Ich möchte aber auch deutlich sagen, dass ich der jetzigen Konstellation nicht ganz unkritisch gegenüberstehe. Gleichwohl kann die Bestellung der Ministerin zur Gleichstellungsbeauftragten auch eine neue Qualität bedeuten und dem Thema Gleichstellung durchaus eine neue und größere Bedeutung verleihen, nicht zuletzt im Kabinett und in Zusammenarbeit mit den einzelnen Ministerien.
Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass in der Koalitionsvereinbarung steht, dass das Prinzip des Gender Mainstreaming für die Landesverwaltung zu installieren und durchzusetzen ist. Dazu bereiten wir einen Antrag vor. Danach sollten wir anhand der Ergebnisse prüfen, ob wir Handlungsbedarf sehen oder nicht. Ich bin nicht bereit, die Arbeit der Ministerin als Gleichstellungsbeauftragte bereits zum jetzigen Zeitpunkt infrage zu stellen.
Bezüglich der Arbeitsmarktpolitik kann ich an die Adresse der PDS gerichtet nur sagen: Sie sollten sich die Programme hinsichtlich der Gleichstellung von Männern und Frauen einmal genauer anschauen. Es mag sein, dass das eine oder andere nicht so befriedigend ist, wie wir alle uns das wünschen, aber der Aussage, dass hier nichts getan werde, möchte ich schon widersprechen. In dieser Form können wir dem Antrag der PDS-Fraktion nicht zustimmen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Es spricht für die Landesregierung die Landesgleichstellungsbeauftragte Frau Ministerin Ziegler zu uns.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe PDSFraktion, es wundert mich schon, dass das jahrelang überhaupt kein Thema war, jedenfalls kein so schwerwiegendes wie das, zu dem es jetzt gemacht wird. Es war eine Abteilungsleiterin meines Hauses Gleichstellungsbeauftragte, es war die Staatssekretärin Gleichstellungsbeauftragte. Ich habe nie wahrgenommen, dass irgendeine Kritik an der Arbeit laut wurde. Als die Ministerin - wie es eben in einigen anderen Ländern auch der Fall ist - Gleichstellungsbeauftragte wurde, war das in Ihren Augen plötzlich ein riesiger Fauxpas der Landesregierung. In neun Bundesländern gibt es diese Beauftragung gar nicht. Nur in Bremen gibt es dazu eine gesetzliche Grundlage. In allen anderen Ländern wird es wie in Brandenburg gehandhabt.
Ich will Ihnen einmal erläutern, wie es in Berlin ist, wo ja die PDS mitregiert. Dort wurde dieses Amt 1984 eingerichtet. Bis Ende 1989 wurde es von einer Beschäftigten der Senatsverwal
tung für Soziales ausgeübt, ab 1989 wurde für den Bereich Frauenpolitik eine Staatssekretärin eingesetzt, die das Amt der Landesbeauftragten in Personalunion bis 1999 wahrnahm. Seit Beginn der 14. Legislaturperiode - ab 1999 - wird der Begriff der Landesfrauenbeauftragten gar nicht mehr verwendet, da mit dieser Funktion keine über die Kompetenzen einer Staatssekretärin hinausreichende Aufgabenwahrnehmung verbunden ist. Unter Mitregierung der PDS ist diese Sicht der Dinge ab 1999 so entwickelt worden.
Deshalb kann ich nur wiederholen, was Sie sowohl in der Antwort auf die Kleine Anfrage als auch in den Pressemitteilungen nachlesen können. Wir haben uns in Brandenburg von Anfang an für die Ansiedlung dieses Amtes in der Landesregierung entschieden und damit auch ein deutliches Signal setzen wollen, wie ernst wir Frauen- und Gleichstellungspolitik nehmen.
Sie sagen, dass es schlimm ist, wenn man es zur Chefsache macht - ich finde es richtig, weil wir uns von der Verknüpfung mit allen Fachbereichen und Ressorts größere Synergieeffekte versprechen. Dies hat einen besonderen Platz in der Arbeit der Landesregierung und es ist Strategie unserer Koalition in allen Bereichen der Landesverwaltung und auch darüber hinaus, soweit es in unserer Zuständigkeit liegt, eine größere Geschlechtergerechtigkeit durchzusetzen. Ich bin schon der Auffassung, dass man sie am besten durchsetzen kann, wenn man auch an einem politisch wichtigen Hebel sitzt.
Der Einsatz für eine erfolgreiche frauen- und genderpolitische Querschnittspolitik schließt die kritisch-konstruktive Sicht nicht aus. Weil es immer wieder zur Selbstkontrolle erhoben wird, was ich in meinem Haus mache: Selbstverständlich gibt es in meinem Haus auch eine Gleichstellungsbeauftragte, die meine Arbeit in meinem Ressort überprüft. Das wird oftmals vermengt, nicht von Ihnen, sondern in der Öffentlichkeit.
Ich halte fest: Frauen- und Gleichstellungspolitik lassen sich nicht gegeneinander ausspielen. Dies ist auch ein Erfolg der Frauenpolitik in unserem Lande. Wir werden sie weiterführen. Diese Entscheidung, ob es dazu einer gesetzlichen Manifestierung bedarf, überlasse ich dem Parlament. Ich sehe die Notwendigkeit dafür jedenfalls nicht.
In den vier Monaten meiner Amtszeit haben wir bereits mit den kommunalpolitischen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Kontakt gesucht. Eine Zusammenkunft wird im März stattfinden. Ich habe mit den Gleichstellungsbeauftragten der Ressorts bereits eine erste Zusammenkunft gehabt. Wer, wenn nicht die für Familien- und Frauenpolitik zuständige Ministerin, kann diese Funktion sehr gut ausüben? Man wird am Ende - das sage ich immer wieder - sehen, welche Resultate zu verzeichnen sind. Es kommt weder auf ein Schild noch auf den Namen an, sondern lediglich auf den Inhalt. - Vielen Dank.
Frau Ministerin, meine Kurzintervention bezieht sich auf Ihre Äußerung, die PDS habe in der Vergangenheit auf diese Kon
struktion der Landesgleichstellungsbeauftragten noch keinen Bezug genommen bzw. diese nicht kritisiert. Das entspricht nicht den Tatsachen. Wir haben diese Konstruktion bereits bei der Benennung - das weiß ich sicher - der damaligen Staatssekretärin Ihres Hauses zur Landesgleichstellungsbeauftragten kritisiert. Wir haben auch im Zusammenhang mit der Debatte zum Landesgleichstellungsgesetz eine andere Regelung eingefordert. Der Punkt ist, dass wir beide das vielleicht jetzt nicht mehr so genau wissen, weil wir mit anderen Dingen befasst waren.
Ich möchte aber noch einmal betonen, dass wir, völlig unabhängig von der Person, die das Amt bekleidet, denken, dass diese Konstruktion nicht glücklich ist. Es ist schon so, dass eine Gleichstellungsbeauftragte alle Gesetzentwürfe zum Beispiel unter dem Gender-Mainstreaming-Gesichtspunkt kritisch quer lesen muss. Aus unserer Sicht kommt es schon zu Problemen, wenn Sie gegen einen Gesetzentwurf aus Ihrem eigenen Hause, für den Sie verantwortlich zeichnen, sozusagen selbstkritisch argumentieren müssen. Das kann funktionieren, ist aber aus unserer Sicht eine politische Aufgabe, die von einer Person in Vollzeitbeschäftigung, extra und - wie gesagt - nicht so an ein Ministerium gebunden, wie es bei Ihnen der Fall ist, besetzt werden sollte. - Das ist ein ausdrückliches Plädoyer für eine starke Gleichstellungsbeauftragte.
Man könnte sich wahrscheinlich auch schwer vorstellen, dass Innenminister Schönbohm gleichzeitig Ausländerbeauftragter des Landes ist. Allein dieser Vergleich mag deutlich machen, dass wir der Meinung sind: Die Beauftragte für Frauen soll genau wie alle anderen Beauftragten des Landes eine starke, unabhängige Position haben, die rechtlich verankert ist.
Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag in Drucksache 4/699. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer Enthaltung und einer Vielzahl von Gegenstimmen ist der Antrag abgelehnt.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In zwölf Mitgliedsstaaten der Europäischen Union entscheiden die Völker selbst über die Annahme oder Ablehnung des Verfassungsvertrages. In Deutschland wird ihnen das Recht vorenthalten. Das mindert aus meiner Sicht das öffentliche Interesse, schadet der Auseinandersetzung mit den Inhalten der Verfassung und entwertet letztlich den Verfassungsvertrag selbst.
- Ich bin ja dagegen. Ich erkläre Ihnen das noch einmal ganz langsam, damit Sie es verstehen. Man muss ja etwas für den Ruf tun.
Warum muss unser Land zu einer Zone minderer Rechte des Volkes gehören, fragt man sich angesichts dieser Umstände; denn der Ruf „Wir sind das Volk“, der von diesem Lande ausging, sollte eigentlich auch auf diesen Verfassungsvertrag angewandt werden. Aber nicht nur das Volk ist ausgebootet worden, auch die Rechte der Volksvertreter werden beschnitten.
Der Zeitraum für die öffentliche Diskussion wurde verkürzt, nämlich bis Mai dieses Jahres begrenzt. Dann soll über den Vertrag entschieden werden. Dabei hätten wir rechtlich gesehen bis 2006 Zeit und damit genügend Gelegenheit. Die Bundesregierung will mit einem raschen deutschen Votum, mit einem raschen deutschen Ja Einfluss auf die Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden nehmen. Das steht hinter dem künstlich forcierten Tempo. Dem eigenen Volk eine Abstimmung zu verweigern, aber Einfluss auf die Voten anderer Völker nehmen zu wollen ist aus meiner Sicht kein gutes Beispiel für ein Europa der Aufklärung.
Es wird außerdem darüber hinweggegangen, dass in Deutschland niemand weiß, was im Vertrag steht. Mehr als 350 Artikel, zwei Präambeln, Text auf über 300 Druckseiten weisen den Vertrag als ein Mammutwerk aus und nicht als eine Verfassung der Bürger oder - wie der Bundesaußenminister behauptet - einer demokratischen Revolution in Europa.
Die Informationsbemühungen der Bundesregierung sind völlig unzureichend. Die PDS erwartet von der Landesregierung, dass sie sich für mehr Zeit für Diskussionen einsetzt, zu einer besseren Information der Öffentlichkeit beiträgt und auf einer Volksabstimmung über diesen Vertrag besteht. Schon aus diesen Gründen, sind wir der Auffassung, sollte dem Ratifizierungsgesetz zum jetzigen Zeitpunkt im Bundesrat nicht zugestimmt werden. Außerdem müsste die Landesregierung sich endlich zu wichtigen Inhalten des Verfassungsvertrages öffentlich äußern. Nur dafür zu sein ist letztlich kein Argument. Aus der Sicht der PDS spricht mehr für ein Nein als für ein Ja.
Ich will Ihnen noch einmal drei Gründe nennen, die für uns wichtig und zielfördernd sind. Die Verfassung verpflichtet die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dazu, ihre militärischen Fähigkeiten zu verbessern. Das heißt im Klartext, es besteht eine Pflicht zur Aufrüstung. Eine gemeinsame Rüstungsagentur wird gebildet und europäisches Militär soll für internationale Kampfeinsätze zur Verfügung stehen. Ich kenne keine Verfassung der Welt, die die Pflicht zur Aufrüstung enthält. In dieser Beziehung ist dieser Verfassungsvertrag einmalig.
Das ist aus Sicht der PDS, und wir stehen mit dieser Meinung nicht allein, ein gefährlicher Irrweg zum Schaden Europas.
Ein zweites Argument: Bezüglich der wirtschaftlichen Ordnung geht der Verfassungsvertrag von einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb aus. Das ist ein deutlicher Unterschied zum Grundgesetz, das eine soziale Bindung des Eigentums zugrunde legt und Deutschland als demokratischen und sozialen Rechtsstaat verortet.
Die neoliberale Ausrichtung des Verfassungsvertrags stärkt jene Kräfte, die unter dem Banner der Freiheit des Marktes soziale Schutzrechte abbauen. Ich schlage Ihnen - vor allem den Kollegen der CDU - vor, sich vor Augen zu führen, was Heiner Geißler, der heute 75 Jahre alt wird, dazu gesagt hat. Heiner Geißler riet seiner eigenen Partei, sich aus dem Schlepptau des Neoliberalismus zu befreien und eine Konzeption zu entwickeln, die: „im Gegensatz zum gegenwärtigen kapitalistischen Wirtschaftssystem steht.“ Man hat ja heute bald den Eindruck, dass Heiner Geißler und Norbert Blüm so etwas wie Linksradikale in unserem Land geworden sind.
Herr Abgeordneter, könnten Sie ganz kurz über die plebiszitären und die liberalen Elemente aus der Verfassung der DDR berichten und als Vorbild für die Europäische Verfassung kennzeichnen?
Das geht ja nicht von meiner Redezeit ab. Ich finde es frappierend, wenn man merkt, dass in Ihrem Kopf der Ost-WestWiderspruch noch immer nicht aufgehoben ist.
Aus Ihrer Sicht muss ein Abgeordneter der PDS natürlich aus dem Osten kommen und nicht aus dem Westen. Ich diskutiere gerne mit Ihnen über alle undemokratischen Elemente in der DDR-Verfassung, die es zuhauf gegeben hat, wenn es ein fairer, geschichtlich begründeter Diskurs ist. Aber seien Sie nicht so kurzsichtig, den Ost-West-Konflikt immer bis in die heutige Zeit hinein zu transportieren und nichts anderes zur Debatte beizutragen.
Wir reden hier über den Europäischen Verfassungsvertrag, gerade weil wir wissen, was in einer Verfassung nicht stehen soll, weil wir wissen, dass plebiszitäre Elemente für die Meinungsbildung wichtig sind. Weil wir das selbst erfahren haben, ver