Protokoll der Sitzung vom 28.01.2004

Wir sind überzeugt davon, dass wir uns mit dieser Erprobungsklausel in eine Modernisierungsfalle begeben. Der Universität

werden erhebliche Lasten auferlegt, zumal die Modularisierung der Ausbildung noch gar nicht abgeschlossen ist. Ernsthaft zu hinterfragen ist wirklich, inwieweit gerade die Lehrerausbildung dazu prädestiniert ist, als Vorreiter für Bachelor und Master benutzt zu werden, was die Annahme des Gesetzes zum jetzigen Zeitpunkt praktisch bedeuten würde.

Aus unserer Sicht wäre die Landesregierung gut beraten, so intensiv wie möglich an dem angekündigten großen Wurf zu arbeiten, ihn so schnell wie möglich vorzulegen und der Universität bis dahin Spielraum für die weitere Arbeit an der Modularisierung der Ausbildung und der zielgerichteten Einstellung auf die neuen, höheren Anforderungen der Lehrerausbildung zu lassen.

Ich werbe dafür, unserem Antrag zu folgen und die Erprobungsklausel zunächst zurückzunehmen in Verantwortung für eine künftige hoch motivierte, mit pädagogischer, psychologischer, diagnostischer, didaktischer, methodischer und natürlich fachlicher Kompetenz gut ausgestattete Lehrergeneration. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Siebke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Regierungsentwurf der Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes zielt auf drei Dinge. Erstens soll er dazu beitragen, die Versorgung mit ausgebildeten Lehrkräften besonders in den Bereichen der Sonderpädagogik und der beruflichen Bildung zu sichern. Zweitens geht es darum, Seiteneinsteiger besser als bisher gewinnen und ausbilden zu können, und drittens darum, die Zuständigkeiten vom Ministerium ausgehend im Landesprüfungsamt zu bündeln.

Wie ich bereits in der 1. Lesung bemerkt habe und - außer mir auch andere Kollegen, Frau Große hat es eben noch einmal gesagt -, beinhaltet diese Novelle keine umfassende Reform der Lehrerbildung, sondern es handelt sich um Regelungen, die aktuell wichtig sind, für die ein aktueller Bedarf besteht.

Ich denke, dass die getroffenen Regelungen tragfähig sind - das gilt auch für den Bereich der Ausbildung in der Sonderpädagogik, auf den Frau Große abgehoben hat -, nachdem der Minister im Ausschuss versichert hat, dass Lehramtsanwärter natürlich nur an solchen Schulen ausgebildet werden, an denen auch die Betreuung durch sonderpädagogisch geschultes Personal möglich ist.

Im parlamentarischen Verfahren brachten die Koalitionsfraktionen, angelehnt an die Regelungen in Berlin, eine Erprobungsklausel in den Gesetzentwurf ein. Zum Inhalt der Erprobungsklausel möchte ich Folgendes sagen: Ab dem Wintersemester 2004/05 werden, abweichend von den Regelungen des Lehrerbildungsgesetzes, gestufte lehramtsbezogene Studiengänge erprobt werden, die mit den Hochschulabschlüssen Bachelor oder Master enden sollen. Das Ziel dieser Erprobungsklausel ist, die Struktur und Gestaltung der Lehrerbil

dung zu verändern, wie es in anderen Bundesländern schon praktiziert oder diskutiert wird. Es geht darum, den gemeinsamen Bildungsraum Brandenburg-Berlin weiter zu festigen. Schließlich geht es - das halte ich für besonders wichtig - um das Einbringen in den europäischen Prozess, das heißt darum, unsere Abschlüsse international vergleichbar zu machen und somit die berufliche Mobilität in Europa zu erhöhen. Frau Große sprach vom Bologna-Prozess. Dem können wir uns nicht entziehen und es ist auch ein zeitlicher Rahmen gesetzt.

Die Anhörung hat ergeben, dass die Universität Potsdam, die als einzige im Land Brandenburg Lehrer ausbildet, bereit ist, den geschilderten Weg zu gehen. Ich halte die Kürze der Zeit für ein förderliches Mittel, wenn ich auch nicht den Begriff „Brechstange“ in diesem Zusammenhang verwenden möchte. Aber ich meine schon, dass ein zeitlicher Druck dazu dient, begonnene Prozesse der Modularisierung des Studiums, woran die Universität schon seit geraumer Zeit arbeitet, in die Erprobung einzubringen und in dieser Erprobung dann auch weiterzuentwickeln. Auch die Verwendbarkeit des Bachelor-Abschlusses muss in diesem Prozess durch Inhalte des Studiums weiterentwickelt werden. Eine engere Zusammenarbeit - das möchte ich hier ganz deutlich sagen - mit den Berliner Universitäten wäre sicherlich für beide Seiten hilfreich dabei.

Ich spreche mich also gegen den Antrag der Fraktion der PDS aus, diese Erprobungsklausel nicht zu bestätigen. Ich meine, die Novelle ist ein Schritt in die richtige Richtung der Reform der Lehrerbildung, wenn sie es auch nicht selbst ist, und bitte um Ihre Zustimmung. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Bericht des zuständigen Fachausschusses zu diesem Gesetzentwurf steht es kurz und prägnant zusammengefasst. Ich zitiere:

„Im Hinblick auf den Bedarf an ausgebildeten Lehrkräften insbesondere für den Bereich der beruflichen Bildung sowie der Förderschulen im Land Brandenburg ist es notwendig geworden, unabhängig vom laufenden Reformprozess das Brandenburgische Lehrerbildungsgesetz zu ändern.“

Auch meine Fraktion sieht erheblichen Änderungsbedarf. Wir haben Zweifel daran, dass die beantragten Änderungen, so wie sie geplant sind, hilfreich sein werden, wie es von der Landesregierung proklamiert wird. Wir sehen auch nicht, wozu wir Bachelor- und Masterstudiengänge in der Lehrerbildung benötigen, und haben ernsthafte Zweifel, dass sich deren Einführung ohne gründliche Vorbereitung positiv auf die Qualität dieser Ausbildung auswirken wird. Hier soll wieder einmal herumgestückelt werden, wie man es leider von dieser Landesregierung kennt.

Meine DVU-Fraktion beharrt weiterhin darauf, dass die bekanntlich nicht auf Brandenburg beschränkte deutsche Bildungsmisere nur mit einem umfassenden und ganzheitlichen

Ansatz behoben werden kann. Wenn man hier ein wenig am Schulgesetz herumbastelt, dort das Lehrerbildungsgesetz ein wenig verändert und zusätzlich noch mit Ganztagsschulen herumexperimentiert - nein, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, der große Wurf ist Ihnen diesbezüglich nicht gelungen. Doch das war auch von dieser Landesregierung nie anders zu erwarten.

Immerhin sehen wir in diesem Gesetzentwurf einige nötige Veränderungen in die richtige Richtung. Allerdings haben wir ähnliche Bedenken wie die PDS-Fraktion, was die Einführung zum vorgesehenen Zeitpunkt anbelangt. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung zu diesem Gesetzentwurf der Stimme enthalten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält die CDU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Hartfelder.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Manchmal ist es schwierig, als vierter Redner - Herr Reiche kommt ja noch nach mir - noch etwas Neues zu sagen. Ich werde es versuchen.

Zunächst möchte ich mich an Sie, Frau Fechner, wenden. Es ist natürlich etwas ganz Neues und ganz Notwendiges, was wir mit der Reform des Lehrerbildungsgesetzes oder der Novelle zum Lehrerbildungsgesetz machen.

Einer der wichtigen Aspekte ist die Frage der Öffnung der Lehrereinstellung für Seiteneinsteiger. Wenn wir das jetzt nicht tun, werden wir in fünf Jahren vor allen Dingen an den Oberstufenzentren, aber auch in einigen Fächern der Regelschulen keine Lehrer haben. Das heißt, wir brauchen jetzt verlässliche Bedingungen für den Einstieg in den Lehrerberuf für Leute aus allen möglichen Wirtschaftsbereichen. Wir können jetzt viele nicht einstellen - das wissen wir alle, darüber diskutieren wir heute auch nicht -, aber in fünf Jahren erleben wir eine Katastrophe, wenn wir jetzt nicht handeln. Deshalb ist auch an dieser Stelle die schnelle Änderung des Gesetzes vernünftig.

Außerdem geht es um die Einführung der neuen Abschlüsse Bachelor und Master. Ich gebe zu, auch ich war sehr skeptisch und bin deswegen immer noch mit einem etwas mulmigen Gefühl unterwegs. Alle Länder machen es etwas unterschiedlich und wir lehnen uns an Berlin an. Aber mich haben zum einen lange Diskussionen in der Fraktion, in der Koalition und letztlich die Anhörung am vorletzten Donnerstag im Bildungsausschuss überzeugt, dass dieser Weg richtig ist.

Weiter muss ich sagen: Auch der Zeitraum der Einführung und Umsetzung der Erprobungsklausel, Frau Große, war für mich eine Frage. Die Fachleute der Uni Potsdam, also des Zentrums für Lehrerbildung, das wir hier haben, haben uns gesagt: Es ist machbar, wenn auch nur unter schwierigen Bedingungen. Aber bedeutender war für mich die Aussage von Prof. Thenot aus Berlin, der ganz klar gesagt hat: Wenn wir keinen Druck mit der Einrichtung von Bachelor- und Master-Abschlüssen ma

chen, bekommen wir keine Dynamik in den Prozess. - Das hat mich letztlich überzeugt.

Schließlich geht es um die inhaltlichen Veränderungen der Lehrerbildung. Frau Große, darauf zielt Ihr Antrag, den wir im Ausschuss behandelt haben. Ich nehme an, Sie wünschen inhaltliche Veränderungen auf der Grundlage des Potsdamer Modells. Das ist eine Sache, die nach meinem Verständnis nicht direkt über ein Gesetz zu regeln ist. Wir machen im Plenum schließlich auch keine Rahmenlehrpläne für die Schule, sondern das überlassen wir den Fachleuten. Auch die inhaltliche Ausgestaltung von Studiengängen sollten wir denjenigen überlassen, die es machen, aber - Frau Große, da haben Sie Recht - diesen Prozess sollten wir begleiten.

Abschließend möchte ich an dieser Stelle sagen: Ich wünsche mir, dass sich der Bildungsausschuss in der nächsten Legislatur dieses Themas der Evaluation annimmt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt erhält die Landesregierung das Wort. Für sie spricht Minister Reiche.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Große, Hoffnung ist kein Ressort, sondern ein Prinzip - zumindest sagt das Ernst Bloch zu Recht so - oder aber zumindest eine Tugend. Wenn ich mir Ihr Programm ansehe, das Sie sonst als Partei haben, sehe ich, dass Sie von Hoffnung ja ein bisschen was verstehen. Früher sind Sie wegen jeder Sache nach Moskau gefahren, heute hören Sie nicht einmal mehr auf die aus Berlin. Das ist ein interessanter Wandel.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Sie protestieren gegen Kita-Kürzungen, und die Berliner machen dann eine schärfere Variante. Als Revanche sagen Sie dann: Jetzt können die Berliner Vernünftiges machen noch und nöcher, wir machen trotzdem nicht mit. - Manchmal verstehe ich die PDS emotional, aber intellektuell nicht.

(Vietze [PDS]: Aber, Herr Minister, die SPD regiert in beiden Ländern!)

- Deshalb haben wir ja das, was die Berliner Koalition an dieser Stelle gemacht hat, hier gut umgesetzt. Ich bin der CDU dankbar, dass sie an dieser Stelle nicht gesagt hat: Bloß weil es von einer SPD/PDS-Koalition in Berlin kommt, kann es nichts Vernünftiges sein und dürfen wir es hier also nicht machen.

Bei dieser Entscheidung verstehe ich Sie also weder emotional noch intellektuell. Als ich Sie alle im Fernsehen so friedfertig nach Friedrichsfelde demonstrieren sah, dachte ich, die Berliner erklären Ihnen das noch einmal; aber das hat leider nicht geklappt.

Dank möchte ich an dieser Stelle Frau Wanka und Herrn Loschelder sagen. Sie als Mitorganisatoren waren nicht nur bereit, diesen Prozess mitzumachen, sondern sie haben hier sogar etwas Besseres entwickelt als die Berliner mit ihrem

Vorschlag. Also nicht Brechstange, Frau Große, sondern Schlosserzange, um die notwendigen Dinge zügig, aber auch mit etwas Fingerspitzengefühl anzupacken. Sie sind an dieser Stelle wirklich perdu; denn die Fachleute der Universitäten, die Betroffenen, all die, die Sie sonst immer so intensiv konsultieren wollen und die wir natürlich konsultieren, raten dazu, haben sich in den Prozess eingebracht und insofern diese Regelung mit entwickelt.

Mein Dank geht an beide Koalitionsfraktionen dafür, dass dieser Weg gemeinsam gegangen werden konnte und wir nicht nur mit Berlin mithalten können, sondern für die kleine, aber feine Universität Potsdam, wie ich finde, eine gute und tragfähige Lösung gefunden haben. Insofern ist aufgrund des Anstoßes der Berliner aus der sehr kleinen Novelle dann doch noch eine etwas umfassendere Reform der Lehrerbildung im Land Brandenburg geworden. Der Bologna-Prozess, in dem wir zumindest in einem Bologna-Express mit ICE-Geschwindigkeit mithalten wollen, ist auf dem richtigen Weg.

Frau Große, seien Sie doch einmal ehrlich: 2010, so sagt der Bologna-Prozess, sollen auch in Deutschland alle Studiengänge modularisiert sein. Wenn wir im Jahre 2004 ein Gesetz in Kraft setzen, welches dann 2005 richtig wirken kann, sind wir bestenfalls im Mainstream, in der Mitte des Zuges, aber nicht mehr an der Spitze. Die Mecklenburger übrigens, in deren Mecklenburgischen Landordnung steht: „Es blivt allens bi Alten“, haben mit dem Greifswalder Modell als Erste für die Lehrerbildung die Bachelor- und Masterstruktur entwickelt. Wenn Sie also nicht von Berlin lernen wollen, dann schauen Sie nach Mecklenburg-Vorpommern.

Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Sie haben Recht, dass wir die Verantwortung gemeinsam zu tragen haben. Wir müssen denjenigen, die mit einem Studium beginnen, genau erklären, was sie mit dem Bachelor-Abschluss erreichen können. In dieser Beziehung wollen wir eben gerade keinen Schnellschuss abgeben, sondern ein Modell bzw. Konzept dafür entwickeln, wie der Bachelor eingesetzt werden kann: ob als Horterzieher oder als Assistent in den Schulen, nicht als Assistenzlehrer, aber als Schulsozialarbeiter oder in welcher Funktion auch immer.

Ich danke Ihnen, dass wir in fairer und zügiger Beratung dieses gute Gesetz beschlossen haben, und bin auch dankbar dafür, dass die Mehrheit des Hauses diesem heute zustimmt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der PDSFraktion in Drucksache 3/6987 ab. Es geht um die Streichung des § 5 a. Wer diesem Änderungsantrag folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag der PDS-Fraktion in Drucksache 3/6988. Es geht um die Änderung des § 7 Abs. 5 Satz 7. Wer diesem Änderungsantrag folgt, möge die

Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.