Herr Kollege, können Sie mir erklären, warum Kollegen aus diesem Landtag hier für die zusätzliche Belastung von Kreisen und Eltern gestimmt, in den Kreistagen eine solche Belastung jedoch abgelehnt haben?
So, wie ich für die kommunale Selbstverwaltung einstehe, stehe ich natürlich auch dafür ein, dass jeder Abgeordnete für sich entscheiden muss. Was ich für bedauerlich halte, ist, wenn man hier die Hand hebt und dann vor Ort den notwendigen Mut nicht hat.
Der Vorschlag zu diesem Teil des Entlastungsgesetzes stammt aus der kommunalen Ebene. Es war ein Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände. Sie hatten Recht, als sie in diesem Zusammenhang forderten: Ihr, das Land, könnt uns aber bei der Umsetzung nicht allein lassen. Ihr, das Land, habt über Jahre hinweg im Gegensatz zu anderen, auch ostdeutschen Bundesländern eine Regelung eingeführt und beibehalten, die wir nun abschaffen sollen. - Deshalb ist in den Gesetzestext zu Recht der Passus aufgenommen worden: Die Kreise sollen einen angemessenen Beitrag erheben und das per Satzung regeln. Das ist der Passus, in dem sich das Land zu seiner Verantwortung bekennt und die Kreise mit den erwarteten Protesten der Eltern nicht allein lässt.
Herr Kollege Schippel, ist Ihnen bewusst, dass die alte Rechtslage im Schulgesetz, die ja auch Gegenstand der Überprüfung vor dem Verfassungsgericht war, besagte, dass die Kreise keine Elternbeitragssatzungen machen müssen, sondern entgegen dem Wortlaut des Schulgesetzes so etwas machen können, dass jetzt aber nach dem Kommunalentlastungsgesetz die Kreise verpflichtet sind, solche Elternbeiträge zu erheben? Es geht doch darum, den Freiraum der kommunalen Selbstverwaltung der Kreise zu erhalten, auf Satzungen also auch verzichten zu können.
Mir ist, obwohl ich kein Jurist bin, dieser Unterschied bewusst. Wir haben ihn ganz bewusst in den Gesetzestext aufgenommen.
Herr Kollege Schippel, ich habe zwei Fragen. Die erste Frage: Ist die Auffassung der PDS richtig, dass den Landkreisen und Aufgabenträgern Mittel für die Schülerbeförderung gekürzt worden sind, oder ist es richtig, dass es nur anders ausgewiesen worden ist, nämlich in die allgemeine Verbundmasse einfloss?
Die zweite Frage: Würden Sie es für sinnvoll halten, dass ein Landkreis eine Satzung über die Elternbeteiligung erlässt, obwohl es dadurch, wie beispielsweise im Barnim, zu keiner Entlastung des Kreishaushaltes kommt?
Zur ersten Frage: Es gab keine wesentliche Kürzung, sondern die Streichung einer Zweckbindung. Das wird im Übrigen auch von Ihnen immer gefordert.
Zur zweiten Frage: Wenn es Ihnen im Barnim noch so gut geht, dass Sie darauf, zumindest zurzeit, verzichten können, dann gratuliere ich Ihnen. Wir haben aber die Verantwortung für alle Landkreise im Land. Deswegen haben wir das so gemacht. Ich bin gespannt darauf, inwieweit sich Ihre Rechtsauffassung durchsetzen wird. Das soll aber die Kommunalaufsicht klären, das ist nicht mein Ding.
Dass Sie von der PDS sich diesen Protest zu Eigen machen würden, war zu erwarten. Auf welcher Protestwelle schwimmen Sie eigentlich nicht?
Dass Sie den Protest noch auf die notwendigen und alternativlosen Schulschließungen ausdehnen, ist schon ein bisschen perfide, war aber ebenfalls zu erwarten.
Das mag als Opposition möglich sein. Vielleicht sollten Sie da auch bleiben, um nicht wie in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern mit den harten Fakten des realen Lebens konfrontiert zu werden und dann auch wirklich Verantwortung übernehmen zu müssen.
Wir verstehen den Ärger der Eltern über Schulschließungen und die Erhebung von Elternbeiträgen gerade im ländlichen Raum. Manches, nicht alles, können kreisliche Satzungen ausgleichend regeln. Eine absolute Gleichstellung oder - mit Ihrem Begriff - eine absolute Gerechtigkeit kann und wird es nicht geben. Der Staat und die Kreise werden es nicht zulassen, dass auch nur ein Kind deshalb von der Schule ausgeschlossen wird, weil die Eltern das Fahrgeld nicht bezahlen können. Ich habe Sie bereits vorhin aufgefordert: Nennen Sie mir den ersten Einzelfall, bei dem das anders ist! - Ich bin gern bereit, dann weiter nachzudenken.
Herr Schippel, auch wenn wir uns inzwischen daran gewöhnt haben, dass Sie sich für den Innenminister vor den fahrenden Zug werfen,
möchte ich Ihnen doch die Frage stellen: Können Sie möglicherweise einen Zusammenhang zwischen der zunehmenden Zahl der Schulschließungen und der Erhöhung der Aufwendungen für die Schülerbeförderung erkennen und glauben Sie nicht, dass das tatsächlich auch ein Ergebnis falscher Politik ist?
Dass Sie mir die Stabilität zutrauen, einen fahrenden Zug aufzuhalten, ehrt mich. Ich hoffe, wir werden das Vergnügen noch lange haben.
Die Frage, inwieweit der Innenminister heute hierzu hätte sprechen sollen, habe ich angesprochen. Ich bin genauso erstaunt, dass das der Bauminister macht. Aber der Innenminister wird wissen, warum er es nicht macht.
Wir wollen jene 35 Millionen Euro, die Sie mit der Änderung des Gesetzentwurfs praktisch fordern, möglichst in dieser Höhe lieber in den Inhalt von Schule stecken. Das ist die beste Art von Chancengleichheit für alle Kinder, auch für jene aus sozial schwachen Elternhäusern. Für die Fahrtkosten in Härtefällen wird der Staat einstehen.
Die bestmöglichen Voraussetzungen für Chancengleichheit für diese Kinder, für ihre Ausbildung, für ihr Studium werden in der Schule geschaffen und nicht auf dem Schulweg.
Dort liegt unsere Priorität und bei dieser Zweiteilung und der Beteiligung der Eltern bleiben wir. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch meine DVUFraktion tritt dafür ein, dass die Kostenerstattung für die Schülerbeförderung nicht zulasten sozial schwacher Familien geht oder zu einer Chancenungleichheit der Schüler führt. Der gegenwärtige § 112 des Schulgesetzes in der Fassung vom 10. Juli vergangenen Jahres wird diesen Anforderungen in der Tat nicht gerecht. Deshalb hat meine Fraktion bereits das Gesetz der Landesregierung zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben im vergangenen Jahr abgelehnt. Der Artikel 2 dieses Gesetzes sah die Änderung des § 112 des Bran
denburger Schulgesetzes vor. Wir hatten einen Antrag im Plenum eingebracht, der die Streichung des Artikels 2 forderte. Wenn man damals unserem Antrag zugestimmt hätte, brauchten wir heute über den PDS-Antrag nicht zu diskutieren. Doch unser Antrag wurde damals auch mit Stimmen der PDS abgelehnt.
Folgendes ist richtig: Schulbildung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unserer Kinder sowie die Fortentwicklung unseres Landes und aufgrund von Schulschließungen infolge des Bevölkerungsschwundes werden die Schulwege immer länger und die Kosten für Schülerbeförderung immer höher. Letztere dürfen nicht einseitig auf die Familien abgewälzt werden. Kindererziehung wie Schulbildung sind aus Sicht unserer DVU-Fraktion eine Gemeinschaftsaufgabe, die alle angeht. Das ergibt sich schon aus der Notwendigkeit, die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu erhalten.
Im Übrigen: Gerade Familien mit Kindern werden schon durch das aktuelle Reformchaos von Rot-Grün im Bund nicht entlastet, sondern belastet und das Land Brandenburg muss dem Ganzen nicht noch die Krone aufsetzen, meine Damen und Herren.