Protokoll der Sitzung vom 03.03.2004

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/7057

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Frau Ministerin Ziegler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beginnen heute die Beratung über den Nachtragshaushalt 2004. Mit dieser Nachsteuerung des Haushalts löst die Landesregierung ihre Zusage aus dem Vorsommer ein, den Kommunen zusätzliche finanzielle Mittel dann zur Verfügung zu stellen, wenn die Bundesreformen nicht für die im Sommer 2003 für notwendig gehaltene finanzielle Entlastung sorgen.

Bei der Verabschiedung des Regierungsentwurfs im letzten August sind wir auf der Grundlage der damaligen Gesetzentwürfe davon ausgegangen, dass die Kommunen aus den Bundesreformen um rund 80 Millionen Euro entlastet werden. Damit wäre nicht zuletzt die mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz 2004 durchgeführte Abrechnung des Steuerverbundes 2002 für die Kommunen leichter zu verkraften.

Diese Erwartung hat sich leider nicht erfüllt. Die beschlossenen Bundesreformen unterscheiden sich von den Entwürfen des Sommers sehr deutlich. Kernelement der Gemeindefinanzreform ist die deutliche Absenkung der Gewerbesteuerumlage. Eine grundlegende Reform der Gewerbesteuer ist jedoch nicht gelungen.

Entgegen den Planungen im Sommer des Jahres wird Hartz IV erst zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Bis dahin werden die Kommunen zu prüfen haben, ob sie von der im Gesetz vorgesehenen Option Gebrauch machen, die Betreuung der Bezieher des Arbeitslosengeldes II zu übernehmen. Die finanziellen Auswirkungen dieses Gesetzes lassen sich derzeit sowohl hinsichtlich des Landeshaushalts als auch hinsichtlich der Haushalte der Kommunen nicht einschätzen. Auf Bundesebene wird gerade ein entsprechender Gesetzentwurf erarbeitet, der dem Vernehmen nach eine direkte Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Kommunen vorsieht, was, wie Sie wissen, aus verfassungsrechtlicher Sicht absolutes Neuland bedeuten würde. Fest steht, dass die Übertragung der Kosten der Unterkunft in kommunale Verantwortung für die Kommunen ein finanzielles Risiko darstellt, das sie derzeit nicht abschließend einschätzen können. Die Landesregierung wird im Rahmen ihrer Möglichkeiten sicherstellen, dass die hieraus resultierenden Belastungen die Entlastungen nicht zunichte machen.

Die bis 01.01.2004 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen stellen für unseren Landeshaushalt hinsichtlich der zu erwartenden Mindereinnahmen in Höhe von 25 Millionen Euro aber eine beherrschbare Größe dar. In diesem Betrag sind eventuelle Einnahmen aus dem Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit nicht berücksichtigt, weil sie noch nicht quantifizierbar sind.

Damit ist im Vermittlungsausschuss gegenüber den ursprünglichen Gesetzentwürfen ein, wie ich meine, solider Kompromiss gefunden worden.

Ungünstiger stellt sich die Situation für unsere Kommunen dar. Nach unseren Berechnungen können sie in diesem Jahr aus den Bundesreformen per saldo zwar mit Entlastungen in Höhe von rund 25 Millionen Euro rechnen; das ist jedoch deutlich weniger, als noch im August vorigen Jahres angenommen wurde. Die Landesregierung steht aber zu ihrer Zusage und erhöht deshalb die Finanzzuweisungen an die Kommunen um 55 Millionen Euro. Damit erweisen wir uns den Kommunen gegenüber als verlässlicher Partner.

In diesem Zusammenhang muss ich zu den letzten Presseveröffentlichungen der PDS, sehr geehrte Frau Osten, sehr geehrter Herr Domres, Folgendes deutlich sagen: Wir verwahren uns gegen den Vorwurf, wir würden die Kommunen des Landes betrügen. Wir sind uns sehr wohl dessen bewusst, dass sich viele Kommunen des Landes in einer sehr schwierigen finanziellen Situation befinden. Wir müssen einen fairen Interessenausgleich zwischen den Kommunen und dem Land finden. Aber Sie wissen, wenn Sie richtig rechnen können, dass 40 Millionen Euro Entlastung und 15 Millionen Euro Belastung im Saldo eine Entlastung von 25 Millionen Euro bedeuten und dass damit 55 Millionen Euro auszugleichen sind. Diesen Ausgleich nehmen wir auch vor. Ich würde mich freuen, Herr Domres, wenn Sie nachher auf die von Ihnen genannte Zahl von, ich glaube, 140 Millionen Euro eingingen und erklärten, wie diese Zahl rechnerisch zustande kommt; denn die Belastung von 40 Millionen Euro aus der Gewerbesteuerumlage ist nicht nachvollziehbar.

Durch die rasche Verabschiedung des Nachtragshaushalts erfahren Kommunen auch sehr früh in diesem Jahr eine angemessene Stärkung ihrer Finanzausstattung und erhalten zusätzliche Planungssicherheit. Wie Sie wissen, wäre ich als Finanzministerin natürlich sehr dafür gewesen, die Mai-Steuerschätzung abzuwarten. Aber ich glaube, wir haben auch insoweit hiermit den richtigen Weg gewählt, um klarzumachen, dass wir den Kommunen die versprochenen Mittel auch zukommen lassen.

Wir werden den erhöhten Finanzrahmen abdecken können, ohne den Haushalt mit zusätzlichen Schuldenaufnahmen auszuweiten. Das ist dank der restriktiven Haushaltsführung des vergangenen Jahres gelungen. Es ist uns auch deshalb gelungen, weil wir die Ergebnisse der Steuerschätzung in sehr restriktiver Form in unsere Haushaltsplanung übernommen haben. Wir sind damit unter den Annahmen des Bundes und der Wirtschaftsforschungsinstitute geblieben. Auch deshalb haben wir die gute Ergebnislage des Jahres 2003 verzeichnen können.

Damit haben wir eine deutliche Trendwende in der Finanzpolitik einleiten können. Erstmals seit 1998 ist es uns wieder gelungen, keinen zusätzlichen Fehlbetrag im Jahr zu produzieren;

im Gegenteil haben wir uns durch nicht ausgeschöpfte Kreditaufnahmen Freiräume geschaffen. Wir gehören damit zu den wenigen Ländern, deren Planungen sich erfüllt haben, die also nicht noch einmal das Defizit erhöhen mussten. Dies sollten Sie honorieren, statt Bekanntheiten zu verbreiten wie die, dass wir nur 40 % unserer Einnahmen aus eigenen Einnahmen rekrutieren. Das sind altbekannte Tatsachen. Sie sollten stattdessen besser die Haushaltsführung stützen, indem Sie den Haushalt einschließlich der Haushaltssperre, die verhängt werden musste, ordentlich und progressiv begleiten.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass nicht etwa 15 % des Gesamtetats gesperrt worden sind - das ist eine Unwahrheit, die sich zumindest in der Presse so wiederfindet -, sondern dass es nur 15 % der Hauptgruppen 5 bis 8 sind. Das ist eine schwierige Materie, die manchmal wohl auch die Presse falsch darstellt. Gleichwohl sollten wir bei der Wahrheit zu bleiben versuchen und hier zu der Feststellung gelangen, dass das verkraftbar ist. Es ist ja wichtig, im laufenden Verfahren zu wissen, wie sich unsere Einnahmen entwickeln, statt hinterher zu erfahren, dass die Einnahmen wieder einmal nicht gereicht haben und wir am Ende nachsteuern müssen. Das fällt uns im Lande weitaus schwerer, als rechtzeitig Vorsorge zu treffen. - Dies hat uns im letzten Jahr geholfen und wird auch in diesem Jahr für eine solide Finanzpolitik sorgen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin. - Jetzt gebe ich das Wort noch einmal der Landesregierung. Bitte, Herr Minister Schönbohm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich mache es kurz. Ich bin der Kollegin Ziegler dankbar dafür, dass sie im Einzelnen erläutert hat, was wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erreichen wollen. Als Kommunalminister kann ich nur sagen: Wir haben es versprochen und wir haben es gehalten. Wir haben es zum frühestmöglichen Zeitpunkt umgesetzt, nachdem wir Klarheit darüber hatten, wie sich die bundesgesetzlichen Regelungen auf die Kommunen auswirken. Das Wichtige ist also zeit- und passgerecht geschehen. Das haben wir erreicht. Was wir versprochen haben, haben wir gehalten. Die Kommunen haben jetzt Planungssicherheit.

Damit sind die Finanzprobleme der Kommunen aber noch nicht gelöst. Die Kommunen sind in der Lage, in diesem Jahr zu einem einigermaßen vernünftigen Abschluss zu kommen. Im Finanzausgleichsgesetz wollen wir im nächsten Jahr durch Veränderungen, die noch im Einzelnen beschlossen werden müssen, zu einer grundlegenden Regelung, die dann noch weiter führt, kommen. Was wir hiermit gemacht haben, ist jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Minister Schönbohm, und gebe das Wort der Fraktion der PDS. Bitte, Frau Abgeordnete Osten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Frau Finanzministerin, das Wort solide und auch das Wort Trendwende habe ich schon oft gehört. Aber das einzig Solide, was es in diesem Land gibt, sind die Kredite, die Schulden.

(Beifall bei der PDS)

Die Trendwende ist darin zu sehen, dass immer mehr Kredite aufgenommen werden.

Die Scheinheiligkeit der Landesregierung kennt in meinen Augen keine Grenzen mehr. Sie nimmt den Kommunen erst viel, gibt ihnen jetzt wenig und will sich dafür auch noch feiern lassen.

(Beifall bei der PDS)

Ein Nachtragshaushalt Anfang März ist schon etwas Erstaunliches, zumal der Haushalt 2004 erst in der vorletzten Sitzung des Parlaments beschlossen wurde. Das einzige Argument, das dafür spricht, ist, dass die Kommunen mehr Geld brauchen, und zwar sofort und mit Gewissheit. Der Haushalt war, wie ich Ihnen bereits bei der letzten Haushaltsdebatte hier im Dezember gesagt habe, weder ausreichend für die kommunale Finanzausstattung, noch sorgte er für die Risiken vor, die wir alle kennen bzw. alle kannten.

Die Lobesreden für die eigene angeblich gute Arbeit vonseiten der Finanzministerin klingen mir heute noch im Ohr. Es gab Beschlüsse auf Bundesebene, an denen Ihre Parteien, werte Koalitionäre, den Hauptanteil hatten. Das ist also nicht, wie man so schön sagt, von Gott gegeben, sondern es ist selbst gemacht. In dem gleichen Atemzug, in dem die Ministerin die frohe Nachricht verkündet, dass alles nicht so schlimm kommt wie befürchtet, setzt sie den Haushalt 2004 zum 1. Januar 2004 außer Kraft. Der Haushalt flog mit Beginn seiner Gültigkeit sozusagen symbolisch in den Papierkorb.

Wenn die Ministerin 15 % aller Sachausgaben, 5 % aller Personalausgaben und nach aktuellem Stand 25 % aller Verpflichtungsermächtigungen sperrt, dann ist das ein wesentlicher Einschnitt in einen Haushaltsplan, der beim Erlass der Sperre gerade einmal 14 Tage alt war. Erstaunlich sind bei solchen Aktionen die Kommentare der Landesregierung wie der, dass diese Haushaltssperre eine größere Flexibilität bedeute. Wenn Sie, werte Ministerin, 15 % aller Sachmittel sperren, dann betrifft das natürlich nicht die gesetzlichen Aufgaben, sondern die so genannten freiwilligen Aufgaben. Insbesondere die Arbeit freier Träger im sozialen Bereich und im Bildungsbereich, die Wahrnehmung von Aufgaben der sozialen Betreuung, von Aufgaben im Rahmen der Soziokultur und im Bereich der Gleichstellung werden dadurch mit einem großen Fragezeichen versehen. Die Arbeit der betreffenden Träger wird landesweit infrage gestellt. In unserer Fraktion war gestern übrigens Superintendent Lohmann, der Chef von „Tolerantes Brandenburg“, zu Gast. Auch er konnte uns nicht sagen, wie viel Geld er im Jahre 2004 für seine Arbeit, die meiner Meinung nach sehr wichtig ist, letztlich zur Verfügung haben wird.

(Beifall bei der PDS)

Eine Haushaltssperre ist dazu da, kurzfristig auf eine außeror

dentliche Situation zu reagieren, wobei die bessere Variante ein Nachtragshaushalt ist, damit eine konkrete Veränderung des Plans durch das Parlament beschlossen werden kann. Ein solcher Nachtragshaushalt liegt nun vor. Leider ist dieser Nachtragshaushalt seinen Namen nicht wert; denn erstens sorgt er nicht für eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen, und zwar nicht einmal in der Höhe, wie sie die Landesregierung versprochen hat - ich erinnere an die 80 Millionen -,

(Minister Schönbohm: Bis zu!)

zweitens löst er die Haushaltssperre nicht auf - das Parlament soll also über ein Stück Haushalt beschließen, das die Landesregierung quasi außer Kraft gesetzt hat -, drittens sind Ihre Finanzierungsquellen schon erstaunlich. Zwei Ihrer Vorschläge waren nämlich Deckungsvorschläge der PDS-Fraktion innerhalb der Haushaltsdebatte, die von Ihnen in Schimpf und Schande geredet wurden. Jetzt sind zwei neue Deckungsvorschläge dabei, die wir wirklich nicht als real bezeichnen können. Dabei denke ich etwa an die Zusatzversorgungssysteme mit 10,5 Millionen Euro, bei denen wir immer Geld haben dazulegen müssen. Dass hier auf einmal etwas übrig bleiben soll, ist schon erstaunlich. Viertens sehen wir mit diesem Nachtragshaushalt ein Problem des Landes als nicht gelöst an, nämlich die Schülerbeförderungskosten, über die zurzeit in den Kreistagen heftig diskutiert wird. Über dieses Thema haben wir hier schon debattiert. Der Protest darüber regt sich im Lande. Darauf müssen wir reagieren. Dieses Problem müssen wir mit diesem Nachtragshaushalt lösen.

Außerdem haben Sie einen wichtigen Finanzierungsvorschlag der PDS-Fraktion aus der Haushaltsdebatte vergessen. Dabei geht es um den um 1 Million Euro zu hohen Betrag für Beraterverträge und für Geschäftsbesorgungen. Ich kann das Erstaunen über diese große Ausgabe, das es nach der Beantwortung einer Kleinen Anfrage kürzlich gegeben hat, nicht verstehen.

Wie so oft, haben Sie keine solide Arbeit geleistet. Deshalb werden wir, wie immer, mit eigenen Vorschlägen nachbessern müssen. Ich habe den Eindruck, dass Ihnen mit diesem Nachtragshaushalt nun wirklich die Puste ausgegangen ist. Das betrifft wohl insbesondere Innenminister Schönbohm. Ich bin davon überzeugt, dass nicht die PDS, sondern er eine Sauerstoffmaske braucht. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Osten, und erteile der Fraktion der SPD das Wort. Bitte, Herr Abgeordneter Schippel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Osten, Sie haben die Sperren beklagt. Ich kann es nicht ganz nachvollziehen. Wenn ich von 100 % zu Anfang des Jahres 15 % sperre, dann heißt das doch nicht, dass die 15 % weggenommen werden, sondern die kann ich doch noch bekommen. Nun zeigen Sie mir doch einmal, welcher Bereich im Januar 100 % der Ausgaben tätigt. Dort wäre dann allerdings wirklich zu überlegen, ob wir nicht eingreifen müssten.

Wir befassen uns heute mit einem Nachtragshaushalt und mit

dem Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2004.

Herr Abgeordneter Schippel, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön, Frau Abgeordnete Osten.

Ich habe eine Frage zu Ihren Eingangsbemerkungen. Herr Abgeordneter Schippel, können Sie sich vorstellen, dass es für einen freien Träger, der zu Beginn eines Jahres seinen Jahreshaushalt beschließen muss, wichtig zu wissen ist, ob er im Dezember die Miete und vielleicht auch noch einen Angestellten bezahlen kann oder nicht?

(Beifall bei der PDS)

Das kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht müssten Sie ihn in Sachen Haushaltsrecht schulen. - Das ist ein durchaus übliches Verfahren.

Im Zusammenhang mit dem GFG 2004 hatten die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen Folgendes beschlossen: Wenn die Entlastungen für die Kommunen durch die Gemeindefinanzreform und Hartz IV nicht in dem erwünschten Maße eintreten, wird zum kommunalen Finanzausgleich 2004 eine Nachsteuerung in Höhe von bis zu 80 Millionen Euro in einem Nachtragsgesetz im Laufe des Jahres 2004 vorgenommen. Bereits heute, also am 3. März, unmittelbar nachdem die Berechnungen vorliegen, setzen wir diesen Beschluss in Höhe von 55 Millionen Euro um. Wir halten also Wort. Auch in der Höhe der Summe halten wir Wort, meine Damen und Herren der PDS-Fraktion.

Noch einmal zur Erinnerung der Originaltext für Sie, aber auch für die kommunalen Spitzenverbände:

„... eine Nachsteuerung von bis zu 80 Millionen Euro. 25 Millionen Euro Entlastung plus 55 Millionen Euro Nachtragshaushalt sind 80 Millionen Euro.“