Protokoll der Sitzung vom 03.03.2004

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Wanka. - Ich gebe das Wort der Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Dr. Trunschke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! „Was lange währt, wird gut“, sagt der Volksmund. Demnach müsste das neue Denkmalschutzgesetz, so lange, wie das gedauert hat, super sein. Aber ich bezweifle genau das. Ich habe eher den Eindruck, dass das Gesetz das Gegenteil ist. Es enttäuscht und schafft nicht das, was es nach den Darlegungen von Frau Wanka leisten soll.

Natürlich ist unser Land reich an Denkmalen und das bedeutet eine enorme Verantwortung, die uns die Verfassung aufbürdet. Es bedeutet aber auch eine große Chance und angesichts der finanziellen Situation natürlich auch eine große Herausforderung.

Die Hauptfrage ist sicherlich: Können Denkmale mit dem neuen Gesetz schneller eingetragen werden? Nun bin ich kein Denkmalschutzexperte und muss mich auf die Angaben der Experten verlassen. Diese sagen aber übereinstimmend und eindeutig, dass das kaum der Fall ist, sondern nur in sehr begrenztem Maße eintreten wird. Im Jahr 2013 hätten wir nach dem bisherigen Verfahren ungefähr 12 700 Denkmale eingetragen; man schätzt, dass es nach dem neuen Verfahren 14 200 sein werden, also in ungefähr 10 Jahren immer noch erst die Hälfte der Denkmale.

Rechtfertigt das wirklich die Umstellung des Verfahrens? Mit einer Eintragung ist noch kein einziges Denkmal wirklich gesichert. Viel entscheidender ist die Frage: Welche praktischen Möglichkeiten haben wir, Denkmale zu erhalten und Denkmalschutz zu betreiben? Wird also den Besitzern von Denkmalen und den Kommunen, auf deren Boden die Denkmale stehen, mit dem neuen Gesetz tatsächlich geholfen?

Herr Abgeordneter Trunschke, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber immer.

Bitte schön, Herr Abgeordneter Niekisch.

Herr Abgeordneter Trunschke, wären Sie so freundlich, Experten zu benennen und die Frage zu beantworten, nach welchem Verifikationsverfahren Sie so weit in die Zukunft denken können?

Die letzte Frage kann ich Ihnen natürlich nicht beantworten; denn ich habe gesagt, dass ich kein Experte für Denkmale bin. Wenn Sie Experten wollen, dann fragen Sie die verschiedenen Denkmalschutzbeauftragten der Kommunen, die das berechnet haben. Es gibt auch eine Expertise von der Universität Bonn, glaube ich. Das ist das, worauf ich Sie verweisen kann. Wenn Sie wollen, kann ich es Ihnen noch genauer geben.

Als Antwort auf die Frage, ob das Gesetz den Besitzern von Denkmalen tatsächlich nutzt, muss ich sagen, dass das natürlich am Geld hängt, an dem Personal, das die Denkmale eintragen kann, und an dem Geld, das für den Erhalt der Denkmale tatsächlich vorhanden ist. Mehr Personal wird es natürlich nicht geben und Standards können aufgrund der Konnexität nicht festgeschrieben werden - daran ist nicht die Konnexität schuld -, wenn wir nicht bereit sind, mehr Geld dafür aufzuwenden. Den Denkmalfonds - das haben Sie gesagt, Frau Ministerin - wird es ja nicht geben.

Nun haben Sie Ersatz gefunden. Aber wenn Sie den Ersatz, die 4 Millionen Euro, wirklich haben, dann können Sie doch auch den Denkmalfonds einführen. Wie weit trägt dieser Ersatz? Sie haben doch einmal gesagt, das Gesetz mache nur Sinn, wenn es den Denkmalfonds gebe. Nun gibt es den Denkmalfonds nicht und ich frage Sie: Macht das Gesetz trotzdem Sinn?

Bedeutet wenigstens die vorgesehene Verkürzung der Beteiligungspflicht der Denkmalfachbehörde von drei Monaten auf einen Monat - Sie haben es angesprochen - eine Verbesserung? Ich bezweifle, dass das im Interesse der Denkmalpflege ist. Da die Anhörung der Besitzer von Denkmalen im Verfahren wegfällt, fällt natürlich gleichzeitig auch die Beratung dieser Besitzer weg.

Was die Rechtssicherheit betrifft: Klar ist es eine gewisse Verbesserung, wenn man weiß, dass man auf der Liste steht. Aber den eigentlichen Verwaltungsakt haben Sie herausgenommen. Das ist auf der einen Seite eine Verbesserung und auf der anderen Seite eine Verschlechterung; denn die Denkmalfachbehörde hat erst auf Antrag des Verfügungsberechtigten eines eingetragenen Denkmals die Eigenschaft als Denkmal durch Verwaltungsakt festzustellen, also im Nachhinein.

Stärkt der Gesetzentwurf wenigstens das Bürgerengagement? Auch daran glaube ich nicht; denn er bietet gerade keine finanziellen Anreize. Außerdem sollen die Beiräte und Beauftragten künftig nicht mehr festgeschrieben werden. Wenn zudem Kommunen und private Eigentümer aus dem nachrichtlichen Verfahren eventuell sogar durch Zufall erfahren, ob es sich um ein Denkmal handelt oder nicht, kann man nur schwer davon ausgehen, dass damit Interesse, Engagement und auch finanzieller Einsatz gestärkt werden.

Verbessert das Gesetz den rechtlichen Stand des Denkmalschutzes? Auch das glaube ich nicht. Andere dem Denkmalschutz entgegenstehende Belange - Sie haben es auch ausdrücklich gesagt, Frau Ministerin - sollen gestärkt werden, und das, obwohl der Denkmalschutz eh schon das schwächste Glied in der Kette ist. Wenn die Beteiligung der Denkmalfachbehörde eingeschränkt wird, wenn die Denkmalfachbehörden eventuell sogar, wie es zum Teil vorgesehen ist, den Bauämtern zugeschlagen werden, dann befürchte ich tatsächlich Schlimmstes. Wir müssen also damit rechnen - zumindest müssen wir es einkalkulieren -, dass dieses Gesetz durchaus dazu beiträgt, weniger Denkmale zu erhalten.

Schafft dieses Gesetz mehr Zentralisation oder mehr Dezentralisation? Bisher waren die Kommunen enorm beteiligt; Sie haben die Denkmalliste geführt und sie haben den Verwaltungsakt durchgeführt. Das fällt weg. Künftig sind die Kommunen außen vor.

Angesichts dieser Sachlage verwundert es nicht, dass es kaum Befürworter dieses Gesetzes gibt. Wir haben in der PDS-Fraktion im Vorfeld der heutigen Beratung schon eine kleine Anhörung durchgeführt. Wir hatten Denkmalschützer da - Herr Niekisch, das noch einmal zu Ihrer Frage -, wir hatten Vertreter der Kommunen da, also eigentlich ein ziemlich breites Spektrum. Die Ablehnung des bis dahin bekannten Entwurfs - das ist auch der Entwurf, der nun eingereicht wurde - war vehement, sie war eindeutig. Es gab keine Befürworter - das muss ich so eindeutig sagen - und das war auch argumentativ gut untersetzt.

Auch sonst ist mir bisher niemand außerhalb der Landesregierung bekannt geworden, der dieses Gesetz unbedingt will. Dass wir ein neues Gesetz wollen, ist unbestritten.

Deshalb, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bitte ich Sie: Prüfen Sie dieses Gesetz ganz genau, fragen Sie in Ihren Landkreisen und Kommunen nach, was es bedeutet. Denkmale, die einmal weg sind, kommen nämlich nicht wieder. Das haben wir bitter erfahren müssen. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Dr. Trunschke und gebe das Wort der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Dr. Sternagel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gedanke des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege findet beim überwiegenden Teil unserer Bevölkerung eine breite Zustimmung. Wie erwähnt, wurde das jetzige Gesetz bereits im Jahr 1991 verabschiedet und 1997 geringfügig überarbeitet. Ich schätze ein, dass es sich grundsätzlich bewährt hat. Natürlich kommt es bei der Umsetzung eines solch sensiblen Gesetzes immer wieder auch zu Spannungen und zu Reibungspunkten zwischen den einzelnen Ebenen bzw. zwischen den beteiligten Partnern.

Es wurde deshalb bereits Anfang 1999 begonnen, das Gesetz auf den Prüfstand zu stellen, um Schwachstellen zu beseitigen. In der Landtagssitzung im September 2001 hatten wir mit dem gemeinsamen Antrag von SPD und CDU die Landesregierung aufgefordert, das Denkmalschutzgesetz bis zum 30.04.2001 zu überarbeiten. Dieser Termin wurde leider nicht eingehalten.

Wichtige inhaltliche Schwerpunkte waren erstens die Errichtung eines Denkmalfonds für die Unterstützung der Bauherren, zweitens die Reduzierung des Verwaltungsaufwands und die Beschleunigung der Verfahren sowie drittens die Stärkung der Kompetenz der Kommunen.

Diese doch sehr anspruchsvolle Zielstellung wurde aus meiner Sicht nicht in vollem Umfang erfüllt. Ich möchte deshalb nachfolgend einige ausgewählte kritische Punkte aus der Neuregelung benennen, die noch einer Diskussion bedürfen.

Erstens: Der angedachte Wechsel des Eintragungsverfahrens von dem zurzeit praktizierten konstitutiven Verfahren zum nachrichtlichen Verfahren hat bereits heftige Diskussionen ausgelöst. Es wird nun unsere Aufgabe sein, die Vor- und Nachteile beider Verfahren sorgfältig gegeneinander abzuwägen, um

zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen. Das Gleiche trifft auf das Führen der Denkmalliste zu. Sollte sie die Denkmalfachbehörde oder die Denkmalschutzbehörde führen?

Zweitens: In § 7 wird die Zumutbarkeit für die Erhaltungspflicht umfassend beschrieben. Das kann nur begrüßt werden. Im Rahmen des Spannungsfeldes zwischen der objektbezogenen und der subjektiven Zumutbarkeit hatten wir einen Denkmalfonds gefordert, um Härtefälle zu vermeiden und den Denkmalschutz für den Bauherrn kalkulierbar zu gestalten. Es sollte deshalb die Höhe der jährlich zur Verfügung stehenden Mittel im Denkmalfonds auch benannt werden.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Die heute in den Raum gestellte Summe von 4 Millionen Euro ist in dem vorliegenden Entwurf nicht zu finden. Auch sollten Zumutbarkeitsregeln für Gemeinden besonders bei den Bodendenkmalen festgelegt werden.

Drittens: In § 19 soll bei erlaubnispflichtigen Maßnahmen die untere Denkmalschutzbehörde nunmehr im Benehmen mit der Denkmalfachbehörde statt wie bisher im Einvernehmen entscheiden. Die Brandenburgische Architektenkammer warnt aufgrund ihrer Praxiserfahrung - nach meiner Ansicht zu Recht - vor dieser Neuregelung und weist in diesem Zusammenhang auf die seit Jahren festgeschriebene Einvernehmensregelung auch in westlichen Bundesländern hin.

Viertens: § 15 regelt, dass Denkmale gekennzeichnet werden können. Ich begrüße diese Regelung ausdrücklich. Leider fehlen noch immer Regelungen über eine landeseinheitliche Gestaltung der Kennzeichen. Wir verzichten damit auf die Möglichkeit, durch gelungene Beispiele für den Denkmalschutz zu werben.

Fünftens: Fristen für Entscheidungen zwischen der unteren Denkmalschutzbehörde und der Denkmalfachbehörde werden verkürzt. Es wurde aber auch davon gesprochen, dass es Fälle geben wird, bei denen die Reißleine gezogen werden muss und die Denkmalfachbehörde eine Entscheidung vom Ministerium erbittet. Ich bin der Meinung, auch für diese Fälle sollte eine Frist genannt werden, bis wann das Ministerium entscheiden soll und seine Entscheidung dann dem Antragsteller übermittelt.

Wir sollten den vorliegenden Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Denkmalschutzrechts im Land Brandenburg nun in die Ausschüsse überweisen und im Rahmen einer Anhörung auch die Betroffenen und Spezialisten noch einmal zu Wort kommen lassen. Ich wünsche mir hierbei eine sachliche Diskussion und hoffe auf konstruktive Vorschläge zur weiteren Optimierung des vorliegenden Entwurfs. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Dr. Sternagel und gebe das Wort der Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Nonninger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Denkmalschutz ist selbstverständlich eine wichtige Landesaufgabe. Es geht hier

um die aktive Bewahrung dessen, was in dieser Gesellschaft als historisches Gedächtnis bezeichnet wird.

Denkmale und der Umgang mit ihnen gehören zu unserem alltäglichen Leben. Sie prägen unser Land in den Städten, aber auch im ländlichen Raum. Sie schaffen Identität und Zugehörigkeitsgefühl, was wir in unserer immer globaler werdenden Welt dringend brauchen. Von allergrößter Wichtigkeit ist auch die Wirkung von Denkmalschutz auf Standortentscheidungen von ansiedlungswilligen Firmen, nämlich Denkmalschutz als integraler Bestandteil von Kultur.

In vielen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde die Wichtigkeit von aktiver Kulturpolitik, zu der Denkmalschutz ohne Zweifel gehört, bei Unternehmensentscheidungen bestätigt. Durch den vorgelegten Gesetzentwurf sieht die Wirtschaft allerdings neue Belastungen auf sich zukommen. So lehnt es die Wirtschaft ab, wenn Kosten des Denkmalschutzes auf die Eigentümer abgewälzt und amtliche Eingriffsmöglichkeiten in das Eigentum erweitert werden.

Unsere DVU-Fraktion unterstützt die IHK sowie die Ingenieurkammer Brandenburg in ihrer Kritik am vorgesehenen nachrichtlichen Eintragungsverfahren. Die Anzahl der Denkmale wird sich per Federstrich von derzeit ca. 10 000 in kürzester Zeit und ohne rechtsstaatliche Begründungsverfahren auf 30 000 bis 40 000 erhöhen. Die Praxis sieht doch so aus, dass das Land bereits jetzt mit dem qualitativen Erhalt der heute registrierten, historisch wichtigen Zeugnisse der Vergangenheit überfordert ist.

Gegen eine Eintragung können die Denkmaleigentümer rechtlich nicht vorgehen, da Widerspruch und Klage nicht möglich sind. Für Investitionen an Bauten gibt es dann keine Rechtssicherheit mehr. Bereits jetzt liegt durch eine falsche Politik der Regierenden die Bauwirtschaft in Brandenburg am Boden.

Der § 7 Abs. 4 und Abs. 5 bezüglich der Führung der Beweislast der Unzumutbarkeit einer Erhaltungspflicht durch den Denkmaleigentümer ist unzumutbar. Dem Denkmaleigentümer entstehen erhebliche Mehrkosten bei der Sanierung seines Denkmals, da er, um diesen Paragraphen zu erfüllen, auf einen Architekten, Ingenieur und Steuerberater zurückgreifen muss.

Unsere DVU-Fraktion ist für die Wiedereinführung eines eigenständigen Etats für die Landesdenkmalpflege. In allen anderen Bundesländern existieren zumindest entsprechende Denkmalfonds. In Brandenburg wurde dieser durch die SPD-Regierung abgeschafft.

Der vorliegende Entwurf stellt eine einseitige Interessensicherung der Denkmalfachbehörde dar, indem er eine Konzentration von Aufgaben des Denkmalschutzes auf die Denkmalfachbehörde beinhaltet. Eine weitere Stärkung der Position der Denkmalfachbehörde ist in der Zustimmungspflicht der Fachleute und Sachverständigen zu sehen, die Arbeiten am Denkmal ausführen dürfen. Der § 9 Abs. 4 führt zu einer Einschränkung der Berufsausübung von Architekten und Ingenieuren. Künftig will die Denkmalfachbehörde die Auswahl treffen, wer bestimmte Baumaßnahmen überhaupt ausführen darf. Der Bauherr hat die Zustimmung der Denkmalfachbehörde zur Auswahl der Fachleute oder Sachverständigen einzuholen. Das hat mit Entbürokratisierung und Deregulierung nichts zu tun.

Ziel der Landesregierung sollte es doch sein, Verfahren im Denkmalschutz zu vereinfachen und Kosten für die Sanierung zu senken. Investitionsbereitschaft sollte dadurch erhöht werden. Doch der Normalbürger hat es nach diesem Entwurf wiederum mit zwei Denkmalschutzbehörden zu tun. Die Rechtssicherheit wird sich für den privaten Denkmaleigentümer erheblich verschlechtern. Der Eigentümer muss künftig mehr tun, um rechtssichere Aussagen in Bezug auf die Denkmaleigenschaft zu bekommen.

Die DVU-Fraktion sagt klipp und klar, dass sie für den Denkmalschutz ist, aber nicht für einen Denkmalschutz gegen den Bürger. Der Denkmalschutz kann nur gemeinsam mit dem Bürger umgesetzt werden. Sie müssen zum Denkmalschutz stehen können. Das kann man von ihnen nicht erwarten, wenn Denkmalschutz nur zu ihren Lasten und auf ihre Kosten betrieben wird.

Die DVU-Fraktion lehnt daher den Gesetzentwurf ab, wird aber der Überweisung zustimmen.

(Beifall bei der DVU)