Ach ja, heute früh bei der Aufstellung der Tagesordnung. Es ist mir nicht gekennzeichnet worden und ich habe nicht daran gedacht. Ich bitte um Entschuldigung. Ich schließe die gerade eröffnete Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.
Das Präsidium empfiehlt die Überweisung der Drucksache 3/7421 an den Rechtsausschuss. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen.
Bericht zur aktuellen Luftverkehrspolitik des Landes Brandenburg (gemäß Beschluss des Landtages vom 12. Dezember 2003 - DS 3/6742-B)
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Landesregierung und erteile dem Wirtschaftsminister das Wort. Bitte schön, Herr Junghanns.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag hatte die Landesregierung beauftragt, zu verschiedenen herangereiften Fragen der Luftverkehrspolitik Antworten zu geben. Das haben wir mit der Vorlage des Berichts, Drucksache 3/7346, getan. Ich möchte entlang dieser Vorlage kurz dazu Stellung nehmen.
Erstens ging es darum: Welche Veränderungen ergeben sich in den Rechten und Pflichten der Gesellschaft im Zusammenhang mit der Fusion der bislang als Holding aufgestellten Gesellschaft? Mit dieser Änderung werden die Befugnisse der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates der FBS, so heißt die Firma jetzt, im Vergleich zur früheren BBF in einigen Punkten eingeschränkt und gleichzeitig die Rechte der Gesellschafterversammlung erweitert. Beschlüsse des Aufsichtsrates über den Wirtschaftsplan und den Erlass von Geschäftsanweisungen an die Geschäftsführung bedürfen zukünftig zusätzlich der Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung. Bei Geschäftsführungshandlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgehen, ist nunmehr in jedem Einzelfall der Gesellschafterbeschluss notwendig.
Mit diesen Änderungen wird deutlich, dass die Gesellschafter ein besonderes Interesse daran haben, an der Willensbildung der Gesellschaftsorgane teilzunehmen.
Mit diesen Änderungen wird deutlich, dass wir auch das Vorkaufsrecht für den Fall der Veräußerung von Geschäftsanteilen im Sinne der Regelungen ändern, die regelmäßig beim Bund angepasst werden.
Die Verschmelzungsvorgänge haben eindeutig wirtschaftlichen Hintergrund. Hier geht es um mehr Transparenz in den wirtschaftlichen Beziehungen und in den Abläufen des Unternehmens und sie dienen der Vorbereitung der Finanzierung des BBI. Die FBS soll in die Lage versetzt werden, einen hohen eigenen finanziellen Beitrag zur Realisierung dieses anspruchsvollen Projekts zu leisten.
Die zeitlichen Abläufe, die jetzt anstehen - das möchte ich noch einmal hervorheben -, werden nicht betroffen sein. Im Hinblick
auf die Unabhängigkeit der Gerichte, die Komplexität der Materie, die jetzt mit dem Planfeststellungsverfahren auf den Weg gebracht wird, und die zu erwartenden Klagen erscheint es uns ratsam, keine Prognosen abzugeben, die unter Umständen auch als Einflussnahme von dieser Stelle aus falsch interpretiert werden könnten.
Ein Finanzierungskonzept - damit bin ich beim Kern des Punktes 2 - für den Ausbau des Flughafens Schönefeld zum BBI wird gegenwärtig erarbeitet. Konkretes Zahlenmaterial liegt von der Geschäftsführung noch nicht vor. Nach Aussage der Geschäftsführung der FBS sollte - das möchte ich in aller Offenheit sagen - ein erster Entwurf des Businessplanes mit einem Finanzierungskonzept bis Ende März 2004 vorgelegt werden. Das hat sich verzögert. Externe Plausibilitätsprüfungen und eine umfassende Erörterung mit den Gesellschaftern der FBS schließen sich nunmehr an. Sie dienen dem Ziel, den Businessplan im September 2004 im Aufsichtsrat der FBS zu behandeln. Nach den Verhandlungen mit den finanzierenden Banken soll der Start der Projektfinanzierung Anfang 2006 erfolgen.
Mit den Vorstellungen zum Ausbau des Flughafens BerlinSchönefeld werden auch die Anforderungen an die verkehrliche Anbindung des Flughafens, sowohl Straße als auch Schiene, beschrieben, womit ich beim dritten Punkt der Anfrage des Landtages bin.
Die Planung der Schienenanbindung musste nach Erstellung der Planfeststellungsunterlagen noch einmal überarbeitet werden. Im laufenden Verfahren stellte sich heraus, dass der Untergrund der östlichen Trasse zwischen Flughafenbahnhof und Görlitzer Bahn stark erschütterungsempfindlich ist. Es wurden Abschnitte gebildet und die Ostanbindung der Schiene vom Planfeststellungsverfahren BBI getrennt. Am Gesamtkonzept wird aber festgehalten.
Eine Verzögerung des Planfeststellungsverfahrens BBI wird nicht erwartet. Unsicherheiten durch die Verzögerung des Ausbaus der Dresdner Bahn, der für die Schienenanbindung zwischen Berlin und dem BBI notwendig wird, werden dadurch ausgeglichen, dass die DB Netz eine alternative Wegeführung für die Anhalter Bahn plant. Vorhabenträger für die Schienenanbindung sind die DB Netz AG und die DB Station und Service AG.
Die bisherigen Kosten in Höhe von 496 Millionen Euro beruhen auf einer Schätzung von 1999 und sollen im Rahmen der Entwurfsplanung aktualisiert werden. Wie Sie in den letzten Stunden mitverfolgen konnten, befinden wir uns in einer aktiven und lösungsorientierten Verhandlung mit dem Bund zur Sicherstellung der Finanzierung. Die Verlautbarungen möchte ich an dieser Stelle noch nicht kommentieren, weil es - das werden Sie verstehen - dazu weiterhin entsprechender Klarstellungen auf der Arbeitsebene bedarf.
Schwerpunkte der Straßenanbindung des BBI bilden der Neubau der A 113 zwischen Autobahnkreuz Schönefeld und Landesgrenze mit der neuen Anschlussstelle Flughafen - dieser soll bis Ende 2006 abgeschlossen sein - sowie der Ausbau der B 96 und der B 96 a. Die Maßnahme B 96 von der Landesgrenze Berlin-Brandenburg bis zur Anschlussstelle Rangsdorf befindet sich im Bau. Das Ausbauvorhaben B 96 a befindet sich
im Planfeststellungsverfahren. Der Planfeststellungsbeschluss wird im II. Quartal 2004 erwartet, sodass der geplante Termin für den Baubeginn Anfang 2005 voraussichtlich eingehalten werden kann.
Die Finanzierung aller Straßenbaumaßnahmen erfolgt aus dem Bundeshaushalt und dem EFRE-Programm „Verkehrsinfrastruktur“ des Bundes mit Ausnahme der Anschlussstelle Flughafen. Diese Finanzierung erfolgt durch den Flughafen selbst. Die DB AG ist im Rahmen von Kreuzungsvereinbarungen ebenfalls an der Finanzierung beteiligt.
Ich möchte an dieser Stelle ergänzen, dass ausweislich des Beschlusses bzw. der Vereinbarung zwischen Berlin-Brandenburg/BDLI und der Messe Berlin sichergestellt ist, dass der Ausbau so Schritt um Schritt erfolgt, dass auch die ILA in den nächsten Jahren in Verbindung damit durchgeführt werden kann.
Viertens: Zur Maximierung der Beschäftigungseffekte sowie zur Vorbereitung der Akquisition ansiedlungsinteressierter Unternehmen ist Mitte 2001 die Flughafenumfeldentwicklungsgesellschaft Berlin-Brandenburg gegründet worden. Hauptaufgabe der Gesellschaft ist es, gemeinsam mit den Umlandgemeinden, Landkreisen und anderen Akteuren vor Ort eine geeignete Voraussetzung für die Flughafenumfeldentwicklung zu schaffen. Aufgrund des Scheiterns der Privatisierung BBF und der eingeschränkten Liquidität des Unternehmens wurde vom Aufsichtsrat und der Gesellschafterversammlung im April 2003 beschlossen, den Geschäftsbetrieb zu reduzieren sowie die gesellschaftlichen Strukturen mindestens bis Ende 2003 - das ist zwischenzeitlich bis 2004 verlängert worden - zu erhalten.
Die Landesregierung geht davon aus und handelt in diesem Sinne aktiv, dass mit dem Planfeststellungsbeschluss das Geschäft der Gesellschaft neu aufgestellt werden muss, und ist dabei, private Gesellschafter für die Ausrichtung der Gesellschaft auszuwählen und zu binden.
Fünftens, zu grundsätzlichen Überarbeitungsnotwendigkeiten der Luftverkehrskonzeption: Die Landesregierung hat wiederholt zu diesen Themen Stellung genommen. Ich verweise auf die Großen Anfragen 63 und 64, in denen die Kontinuität und die Verlässlichkeit der Luftverkehrspolitik unterstrichen wurden. Wir sind in diesen Tagen im Besonderen damit konfrontiert, dass von verschiedenen Standorten Entwicklungsbedürftigkeiten und Entwicklungserfordernisse definiert bzw. Erwartungen an die Überarbeitung gerichtet werden.
Wir haben uns in einschlägigen Gutachten mit den Potenzialen der Entwicklung der Flughafenstandorte befasst. Diese Gutachten, die zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen gelangen, was man an den Standorten tun und was sich entwickeln kann, sind für uns aus dieser Sicht noch nicht Grund und Ausgangspunkt, diese Luftverkehrskonzeption nach dem jetzigen Arbeitsstand zu überarbeiten. Wir sehen aber, dass das in der nächsten Legislaturperiode bestimmt notwendig sein wird. Ich bitte in diesem Sinne um eine weitere gemeinsame Arbeit für einen sehr zukunftsträchtigen Bereich unseres Landes. - Danke.
Ich danke Herrn Minister Junghanns. - Nun erteile ich der Fraktion der PDS das Wort. Frau Abgeordnete Tack, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Glückwunsch an die Regierung, dass sie es geschafft hat, kurz vor Ende der Legislaturperiode - nach fünf Jahren - einen einzigen Bericht zur Luftverkehrspolitik hier vorzulegen. Immerhin!
Es gab auch einen mündlichen Bericht des Ministerpräsidenten im Mai vergangenen Jahres, als er hier sagte, dass er gerade gemeinsam mit Herrn Wowereit das Scheitern der Privatisierung erklärt hat, und uns wissen ließ, alles andere und Nähere sollten wir am nächsten Tag in der Zeitung nachlesen. Verglichen damit ist es schon ein Fortschritt, dass wir einen Bericht zum Nachlesen haben.
Ich will an die wohlwollende Rede, die Herr Junghanns jetzt gehalten hat, ohne auf Probleme und Konflikte im Wesentlichen einzugehen, erinnern. Sie sagen ja immer, es gehe um das größte Infrastrukturprojekt in Deutschland. So nennen Sie es. Ich denke, dazu gibt es einiges mehr zu sagen, als in dem Bericht nachzulesen ist.
Die PDS-Fraktion hatte gefordert, diesen Bericht in den Landtag einzubringen, damit wir diskutieren können. Das hatten Sie abgelehnt - wenn Sie sich erinnern -, denn Sie wollten es nur in den Ausschüssen haben. Die Regierung hat es dennoch gemacht. Deshalb finden wir es ganz okay, dass wir heute darüber diskutieren können.
Ich kann im Wesentlichen auf meine Rede vom 12. Dezember vergangenen Jahres verweisen, denn leider bringt Ihr Bericht nicht viel mehr, als wir damals zu Ihrem Entschließungsantrag diskutiert haben.
Die maßgeblichen Beschlüsse - auch das haben wir schon im Dezember gesagt - wurden bereits in der Aufsichtsratssitzung im Sommer 2003 gefasst. Wer wirklich erfahren will, wie es um die Flughafengesellschaft steht, möge in den Aufsichtsratsprotokollen nachlesen oder auch in der Information, die das Berliner Abgeordnetenhaus erhalten hat. Sie sind bezüglich der wirklichen Situation der Flughafengesellschaft und der Luftverkehrspolitik in der Region Berlin-Brandenburg weitaus aussagekräftiger. Denn woher, Herr Minister, sollten wir wissen Sie haben es gerade ausgeführt, aber im Bericht ist es so nicht nachzulesen -, dass es die Holding nicht mehr gibt, denn diese ist schließlich 1991 aufgrund eines Landtagsbeschlusses zustande gekommen, oder dass die FBS eine Tochter hat, nämlich die Berliner Flughafengesellschaft? Auch das darf man einmal erwähnen, um zu zeigen, wie die Struktur jetzt aussieht.
Ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, dass Sie eher an dem Nichtwissen interessiert sind und es Sie weniger aufregen kann, wenn man die Probleme nicht kennt. Aber ich will Sie erinnern und in Ihre Verantwortung nehmen: Es geht hier um eine Gesellschaft mit Landesbeteiligung in Höhe von 37 %. Erfahrungen der vergangenen Jahre, wie welche Probleme und welche Risiken mit Landesgesellschaften verbunden sind, haben wir reichlich gesammelt. In dieser Gesellschaft gab es ja schon genügend Probleme.
Zum ersten Punkt - Umstrukturierungen: Die Restrukturierung der Holding war immer eine Forderung der PDS-Fraktion ebenso wie die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation durch die völlige Entschuldung der Baufeld-Ost-Belastungen. Das steht noch aus. Eine Teilentschuldung hat stattgefunden, aber es ist notwendig, den Schritt zu Ende zu gehen. Der Minister ist gerade darauf eingegangen, dass diese Gesellschaft in die Lage versetzt werden soll, einen finanziellen Beitrag zur Realisierung des Flughafenprojektes zu leisten. Wie das erfolgen soll, Herr Minister, haben Sie uns in Ihrer Rede jedoch verschwiegen. Im Bericht ist diesbezüglich auch nichts nachzulesen.
Was das Unternehmen betrifft, so müssen wir gar nicht lange darum herumreden. Auch die Verschmelzung bzw. die neue Struktur der Holding hat nichts daran geändert, dass diese Gesellschaft jedes Jahr Probleme hat, sodass die öffentliche Hand - so ist diese Gesellschaft angelegt - viele Millionen Euro hineinpumpen muss, damit sie von einem zum anderen Jahr ihre Arbeit überhaupt leisten kann.
Sie haben - auch daran will ich Sie erinnern - für das Haushaltsjahr 2004 beschlossen, wieder 46 Millionen Euro Landeszuweisungen in die Gesellschaft zu geben, davon allein 36 Millionen als Gesellschaftermittel und 5 Millionen - nun schon zehn oder gar zwölf Jahre lang - für die Schulden der BaufeldOst-Belastung.
In diesem Zusammenhang sei auch daran erinnert, dass die Gesellschaft im vergangenen Jahr ebenso viel Geld gekostet hat. Zusätzlich 41 Millionen Euro haben die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund aufbringen müssen, um sich aus diesem Privatisierungsverfahren gütlich zu verabschieden.
Eines, so denken wir, ist mit der Umstrukturierung positiv entschieden, nämlich dass gleichzeitig die Stärkung der Rechte der Gesellschafterversammlung stattgefunden hat. Da haben Sie offensichtlich aus den Untersuchungsausschüssen gelernt, denn hier kann man wirklich Landesinteresse formulieren und wahrnehmen.
Zur Finanzierung, Herr Minister, haben Sie gesprochen. Nichts Genaues weiß man nicht. Im Bericht ist dazu nichts nachzulesen. Uns würde schon interessieren, welche Vorstellungen Sie haben. Halten Sie an der Privatisierung fest? Wie werden die Chancen für eine Teilprivatisierung bewertet? Welche finanziellen Belastungen für die öffentliche Hand werden in Aussicht gestellt? Wir wollen einfach die Vorstellungen der Regierung erfahren. Ich denke, darauf haben wir ein Recht.
Über Verkehrsverbindungen zu reden habe ich jetzt keine Zeit mehr. Dazu haben Sie sich, wohl auch in Abstimmung mit dem Verkehrsminister, gerade ausführlich geäußert.