die Kommunen bekannt wurden und Sie, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, auf den fahrenden Zug der kommunalen Proteste aufsprangen, forderten plötzlich Sie, Herr Kollege Schippel, im Namen Ihrer Fraktion einen Nachtragshaushalt in Höhe von 55 Millionen Euro für die Kommunen des Landes.

(Zurufe von der SPD)

Auch die CDU-Fraktion schloss sich der Forderung an. Das ist ja auch legitim. In dem Wissen, dass ein Nachtragshaushalt seien es nun 80 Millionen Euro oder nur 55 Millionen Euro

den Landeshaushalt haarscharf an den Rand der Verfassungswidrigkeit führt, erklärten Sie, Herr Kollege Schippel, im Namen der SPD-Fraktion, die zusätzlichen Mittel für die Kommunen sollten einfach zweckgebunden nur für Investitionen ausgereicht werden. Man hätte damit zusätzlich gepumptes Geld in der Hauptgruppe 8 des Landeshaushalts verbuchen können. Ein finanzpolitischer Taschenspielertrick, kann man sagen. Als ob die Haushaltslöcher der Kommunen sich nur auf den investiven Bereich beziehen würden!

Einzig unsere Fraktion war es, die in Übereinstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden bereits während der Haushaltsdebatte im Herbst des letzten Jahres eine Erhöhung der Verbundquote von 25,3 % auf 26 % und somit für die Kommunen ein Mehr von 45 Millionen Euro forderte. Weitere 35 Millionen Euro hätte man im Landeshaushalt umschichten können bzw. durch Kürzung der bereitgestellten Mittel für die Pleitefirma LEG oder Ähnliche erreichen und den Kommunen zur Verfügung stellen können. Dies wäre der einzig solide Weg gewesen.

Auch heute stimmen wir als DVU-Fraktion dem vorliegenden Antrag im Interesse der finanziell Not leidenden Kommunen des Landes nur unter der Maßgabe zu, dass die Landesregierung zunächst einmal beauftragt wird, alle denkbaren Umschichtungsmöglichkeiten des bestehenden Landeshaushalts zu prüfen.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrages!

Ich komme zum Schluss meines Beitrages, Herr Präsident. Die von der Koalition geforderte wesentlich geringere Summe, welche darüber hinaus dem Kabinettsbeschluss vom 20. August 2003 widerspricht, lehnen wir ab. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Petke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder einmal versucht die PDS, das Thema Kommunalfinanzen auf die Tagesordnung zu setzen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Wenn es kein anderer tut! - Weitere Zurufe)

- Nun wartet doch einmal, Kollegen.

Im Gegensatz zu den beiden Koalitionsfraktionen, wo außer dem Innenminister für die Regierung auch beide Fraktionsvorsitzende noch da sind und dieses Thema tatsächlich ernst nehmen, ist es zum wiederholten Male der Fall, dass der Kollege

Bisky als Fraktionsvorsitzender der PDS zwar in der "Märkischen Allgemeinen" erklärt, dass die Regierung in der Frage der Kommunalfinanzen in den letzten vier Jahren versagt hätte,

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Schon länger!)

aber wenn es darum geht, hier im Plenum die Diskussion zu führen, die Frau Enkelmann, Frau Kaiser-Nicht und jetzt der Kollege Domres eingefordert haben, dann sehen und hören wir vom Fraktionsvorsitzenden nichts.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Dafür sind wir ja da!)

Tatsächlich lesen wir heute in der Pressemitteilung, dass die "Kumpanei von SPD und CDU dieses Land Brandenburg an den Rand einer Staatskrise gebracht hat".

(Frau Tack [PDS]: Das stimmt!)