Protokoll der Sitzung vom 19.05.2005

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 4/1122

und

Finanzplan des Landes Brandenburg für die Jahre 2004 bis 2008

Unterrichtung durch die Landesregierung

Drucksache 4/670

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 4/1121

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Funck von der CDU-Fraktion. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Nach Ihrer langen Ankündigung könnte man vermuten, dass ich mindestens genauso lange oder gar noch länger reden möchte. Ich hatte jedoch vor, eine kurze Rede zu halten, und nun wird sie noch kürzer.

Unsere Fraktion hatte eine Menge zum Haushalt zu sagen. Es ist ein 10-Milliarden-Euro-Haushalt und eben kein Zahlengrab. Deswegen wurde er auch sehr intensiv diskutiert.

Ich möchte mich kurz auf einen wesentlichen Punkt beziehen, der nicht zwingend mit Zahlen zu tun hat, aber in den Zuständigkeitsbereich des Finanzministers fällt. Er betrifft zum einen die Steuerbehörden und in Verbindung damit die Verwaltung.

Die Steuerbehörden sind bekanntlich nicht entsprechend ausgestattet und unterqualifiziert. Das haben wir in verschiedenen Gesprächen auch mit der Steuergewerkschaft gehört. Wir haben eine hohe Personalquote im Land. Daher bleibt uns nichts anderes übrig, als Personal abzubauen. Gut ausgebildete junge Leute, zum Beispiel die Steueranwärter, können wir nicht bzw. nicht zusätzlich übernehmen - das ist der springende Punkt. Da muss man schon fragen: Was steht dem entgegen, dass wir qualifizierte Nachwuchskräfte behalten können, die bei den Finanzämtern für Einnahmeerhöhungen sorgen und auch eine geringere Fehlerquote garantieren könnten? - Die staatlichen Überregulierungen des Arbeitsrechts, die rigiden Tarifverträge, aber auch der Solidarpakt mit den Gewerkschaften. Sie ermög

lichen nicht nur nicht, sondern verhindern sogar, dass wir qualifizierten Nachwuchs behalten und trotzdem - das ist, was wir tun müssen - die geplanten geringeren Personalzahlen erreichen. Da frage ich mich schon: Ist das gerecht und sinnvoll? Wollen wir so weitermachen? Vor allen Dingen lautet die Frage, ob wir so weitermachen können.

Wir stehen tatsächlich vor der spannenden Aufgabe, eine hoch qualifizierte, effiziente, motivierte und vor allem bürgerfreundliche Verwaltung in Brandenburg zu gestalten. Was wir im technischen Bereich mit E-Government und Kosten- und Leistungsrechnung begonnen haben, muss seine Fortsetzung in der Verbesserung der Qualität des Personals finden.

Eine moderne Verwaltung, die für Deutschland Maßstäbe setzt, könnte übrigens ein Markenzeichen, das künftige Markenzeichen für unser Bundesland Brandenburg, werden. Das könnte zum Beispiel - das wäre eine schöne Sache - der Wettbewerbsvorteil Brandenburgs schlechthin werden, und wir müssten nicht einmal wahnsinnig viel Geld dafür einsetzen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich wollte das heute auf alle Fälle noch einmal ansprechen. Denn die Aussicht auf einen solchen Wettbewerbsvorteil macht mir persönlich Lust auf die vor uns liegende Arbeit - trotz aller Dramatik, die in diesem Haushalt steckt.

Ich freue mich auf diese Arbeit und hoffe, wir packen es gemeinsam an. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion der PDS spricht Herr Abgeordneter Theel. Bitte, Herr Theel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor den Kommunalwahlen im Jahr 2003 keimte in den Städten und Gemeinden unseres Landes die Hoffnung auf, die Finanzausstattung der Kommunen könnte künftig auf festeren Füßen stehen. Selbst ich als - wie manch anderer in diesem Haus auch unverbesserlicher Optimist habe mich von dieser Euphorie anstecken lassen und gemeint, es könnte sich ändern.

Landauf, landab war nämlich auf Hochglanzplakaten zu lesen „Für starke Kommunen“. Wer nach einem Programm dafür suchte, hatte natürlich ein Problem. Bei näherer Betrachtung des Plakats hat er festgestellt, das Programm dafür hieß Matthias Platzeck. Mehr nicht. Aber besser als gar nichts.

Dann im Wahlprogramm der SPD zu den Landtagswahlen 2004 fanden die Bürgerinnen und Bürger, die Abgeordneten der Kreistage, Städte und Gemeinden schon etwas mehr zu dem Thema „Kommunen stärken“, nämlich Mobilität ausbauen, ländliche Räume vernetzen, Kultur - Kultur belebt das Land und viele andere Dinge mehr.

Wie all das umgesetzt werden kann und soll, ging dann aus der Regierungserklärung vom Oktober 2004 hervor, nämlich „Alles aus eigener Kraft“.

Der Entwurf des Haushaltsplanes 2005/2006 sagt endlich mit aller Deutlichkeit: Eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen wird es nicht geben. Im Gegenteil! Das Land weist die Kommunen in die Schranken, lässt den Rückwärtsgang einlegen und unverbesserliche Optimisten vom guten Glauben abfallen.

Ein Optimist bleibt uns: Herr Minister Speer. Er kommentiert sein Erstlingswerk leider mit wenigen und sehr kargen Worten.

(Schulze [SPD]: Das ist seine Bescheidenheit!)

- Seine Bescheidenheit lässt ihn sogar so weit gehen, dass er die schriftlichen Handreichungen seiner Fachleute nicht braucht. Er macht es aus dem Ärmel und mit dem Laptop. Nicht schlecht, Hochachtung! Ich habe für das verstehende Lesen des Haushalts zehn Jahre gebraucht und muss heute noch viele Stunden sitzen, um manches zu begreifen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Das liegt aber nicht an dir, Otto!)

- Das kann man so nicht sagen. Da bin ich nicht so vermessen.

Heute fiel das Wort „Meisterwerk“. - Davon darf keine Rede sein. Es fiel das Wort „Haushalt der Vernunft“. - Da frage ich mich: Worin besteht die Vernunft?

(Schulze [SPD]: Dies zeigt sich darin, dass wir noch 81 Minuten Redezeit haben und Sie nur noch zwölf!)

- Das ist der Grund, jawohl. Sie haben dazu anscheinend nichts zu sagen. Deswegen sage ich Ihnen noch einmal ein paar Worte dazu.

(Zuruf von der PDS)

Deshalb sage ich jetzt noch etwas zu dem, was Herr Speer regelmäßig sagt, wenn es um die Kommunen geht. Er sagt, den Kommunen geht es eigentlich gut, ganz gut sogar. Es ist alles okay, wenn es darum geht zu sagen, dass die Entwicklungen stimmen.

Dann hat er ganz toll gesagt: Zahlen lügen nicht. Da hat er Recht. Das Verschweigen von Zusammenhängen ist zwar in der Tat keine Lüge, jedoch ein Versäumnis gegenüber Bürgern und Abgeordneten.

Er verschweigt zum Beispiel, dass die Jahre 2004, 2005 und 2006 in vielen Punkten überhaupt nicht vergleichbar sind. Dann kann man etwas aufbauen, was die Öffentlichkeit zur Kenntnis nimmt und auch umherträgt - wir erleben das ja auch -: Uns geht es gar nicht schlecht. Zum Beispiel wird in der Entwicklung der Jahre suggeriert, die 190 Millionen Euro für Hartz IV wären eine vergleichbare Summe. - Die hat es aber 2004 nicht gegeben, sie ist 2005 neu hinzugekommen und damit eben nicht vergleichbar.

Rechnen Sie diese Summe ab, kommen Sie schon unter die Summe des Vorjahres.

(Zuruf von der CDU)

- Die Zahlen kenne ich. Wir haben mit Herrn Bischoff oft darüber gesprochen.

Des Weiteren muss man noch das abrechnen, was Sie auch nicht als Zuwachs nehmen dürfen, was den Kommunen aber aus den Vorjahren zusteht. 20 Millionen Euro bzw. 40 Millionen Euro stehen den Kommunen nämlich zu, ohne dass wir es in die Masse neu hineinrechnen dürfen. Das ist aufgrund der Verteilung verbrieft.

Wenn Sie dann noch Zuweisungen herausrechnen, die erstmals 2005 im Umfang von über 230 Millionen Euro im Haushalt stehen und nur für konkrete Aufgaben eingesetzt sind, mit denen keine Kommune handeln kann, sondern nur im Sinne dieses Paragraphen mit dieser Zuweisung verfahren darf, sie mit diesem Geld also politisch nichts gestalten können, kommen Sie erheblich unter das Niveau der Vorjahre.

Das ist also nicht vergleichbar und da merkt der Fachmann, dass Ihre Interpretation nicht zutrifft. Deshalb hat Herr Minister Woidke Recht: Das Lesen des Haushalts ist eine schwierige Sache, besonders für Laien. Aber hier sitzen ja nur Profis. Deshalb widersprechen sie ja auch. Wir können die Zahlen ja auch noch einmal durchgehen.

Im Detail wird es dann ein bisschen komplizierter. Im FAG wird vorgeschlagen - das wird heute sicherlich auch durchgesetzt -, die allgemeine Verbundquote - wie übrigens in den Vorjahren Jahr für Jahr praktiziert - noch weiter abzusenken. Der kommunale Anteil an der Masse der Steuereinnahmen wird auf den Tiefststand von 20 % gebracht.

Nach einem Gutachten, das der Finanzminister und das Kabinett kennen und das von einem honorigen und anerkannten Fachmann, Herrn Prof. Seitz, erstellt wurde, haben die brandenburgischen Kommunen allein in den Jahren 1998 bis 2001 rund 187 Millionen Euro eingebüßt, weil die Verteilung der Mittel zwischen Land und Kommunen zugunsten des Landeshaushalts erfolgte.

So schlecht wie in Brandenburg haben die Kommunen in keinem anderen der neuen Bundesländer bei der Verteilung der Steuereinnahmen abgeschnitten.

Wenn wir es bei dem Satz des Jahres 2004 beließen, kämen wir auf eine höhere Zuteilung an die Kommunen von 270 Millionen Euro im Jahr 2005 und von 277 Millionen Euro im Jahr 2006.

Dieser Tendenz zum Nachteil der Kommunen setzt die Landesregierung aber noch eins drauf. Ab 2006 werden den Kommunen aus dem verringerten Anteil aus der Verbundmasse einfach mal so weitere 50 Millionen Euro für die Sanierung des Landeshaushalts abgezogen.

Proteste der kommunalen Spitzenverbände werden ignoriert. Das Ergebnis des in Auftrag gegebenen Gutachtens über die symmetrische Verteilung der Mittel zwischen Land und Kommunen wird nicht einmal mehr abgewartet.

Dieser Umgang mit den Kommunen des Landes hat nun schon Tradition, spricht aber gleichzeitig für Kontinuität der Politik, die in Brandenburg praktiziert wird. Seit 1991 und bis 2004 hat sich der Zuwachs der Einnahmen aus dem Steuerverbund für das Land insgesamt um 43 % erhöht. Die Kommunen sind im gleichen Zeitraum mit 8 % bedacht worden - nachzulesen in einer Berechnung des Städte- und Gemeindebundes.