Protokoll der Sitzung vom 16.06.2004

In meiner Rede zur 1. Lesung habe ich bereits darauf hingewiesen, dass in einem ersten Entwurf die Belange der berlinfernen Räume so gut wie gar nicht berücksichtigt wurden. So viel, Herr Domres, zu den damaligen Meldungen: Nicht der große Wurf!

(Zuruf von der PDS)

Im Gegenteil! Die Absenkung des Ausgleichs zwischen Steuerund Bedarfsmesszahl in den berlinfernen Räumen für Gemeinden um 5 % und für Kreise um 10 % hätte die dortige Lage verschlechtert.

Ich bin froh, dass es gerade mithilfe meiner Abgeordnetenkollegen Schulze und Bochow aus dem berlinnahen Raum gelungen ist, mit der Aufstockung des Ausgleichsfonds um 20 Millionen Euro und der Einbeziehung der Landkreise ein Regelungsinstrument dagegensetzen zu können. Ähnliches gilt für den Soziallastenansatz auf Kreisebene.

Wichtig war für uns als SPD-Fraktion der Erhalt des Gedankens bzw. der gesetzlichen Regelung, dass ausgesuchte Zentren in berlinfernen Räumen einer besonderen Unterstützung bedürfen. Die so genannten REZ - Regionalen Entwicklungszentren - sind im Moment für mich dafür ein Synonym. Welche und wie viele das in Zukunft sein werden, wird eine überarbeitete zentralörtliche Gliederung bis 2006 ergeben.

Meine Damen und Herren, wenn im direkten Zusammenhang mit dem FAG jetzt von 250 Millionen Euro mehr für die Kommunen gesprochen wird, dann ist das nicht ehrlich.

(Vereinzelbeifall bei der PDS)

Das FAG selbst sieht für den Haushalt 2005 ca. 100 Millionen Euro vor. Die restlichen 150 Millionen Euro zu den oft zitierten 250 Millionen Euro für 2005 sind kommunales Geld, was den Kommunen ohnehin über die Abrechnung des Steuerverbundes zusteht. Also verehrte Kollegen, verehrter Kollege Petke, eine klare Formulierung und konkrete Darstellung schützen vor dem Vorwurf, in Anbetracht von Wahlen Dinge zu verwischen, um auf Biegen und Brechen Erfolgsmeldungen produzieren zu können.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Enkelmann [PDS])

- Nicht so schnell klatschen! - Ihre Anträge, meine Damen und Herren der PDS, sind allerdings keinesfalls ehrlich gemeint. Ich möchte hier nur auf einige grundsätzlich eingehen. Sämtliche Erhöhungen, zum Beispiel die von Ihnen geforderte Erhöhung der Verbundquote um 2,3 % - das entspricht 131 Millionen Euro -, sind ohne Deckungsquelle. Es gehört zum Einmaleins eines Haushälters oder einer Haushälterin, Frau Osten, dass man sagt, an welcher Stelle man etwas wegnimmt, wenn man an anderer Stelle erhöhen will. Bei Ihren Anträgen, Frau Ausschussvorsitzende, ist diesbezüglich leider Fehlanzeige.

(Zurufe von der PDS)

In Ihrem Antrag betreffs der Aufstockung der Finanzierung des Schülerverkehrs verschweigen Sie bewusst, dass hier nicht durch das Land die Summe für die Kreise gekürzt, sondern die Zweckbindung aufgehoben wurde.

Bei Ihrem Antrag in Bezug auf Mittel aus Ministerien schlagen Sie willkürlich pro Jahr ca. 30 Millionen Euro vor, ohne zu benennen, welches Landesprogramm sofort wegfallen soll. Ich hoffe, nicht im Kita-Bereich, in der Jugendarbeit oder gar beim 610-Stellen-Programm. Auch hier haben Sie eine Forderung aufgemacht, ohne diese im Geringsten zu untersetzen. Das ist nicht nur oberflächlich, sondern,

(Zuruf des Abgeordneten Domres [PDS])

Herr Domres, das ist unehrlich.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Die SPD-Fraktion hat den damaligen ersten Entwurf des Innenministers gerade im Interesse der berlinfernen Räume an mehreren Punkten verbessern können, ohne die gute Entwicklung im berlinnahen Raum zusätzlich zu belasten. Wir mussten dabei ja auch die Balance halten.

Mit dem § 21, der Einrichtung eines Beirates, in dem auch die kommunalen Spitzenverbände einen Sitz haben, wird zwingend garantiert, dass der zukünftigen Gesamtentwicklung unseres Landes auch von dieser Seite her Rechnung getragen wird und sich Transparenz und Planungssicherheit für die Kommunen erhöhen.

100 Millionen Euro mehr im kommunalen Haushalt 2005 durch das FAG und eine weitere mittelfristige Aufstockung sind für die Kommunen und für die Kreise unseres Landes ein gutes Ergebnis. Aus diesem Grund stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort erhält die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! „Was lange währt, ist endlich da.“ - Dies erklärte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Herr Böttcher, bei der öffentlichen Anhörung zum Finanzausgleichsgesetz am 22. April 2004. Er fuhr wörtlich fort:

„Ob es auch gut ist, können wir erst in geraumer Zeit abschätzen. Pro und Kontra halten sich einigermaßen die Waage.“

Sicherlich, meine Damen und Herren - da schließen wir uns als DVU-Fraktion der Argumentation der kommunalen Spitzenverbände voll an -, ist der vorliegende Gesetzentwurf, welcher heute in 2. Lesung verabschiedet werden soll, ein Schritt in die richtige Richtung. Doch der von Ihnen, Herr Minister Schönbohm, und von den Damen und Herren auf der Regierungsbank erwartete große Wurf ist es sicherlich nicht.

Die Finanzsituation der Gemeinden, Städte und Landkreise ist in Brandenburg katastrophal. Die Kommunen stehen vor einem Finanzkollaps. Viele Kommunen sind nicht mehr in der Lage, ihre Pflichtaufgaben aus eigenen Einnahmen zu finanzieren, und können wie die Landeshauptstadt Potsdam ihre Deckungslücken nur noch mit Kassenkrediten und entsprechenden Zinsen ausgleichen.

Bereits im Jahre 2001 hatten 960 von 1 070 brandenburgischen Gemeinden keinen ausgeglichenen Haushalt. Die Einnahmen der Landkreise sanken von 1996 bis 2001 um 255 Millionen Euro oder, besser gesagt, um 11,2 %. Ihre Haushaltsdefizite lagen 2002 noch bei 18 Millionen Euro und im Jahre 2003 bereits bei 76 Millionen Euro.

Ähnlich ging es den kreisfreien Städten, deren Gewerbesteuereinnahmen seit 2001 alljährlich um fast 12 % sanken. Durch das Gemeindefinanzierungsgesetz 2003/2004 gingen den

Brandenburger Kommunen aufgrund von Kürzungen über 300 Millionen Euro verloren. Daher wurde und wird von den kommunalen Spitzenverbänden insbesondere die Herabsetzung der Verbundquote von 25,3 % auf 20 % - de facto wurden sogar nur 19,8 % ausgerechnet - allgemein kritisiert.

Darüber hinaus wurde von den kommunalen Spitzenverbänden die Kürzungsregelung nach § 6 Abs. 3 ebenso abgelehnt wie die Tatsache, dass in diesem Gesetzentwurf keine Mindestausstattung mit Finanzmitteln für die Kommunen explizit festgeschrieben ist.

Auch die Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen für den Sozial- und Jugendhilfelastenausgleich nach § 15 in Höhe von 190 Millionen Euro wurde als bei weitem nicht angemessen bewertet.

Schließlich drohen den Kommunen durch die Überwälzung der Unterkunftskosten nach Hartz IV Zusatzkosten in Höhe von 380 bis 400 Millionen Euro.

Unsere im Innenausschuss gestellten Änderungsanträge, die eine Anhebung der Verbundmasse von 20 % auf 22,3 % der Steuereinnahmen, eine Mindestregelung bei den Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen, eine kommunale Mindestausstattung sowie eine Rückgängigmachung der Kürzung nach § 6 Abs. 3 des vorliegenden Gesetzentwurfes forderten, wurden von Ihnen, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, abgelehnt.

Summa summarum kann man sagen, dass der vorliegende Gesetzentwurf hinsichtlich der Erfordernisse bei den Kommunen zumindest mangelhaft ist, wenn er auch im Grunde genommen in die richtige Richtung geht. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Bevor ich dem Abgeordneten Petke für die CDU-Fraktion das Wort erteile, begrüßen wir junge Gäste aus dem Gymnasium in Müncheberg. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Petke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf für ein Finanzausgleichsgesetz ist für die Kommunen ein großer Schritt hin zu mehr Transparenz und zu mehr Planungssicherheit bei der Finanzierung ihrer Haushalte.

Das vorliegende Finanzausgleichsgesetz ist zugleich ein wichtiger und großer Schritt, um nach Jahren des knappen Geldes auf der kommunalen Ebene in unseren Städten und Gemeinden, in unseren Landkreisen zu einem Mehr an Landesmitteln zu kommen, zu einer Entspannung der kommunalen Haushaltssituation, was die Schlüsselzuweisungen der allgemeinen und investiven Art betrifft.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist zugleich ein Stück Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen,

ein wichtiger Schritt der Neuordnung weg von den jährlich zu verabschiedenden Gemeindefinanzierungsgesetzen hin zu einem dauerhaft geltenden Finanzausgleichsgesetz, auf das sich die kommunalen Vertreter, die Damen und Herren, die auf der kommunalen Ebene Verantwortung tragen, dauerhaft verlassen können.

Bevor ich auf die einzelnen Punkte eingehe, möchte ich Ihnen, verehrte Kollegen von der PDS, Folgendes sagen: Dass Sie heute Kritik üben, mag ja im Selbstverständnis der Opposition begründet liegen. Dass Sie dann aber gleichzeitig wiederholt - das war schon heute Morgen bei der Aktuellen Stunde zu Hartz IV der Fall, aber jetzt eben wieder - sozusagen hier fröhliches und lustiges Geldverteilen spielen und uns dann den Vorwurf machen, dass wir einen Gesetzentwurf vorlegen, der natürlich nicht ohne den Hintergrund der bedauerlicherweise nicht so vonstatten gehenden wirtschaftlichen Entwicklung und der damit zusammenhängenden Einnahmeausfälle stattfindet,

(Zurufe von der PDS)

das grenzt schon wirklich

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Versprochen haben Sie et- was anderes!)

an Täuschung der Menschen im Land Brandenburg.

(Hammer [PDS]: Millionen und Abermillionen hat er verteilt!)

Aber zurück zum Gesetzentwurf. Verehrter Kollege Schippel, ich widerspreche ausdrücklich, was die Frage der zusätzlichen Mittel betrifft. Wenn Sie anmahnen, dass man das konkret sagen muss, dann mahne ich an, dass man das auch konkret lesen muss. Die 250 Millionen Euro mehr beziehen sich auf den heutigen Stand, das GFG 2004 in der novellierten, in der um ca. 50 Millionen Euro aufgestockten Version. Dann sind es tatsächlich, wenn man allein die Summen vergleicht, für unsere Kommunen im Vergleich zur heutigen Situation ab dem 01.01.2005 ca. 250 Millionen Euro mehr. Das Land wird nach dem heute zu verabschiedenden Gesetz im Jahr 2005 2,065 Milliarden Euro an die kommunale Ebene überweisen. Ich wiederhole: 2,065 Milliarden Euro. Im Jahr 2006 werden das voraussichtlich 2,066 Milliarden Euro sein und im Jahr 2007 2,143 Milliarden Euro. Daran wird schon deutlich, dass wir bei einem Gesamthaushalt von ca. 10 Milliarden Euro vor einem wichtigen Gesetzentwurf stehen. Darauf soll sich auch die kommunale Ebene verlassen können. - Die 250 Millionen Euro stimmen, wenn man es denn nur richtig lesen will.

Zu den Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen: Ich anerkenne sehr wohl die Entscheidung des Landeskabinetts, den Kommunen 100 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zur Kritik von der PDS und vielleicht auch im Gegensatz zur Kritik des einen oder anderen Spitzenverbandes ist das für das Land eine wichtige und vielleicht auch schmerzhafte Entscheidung. Wir werden bei den Haushaltsverhandlungen für den Haushalt 2005 sehen, dass diese 100 Millionen Euro an der einen oder anderen Stelle sicher Schmerzen bereiten werden, nämlich dort, wo sie nicht mehr fließen. Diese 100 Millionen Euro sind ein ganz klares Bekenntnis der Regierungskoalition und des Landeskabinetts zu den finanziellen Belangen der kommunalen Ebene. Wir bauen mit dem Gesetz gleichzeitig Zweckbindungen ab. Hier wird ein

elementarer Unterschied zur Oppositionsfraktion PDS deutlich. Dieser Unterschied besteht nicht nur darin, dass Sie sich hier zum Retter der Kommunalfinanzen ausrufen, insbesondere Ihr Fraktionsvorsitzender, der, wenn wir diskutieren, zum wiederholten Mal nicht anwesend ist. Ich bin gespannt, welche Begründung der Kollege Bisky dieses Mal für seine Abwesenheit ins Feld führen wird.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Er muss das nicht begrün- den!)