Union eine ausschließliche Zuständigkeit und eine mit dem Mitgliedsland geteilte Zuständigkeit geben.
Die größte Herausforderung ist sicher eine gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik. In diesem Bereich gibt es auch eine weitere Neuerung. Dies ist die Ernennung eines Außenministers, der das vorgenannte Politikfeld leiten wird.
Meine Damen und Herren, im Rahmen der Osterweiterung werden am 1. Mai 2004 weitere Staaten aus Ost- und Mitteleuropa Mitglied der EU. Weitere Staaten auf dem Balkan und im Osten signalisieren Aufnahmewünsche. Damit ergibt sich die einmalige Chance, ein vereintes Europa zu schaffen, eine Chance für Freiheit und wirtschaftliche Entwicklung in ganz Europa. Die EU-Osterweiterung und damit die für Brandenburg wichtige Zusammenarbeit mit Polen wird uns auch weiterhin beschäftigen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abgeordneten Lenz und gebe das Wort der Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Große, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es wird Sie möglicherweise wundern, dass bei dem heutigen Thema die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion diesen Teil gestaltet. Das wird sich aber gleich aufklären.
Vor einiger Zeit besprach eine Lehrerin für das Fach Politische Bildung an einem Gymnasium in der Lausitzregion mit den Schülern des Grundkurses der Jahrgangsstufe 12 die bis zum Zentralabitur noch zu bearbeitenden Themenschwerpunkte. Im zweiten Halbjahr der 13. Jahrgangsstufe, also im Jahre 2005, lange nach diesem Vorabend, ist nach den verbindlichen Vorgaben des MBJS eine Sentenz, die da „Chancen und Probleme der EU-Osterweiterung“ heißt, zu bearbeiten. Ein Schüler eines Grundkurses besagten Gymnasiums sagte im Gespräch: „Det will ick nich. Dann nehmen uns die Pollacken ooch noch die letzten Arbeitsplätze weg.“ Kein Widerspruch von den anderen Grundkursteilnehmern. Ist das Ausnahme oder ist das Grundstimmung? Die Kollegin hat hier also noch eine Menge Arbeit zu leisten, und das alles unter dem Druck des Zentralabiturs. Das alles auch nur für wenige Schüler, nämlich diejenigen, die sich für das Fach Politische Bildung entschieden haben, da es seit einem Jahr nur noch eine Pflichtbindung an das Fach Geschichte gibt. Für das gesamte Thema, das „Die eine Welt“ heißt, bei dem es neben der Osterweiterung vor allem um die Institutionen der EU, die Wirtschaftspolitik und die Sicherheits- und Verteidigungspolitik geht, stehen etwa 20 Stunden zur Verfügung. Grundwissen aus der Sekundarstufe I wird kaum mitgebracht. Im zuständigen Landesinstitut LISUM wird für Lehrer eine einzige abrufbare Fortbildung zum Umgang mit Medien bei diesem Politikfeld angeboten.
Das ist ein mageres Resümee für einen zugegebenermaßen kleinen Ausschnitt von Schule. Schule muss sich der Verantwortung stellen, junge Menschen in dieses Europa mitzunehmen. Mit der Rolle der Reparaturbrigade für Defizite in der Gesellschaft aber ist Schule, wie schon immer, überfordert.
Wie also schaffen wir es, den in den Elternhäusern gewachsenen Ängsten entgegenzuwirken? Die mit den 14 Europaschulen und den fünf deutsch-polnischen Schulprojekten geschaffenen Insellösungen reichen nicht aus, so wertvoll die dort inzwischen gesammelten Erfahrungen auch sind.
Was zum Beispiel an der Europaschule in Storkow allein im Rahmen des deutsch-polnischen Schulprojektes bereits erreicht wurde, ist bewundernswert. Zwölf polnische Mädchen leider sind es in beiden Ländern eher weniger die Jungen - lernen dort in der 11. Klasse gemeinsam mit deutschen Schülern. Sie sind zunächst bei Gasteltern untergebracht; später finanziert die Kommune ihre Unterbringung.
Das Land hat dieses Projekt anfangs nicht so sehr geliebt, aber dank einer wunderbaren, hartnäckigen Schulleiterin, der kreativen Lehrerschaft und eben der uneingeschränkten Unterstützung der kommunalen Ebene ist in kurzer Zeit Erstaunliches gewachsen. Es gibt an der Schule keine rassistischen Vorfälle mehr. Inzwischen ist die Zahl der Begegnungen der Senioren, des Schützenvereins sowie der Feuerwehr gewachsen. Die ganze Stadt ist involviert. Immerhin lernen auch zwei Storkower Schüler dieser Schule in Polen und sind dort Botschafter für unser Land.
Auch in Polen gibt es uns gegenüber diverse Vorurteile. Ein solcher Satz - wie anfangs zitiert - würde in Storkow, Gartz, Guben, Neuzelle oder Frankfurt wahrscheinlich nicht mehr gesagt werden, zumindest aber nicht unwidersprochen bleiben.
Die deutsch-polnischen Schulprojekte müssen also gestärkt werden. Die im Haushalt vorgesehene Reduzierung der Mittel um 700 000 Euro ist kontraproduktiv. Schon jetzt fehlen polnische Lehrkräfte. Den polnischen Schülern wird ihr hier abgelegtes Abitur nicht anerkannt, ohne das Fach Polnische Geschichte belegt zu haben. Ohnehin gibt es noch erhebliche Unklarheiten hinsichtlich der gegenseitigen Anerkennung der Abschlüsse. Der Mangel an Lehrern für die polnische Sprache ist seit langem bekannt.
Als äußerst bedenklich ist auch die Entwicklung im Bereich des berufsbezogenen internationalen Jugendaustausches einzuschätzen. Sowohl die Zahl der Zielländer als auch die Zahl der geförderten Teilnehmer wurden drastisch reduziert. Während 1999 noch 719 Jugendliche gefördert wurden, waren es 2002 nur noch 249. Im Jahre 2003 ist die Zahl wahrscheinlich noch unterschritten worden. Die für den berufsbezogenen internationalen Jugendaustausch bereitgestellten Landesmittel wurden von 1,4 Millionen DM im Jahre 1999 auf 250 000 Euro reduziert.
Das ist mit Sicherheit der falsche Weg, um die Chancen der Brandenburger Jugendlichen im Zuge der umfassenden Europäisierung des Marktes vor allem zum Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen und zur Entwicklung von mehr Toleranz und Verständnis für andere Arbeits- und Lebensmentalitäten in den europäischen Nachbarländern zu verbessern.
Der Europäische Rat hat im Jahre 2000 in Lissabon beschlossen, Europa zum dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln. Das dort entworfene Leitbild Bildung zielt auf die Vereinheitlichung der Bildungssysteme. Wäre
es nun nicht endlich an der Zeit, von den europäischen Ländern zu lernen, dass eine Schule, in der Kinder lange gemeinsam lernen, eine durchaus effizientere Schule ist, und wäre es nicht auch endlich an der Zeit, dem immer stärker auf Marktorientierung und schnelle wirtschaftliche Verwertbarkeit von Bildung setzenden Konzept ein Konzept zur Wahrung der Chancengleichheit entgegenzusetzen? Wie verhindern wir in Brandenburg, dass Bildung in zunehmendem Maße zur Ware wird? Ist der Rechtsanspruch auf Bildung angesichts steigender Elternbeiträge für Lernmittel, für Schülerbeförderung, für Kitas, für Musikschulen, für Weiterbildung überhaupt noch gewährleistet?
Von unserer Antwort auf diese Fragen wird es abhängen, ob der dynamische wissensbasierte Wirtschaftsraum auch in Brandenburg entstehen kann und ob unsere Bürger zur Teilhabe an dem Prozess der Erschaffung dieses Wirtschaftsraums befähigt werden.
Der Vorabend der EU-Osterweiterung sollte Anlass zu kritischer Bestandsaufnahme sein. Erst dann, wenn der oben zitierte Gymnasiast aus der Lausitz und mit ihm alle jungen Menschen in Brandenburg Europa als ihre Chance begreifen und diese Chance als solche auch nutzen können, haben wir es geschafft. Brandenburg hat über den Vorabend der EU-Osterweiterung hinaus noch viele Hausaufgaben auf dem Weg in ein Europa zu erledigen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Große, ich gebe Ihnen Recht, was den letzten Satz und die Quintessenz Ihres Beitrags anbetrifft. Aber alle Unterstellungen, die Sie hier gebracht haben, auch was den Rechtsanspruch auf Bildung anbelangt, könnte ich nicht unterschreiben.
Auch wenn es tatsächlich noch rund drei Monate dauert, bis die EU um zehn Staaten erweitert wird, ist der Begriff Vorabend, an dem ich mich erst ein bisschen gerieben habe, angesichts der erheblichen Veränderung, die der Beitritt für uns alle herbeiführen wird, vielleicht doch nicht übertrieben.
Der Begriff Vorabend provoziert natürlich noch ein anderes Bild. Danach müsste nach dem 1. Mai 2004 als Vorabend, dem Datum des Beitritts Polens und weiterer neun Länder zur Europäischen Union, der helllichte Tag anbrechen.
Wir alle sind Realisten genug, um zu wissen, dass sich vieles ändern wird, dass aber auch bereits jetzt erkennbare Probleme bestehen bleiben werden. Manche Probleme werden sogar größer. Insgesamt wird dieser Bereich der Probleme gegenüber
den Chancen und Möglichkeiten, die durch den Beitritt eröffnet werden, jedoch klein sein. Wir haben wiederholt darüber debattiert, zuletzt im Zusammenhang mit den Großen Anfragen der CDU- und der PDS-Fraktion zum Prozess der Erweiterung der EU.
Damit möchte ich auf meine Vorredner eingehen. Die von Frau Große vorgetragenen Aspekte waren, jedenfalls in diesem Umfang, relativ neu. Die Ausführungen des Kollegen Lenz enthielten jedoch viele Punkte, die keinen Neuheitswert hatten, die hier schon wiederholt angesprochen worden sind. Grundsätzlich Neues werden Sie auch von mir nicht hören, sondern eher hinlänglich Bekanntes, dies aber hineingestellt in eine leicht veränderte politische Atmosphäre. Ich werde darauf zurückkommen.
Bleiben werden ohne Zweifel die Aspekte der Sicherung des Friedens in Europa, das Rücken Brandenburgs von einer Randlage in die Mitte Europas, die Chance Brandenburgs, zur zentralen Drehscheibe zu werden, die Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Immigration und organisierter Kriminalität durch die Verschiebung der EU-Außengrenze nach Osten, die Verringerung des Wohlstandsgefälles zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarstaaten und die Erhöhung des Lebensstandards in diesen Ländern, der freie Verkehr von Arbeit, Waren und Dienstleistungen auch der neuen Mitglieder im gesamten Binnenmarkt. Übergangsvereinbarungen werden manches erleichtern. Ich will es bei dieser Aufzählung bewenden lassen.
Den Beitrittsprozess begleitet das Land Brandenburg mit einer Vielzahl einzelner Maßnahmen, die vor allem in enger Kooperation mit den angrenzenden Woiwodschaften, die durch Bürger, Institutionen, Unternehmen, Kammern, Euroregionen und auch durch die oberen Landesbehörden abgearbeitet werden. Diese Aktivitäten, die uns hinlänglich bekannt sind, werden am 1. Mai 2004 nicht enden, sondern werden, vielleicht sogar auf einem noch höheren Niveau, weitergeführt werden. Nehmen Sie beispielhaft nur die Wirtschaftsbeziehungen und die grenzüberschreitende Infrastruktur, auf die im Übrigen mein Kollege Dr. Ehler noch eingehen wird, oder die Wissenschaftskooperation, getragen durch die Viadrina in Frankfurt, oder alles, was zum Erlernen der Sprache des jeweils anderen Landes führt, worüber auch Frau Große gerade gesprochen hat.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auf dem eingeschlagenen Weg nur weiterzugehen brauchen. Das müssen wir sogar, um letztlich von diesem geeinten Europa zu profitieren.
Ich sprach gerade von einer leicht veränderten politischen Atmosphäre. Das hat seine Ursache. Mich hat eine kürzlich vom polnischen Außenminister gehaltene Grundsatzrede erschreckt. Der polnische Außenminister bezeichnete als Warschaus Schlüsselpartner in der Europäischen Union Spanien, Italien, Großbritannien und Irland, nicht Deutschland. Es ist schade, dass die politische Verstimmung wegen des Irak-Krieges und der Verfassungsdiskussion die natürlichen Interessen beider Länder so in den Hintergrund treten lässt.
Lassen wir uns davon aber nicht irritieren. Die CDU-Fraktion und natürlich auch ich sind davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, und zwar den in die Richtung einer kooperativen Zusammenarbeit zum Wohle beider Länder. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere DVU-Fraktion begrüßt ausdrücklich die Aktuelle Stunde zur EU-Osterweiterung. Vor allem die Folgen für die Wirtschaft, die Infrastruktur und den Arbeitsmarkt in Brandenburg bedürfen einer besonders eingehenden Analyse. Eine in der vorigen Woche veröffentlichte Emnid-Umfrage unter der sächsischen Bevölkerung fördert das wieder zutage: 88 % der Bevölkerung befürchten zusätzliche Konkurrenz um Arbeitsplätze und 58 % sehen zukünftige Einbußen an ihrem Lebensstandard. In Brandenburg ist die Stimmung nicht anders. Eine deutliche Mehrheit der Bürger ist gegen die Erweiterung.
Mitteldeutschland und gerade Brandenburg kann den Vorteil der geographischen Nähe zu den Beitrittsländern aufgrund der vorhandenen strukturellen Defizite nicht genügend nutzen. Selbstvergessenes Aufgehen in ein unter gleich welchen Vorzeichen vereinigtes Europa kann keine realistische Alternative sein.
Gerade Europa hat in seiner neueren Geschichte stets auf der Identität von Vaterländern beruht. Das wird auch in Zukunft so sein, ganz gleich, ob Deutschland als Ganzes sich nun auch wieder als Vaterland begreifen oder mehrheitlich darauf Verzicht leisten will.
Diesen Sachverhalt hat der französische Staatpräsident de Gaulle bereits um 1960 in voller Kenntnis der Mentalität seiner Landsleute und auch aus eigener tiefer Überzeugung gültig formuliert. Er vertrat damit zugleich die bestehende Anschauung von Briten, Italienern, Spaniern, Norwegern, Schweizern und wohl allen übrigen Nationen in Europa.
Die Möglichkeit, Produktion nach Osteuropa zu verlagern, wird von der Wirtschaft genutzt, um Löhne und Tarife in Westeuropa zu drücken.
Der Wettbewerbsdruck bei arbeitsintensiven Produkten nimmt einfach zu. Fakt ist, dass die Unternehmen des Niedriglohnsektors für Deutschland eine Tariföffnung fordern, um nicht durch zu hohe Löhne Wettbewerbsnachteile zu erleiden. Der Trend heißt somit: Lohnsenkungen in Deutschland, insbesondere in Brandenburg. Das ist die bittere Wahrheit.
Hinzu kommt eine wachsende Zahl von Immigranten, die der Not im Osten entgehen wollen, indem sie eine schlecht bezahlte Arbeit im Westen annehmen. Vor allem in grenznahen Regionen wie Brandenburg und in ganzen Branchen wie der Bauindustrie wird deshalb mit einem erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit gerechnet. Nach einer Ifo-Studie ist mit einer Zuwanderung von vier bis sechs Millionen Osteuropäern nach Deutschland zu rechnen. Die Internationale Organisation für Migration, eine Abteilung der UNO, erwartet sogar, dass mehr als zwölf Millionen Zuwanderer nach Deutschland kommen werden. Wir sagen klipp und klar: Dies darf den Menschen unseres Landes nicht verschwiegen werden.
Eine Umfrage der IHK hat ergeben, dass Firmen mit weniger als 100 Beschäftigten die Osterweiterung vorwiegend als Risi
ko betrachten. Sie fürchten die Billigkonkurrenz aus dem Osten. Ohnehin ist die Stimmung der Handwerksbetriebe im Land Brandenburg auf den absoluten Tiefpunkt gesunken. Nach wie vor bewertet fast jeder zweite Betrieb seine Geschäftslage als schlecht. Das Handwerk bildet zudem immer weniger aus. Die Eigenkapitaldecke der Handwerks- und übrigen Mittelstandsbetriebe in Brandenburg war noch nie so dünn wie heute. Die Zahl der Firmenpleiten erreicht ständig neue Höchststände. Das sind die Tatsachen; das belegen die Zahlen.
Dass sich diese Lage, meine Damen und Herren, nach der vollzogenen EU-Osterweiterung geradezu katastrophal zuspitzen wird, ist allen Beteiligten klar. Unsere DVU-Fraktion im Landtag Brandenburg sieht daher mit Entsetzen, dass es keine festen Vereinbarungen für die Zeit nach 2006 bezüglich der weiteren EU-Förderung gibt. Es besteht nach wie vor die Gefahr, dass Brandenburg aus der Ziel-1-Förderung herausfällt. Diesbezüglich besteht dringender Handlungsbedarf, und es gilt mehr Druck gegenüber Berlin und Brüssel auszuüben; ansonsten wird Brandenburg wirtschaftlich weiter zurückfallen.
Noch ein Wort zur EU-Verfassung: Wir als DVU-Fraktion fordern für eine Maßnahme von so elementarer Bedeutung einen Volksentscheid bezüglich ihrer Rechtswirksamkeit - ohne Wenn und Aber. - Ich bedanke mich.