Protokoll der Sitzung vom 27.10.2004

führt insbesondere die Eröffnungsrede des Herrn Innenministers Schönbohm von vor zwei Wochen zur konstituierenden Sitzung des Landtages geradezu ad absurdum. Der Herr Minister hat gesagt, dass die Politiker, insbesondere die Parlamentarier, nicht die Herren, sondern die Diener des Volkes sind und sich als solche auch zu verstehen haben.

(Beifall bei der DVU)

Wenn wir als Parlamentarier - das ist für mich als Abgeordneter der DVU-Fraktion feste Überzeugung - Diener des Volkes sind, dann müssen wir die wirtschaftliche Situation unseres Herrn, der uns bezahlt, nämlich des Volkes, berücksichtigen.

Im ersten Teil meiner Rede habe ich nicht ohne Grund anhand einiger Beispiele und bei Darstellung der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung der privaten Haushalte und der Unternehmen dargelegt, dass es unseren Herren, also den Brandenburgerinnen und Brandenburgern, zunehmend schlechter geht. Das spiegelt sich nicht zuletzt in der prekären Haushaltssituation, namentlich der Verschuldung der Gebietskörperschaften, also nicht nur des Landes, sondern auch der Kommunen, wider. Wir als Abgeordnete müssen uns stets vor Augen halten, wem wir unsere Position, unseren Auftrag und unsere Verpflichtung als Volksvertreter zu verdanken haben und wer das alles bezahlt.

(Schulze [SPD]: Sie sind Volksverhetzer!)

Das sind die vielen Steuerzahler im Land,

(Schulze [SPD]: Die kennen Sie doch gar nicht! Wann haben Sie Wahlkampf gemacht?)

deren reales Nettoeinkommen in den letzten Jahren mit anhaltender Tendenz absinkt.

Das sind die Familien, deren ökonomische Grundlage zunehmend infrage gestellt ist. Das sind die kleinen und mittelständischen Unternehmen; über vielen von ihnen schwebt sozusagen das Damoklesschwert der Insolvenz. Das sind demnächst auch die Rentner, die weiß Gott nicht gerade üppig mit finanziellen Mitteln gesegnet sind. Sie alle müssen den Gürtel enger schnallen. Deshalb müssen auch wir es tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der DVU - Schulze [SPD]: Den Gürtel enger schnallen; wenn Sie das tun würden, wäre das hilf- reich!)

Der vorliegende Gesetzentwurf unserer Fraktion bedeutet einen echten Verzicht und ist ein klares Signal gegenüber der Bevölkerung, dass auch wir bereit sind, zu den notwendigen öffentlichen Einsparungen persönlich beizutragen. Deshalb bitte ich Sie nochmals, unserem Antrag zuzustimmen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Hören Sie nicht auf die Zwischenrufe Einzelner, sondern gehen Sie in sich und sagen Sie: Ich bin gewählter Vertreter des Volkes. Ich gehe mit gutem Beispiel voran. Das, Herr Schulze, sollten Sie sich ganz be

sonders hinter die Ohren schreiben und hier nicht dazwischenbrüllen,

(Schulze [SPD]: Treten Sie doch mal im Wahlkreis gegen mich an!)

wenn ein Abgeordneter hier vorne steht und seine Rede vorträgt. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich beende die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Die DVU-Fraktion hat namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Schriftführer, die Namen zu verlesen. Ich bitte auch um Konzentration im Saal, damit wir die namentliche Abstimmung ordnungsgemäß durchführen können.

(Namentliche Abstimmung)

Ich frage, ob es im Saal einen Abgeordneten gibt, der keine Gelegenheit hatte, seine Stimme abzugeben. - Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich um Auszählung der Stimmen.

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Für den Gesetzentwurf der DVU-Fraktion stimmten 6 Abgeordnete, dagegen 69 Abgeordnete. Das sind 100 % derjenigen, die an der Abstimmung beteiligt waren.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 73)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Gewährleistung der Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/20

Die beantragende Fraktion eröffnet mit Herrn Abgeordneten Nonninger.

(Schulze [SPD]: Lesen Sie wieder einmal eine Rede vor, Herr Nonninger?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir fordern Bürgernähe und Transparenz. Daher beantragen wir, dass sämtliche Landtagsausschüsse in Zukunft öffentlich tagen. Ihnen, Herr Landtagspräsident Fritsch,

(Gelächter bei der PDS)

danken wir ausdrücklich für die von Ihnen entfachte Debatte über die Arbeitsweise des Landtages und über Wege zur Transparenz

(Schulze [SPD]: Was heißt denn Transparenz eigentlich?)

bei politischen Entscheidungen. - Entschuldigung, Herr Vizepräsident.

Lassen Sie sich nicht irritieren, ich richte das dem Herrn Präsidenten aus.

(Beifall)

Ich danke Ihnen. - Doch leider konnte sich Ihre Fraktion ebenso wenig wie die Ihres Koalitionspartners im Gegensatz zu unserer DVU-Fraktion zu einer parlamentarischen Initiative zur Gewährleistung der Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen durchringen. Warum wohl nicht? Könnte dies eventuell mit dem ungeheuer fleißigen und ausgesprochen intellektuellen Gehabe diverser Ausschussmitglieder aus den Kreisen der regierenden Koalition während der letzten Legislaturperiode zusammenhängen?

(Zurufe von der PDS - Gelächter des Abgeordneten Schulze [SPD])

Oder war das Ganze, Herr Präsident Fritsch, von Ihnen in den Wind gesprochen? Wir als DVU-Parlamentarier fürchten uns vor der Öffentlichkeit bei Ausschusssitzungen jedenfalls nicht,

(Gelächter)

wie unser vorliegender Antrag beweist. Denn bei Gewährleistung der Öffentlichkeit bei Ausschusssitzungen wird sich sehr schnell zeigen, wer hier entzaubert wird, meine Damen und Herren Koalitionäre,

(Lachen bei der SPD - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

wir oder doch wohl eher Sie.

(Beifall bei der DVU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Artikel 64 Abs. 2 unserer Landesverfassung bestimmt die Verhandlungen des Landtags als öffentlich. Wörtlich heißt es:

„Der Landtag verhandelt öffentlich.“

Die eigentlichen Beratungen, die wirkliche Arbeit wird jedoch in den Ausschüssen des Landtags geleistet. Dort finden die tatsächlichen Verhandlungen statt, deren Ergebnisse später lediglich im Plenum dargestellt werden. Aus dieser Interpretation ergibt sich die Frage, ob die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen nicht sogar verfassungsrechtlich geboten ist. Nicht nur, dass das Prinzip der Öffentlichkeit der Ausschussarbeit in den Parlamenten der meisten westlichen Demokratien, zum Beispiel denen der USA, Großbritanniens, Kanadas, der Niederlande und vieler anderer mehr, gepflegt wird, sondern auch in vielen Landtagen, nämlich in denen von Hessen, Bayern und nicht zuletzt im Abgeordnetenhaus von Berlin, finden die Ausschusssitzungen öffentlich statt. Demokratie lebt von der Öffentlichkeit. Der Landtag Brandenburg sollte daher nicht hinter demokratischen Prinzipien anderer Parlamente zurückstehen.

Angesichts der zunehmenden Politikverdrossenheit im Lande ist es notwendig, politische Entscheidungen in Zukunft transparenter und für die Bürgerinnen und Bürger Brandenburgs nachvollziehbar zu machen. Dazu zählt auch der Anspruch, die Hintergründe politischer Entscheidungsprozesse den Bürgerinnen und Bürgern besser verständlich zu machen.

Wie lautet doch Ihr neues Motto, Herr Ministerpräsident Platzeck? - Politik im Angesicht des Volkes. - Jawoll! Dann halten Sie sich bitte, meine Damen und Herren Koalitionäre, an das Motto Ihres Ministerpräsidenten und an den Vorstoß unseres neu gewählten Landtagspräsidenten Fritsch

(Bischoff [SPD]: Jawoll!)

und stimmen Sie unserem Antrag mit großer Mehrheit zu.

Ich beantrage seitens unserer DVU-Fraktion bereits jetzt namentliche Abstimmung.