Protokoll der Sitzung vom 16.06.2004

Drucksache 3/6676

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft

Drucksache 3/7570

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der Abgeordneten Tack das Wort. Sie spricht für die Fraktion der PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Novelle zum Brandenburgischen Ingenieurkammergesetz haben Sie sich, meine Damen und Herren, nicht mit Ruhm bekleckert. Man kann sogar sagen, es ist eine Posse, die hoffentlich heute glücklich zu Ende geht. Ich will daran erinnern, dass der erste Entwurf dieses Gesetzes bereits im Dezember 1996 dem Wirtschaftsministerium eingereicht wurde und seitdem gibt es zehn, elf oder zwölf Änderungsvorschläge und dieser Gesetzentwurf hat mindestens drei Wirtschaftsminister überdauert.

Es hat von 1996 bis jetzt eine lange Ruhezeit gegeben und wir wollen hoffen, dass es heute eine Zustimmung gibt. Oder: Es wird eine Zustimmung geben. Wir haben Sie mit einem Änderungsantrag noch einmal ermuntert, über den einzigen Konfliktpunkt nachzudenken, den es mittlerweile nur noch gibt und der die Differenzen zwischen - ich sage es sehr einfach MSWV und Wirtschaftsministerium deutlich macht, dass man nämlich keine Einigung über die unterschiedliche Behandlung von zwei gleich gelagerten und zwei gleichartigen Berufsgruppen, nämlich den Architekten und den Ingenieuren mit analogem Berufsbild, erzielen konnte.

Während die Architekten zur Berufsausübung Mitglied der Architektenkammer sein müssen, sind planende freiberuflich tätige Ingenieure nicht verpflichtet, Mitglied der Brandenburgischen Ingenieurkammer zu sein. Es besteht also keine grundsätzliche Pflicht zur Mitgliedschaft, wie es zum Beispiel bei der Industrie- und Handelskammer und bei der Architektenkammer geregelt ist.

Bei der Anhörung, die der Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr und der Wirtschaftsausschuss am 18. Februar - das ist auch schon eine Weile her, wir können froh sein, dass wir heute zur Beschlussfassung kommen - gemeinsam durchgeführt haben, wurde deutlich, dass der einzige Knackpunkt für die Berufsausübung die Pflicht zur Mitgliedschaft für Ingenieurinnen und Ingenieure, die über Bauvorlagerecht sicherheitsrelevante oder gefahrgeneigte Tätigkeiten ausüben, in der Ingenieurkammer ist. Das ist der einzige Konfliktpunkt, der sozusagen bisher nicht gehandelt werden konnte.

Deshalb nun unser Änderungsantrag und ich bitte Sie, dass Sie ihm folgen; denn er spiegelt genau die Interessenlage wider, die in der Anhörung noch einmal deutlich gemacht wurde, und zwar nicht nur von der Ingenieurkammer. Der Grund - auch das möchte ich noch einmal deutlich sagen -, über die Pflicht zur Mitgliedschaft zu entscheiden und das im Gesetz zu regeln, ist die Sicherstellung eines umfassenden Verbraucherschutzes, der über die Berufspflichten der Mitglieder unter anderem die Pflicht zur Weiterbildung gewährleistet.

An dieser Stelle muss noch einmal zu Recht darauf hingewiesen werden, dass die Erfüllung der Berufspflichten eine wesentliche Aufsichtsaufgabe auch der Ingenieurkammer ist. Darauf wird in geeigneter Form reagiert, zum Beispiel durch Pflichtseminare, Nachweispflichten für erworbene Zertifikate und vieles andere mehr.

In der Anhörung ist deutlich geworden, dass mittlerweile sieben Bundesländer, darunter das Land Berlin, diese Regelung eingeführt haben. Das ist spannend; denn vorhin haben wir eine herzerfrischende Debatte im Zusammenhang mit den Gerichtsstandorten erlebt. Dabei wurde von „Signalwirkung für die Fusion“ gesprochen; die Zusammenarbeit mit Berlin werde sich verbessern. Jetzt wollen Sie, meine Damen und Herren, wider besseres Wissen ein Gesetz verabschieden, das mit dem Berliner Ingenieurkammergesetz nicht kompatibel ist. Die Gründe dafür waren auch in den Ausschusssitzungen nicht zu erfahren. Deshalb will ich noch einmal auf unseren Änderungsantrag eingehen und bei Ihnen um Zustimmung dafür werben; wir haben im Übrigen namentliche Abstimmung beantragt.

Wie einige von Ihnen wissen, findet in der nächsten Woche der traditionelle Ingenieurkammertag des Landes statt. Dort wird es wieder eine Diskussionsrunde geben. Ich möchte nicht, wie im vergangenen Jahr, als einzige Abgeordnete anwesend sein. Dieses Jahr ist Wahlkampf; vielleicht kommen doch die Vertreter aller Fraktionen zum Ingenieurkammertag. Dann kann man begründen, warum man sich so oder so entschieden hat.

Wir wollen den Antrag heute noch einmal zur Abstimmung stellen. Damit wollen wir auch in Erinnerung rufen, dass eine Annäherung an die Berliner Gesetzeslage möglich ist. Wir möchten Sie ermuntern, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Darum werbe ich. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Tack. - Ich gebe das Wort der Fraktion der SPD. Herr Abgeordneter Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kein anderes Gesetz hat den Wirtschaftsausschuss des Landtages Brandenburg so lange beschäftigt wie dieses. Ich bin mir nicht sicher, ob es sieben oder acht Jahre waren; jedenfalls hatten wir schon lange vor Ablauf der vorigen Legislaturperiode damit angefangen, über ein neues Ingenieurkammergesetz zu reden. Es ging um eine Novellierung der seit 1993 geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen.

Wir sind immer, sowohl 1998 als auch danach, an dem Punkt „Pflichtmitgliedschaft für Bauvorlageberechtigte“ hängen geblieben. Insofern war der Ingenieurkammertag, der in der nächsten Woche wieder stattfindet, stets ein Highlight. Dort ist es zur Fokussierung gekommen, dort haben wir darüber diskutiert. Dann ist wieder ein Jahr vergangen.

Jetzt aber sind wir so weit! Es stellt sich die Frage - Ihr Antrag hängt damit zusammen -, ob man die Diskussion fortsetzen oder aber einen Strich ziehen und zumindest die unstrittigen Punkte der Novellierung des Ingenieurkammergesetzes tatsächlich fixieren sollte. Ich halte es für vernünftig, dass wir heute zu einem Beschluss kommen; denn neben dem umstrittenen Punkt „Bauvorlageberechtigte“ sind viele andere Punkte enthalten, die durchaus Sinn haben. Dabei geht es um Konkretisierungen und um Kooperation, aber auch um die Klärung der Frage, inwieweit Anwärter, das heißt angehende Ingenieure, die noch keine Berufserfahrung haben, einbezogen werden können. Sie sollen nicht nur möglichst früh an die Kammer gebunden werden, sondern auch noch während des Studiums von dem Angebot der Kammer profitieren können. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, der seit langem unstrittig ist. Wir sind aber auch in dieser Hinsicht nicht weitergekommen, weil es noch keine abschließende Befassung zu diesem Gesetz gegeben hat.

Insofern ist es vernünftig, das Gesetz mit den unstrittigen Punkten heute zu beschließen. Was die Bauvorlageberechtigung angeht, gibt es Argumente, die dafür sprechen, und solche, die dagegen sprechen. Unsere Fraktion hat sich mit diesem Thema sehr intensiv beschäftigt. Wir sind mehrheitlich zu der Überzeugung gekommen, dass es nicht vernünftig wäre, zum jetzigen Zeitpunkt eine entsprechende Veränderung herbeizuführen. Das hängt mit landesweit geführten Diskussionen über eine Entbürokratisierung sowie über Pflichtmitgliedschaften im Kammerbereich, also auch bei der IHK und der Handwerkskammer, zusammen.

Im Ergebnis der Bewertung ist die SPD-Fraktion zu der Überzeugung gekommen, dass wir dem vorliegenden Gesetzentwurf unsere Zustimmung geben sollten. Das heißt nicht, dass das Thema „Abstimmung mit Berlin“ in den nächsten Jahren nicht weiterhin begleitet werden kann. In einer neuen Lage wird eine neue Entscheidung möglich sein.

Herr Abgeordneter, machen Sie doch einmal einen Punkt, damit ich Sie fragen kann, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.

Ich wollte die Zwischenfrage aber nicht.

Gestatten Sie der Abgeordneten Tack, eine Zwischenfrage an Sie zu richten?

Ich habe so mühsam versucht, das zu verhindern, aber nichts ist. Also gut!

Bitte schön, Frau Tack.

Herr Müller, angesichts der Tatsache, dass in dem einen Fall eine zu Berlin analoge Gesetzgebung befürwortet wird, in dem anderen Fall aber nicht, frage ich Sie: Können Sie uns mit zwei, drei Argumenten vermitteln, was dagegen spricht, das Gesetz kompatibel mit dem Berliner Gesetz zu machen? Warum wird für die betroffene Berufsgruppe die Pflichtmitgliedschaft in der Kammer wieder eingeführt?

Ich halte es weder für eine vernünftige noch für eine gängige Variante des parlamentarischen Handelns, wenn wir sagen: Wenn es in Berlin schon eine Regelung gibt, müssen wir automatisch dasselbe machen. - Was in Berlin gilt, muss nicht zwangsläufig richtig sein.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Es ist Aufgabe des Landtages Brandenburg, auf der eigenen Informationsbasis die Entscheidung zu treffen. Das haben wir getan. Ich meine, das ist sehr wohl verantwortbar.

Ich möchte zum Schluss kommen. Wir glauben, dass es vernünftig ist, jetzt ein neues Gesetz bzw. die Novellierung zu beschließen. Wir halten es nicht für möglich, dem Antrag der PDS-Fraktion zuzustimmen. Daraus lässt sich das Votum der SPD-Fraktion ableiten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Müller. - Ich gebe das Wort der Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der gesetzliche Schutz der Bezeichnung „Ingenieur“ ist wichtig. Insbesondere hinsichtlich des Schutzes von hochwertigen Gemeinschaftsgütern und der Gefahrenabwehr ist es notwendig, dass eine ausreichende Qualifikation derjenigen Personen, welche eine Berufsbezeichnung führen, gewährleistet ist. Das gilt auch und gerade angesichts der zunehmenden Liberalisierung im Baurecht.

All dem wurde mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Rechnung getragen. So ist der Titel „Beratende Ingenieurin“ bzw. „Beratender Ingenieur“ eine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung, welche von der Brandenburgischen Ingenieurkammer als Aufsichtskörperschaft auf Antrag und bei Nachweis von Unabhängigkeit, Selbstständigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Ingenieurbefähigung und einer mindestens dreijährigen praktischen Tätigkeit durch Urkunde und Stempel vergeben wird. Inhaber dieses Titels werden in die Liste der Beratenden Ingenieurinnen und Ingenieure eingetragen.

Zur Überwachung ihrer Berufstätigkeit sind sie Pflichtmitglieder der Brandenburgischen Ingenieurkammer. Ich gebe es ehrlich zu: Bei dem Wort „Pflichtmitgliedschaft“ habe ich immer Bauchschmerzen.

Wer die genannten Voraussetzungen nicht oder noch nicht erfüllt, kann als freiwilliges Mitglied der Kammer beitreten, wenn er in Brandenburg wohnt oder hier seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht und eine Berufstätigkeit als Ingenieur von mindestens zwei Jahren nachweist.

Wer diesen Tätigkeitsnachweis nicht erfüllt oder noch studiert, kann auf Antrag als Anwärter ebenfalls Kammermitglied werden.

Wer die Berufsbezeichnung „Bauingenieurin“ oder „Bauingenieur“ zu führen berechtigt ist, über den Abschluss in der Fachrichtung Bauingenieurwesen verfügt und Hochbauerfahrung auf dem Gebiet der Objektplanung von Gebäuden von mindestens zwei Jahren Praxiszeit nachweist sowie in Brandenburg wohnt oder hier seiner Tätigkeit nachgeht, muss in das Verzeichnis der bauvorlageberechtigten Ingenieure eingetragen werden.

Die dort eingetragenen Ingenieure können Kammermitglieder werden. In jedem Fall wird die Liste der bauvorlageberechtigten Ingenieure durch die Kammer geführt. Die dort Eingetragenen haben die gleichen Berufsaufgaben und Berufspflichten wie Kammermitglieder. Die bisher aufgrund des geltenden Baurechts den Bauingenieuren auferlegten Verpflichtungen, welche durch die Liberalisierung wegfielen, werden nunmehr durch die Berufspflichten und -aufgaben gemäß dem vorliegenden Gesetzentwurf kompensiert. Darüber hinaus ist durch den vorliegenden Gesetzentwurf eine stärkere Überwachung durch die Ingenieurkammer gewährleistet.

Einer zusätzlichen Pflichtmitgliedschaft in der Kammer bzw. einer Eintragung im Verzeichnis der bauvorlageberechtigten Ingenieure, wie von der PDS gefordert, bedarf es daher wirklich nicht. Unsere DVU-Fraktion stimmt der vorliegenden Beschlussempfehlung deshalb zu. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schuldt. - Das Wort erhält nun die Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Bartsch, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, den von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Ingenieurkammergesetzes noch in dieser Wahlperiode im Wirtschaftsausschuss abschließend zu beraten. Die von uns erarbeitete Beschlussempfehlung liegt Ihnen vor.

Vor dem Ausschuss wurde eine Anhörung durchgeführt. Die Anzuhörenden machten ihre weitgehende Zustimmung zum Gesetzentwurf der Landesregierung deutlich. Die Frage, ob wir die Pflichtmitgliedschaft für die bauvorlageberechtigten Ingenieure im neuen Gesetzentwurf vorsehen sollten, wird seit Jahren im Landtag kontrovers diskutiert. Ebenso kontrovers wurde diese Frage von den Anzuhörenden diskutiert.

Die CDU-Fraktion hat sich klar positioniert. Würde durch die Einführung der Kammermitgliedschaft für bauvorlageberech

tigte Ingenieure eine Verbesserung des Verbraucherschutzes erkennbar, trügen wir die Pflichtmitgliedschaft mit, ansonsten nicht. Der von uns geforderte Nachweis konnte von der Ingenieurkammer nicht erbracht werden. Trotz bestehender Pflichtmitgliedschaft für bauvorlageberechtigte Ingenieure in anderen Bundesländern konnten die Vorteile der Kammermitgliedschaft bei der Vermeidung von Pfusch am Bau nicht belegt werden. Einzelbeispiele helfen uns bei den zu treffenden Entscheidungen nicht weiter. So wie die Kammern negative Beispiele von bauvorlageberechtigten Ingenieuren, die nicht der Kammer angehören, präsentieren können, können uns die Gegner einer Pflichtmitgliedschaft Beispiele nennen, dass Pfusch am Bau durch eine Kammermitgliedschaft nicht ausgeschlossen werden kann.

Hier sind statistische Erhebungen und die Zuordnung von qualifiziertem oder fehlerhaftem Arbeiten zu den Kammermitgliedern und denjenigen, die nicht der Kammer angehören, erforderlich. Ich bitte die Kammer daher, einen solchen Nachweis zu erbringen. Dann sind wir erneut gesprächsbereit.

Ganz klar sage ich: Wird der Nachweis des Nutzens nicht erbracht, werden wir keiner neuen Standardsetzung zustimmen. Aus diesen Gründen lehnen wir auch den uns gestern vorgelegten PDS-Antrag ab.

(Zuruf von der PDS: Das ist schon lange bekannt!)

Nach gut neun Jahren aktiver Ingenieurkammertätigkeit hatten sich einige Regelungen des Brandenburgischen Ingenieurkammergesetzes als überarbeitungsbedürftig erwiesen. Mit dem Gesetzentwurf werden Unklarheiten beseitigt und Präzisierungen vorgenommen. Eine weitere wichtige Zielsetzung des Gesetzes ist, eine Angleichung des Architektenrechts an das Ingenieurkammerrecht zu erreichen.

Mit der Beschlussempfehlung legt Ihnen der Wirtschaftsausschuss in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr nahe, den Gesetzentwurf der Landesregierung unverändert anzunehmen. Ich bitte Sie: Stimmen Sie der Beschlussempfehlung und dem Gesetzentwurf der Landesregierung zu! - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.