Protokoll der Sitzung vom 12.11.2003

„Selbst im Falle einer tatsächlich bestehenden Gefährdungssituation wäre die Aufhebung der Flughafengenehmigung immer das letzte Mittel, sofern eine Beseitigung der Gefahr auf anderem Wege dauerhaft nicht möglich wäre.“

Aus diesem Grunde gehe ich davon aus, dass von dieser Seite keine entscheidende Gefahr für den Flughafen BBI droht.

Die droht meiner Meinung nach auch nicht von Leipzig. So erfolgreich dieser Flughafen in seiner Entwicklung bisher auch sein mag, er ist keine Konkurrenz zum BBI. Der Vorschlag von Sachsen, eine länderübergreifende Flughafen-Holding zu bilden, ist doch ganz klar ein Ausdruck der Defensive. Leipzig hat die größten Wachstumsraten hinter sich, ohne die Kapazitätsgrenzen ausgelotet zu haben, und versucht nun auf diesem Wege, die Entwicklung des BBI zu bremsen. Dabei machen wir nicht mit. Wir stehen nach wie vor zum BBI.

Ich will an dieser Stelle eine Episode einfügen, die aus einer Unterhaltungssendung des Fernsehens stammt. Ich wollte sie eigentlich schon beim letzten Mal anführen, als Frau Tack hier die Debatte zur Neubesetzung eines Aufsichtsratspostens führte. Ich weiß gar nicht mehr, wie die Sendung hieß; jedenfalls war es eine Unterhaltungssendung, in der der Oberbürgermeister Leipzigs, Herr Tiefensee, aufgetreten ist und gesagt hat: Macht in Berlin und Brandenburg - also in dieser Region - mit der Behandlung des Flughafens BBI ruhig so weiter, wie ihr es bisher

gemacht habt. Wir wünschen uns, dass das weiterhin so zögerlich geschieht, damit wir in Leipzig davon profitieren können.

(Frau Tack [PDS]: Nennen Sie doch einmal die Partei, aus der der Herr Oberbürgermeister kommt!)

Ein besseres Beispiel dafür, wie wichtig es für uns ist, den Flughafen BBI auszubauen, könnte gar nicht angeführt werden.

Wir, der Landtag Brandenburg, haben uns bereits sehr häufig mit Schönefeld beschäftigt, das letzte Mal am 12. Dezember 2003. Dabei haben wir auf Initiative der Koalitionsfraktionen den Antrag zur Luftverkehrspolitik des Landes Brandenburg beschlossen. Die Landesregierung wird demnach dazu aufgefordert, den Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr über die Neugliederung der Gesellschafterstruktur, den Zeitplan, die Finanzierung, die Verkehrsanbindung und die Umfeldentwicklung im I. Quartal 2004 zu informieren. Wir sind zuversichtlich, dass die Entwicklung des Flughafens Schönefeld zu einem Großflughafen planmäßig verlaufen wird. Der Landtag hat jedenfalls in dieser Legislaturperiode große Anstrengungen unternommen, um den Bau des BBI zu ermöglichen, und das wird auch so bleiben.

(Frau Tack [PDS]: Da muss ich nicht dabei gewesen sein!)

Ich halte es allerdings nicht für hilfreich, bereits zu diesem Zeitpunkt eine Diskussion über die Vergabe von Aufträgen zu starten, wie sie auf der Vorstandssitzung des Vereins „Wirtschaft pro Flughafen BBI“ in den vergangenen Tagen geführt wurde. Warten wir doch zunächst einmal den Planfeststellungsbeschluss ab. Danach sehen wir weiter. Es besteht das erste Mal seit längerer Zeit berechtigter Grund zum Optimismus. Diesem Optimismus sollten wir uns verpflichtet fühlen. - Ich danke Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Tack.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klein, ich hoffe, Optimismus ist nicht das einzige, was Sie zum Flughafen beizusteuern haben. Es klang ein bisschen so, als Sie Ihre vier Punkte bedeutungsvoll vortrugen. Ich habe schon die Ohren gespitzt und gedacht, jetzt käme etwas, aber es kam leider wieder nichts.

Ich wollte kurz folgende Punkte nennen: Erstens erwarten wir von der Landesregierung, dass sie bezüglich des Flughafenprojekts BBI Transparenz herstellt; denn das Problem, unter dem wir alle leiden, ist genau, dass wir Informationen immer aus der Zeitung entnehmen müssen, was ja ganz gut ist, aber wir sind hier im Parlament und dem gegenüber hat die Landesregierung eine Unterrichtungspflicht bezüglich Entscheidungen zu erfüllen, die sie entweder treffen will oder getroffen hat.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

- Genau, dafür besteht ja auch genügend Gelegenheit; denn die Veränderungen sind im Sommer vergangenen Jahres beschlossen worden und die Holding - daran will ich noch erinnern - ist 1991 mit Zustimmung dieses Parlaments - in anderer Zusammensetzung, aber Sie werden sich möglicherweise noch daran erinnern; ich war daran noch nicht beteiligt - gegründet worden.

(Klein [SPD]: Damals ging es zügig los!)

Also möchte ich, dass das Parlament unterrichtet wird, wenn Umstrukturierungen geschehen, die von so weitreichendem Ausmaß sind. Die zeitnahe Unterrichtung darüber gehört, denke ich, Herr Minister, dazu; auch die Landesverfassung fordert Sie dazu auf, das Parlament zu unterrichten. Das gehört einfach zu einer seriösen Politik, zumal wenn es um ein so bedeutungsvolles Projekt geht, an das so viel Optimismus geknüpft wird.

Ich denke, dass es wirklich überfällig ist, zu unterrichten, Herr Klein, damit das Parlament weiß, was die nächsten Schritte bezüglich der Flughafenentscheidung sein werden, und damit das eben nicht nur nachzulesen ist bzw. die Entscheidung im kleinen Kreis getroffen wird, sondern man sich hier politische Rückendeckung für das holt, was zukünftig an Leistungen für die Gestaltung des Flughafens zu erbringen sein wird. Welche Schritte sollen unternommen werden? Welche Verantwortung hat der Bund? Wird der Flughafenbahnhof gebaut oder nicht? Wir haben gerade heute Morgen über die Maut diskutiert und die Aussage vernommen, dass alles offen ist, dass auch offen ist, ob der Bundesverkehrswegeplan durch das Ausbleiben der Finanzierung durch die Maut gekürzt und demzufolge - wie es auch in Zeitungsnotizen hieß - die Flughafenanbindung vorerst gestrichen wird. Was wird denn nun? Wir wollen das gern wissen.

Ich denke schon, dass eine Unterrichtung gegeben und politische Rückendeckung aus dem Parlament geholt wird. Der stellvertretende Ministerpräsident hat zum Beispiel laut einer Zeitungsmeldung gesagt: „Entweder der Flughafen kommt ober wir bleiben Provinz.“ Ich frage den stellvertretenden Ministerpräsidenten: Wieso sind wir ohne Flughafen Provinz? Heute und in den nächsten Jahren kann nämlich jeder, der es nur will, vom Flughafen Tegel aus - kurzzeitig noch vom Flughafen Tempelhof aus - fliegen und in Schönefeld gibt es jede Menge freier Kapazitäten. Wer wird daran gehindert zu fliegen? Die Behauptung, dass mit dem Flughafen über Provinzstatus oder Nicht-Provinzstatus entschieden wird, halte ich schon für sehr makaber. Ich denke, das ist eine Aufgabe, zu der sich das Parlament positionieren sollte. Die Landesregierung sollte sachgerecht darüber informieren, was in Sachen Flughafen beabsichtigt ist.

Als dritten Punkt wiederhole ich die Forderung der PDS-Fraktion, dass die FBS GmbH endgültig entschuldet wird, damit sie auch wirklich in die Lage versetzt wird, wirtschaftlich und unabhängig agieren zu können. Mit dieser elenden Schuldenbelastung ist eine Restschuld in Größenordnungen vorhanden. Bezüglich des Baufeldes Ost muss endlich korrigiert werden, damit sachgerechtes und wirtschaftliches Agieren möglich ist.

Ein letzter Punkt, Herr Klein: Was heißt hier eigentlich Konsensbeschluss? Haben Sie einmal hineingeschaut, was darin steht? Ich könnte Ihnen die Lektüre empfehlen. Der Beschluss ist schon ein bisschen älter - von 1996 -, aber darin steht zum

Beispiel neben den Fakten, die Sie genannt haben, auch, dass eine Privatisierung sowohl des Unternehmens als auch des neuen Flughafens vorgeschlagen wird. Zwei Versuche haben Sie gehabt und die sind trotz Ihres Optimismus gescheitert. Nun muss man sich endlich vom Konsensbeschluss verabschieden, zumindest, was die Privatisierung betrifft. Sie haben die beiden neuen Manager genannt; das sind tolle Typen, aber sie setzen aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen überhaupt nicht mehr auf eine Privatisierung. Also verabschieden Sie sich von dem Konsensbeschluss und gebären Sie eine politisch aktuelle und zeitgerechte Lösung!

(Beifall bei der PDS - Klein [SPD]: Lassen Sie uns bei der Sache doch einmal den Schulterschluss üben! Ich würde mich freuen! Das wäre wichtig!)

Das Wort geht erneut an die DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Junghanns, ich hoffe, es wird hier nicht weiter herumgeeiert; denn Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, sind tatkräftig dabei, Ihre Abschwung-Ost-Politik der letzten Jahre fortzusetzen - mit den Konsequenzen: verunsicherte Wirtschaft, darbender Mittelstand, Massenarbeitslosigkeit, PISA-Desaster, Massenabwanderungen von den Schulen usw. Also bekennen Sie sich doch bitte heute, jetzt und hier zum Großflughafen BBI!

Ansonsten wären die Auswirkungen verheerend. Wie verheerend sie wären, können Sie, Herr Minister, ebenfalls den Zeitungsmeldungen vom 22. und 23. Januar dieses Jahres entnehmen. So heißt es zum Beispiel in der „MAZ“ unter der bezeichnenden Überschrift „Schöne Worte für Schönefeld“:

„An Lippenbekenntnissen und schönen Worten hat es im Zusammenhang mit dem Projekt niemals gefehlt. Die Situation erinnert in fataler Weise an das Desaster mit der Chipfabrik in Frankfurt (Oder).“

Die Landesregierung findet nur schöne Worte und nichts Konkretes, die Finanzierung ist unklar und es gibt Absatzbewegungen vonseiten des Bundes. Das Ergebnis ist die totale Pleite.

Anzumerken bleibt aus Sicht der DVU-Fraktion zum Flughafenprojekt BBI allerdings insoweit: Hierbei handelt es sich - das sieht die Landesregierung angesichts der Antworten auf unsere Fragen 10 und 11 wohl auch so - um das größte Infrastrukturprojekt der Region Berlin-Brandenburg überhaupt. Die wirtschaftliche Entwicklung, Tausende von Arbeitsplätzen und insbesondere der Ruf unseres Landes als Standort der Zukunft, an dem sich etwas bewegt, stehen hier auf dem Spiel, meine Damen und Herren. Wir als DVU-Fraktion haben Sie in den vergangenen viereinhalb Jahren immer wieder darauf hingewiesen.

Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, Sie spielen mit der Zukunft unseres Landes Brandenburg russisches Roulett. Wenn das Flughafenprojekt auch noch scheitert, gehen hier in Brandenburg die Lichter aus. Werden Sie doch bitte endlich wach!

Dringend vonnöten ist, dass Sie zu diesem Projekt hier klipp und klar erklären: Was wird aus dem Projekt BBI zum Beispiel als Großflughafen am Standort Schönefeld? In welchem Zeitraum soll das am Standort Schönefeld verwirklicht werden? Welche Auswirkungen resultieren aus der zunehmenden Konkurrenzsituation zu anderen Flughafenprojekten? Welche konkreten Ziele werden mit dem Projekt im Hinblick auf die internationale Anbindung unserer Region mittels BBI verfolgt? Was könnte sich womöglich ergeben? Irgendwelche nebulöse Hoffnungen ersetzen keine konkreten Zielsetzungen. Das ist eine Binsenweisheit.

Zudem sollten Sie sich bei all diesen Festlegungen dessen sicher sein: Nur als Großflughafen von internationaler Bedeutung ist das Projekt Schönefeld für Investoren interessant. Ein Ersatz - Schönefeld für Tegel - wird dazu nicht ausreichen. Das muss klar sein. Daran werden Sie sich messen lassen müssen und die Wirtschaft verlangt insoweit Klarheit und Verlässlichkeit, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, Herr Wirtschaftsminister. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich beende die Aussprache. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 64 zur Kenntnis genommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Bericht über die Innovations-, Forschungs- und Technologieleistungen des Landes Brandenburg

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/1966

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur

Drucksache 3/6886

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Herr Dr. Trunschke, bitte sehr.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hatte ich für unseren Antrag, regelmäßig einen Innovationsbericht des Landes Brandenburg zu erstellen, ein wenig Bewunderung erwartet. Ich gebe gern zu: Der Bericht ist mit seinen drei Jahren schon etwas älter. Allerdings ist der Beschluss der CDU, ihn abzulehnen, noch älter; denn das hatten Sie schon zu Beginn der Legislaturperiode beschlossen. Egal, was kommt: Ist es von der PDS, muss es abgelehnt werden.

Also erwarte ich auch nicht unbedingt die Bewunderung für den Inhalt. Aber was Sie zur Kenntnis nehmen könnten, ist unser perfektes Timing. Vor drei Jahren den Antrag eingebracht zu einem Zeitpunkt, als der Herr Kanzler noch nicht wieder an Innovation dachte -, und genau in der Woche, in der der Kanzler einen Innovationsgipfel durchführt und das Jahr der Innova

tion ausruft, steht der Antrag der PDS zur Debatte. Punktgenauer geht es nicht. Das müssten Sie der PDS über eine Distanz von drei Jahren erst einmal nachmachen!

Allerdings - da unterscheiden wir uns dann doch etwas vom Kanzler - verstehen wir unter Innovation nicht allein Innovation in Wissenschaft und Wirtschaft, sondern durchaus auch in der Gesellschaft. Wir teilen jedoch den Ansatz, dass Brandenburg als rohstoffarmes Land ein Klima gesellschaftlicher und natürlich dabei technologischer, wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Innovation braucht, und meinen, ein Innovationsbericht könnte dabei durchaus Unterstützung bringen.

Was sollte er enthalten? Er sollte einen Überblick über die Innovations-, Forschungs- und technologiepolitischen Initiativen des Landes geben und die Entwicklung entsprechender Einrichtungen dokumentieren. Er sollte Transparenz bezüglich der ausgereichten Fördermittel bieten sowie die Landesprogramme, die EU- und Bundesprogramme regelmäßig evaluieren. Darüber hinaus könnte der Bericht über die Abstimmung mit Berlin berichten und vor allen Dingen Schlussfolgerungen aus dem Abschneiden des Landes Brandenburg in Bundeswettbewerben auf diesem Gebiet ziehen.

Welche Vorteile böte ein solcher Innovationsbericht für das Land Brandenburg? Ich finde, eine Menge, möchte aber nur fünf Punkte nennen. Erstens könnte er uns helfen, den Stand, den wir auf dem Weg in die Wissensgesellschaft erreicht haben, zu bestimmen. Solche Berichte wären sozusagen die Meilensteine auf unserem Weg in die Wissensgesellschaft.

Zweitens würde ein solcher Bericht helfen, Stärken und Schwächen in diesem Zusammenhang deutlicher zu erkennen. Drittens würde er einen gewissen Ansporn bedeuten; denn wenn man Erfolge und auch Misserfolge klar benennt, ist das eine andere Situation, als wenn man das mehr oder weniger ahnt.

Da der Bericht klar auf die Region Berlin-Brandenburg zielt und es in Berlin auch einen entsprechenden Bericht gibt, stelle ich mir vor, dass er viertens auch Impulse für das Zusammengehen in unserer Region auf einem der wichtigsten Felder bietet.

Fünftens wären solche Berichte auch eine Werbung für unser Land, entsprechende Leistungen vorausgesetzt - aber ich glaube, davon können wir ausgehen -, und zwar Werbung gegenüber der eigenen Bevölkerung, indem gesagt wird: Seht her, was wir aus dem Geld machen! Das geben wir nicht umsonst aus, wenn wir es in diese Bereiche stecken. Aber dies wäre auch Werbung im Vergleich mit anderen Bundesländern und schließlich Werbung gegenüber der Wirtschaft, um zu zeigen, dass es sich lohnt, hier zu investieren.