Protokoll der Sitzung vom 09.11.2005

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich zur heutigen Plenartagung.

Wir haben heute eine 10. Klasse der Oberschule Schwanebeck zu Gast, die ich herzlich willkommen heiße. - Ich wünsche euch einen interessanten und spannenden Vormittag in unserer Mitte.

(Allgemeiner Beifall)

Unsere heutige Plenarsitzung findet an einem historischen Datum statt. Das Präsidium hat sich darauf verständigt, diesen 9. November einmal etwas genauer in den Blick zu nehmen. Es ist ein Tag, an dem in der deutschen Geschichte eine ganze Reihe bedeutender Ereignisse stattgefunden hat. Wir sollten uns also einen Augenblick des Nachdenkens und Erinnerns gönnen.

Als Erstes greife ich ein Ereignis auf, das wahrscheinlich den meisten gar nicht mehr in Erinnerung ist. Als sich der Erste Weltkrieg zum Ende neigte, plante die deutsche Admiralität, die kaiserliche Flotte in ein letztes und aussichtsloses Gefecht zu führen. Die kriegsmüden Matrosen verweigerten den Gehorsam und bildeten am 4. November 1918 in Kiel den ersten Soldatenrat. Es ging von Kiel ein Sturm des Aufstandes aus, der wenige Tage später das gesamte Kaiserreich in seinen Grundfesten erschüttern sollte, so sehr erschüttern, dass am 9. November 1918 Kaiser Wilhelm II. abdankte, wodurch der monarchistische Obrigkeitsstaat zusammenbrach und vom Reichstag aus Philipp Scheidemann die deutsche Republik ausrief, die dann als Weimarer Republik in die Geschichte einging. Sie bestand bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933.

Hass und Verfolgung der Nationalsozialisten richteten sich nicht nur gegen politisch Andersdenkende, sondern auch gegen andere Religionen. Am 9. November 1938 wurden in ganz Deutschland durch SA-Trupps und Polizei fast alle der 400 Synagogen niedergebrannt, jüdische Geschäfte, Wohnungen, Friedhöfe und andere Einrichtungen geplündert und verwüstet. An die 100 Juden wurden ermordet und ca. 30 000 in Konzentrationslager verschleppt. In dieser Reichspogromnacht im November 1938 hat das Dritte Reich der Öffentlichkeit sein wahres Gesicht gezeigt. Am Ende standen die Zerstörung des Dritten Reiches und die Teilung Deutschlands in zwei Staaten mit unterschiedlichen politischen Systemen, eingebunden in zwei sich gegenüberstehende Blöcke, angeführt jeweils durch die Sowjetunion und die USA.

Dann sollte es wieder ein 9. November sein, diesmal im Jahr 1989: Nach vorangegangenen friedlichen Demonstrationen Hunderttausender Menschen erreichten es die Bürger der DDR, dass die Mauer fiel und wenig später das SED-Regime zusammenbrach. Es begann zusammenzuwachsen, was zusammengehört. Wir erinnern uns an diesen Tag aber auch, weil mit diesem 9. November eine neue politische Zeitrechnung begann, die die Architektur nicht nur in unserem Land, sondern in ganz Europa positiv verändert hat. Unüberwindliche Grenzen sind verschwunden, Brücken wurden errichtet.

Diese Beispiele aus unserer Geschichte mahnen uns zum Gedenken und Handeln. Gerade wir als Politiker sind aufgefordert, uns unserer Geschichte bewusst zu sein. Wir sollen und müssen Ent

scheidungen treffen. Dazu sind wir von unseren Wählerinnen und Wählern beauftragt worden. In der heutigen Zeit, die stark von Oberflächlichkeit und Einseitigkeiten geprägt zu sein scheint, kommt insbesondere uns die Aufgabe zu, historisches Wissen und Bewusstsein, demokratische Werte weiterzuvermitteln und - damit verbunden - zu verhindern, dass insbesondere junge Menschen bestimmten politischen Versuchungen erliegen.

Daher möchte ich Sie, alle Repräsentanten der in diesem hohen Haus vertretenen demokratischen Parteien, von dieser Stelle aus noch einmal dazu aufrufen, an der gemeinsamen Gedenkveranstaltung des Landtages Brandenburg, des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge und des Landkreises am 12. November, 11 Uhr, auf dem Gelände des Waldfriedhofs Halbe teilzunehmen.

Ich bin erfreut über das Echo, das unser gemeinsamer Aufruf gefunden hat. Eine ganze Reihe von Organisationen und Gruppierungen ist aktiv geworden und wird dieses Anliegen unterstützen. Wir werden heute Mittag die Presse und damit die Öffentlichkeit über den gegenwärtigen Stand der Vorbereitungen informieren. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich Ihnen folgende Mitteilungen zu machen:

Der Landeswahlleiter hat mitgeteilt, dass Frau Dr. Enkelmann, Herr Prof. Dr. Bisky, Herr Gehrcke und Herr Reiche mit Ablauf des 20. Oktober 2005 auf ihre Mitgliedschaft im Landtag Brandenburg verzichtet haben und dass Frau Prof. Dr. Sieglinde Heppener für die SPD sowie Herr Dr. Andreas Bernig, Frau Ingeborg Kolodzeike und Frau Kerstin Meier für die Linkspartei.PDS mit Wirkung vom 21. Oktober 2005 Mitglieder des Landtages Brandenburg geworden sind. - Herzlich willkommen in unserer Runde und erfolgreiches Arbeiten für Brandenburg!

(Beifall bei SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Ich teile Ihnen weiterhin mit, dass die Linkspartei.PDS einen neuen Fraktionsvorstand gewählt hat. Vorsitzende ist jetzt Frau Kerstin Kaiser, stellvertretende Vorsitzende Frau Gerrit Große, stellvertretender Vorsitzender und Parlamentarischer Geschäftsführer Herr Heinz Vietze. Die weiteren Mitglieder des Vorstandes sind Frau Kerstin Osten, Frau Kornelia Wehlan, Herr Dr. Hans-Jürgen Scharfenberg, Herr Stefan Sarrach und Herr Torsten Krause. - Herzlichen Glückwunsch und erfolgreiches Arbeiten!

Weiterhin hat der Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik in seiner 11. Sitzung am 2. November 2005 den Abgeordneten Klaus Bochow anstelle des aus dem Landtag ausgeschiedenen Abgeordneten Reiche zu seinem Vorsitzenden gewählt. - Auch hierzu herzlichen Glückwunsch und erfolgreiches Wirken!

(Beifall bei SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Zur Tagesordnung habe ich Ihnen mitzuteilen, dass wir den Tagesordnungspunkt 9 - 2. Lesung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes - zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt haben. Hierzu sind Redezeiten von fünf Minuten vereinbart worden.

Gibt es zur Tagesordnung noch Bemerkungen oder Ergänzungen? - Da das nicht der Fall ist, lasse ich über die so ergänzte Tagesordnung abstimmen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen oder Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung so beschlossen.

Des Weiteren teile ich Ihnen mit, dass der Ministerpräsident heute ganztägig abwesend ist und von Minister Schönbohm vertreten wird. Ebenfalls ganztägig abwesend sind der Abgeordnete Helm und die Abgeordnete Lieske.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Wahl der Vizepräsidentin des Landtages Brandenburg

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/2074

Es wurde signalisiert, dass hierfür eine geheime Abstimmung gewünscht wird. Wenn eine solche Abstimmung gewünscht wird, dann hat sie auch stattzufinden.

In der Drucksache 4/2074 liegt der Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion der Linkspartei.PDS vor, die Abgeordnete Gerlinde Stobrawa als Vizepräsidentin des Landtages Brandenburg zu wählen. Der guten Form halber frage ich, ob es weitere Wahlvorschläge gibt. - Das ist nicht der Fall.

Es folgen die üblichen Hinweise zum Wahlverfahren: Die Wahlunterlagen werden nach dem Aufruf des jeweiligen Namens durch die Schriftführer am Stenografentisch ausgegeben und die Stimmen rechts und links von mir an den Regierungsbänken abgegeben. Sie erhalten jeweils einen Stimmzettel mit dem Namen der Kandidatin, auf dem Sie Ihre Wahl kenntlich machen können. Dabei bitte ich Sie, nur die am Wahlpult ausgelegten Stifte zu benutzen.

Ungültig sind Stimmzettel, die Zusätze enthalten, deren Kennzeichnung den Willen der oder des Abstimmenden nicht zweifelsfrei erkennen lassen, die die Identität der oder des Abstimmenden erkennen lassen, bei denen eine Stimmabgabe nicht erfolgt oder bei denen die Anzahl der abgegebenen Stimmen die Zahl der abzugebenden Stimmen übersteigt.

Die Kandidatin wird mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt sein.

So viel zum Wahlverfahren. Gibt es hierzu Nachfragen? - Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Wahl und ich bitte die Schriftführer, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

(Wahlhandlung)

Meine Damen und Herren, ich frage Sie, ob jeder der anwesenden Abgeordneten Gelegenheit hatte, seine Stimme abzugeben. - Dies scheint der Fall zu sein. Dann schließe ich hiermit die

Wahlhandlung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Bis dahin gibt es eine kleine Pause, aber bitte entfernen Sie sich nicht zu weit.

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis der Wahl der Vizepräsidentin des Landtages Brandenburg bekannt: An dieser Wahl haben sich 84 Abgeordnete beteiligt. Es wurden 84 Stimmen abgegeben. Alle 84 Stimmen waren gültig. Für den Wahlvorschlag haben 55 Abgeordnete gestimmt, dagegen 23, und 6 haben sich der Stimme enthalten. Damit ist die Abgeordnete Gerlinde Stobrawa mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen zur Vizepräsidentin des Landtages Brandenburg gewählt worden. - Ich stelle Ihnen die Pflichtfrage, Frau Stobrawa: Nehmen Sie diese Wahl an?

(Frau Stobrawa [Die Linkspartei.PDS]: Ich nehme sie an. - Allgemeiner Beifall)

- Ich danke Ihnen und wünsche mir mit Ihnen eine genauso gute Zusammenarbeit wie mit Ihrem Vorgänger.

(Allgemeiner Beifall - Der Präsident sowie die Fraktions- vorsitzende und der Parlamentarische Geschäftsführer der Linkspartei.PDS gratulieren der neu gewählten Vize- präsidentin und überreichen ihr Blumen.)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Wahl eines weiteren Mitgliedes des Präsidiums

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/2099

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Es liegt auch kein Antrag auf geheime Abstimmung vor, sodass wir über diesen Antrag offen abstimmen können. Wer dem Wahlvorschlag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist Frau Gerrit Große als Mitglied des Präsidiums gewählt.

(Allgemeiner Beifall)

Frau Große, nehmen Sie diese Wahl an?

(Frau Große [Die Linkspartei.PDS]: Ja, ich nehme die Wahl an!)

- Danke sehr. Ein erfolgreiches Wirken im Präsidium!

Damit steigen wir in unsere übliche Tagesordnung ein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Steigende Energiekosten - was kann Brandenburg dagegen tun?