Protokoll der Sitzung vom 18.06.2004

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort erhält die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Tourismus entwickelt sich langsam zum wichtigsten Brandenburger Wirtschaftszweig. Dies gilt insbesondere für den Wassertourismus, und zwar angesichts der Tatsache, dass Brandenburg mit 6 500 km Wasserweg für Paddelboote und mit 1 600 km für Motorboote aufwarten kann.

Die gestiegene Nachfrage nach Hausbooten belegt, dass sich Brandenburg inzwischen auch international zum Wassertourismusland entwickelt hat. 568 Standorte liegen am Wasser oder in unmittelbarer Nähe von Gewässern, die für den Wassertourismus relevant sind. Es gibt 14 öffentliche Sportbootliegestellen und sechs wassertouristisch relevante Schleusen. Daher begrüßen auch wir als DVU-Fraktion ausdrücklich die Tatsache, dass sich die Landkreise Ostprignitz-Ruppin, Oberhavel und Barnim sowie die drei nordbrandenburgischen Städte Neuruppin, Oranienburg und Eberswalde am 1. Juni 2004 zur Wassertourismusinitiative Nordbrandenburg zusammenschlossen - sicherlich bald auch die Uckermark.

Schließlich sind alle Landkreise Bestandteil der größten zusammenhängenden Binnenwasserfläche Europas. Dies gilt es stärker für eine touristische Nutzung zu erschließen. So leben beispielsweise in Frankreich, den Niederlanden oder in Irland ganze Regionen von dieser Form des Tourismus. Herr Dr. Ehler ist schon darauf eingegangen. Übrigens auch von uns herzlichen Glückwunsch.

Die Wassertourismusinitiative Nordbrandenburg zielt daher bewusst auf die Entwicklung und Stärkung der touristischen Potenziale durch den Ausbau und die Vernetzung der Wassertourismusgebiete in der Region. Das betrifft unter anderem die

Reaktivierung und Sanierung alter Wasserstraßen in Verbindung mit dem Bau von Schleusen und Brücken. Für Wasserwanderer, Motorbootfahrer und Fahrgastschiffe sollen damit neue Routen und Wasserwege erschlossen werden, die bisher nicht oder nur sehr umständlich zu erreichen sind. Ziel ist es, durch Verknüpfung verschiedener Wasserreviere eine deutliche Erweiterung des Fahrtgebietes von derzeit 150 auf 320 Kilometer - ein Revier mit großer Strahlkraft in Europa - zu erreichen.

Daher begrüßen wir als DVU-Fraktion den vorliegenden Antrag zur Unterstützung der Wassertourismusinitiative Nordbrandenburg durch das Land ausdrücklich. Wir beziehen uns dabei insbesondere auch auf die Aussagen aller Industrie- und Handelskammern des Landes, welche sich für eine bessere Infrastruktur und bessere Rahmenbedingungen für die Wassertourismuswirtschaft einsetzen.

Dafür geben wir als DVU-Fraktion allerdings, ebenfalls in Übereinstimmung mit den Kammern, Unternehmen und Verbänden, zu bedenken, dass die vom Bundesverkehrsministerium geplante Bootsmaut die hoffnungsvolle Entwicklung im Wassertourismus in Berlin und Brandenburg gefährdet. Selbst Ministerpräsident Platzeck forderte vor kurzem vom Bund einen Verzicht auf die geplante Maut für Motorboote und Segelyachten. Dann tun Sie aber bitte auch in Verhandlung mit Ihren SPD-Parteifreunden in Berlin etwas dafür, insbesondere in Verbindung mit dem Exministerpräsidenten und heutigen Bundesverkehrsminister Dr. Stolpe, damit diese unsinnige und wirtschaftsfeindliche Maßnahme unterbleibt. Statt solche unsinnigen Mautgebühren einzuführen, deren Verwaltungsaufwand zudem in keinem Verhältnis zum Nutzen steht, sollte der Bund lieber in den Ausbau der Wasserwege und Schleusen in Nordbrandenburg investieren. Dafür soll und muss sich die Landesregierung in Berlin einsetzen. Sonst wird die Umsetzung des vorliegenden Antrages, den wir, wie gesagt, voll und ganz unterstützen, durch Bundeshandlung völlig konterkariert. - Ich bedanke mich. Bis zur 4. Legislaturperiode - auf Wiedersehen!

(Beifall bei der DVU - Lachen bei der CDU)

Das Wort erhält die Landesregierung. Herr Minister Junghanns, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank für diese Initiative des Parlaments am Ende der regulären Sitzungen dieser Wahlperiode, weil ich auch meine, dass diese Entscheidung eine Verabredung auf eine gute, eine wirtschaftlich tragfähige Zukunft unseres Landes ist.

Auch wenn wir Wahlkampf machen, können wir etwas Gutes tun, Herr Domres. Genau die Akteure, die sich mit dieser Initiative verbunden fühlen, haben mehr bewiesen als das, was vielleicht hier im Parlament wahrgenommen wird. Sie haben in selbstkritischer Bestandsaufnahme gesagt: So, wie wir es schon einmal angepackt haben, können wir es nicht wieder anpacken, sondern es muss klüger strukturiert sein, es muss klüger vernetzt sein zwischen den Akteuren, die im Wassertourismus tätig sind. - Sie haben vor allen Dingen etwas begriffen.

Ich möchte das an diesem Beispiel noch einmal exemplarisch zeigen. Oft neigen wir dazu, das Thema Wassertourismus, Reittourismus, Radtourismus dann in den Mund zu nehmen, wenn uns die Argumente für ein Stück wirtschaftliche Entwicklung im Land ausgehen. Wir müssen - ich werbe dafür gemeinsam begreifen: Mit den Naturpotenzialen und den historischen Potenzialen, die wir in unserem Land haben, können wir nicht zu guter Letzt noch touristisch umgehen, sondern Tourismus ist in der Tat eine Aufgabe, die professionell, wirtschaftlich kompetent und strukturell verfolgt werden muss.

Warum, Herr Domres, haben wir eine Initiative in dieser Region platziert? Sie haben das im Nachfolgenden selbst gesagt: weil uns die Tourismusschwerpunkte aufgeben, an Stärken anzuknüpfen und sich räumlich einzuengen. Genau deshalb ist eine Abgrenzung geschehen, um das handelbar zu halten.

Natürlich schmoren wir dabei nicht im eigenen Saft. Weil sich die Aktivität der Wassertourismusbeteiligten nicht auf das reduzieren lässt, was vielleicht die Opposition im Landtag nur wahrnimmt, möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir zur „Boot 2004“ in diesem Frühjahr unter Federführung des Landes Brandenburg die Wassersportreviere Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern als europaweit größtes Wassertourismusrevier präsentiert haben. Gerade die Stärke dieser Gemeinsamkeit über diese Ländergrenzen hinweg hat den Eindruck gemacht, den die Beteiligten dann gewonnen haben.

Also, Sie sollen wissen: Wir machen unser Segment im Land Brandenburg besser, fitter, attraktiver und fügen uns damit in ein ganzes Mosaik von Maßnahmen ein, welches die Region der Seen und Flüsse in Berlin, Brandenburg, MecklenburgVorpommern und Sachsen-Anhalt umfasst. Das ist ganz wichtig, weil in der Tat die Kapitäne auf den Binnengewässern die Grenzen nicht akzeptieren, die wir ihnen vielleicht auferlegen. Es geht um die Vernetzung von Kanal- bzw. Flussgebieten und -revieren für die Wasserwanderer und darum, neue Routen zu erschließen.

Sie haben gesagt, dass der Charterboottourismus das tragende Element ist. In der Tat ist der Charterboottourismus die Werteskala auch für den Ausbau dieses Netzwerkes, und das deshalb, weil wir in diesem Netzwerk international präsent sind und dort größere Positionen einnehmen wollen, unter anderem auch aus einer wirtschaftlichen Betrachtung heraus. Erfahrungsgemäß generiert ein Charterboot eine Wirtschaftskraft von 90 000 Euro jährlich, von denen 70 % in der Region bleiben. Damit wird also direkte Wirtschaftskraft generiert, die vor allem auch den umliegenden Potenzialen der Hotellerie, der Historie und vielleicht auch des Kulturtourismus zum Guten gereicht.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Wassertourismusinitiative Nordbrandenburg auf dem festen Fundament der genannten Landkreise und Städte ruht. Diese sind sich einig in der gemeinsamen Überzeugung, dass wir, wenn wir in der Liga der Touristikländer weiter aufsteigen wollen, in Themen, in überregionalen Produkten präsent werden müssen.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Es gibt klare Verabredungen, wer was tut. Wir sind gegenwärtig im Kabinett dabei, eine Entscheidung vorzubereiten, die die

grundsätzliche Vorgehensweise regelt und die notwendigen Abstimmungen für das Miteinander mit dem Bund vorbereitet. Wir werden mit dem Bund darüber reden, ob und in welcher Weise entsprechende Investitionen unbedingt notwendig sind oder durch Charterbootregelungen im bestehenden Netz und durch andere Maßnahmen kompensiert werden können. Wir werden vor allem mit dem Bund darüber zu sprechen haben, wie er diese Verantwortlichkeit in der Baulast der Bundeswasserstraßen wahrnimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für mich ist die WIN-Initiative auch der deutliche Hinweis darauf, dass wir mit dem Wassertourismus in eine Win-Win-Situation hineinkommen. Wir werden das wassertouristische Potenzial für unser Land stärker als Wirtschaftskraft heben können. Gleichzeitig wird mit einem ausgeprägten, international anerkannten Wassertourismusrevier die Standortqualität unseres Landes weiter verbessert. Ich sage nur: Leinen los für die WIN-Initiative in Brandenburg! - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herr Minister, stehen Sie noch für die Beantwortung einer Frage von Herrn Domres zur Verfügung?

Selbstverständlich.

Herr Minister, nur eine Verständnisfrage: Steht die WIN-Initiative auch den Landkreisen Uckermark und Prignitz offen?

Diese Initiative steht in ihrer Entwicklung dem ganzen Land offen.

Aber lassen Sie uns bitte aus der Erfahrung solcher regionaler, in der Fläche ausgelegter Projekte die ersten Schritte in diesem Kreis gehen. In der übernächsten Wahlperiode wird dann die Ausdehnung auf das Land, die Vernetzung bis zum Spreewald beschlossen. - Danke schön.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich danke auch. - Wir sind am Ende der Rednerliste und kommen zur Abstimmung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich lasse abstimmen über den Antrag der Koalitionsfraktionen. Er trägt die Drucksachennummer 3/7641. Wer diesem Antrag folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit schließen wir die Wahlperiode jedenfalls bei den regulären Sitzungen - mit einem einstimmigen Votum für einen Antrag ab. Ich bedanke mich herzlich.

(Beifall bei der SPD)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10.

Bevor ich die Sitzung schließe, möchte ich mich bei all denen, die mir über 14 Jahre lang Hilfe haben zuteil werden lassen, bedanken. Es ist Hilfe sowohl auf parlamentarischer als auch auf nichtparlamentarischer Ebene gewesen. Es war solche, die schnell und manchmal etwas getragen war. Es war solche, die offen oder auch etwas diskreter ausfiel. Manche war vorauseilend, zuweilen auch etwas zögerlich. Manche war spontan, andere war sehr durchdacht. Es gab fachliche Unterstützung wie auch solche von „nur“ Interessierten. Es gab erfolgreiche und es gab eher gut gemeinte Hilfe. Es gab himmlische wie irdische und es gab bleibende wie vergängliche.

Denjenigen, die wiedergewählt werden, würde ich gern mit auf den Weg geben, was ich hier empfunden habe: Parlamentarismus braucht eher Verstand als Kalkül. Ich glaube, man sollte dem Verstand wieder eine größere Chance geben.

Denjenigen, die nicht wiedergewählt werden oder die nicht wiedergewählt werden wollen, biete ich an, am 13. Oktober nach der Konstituierung des vierten Landtages mit mir gemeinsam den Klub der Ehemaligen hier im Hause zu gründen.

Ihnen allen wünsche ich jetzt ein schönes Wochenende und alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Ende der Sitzung: 15.12 Uhr